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Gabriele Bindel-Kögel, Kari-Maria Karliczek u.a.: Bewältigung von Gewalterlebnissen durch außergerichtliche Schlichtung

Rezensiert von Prof. Dr. jur. Ute Ingrid Haas, Annika Schaper, 30.11.2016

Cover Gabriele Bindel-Kögel, Kari-Maria Karliczek u.a.: Bewältigung von Gewalterlebnissen durch außergerichtliche Schlichtung ISBN 978-3-7799-3433-2

Gabriele Bindel-Kögel, Kari-Maria Karliczek, Wolfgang Stangl: Bewältigung von Gewalterlebnissen durch außergerichtliche Schlichtung. Täter-Opfer-Ausgleich und Tatausgleich als opferstützende Instrumente. Beltz Juventa (Weinheim und Basel) 2016. 272 Seiten. ISBN 978-3-7799-3433-2. D: 39,95 EUR, A: 41,10 EUR, CH: 51,90 sFr.

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Thema

Im Rahmen einer umfangreichen qualitativen Studie in Deutschland und Österreich sind die AutorInnen der Frage nachgegangen, wie funktionale Copingstrategien von Geschädigten schwerwiegender Straftaten durch einen Täter-Opfer-Ausgleich oder einen Tatausgleich gefördert werden können. Die ForscherInnen lenken den Blick der LeserInnen auf das Erleben der Tatsituation durch die Opfer, da dieses für die Teilhabe der Geschädigten am Mediationsverfahren von großer Bedeutung ist. Schließlich ist die außergerichtliche Schlichtung auch für Opfer von Gewaltdelikten ein wichtiges, konfliktlösendes Instrument. Für einen erfolgreichen Ausgang des Verfahrens sei den AutorInnen zufolge die Berücksichtigung der Bedürfnisse und Motive zur Teilnahme der Opfer eine entscheidende Voraussetzung. Da im Fokus der Forschung bisweilen überwiegend die Täter im Kontext von außergerichtlichen Verfahren standen, liefert das vorliegende Buch erstmals (praxistaugliche) Hinweise für eine gezielte Unterstützung der Verarbeitungsprozesse der Opfer im Verfahrensverlauf und erweitert dadurch erheblich den Forschungsstand.

Entstehungshintergrund

Europaweit werden zahlreiche strafrechtliche Konflikte im Rahmen von außergerichtlichen Schlichtungsverfahren bearbeitet, die Wirkung auf die an den Verfahren beteiligten Opfer wurde jedoch bisher kaum erforscht. Vor diesem Hintergrund starteten die AutorInnen im Jahr 2011 ein Forschungsprojekt in Deutschland und Österreich, dass sich über den Zeitraum von zwei Jahren mit Opfern schwerwiegender Straftaten, deren Copingstrategien sowie ihren Möglichkeiten der Unterstützung im Rahmen eines außergerichtlichen Verfahrens auseinandersetzte. Im Fokus der Untersuchung steht die Frage, wie die strafrechtliche Mediation durch organisatorische Maßnahmen und Umsetzungsformen die Geschädigten bei der Entwicklung funktionaler Copingstrategien unterstützen kann.

Finanziell gefördert wurde das Forschungsprojekt durch das Programm Criminal Justice der Europäischen Union. Ziel des Strafjustizprogrammes ist es, die justizielle Zusammenarbeit innerhalb der Strafjustiz zu fördern, weshalb Projekte unterstützt werden, die diesem Ziel zugeordnet werden können und von allgemeinem europäischem Interesse sind.

Die Leitung des Forschungsprojektes oblag Camino – Werkstatt für Fortbildung, Praxisbegleitung und Forschung im sozialen Bereich in Berlin. Die Forschung wurde darüber hinaus in Kooperation mit dem Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie (IRKS) in Wien durchgeführt.

AutorInnen

Die AutorInnen des hier vorgestellten Forschungsberichtes gehören den eben genannten Kooperationspartnern an.

