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Harlich H. Stavemann (Hrsg.): Entwicklungen in der Integrativen KVT

Rezensiert von Prof. Dr. Christian Schulte-Cloos, 17.02.2017

Cover Harlich H. Stavemann (Hrsg.): Entwicklungen in der Integrativen KVT ISBN 978-3-621-28356-4

Harlich H. Stavemann (Hrsg.): Entwicklungen in der Integrativen KVT. Beltz Verlag (Weinheim, Basel) 2016. 264 Seiten. ISBN 978-3-621-28356-4. 34,95 EUR.

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Thema

In Ergänzungzu den im gleichen Verlag erschienen Büchern zum Thema „Kognitive Verhaltenstherapie“ (KVT) von Harlich H. Stavemann gibt der Autor vorliegend in Herausgeberschaft einen Zusammenschau neuerer Entwicklungen, wie sie anlässlich des 6. Symposiums der Integrativen KVT (IKVT) in dem von ihm geleiteten Institutes vorgetragen wurden. Das Buch erweitert und aktualisiert Beiträge, wie sie in der Veröffentlichung „KVT update“ 2012 im gleichen Verlag veröffentlicht wurden. Insgesamt geht es den zahlreichen Autoren darum, die diversen Entwicklungen der sog. „Dritten Welle“ der KVT daraufhin zu überprüfen, in wieweit hier lediglich neuer Wein in alten Schläuchen vorliegt, bzw. inwieweit bereichernd solche Ansätze im Kontext der KVT integriert werden können.

Herausgeber

Dr. Harlich H. Stavemann ist Diplom Psychologe, niedergelassener Psychotherapeut und leitet das Institut für Integrative VT in Hamburg.

Autorinnen und Autoren

Für die anderen Autoren und den Inhalt siehe bitte: http://www.beltz.de/fileadmin/beltz/inhaltsverzeichnisse/978-3-621-28356-4.pdf

Entstehungshintergrund

Wie schon gesagt handelt es sich um die Verschriftlichung von Beiträgen zu dem institutseigenen 6. Symposium zu Entwicklungen der KVT im Jahr 2016.

Aufbau und Inhalt

Die Beiträge sind durch den Herausgeber in drei Teile mit insgesamt elf Kapiteln eingeteilt und werden mit einer Einführung von Stavemann in die so benannte Integrative KVT eingeleitet. Ein Autoren- und ein Stichwortverzeichnis schließen das Buch ab.

Im 1. Kapitel (Teil I) stellt der Herausgeber selbst die sog. Problemorientierte Kognitive Psychodiagnostik vor. Hierbei geht es darum, kognitive Strukturen und Prozesse beim Klienten sowie deren kognitive Verarbeitungsbedingungen herauszuarbeiten und einen Zusammenhang zu resultierenden Emotionen und Verhaltensweisen herzustellen – dies auch im Sinne der bekannten vertikalen und horizontalen Verhaltensanalyse in der Verhaltenstherapie. Dies dient als Grundlage dann natürlich auch zur Therapieplanung. Der Autor nennt zu explorierende Problembereiche und berichtet hierzu Auftretens-Häufigkeit wohl aufgrund eigener Behandlungsstatistiken.

Teil II wird „Strategien der Integrativen KVT“ genannt. Es sind drei „Erweiterungen“ der KVT, über die hier berichtet wird – die sich allerdings bspw. im Fall der Akzeptanz-Commitment-Therapie (ACT) selbst als durchaus eigenständig verstehen. Zu diesem Ansatz stellt Born im 2. Kapitel grob den Ansatz und die darin enthaltenen Methoden vor und prüft sie auf Verträglichkeit mit kognitiven Ansätzen. Er kommt dabei zu einem positiven Ergebnis und macht dies unter u.a. an den Aspekten „Werte und Lebensziele“, „Frustrationstoleranz“, „ABC-Modell“, „Kontrolldispute“ und einem Fallbeispiel deutlich.

Heidenreich und Michalak widmen der Achtsamkeitsbasierten Kognitiven Therapie (MBCT) das 3. Kapitel. Vorwiegend am Störungsbild der Depression erläutern sie das Konzept und Vorgehen und belegen gut die Effizienz dieser Ansätze. Den in diesem Ansatz beinhaltenen Kognitiven Anteilen messen sie Bedeutung zu und belegen dies unter Rückgriff auf das strukturierte Vorgehen in acht Schwerpunktthemen.