  • Dr. phil. Gabriele Bindel-Kögel absolvierte ein Studium der Erziehungswissenschaften mit dem Schwerpunkt Erwachsenenbildung. Sie betrieb Forschungen im Bereich des Kinder- und Jugendhilferechts, des Familienverfahrensrechts und des Strafrechts. Außerdem hatte sie über mehrere Jahre die Schriftleitung der Zeitschrift „unsere jugend“ des Ernst Reinhardt Verlags inne. Während des Forschungsprojektes zur Bewältigung von Gewalterlebnissen durch außergerichtliche Schlichtung war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Camino – Werkstatt für Fortbildung, Praxisbegleitung und Forschung im sozialen Bereich gGmbH tätig. Inzwischen ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin der OTH Regensburg.
  • Dr. jur. Kari-Maria Karliczek ist seit 2008 ebenfalls wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Camino – Werkstatt für Fortbildung, Praxisbegleitung und Forschung im sozialen Bereich gGmbH. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen in der Jugendgewaltprävention sowie in der gemeinwesenorientierten Rechtsextremismusprävention. Außerdem hat sie die Leitung der Arbeitsstelle Jugendgewaltprävention inne. Vor der Mitarbeit bei Camino war die Dipl. Sozialwissenschaftlerin und Sozialpädagogin wissenschaftliche Mitarbeiterin am Kriminalwissenschaftlichen Institut der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und an der Johannes-Kepler-Universität Linz.
  • Dr. jur. Wolfgang Stangl ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Rechts- und Kriminalsoziologie in Wien. Seine Arbeits- sowie Forschungsschwerpunkte liegen in theoretischen und empirischen Forschungen zu den Bereichen sozialer Kontrolle mit den Schwerpunkten Kriminalprävention, Polizeiforschung und Geschichte der Kriminologie. Der Rechtswissenschaftler und Soziologe hat darüber hinaus als Privatdozent eine Lehrtätigkeit an der Universität Wien.

Aufbau und Inhalt

Der vorliegende Forschungsbericht umfasst 164 Seiten und gliedert sich in acht Kapitel, wobei die Kapitel 4-7 den Schwerpunkt des Werkes bilden. Die AutorInnen beginnen mit einer Einführung und schließen mit einem Ausblick auf weitere künftige Forschungsfelder für die außergerichtliche Schlichtung.

1 Einführung. Das einleitende Kapitel beginnt mit der Vorstellung der Forschungsfrage, die während des zweijährigen Forschungsprozesses im Mittelpunkt stand. Die AutorInnen hinterfragen, wie die strafrechtliche Mediation durch organisatorische Maßnahmen und Umsetzungsformen Personen, die durch eine oder mehrere Straftaten Schaden erlitten haben, bei der Entwicklung funktionaler Copingstrategien unterstützen kann. Daran anknüpfend werden Unterschiede zwischen rechtlichen und mediativen Verfahren vorgestellt und das strafrechtliche Mediationsverfahren erläutert. Den VerfasserInnen ist ein spannender Überblick über das Rechtssystem, das Strafverfahren, die Rolle des Staates sowie die geschichtliche Entwicklung der strafrechtlichen Mediation in Europa gelungen. Die Kontrastierung mit mediativen Verfahren macht dabei Lust auf das Lesen des Forschungsberichtes.

2 Forschungsstand und Begriffsbestimmungen. Das zweite Kapitel gibt einen differenzierten Überblick über den Forschungsstand des Tatausgleiches (TA) in Österreich und des Täter-Opfer-Ausgleiches (TOA) in Deutschland (Kap. 2.1). Dabei gehen die AutorInnen auf den TOA/TA in ihrer Gesamtheit ein und legen den Schwerpunkt nicht auf ausgewählte Kontexte. Die VerfasserInnen beschreiben treffend, dass im Fokus wissenschaftlicher Untersuchungen bisher überwiegend die täterbezogenen Ergebnisse der mediativen Verfahren standen. Darüber hinaus zeigen sie Forschungslücken auf, wozu beispielsweise die Opferperspektive innerhalb der strafrechtlichen Mediation zu zählen ist. Bislang fand die Evaluation der Chancen und Möglichkeiten, die ein TOA/TA für die Geschädigten bereit hält, nur eine geringe Berücksichtigung in der Forschung. Daran anknüpfend werden, in Anlehnung an die kognitive Emotionstheorie von Lazarus, Copingstrategien im Kontext von Viktimisierung erläutert (Kap. 2.2), wobei eine Definition der Begriffe „Viktimisierung“ (Kap. 2.2.1) und „Copingstrategien“ (Kap. 2.2.2) erfolgt. Hier zeigt sich, dass die Definitionen keine in der wissenschaftlichen Literatur einheitlichen sind, sondern durchaus Differenzierungen und Akzentuierungen aufweisen.