Schweiger u.a. stellen im 4. Kapitel die „Metakognitve Therapie“ nach Adrian Wells vor. Diese geht davon aus, dass nicht die Inhalte dysfunktionaler Kognitionnen wesentlich zur Effizienz der kognitven VT-Methoden beitragen, sondern die sozusagen dahinter liegenden Metakognitionen, die Gedanken über Gedanken. Die Autoren gehen besonders auf „Grübeln“, „Sorgen“ und „Bedrohungen“ ein und betonen, wie fatal sich für Betroffenen die Fusion, das Verschmelzen von Realität und deren sprachlicher Bezeichnung auswirken kann. Diese Konzepte werden in Zusammenhang mit bestimmten Störungen gebracht und dann an Fallbeispielen erläutert, wie die therapeutische Arbeit umgesetzt werden kann.

Die folgenden sechs Kapitel des Teil III ( Störungsspezifische Behandlungskonzepte) beschäftigen sich mit Depressionen, psychotischen Störungen, somatoformen Störungen Schlafstörungen im Kinder- Jugendlichenalter und der Bearbeitung belastender Bilder auf der inneren Bühne, dem sog. IRRT- Imagery Rescripting& Reprocessing Therapy. Auf letztere soll exemplarisch näher eingegangen werden.

Schmucker stellt die IRRT als eigenständige Methode dar (?), die sich aber in jede (?) Therapieform integrieren lasse. Methodisch geht es um Imagination (traumatischer Erfahrungen), Sokratischen Dialog (Gesprächsführung entdeckender, geleiteter Art) und Arbeit mit verschiedenen Persönlichkeitsanteilen insbesondere zwischen dem traumatisierten und dem aktuellen Ich. Das Vorgehen wird laut Autor typischerweise in drei Schritten organsiert: Phase 1 – Wiedererleben belastender Erfahrungen /Bilder aus der damaligen Position, Phase 2 - Perspektivenübernahme durch das aktuelle Ich und Phase 3 Entmachtung/ Neutralisierung des Täters. An Teil-Transkripten von therapeutischen Sitzungen wird dies verdeutlicht, wobei auf die Wichtigkeit der korrekten sprachlichen Gestaltung verwiesen wird.

Diskussion

Das vorliegende Buch soll und will einen praktischen Beitrag zur Integration von verschiedenen Ansätzen der Dritten Welle der Kognitiven Verhaltenstherapie leisten. Hierzu äußern sich erfahrene TherapeutInnen- allerdings solche in Verbundenheit mit dem Herausgeber und seinem Institut. Man merkt den Artikeln an, dass es sich um Praxisbeiträge handelt, die eher geneigt sind, den erfolgreichen Einsatz entsprechender Methoden darzustellen, als empirische Belege hierzu vorzulegen und zu diskutieren. Mit Ausnahme des Artikels von Heidenreich und Michalak fehlen deshalb entsprechende Hinweise, bzw. haben solche eine nur fragwürdige empirische Basis – vgl. etwas Kap 1.

Als Mangel erscheint auch, dass auf ein übergeordnetes Krankheit-Gesundheits-Modell und auf Überlegungen über Wirkungszusammenhänge und deren Grenzen verzichtet wird – möglicherweise verlassen sich die Autoren hier einerseits auf vorangegangen Veröffentlichungen im gleichen Verlag oder auf Kenntnisse eines implizit angesprochenen Adressatenkreises: Praktizierende Verhaltenstherapeuten mit entsprechenden Kenntnissen und Ausbildung. Für diese stelle das Buch sicherlich die eine oder andere Anregung bereit.

Fazit

Für die Praxis der Psychotherapie im verhaltenstherapeutisch-kognitiven Kontext eine anregende Lektüre.

Rezension von
Prof. Dr. Christian Schulte-Cloos
Hochschullehrer Hochschule Fulda, Fachbereich Sozialwesen, seit 31.8.2011 pensioniert
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Es gibt 90 Rezensionen von Christian Schulte-Cloos.

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ISSN 2190-9245