3 Methodische Annäherung. Ausgehend von der These, dass außergerichtliche Vermittlungsverfahren dysfunktionalen Copingstrategien der Opfer entgegen wirken können, wird im dritten Kapitel das der Forschung zugrunde liegende mehrstufige qualitative Verfahren vorgestellt. In den Forschungsprozess flossen Interviews mit den Opfern, Beobachtungen der MediatorInnen sowie Interpretationen des Interviewmaterials durch die ForscherInnen ein. Als Ergebnis bildeten sich Faktoren heraus, die im Rahmen einer außergerichtlichen Schlichtung für Veränderungen der Copingstrategien von Geschädigten bedeutsam sind. Anschließend gehen die AutorInnen näher auf die Umsetzung der qualitativen Erhebung (Kap. 3.1) und den hürdenreichen Feldzugang, insbesondere zu den Opfern schwerer Straftaten, sowie die ergänzende quantitative Erhebung zum Fallaufkommen in Deutschland (Kap. 3.2) ein.

4 Der Täter-Opfer-Ausgleich (TOA) als Verfahren in Deutschland. Im vierten Kapitel des Forschungsberichtes wird zunächst das Zusammenwirken der außergerichtlichen Schlichtungsverfahren mit den formellen Justizverfahren in Deutschland erläutert, indem die gesetzlichen Bestimmungen (Kap. 4.1) vorgestellt werden. In diesem Zusammenhang wird auch auf das Mediationsgesetz eingegangen, wobei insbesondere die Stellung des Opfers Berücksichtigung findet. Des Weiteren führen die AutorInnen aus, dass es zwar eine „bundesweite TOA-Statistik“ des BMJ gibt, diese aber keine repräsentative TOA-Statistik für die Bundesrepublik darstellt. Aus diesem Grunde führten sie eine sekundäre Auswertung von Statistiken aus den Jahren 2010 bis 2012 bundesweiter Einrichtungen durch, die sich mit dem TOA befassen. Die quantitativen Ergebnisse, die sich auf die Entwicklung des Fallaufkommens, die Herkunft der Fälle, den zugrunde liegenden Tatvorwürfen und den Abschluss der Verfahren beziehen, werden in Kap. 4.2 dargestellt und sind durch übersichtliche Tabellen veranschaulicht. Im Anschluss daran erfolgt die Vorstellung des Verfahrensverlaufs des TOA (Kap. 4.3), die mittels eines großen Schaubildes sehr nachvollziehbar und eindrucksvoll gelingt. Daran anknüpfend werden die sechs Verfahrensschritte von den Fallprüfungen bis zum Abschluss der Fallbearbeitung überaus verständlich und aufschlussreich beschrieben. In Ergänzung zum Verfahrensverlauf werden zuletzt unterschiedliche Settings des TOA erläutert. Den AutorInnen ist es mit diesem Kapitel gelungen, die sehr komplexe Thematik der außergerichtlichen Schlichtung in Deutschland sehr anschaulich zu erklären.

5 Der Tat-Ausgleich (TA) als Verfahren in Österreich. Die Ausführungen zum TA in Österreich sind fast identisch mit den Darstellungen im vorangegangenen Kapitel zum TOA. Neben gesetzlichen Bestimmungen (Kap. 5.1) werden ebenfalls quantitative Entwicklungen des TA (Kap. 5.2) beschrieben, die jedoch im Unterschied zu den Daten für Deutschland bis ins Jahr 1985 zurückreichen. Die daran anschließende Erläuterung des Verfahrensverlaufs des TA (Kap. 5.3) in Österreich wird auch durch eine übersichtliche Grafik unterstützt und endet wie im vorherigen Kapitel mit der Vorstellung von verschiedenen Settings. Innerhalb des gesamten fünften Kapitels wird darüber hinaus auf Unterschiede zwischen den beiden angesprochenen Ländern eingegangen. Durch die klare Struktur des vierten und fünften Kapitels präsentieren die ForscherInnen eine äußerst gelungene Gegenüberstellung der Länder Deutschland und Österreich, die für die LeserInnen leicht nachzuvollziehen ist.

6 Tatsituationen und Typenbildung. Im Rahmen dieses überaus gelungenen Kapitels stellen die ForscherInnen erste empirische Ergebnisse des Forschungsprojektes dar. Auf Grundlage von verschiedenen Tatsituationen, die dem TOA/TA zugrunde lagen, wurden Typen gebildet, die Aufschluss über Motive und Erwartungen der Geschädigten an das außergerichtliche Schlichtungsverfahren geben. Zugleich zeigt die Verknüpfung von Tatsituation und Opferinteressen Faktoren für die Unterstützung von Copingstrategien auf, die im Ausgleichsverfahren förderlich oder hinderlich sind. Insgesamt ermittelten die AutorInnen fünf Tatkonstellationen, die sie durch ausgewählte Fallbeispiele sehr nachvollziehbar und lesenswert illustrieren. Dazu zählen die provozierte Tatsituation (Kap. 6.1), die advokatorische Tatsituation (Kap. 6.2), die Tatsituation als Überraschungsangriff (Kap. 6.3), die Tatsituation ohne Kontakt (Kap. 6.4) sowie die familiäre Tatsituation (Kap. 6.6). Letztere Form wird gesondert als Exkurs beschrieben, um den Besonderheiten des familiären Konflikts gerecht zu werden.

7 Einfluss des TOA/TA auf Copingprozesse. Im siebten Kapitel wird, an die vorherigen Ausführungen zur qualitativen Forschung anknüpfend, auf die Gestaltung des TOA/TA und dessen Wirkung auf die Geschädigten eingegangen. Dabei steht die Frage im Zentrum, welche verfahrensspezifischen Vorgehensweisen förderlich für funktionale Copingstrategien sind. In Anlehnung an die im sechsten Kapitel vorgestellten Tatsituationen werden die Befunde der Forschung von den AutorInnen entlang des Ablaufs eines außergerichtlichen Schlichtungsverfahrens äußerst anschaulich beschrieben, sodass sich die einzelnen Handlungsfelder von der Beauftragung, über die Kontaktaufnahme, dem Vorgespräch bis zum Ausgleichsgespräch in den Unterkapiteln 7.1 bis 7.4 wiederfinden. Für jeden TOA/TA-Verfahrensschritt nehmen die ForscherInnen eine sehr ausführliche Beschreibung der Vorgehensweise der KonfliktvermittlerInnen vor, die durch ausgewählte Zitate aus den Interviews mit den MediatorInnen und Opfern sinnvoll ergänzt wird, und bewerten diese bezüglich funktionaler und dysfunktionaler Copingprozesse. Die Bewertung im Hinblick auf Copingprozesse wird jeweils in einem Fazit am Ende der Unterkapitel festgehalten und dadurch deutlich als Forschungsergebnis hervorgehoben.

8 Künftige Herausforderungen: Umgang der Konfliktregelung mit „atypischen Situationen“ – kulturelle Differenzen im Mediationsprozess. Das abschließende Kapitel des Buches nimmt exemplarisch auf weitere künftige Forschungsfelder Bezug, die über die Tatsituation hinaus den TOA/TA prägen. Darunter fällt beispielsweise die kulturelle Vielfalt der am Schlichtungsverfahren Beteiligten, woraus die Frage entsteht, wie mit „kulturellen Differenzen“ umgegangen werden sollte. Die Notwendigkeit von empirischen Untersuchungen innerhalb des Forschungsfeldes der außergerichtlichen Schlichtung, insbesondere hinsichtlich der eben genannten Frage, wird von den AutorInnen durch ein Fallbeispiel aus Österreich aufgezeigt, in dem es um die Mediation mit einem verstrittenen philippinischen Ehepaar geht. Das Praxisbeispiel verdeutlicht die Herausforderung einer Streitschlichtung für KonfliktvermittlerInnen, wenn verschiedene kulturelle Vorstellungen aufeinandertreffen. Mit dem sinnvollen und verständlichen Beispiel machen die ForscherInnen auf das problematische Aufeinandertreffen von strafrechtlichen Instanzen und Glaubensinstanzen aufmerksam.

Zielgruppen

Das vorliegende Werk über die Bewältigung von Gewalterlebnissen durch außergerichtliche Schlichtung ist aufgrund seiner Fokussierung auf die Opfer und deren Erleben der Tatsituation ein Muss für alle KonfliktvermittlerInnen. Es liefert entscheidende Hinweise für die Durchführung eines TOA/TA, sodass funktionale Copingprozesse der Geschädigten gefördert und dysfunktionalen Strategien verhindert werden können. Darüber hinaus lenkt es den Blick auf die Interessen und Motive der Opfer schwerer Straftaten, weshalb der Forschungsbericht auch für andere Berufsgruppen, die Berührungspunkte mit dem TOA/TA haben, enorm relevant und äußerst aufschlussreich ist. Außerdem stellt das Werk ein überaus gelungenes Beispiel für die Konzeption und Durchführung einer qualitativen Forschungsarbeit dar.

Grundsätzlich lohnt sich das Buch natürlich auch für eine an kriminologischen und insbesondere viktimologischen Themen interessierte Leserschaft, da es durch seinen strukturierten Aufbau sehr eingängig in die Thematik außergerichtlicher Schlichtungsverfahren einleitet und die Ergebnisse der Forschung durch Praxisbeispiele und Zitate der Befragten abwechslungsreich und lesenswert aufbereitet wurden. Vor dem Hintergrund dieser wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem mediativen Verfahren können eigene Bewertungen und Haltungen in Bezug auf das Rechtssystem überdacht werden.

Fazit

Der Forschungsbericht über die außergerichtliche Schlichtung konzentriert sich auf einen bislang sehr raren Ansatz und liefert folglich äußerst bedeutsame Ergebnisse für die mediative Praxis. Die empirische Auseinandersetzung mit der Frage, wie die strafrechtliche Mediation durch organisatorische Maßnahmen und Umsetzungsformen Personen, die durch eine oder mehrere Straftaten Schaden erlitten haben, bei der Entwicklung funktionaler Copingstrategien unterstützen kann, ist ein Quantensprung im deutsch-sprachigen Raum. Die Mediation in Strafsachen als eine Form der Möglichkeiten innerhalb der Restorative Justice, steht in Deutschland immer noch relativ am Anfang, und die Fallzahlen stagnieren auf eher niedrigem Niveau. Das europäische Ausland ist diesbezüglich fortschrittlicher, weshalb das vorliegende Werk sehr innovativ ist; vor allem unter Berücksichtigung des undurchsichtigen Forschungsfeldes in Bezug auf die Vielschichtigkeit von Verarbeitungsprozessen der Geschädigten. Die ForscherInnen untersuchen das Erleben der Tatsituation durch die Opfer, da dieses für die Teilhabe der Geschädigten am Mediationsverfahren von großer Bedeutung ist. Besonders vor dem Hintergrund der Opferreformen im Rechtssystem unterstützt der Forschungsbericht die positive Entwicklung von der reinen Täterorientierung im Strafverfahren hin zur Opferfokussierung. Die AutorInnen liefern als Ergebnis Einflüsse des Täter-Opfer-Ausgleiches (Deutschland) und des Tatausgleiches (Österreich) auf die Copingprozesse der Geschädigten und erläutern durchweg nachvollziehbar für jeden Verfahrensschritt förderliche und hinderliche Vorgehensweisen von KonfliktvermittlerInnen.

Als Fazit lässt sich dem Bericht zufolge festhalten, dass der TOA/TA bei adäquater Durchführung ein enormes Chancenpotenzial für die Opfer schwerer Straftaten darstellt und demzufolge, entgegen der aktuellen rückgängigen Entwicklung, deutlich häufiger angestrebt werden sollte.

Rezension von
Prof. Dr. jur. Ute Ingrid Haas
Professur für Kriminologie und Viktimologie, Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften, Hochschule Braunschweig/Wolfenbüttel, Fakultät Soziale Arbeit - Institut für angewandte Rechts- und Sozialforschung
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Annika Schaper
Erziehungswissenschaftlerin (BA), Kriminologin (MA), wiss. MA am Lehrgebiet für Krimino-logie & Viktimologie, Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften, Hochschule Braunschweig/Wolfenbüttel, Fakultät Soziale Arbeit
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Zitiervorschlag
Ute Ingrid Haas, Annika Schaper. Rezension vom 30.11.2016 zu: Gabriele Bindel-Kögel, Kari-Maria Karliczek, Wolfgang Stangl: Bewältigung von Gewalterlebnissen durch außergerichtliche Schlichtung. Täter-Opfer-Ausgleich und Tatausgleich als opferstützende Instrumente. Beltz Juventa (Weinheim und Basel) 2016. ISBN 978-3-7799-3433-2. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/21510.php, Datum des Zugriffs 31.03.2023.


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