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Monika Specht-Tomann: Trauernden Kindern Halt geben

Rezensiert von Dr. Mechthild Herberhold, 25.01.2017

Cover Monika Specht-Tomann: Trauernden Kindern Halt geben ISBN 978-3-8436-0750-6

Monika Specht-Tomann: Trauernden Kindern Halt geben. Was Eltern tun können. Patmos Verlag (Ostfildern) 2016. 144 Seiten. ISBN 978-3-8436-0750-6. D: 12,99 EUR, A: 13,40 EUR.

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Thema und Entstehungshintergrund

Mit „Trauernden Kindern Halt geben. Was Eltern tun können“ legt Monika Specht-Tomann eine leicht überarbeitete und gekürzte Version des 2008 ebenfalls im Patmos-Verlag erschienenen Titels „Wenn Kinder traurig sind – Wie wir helfen können“ vor. Das Buch versteht sich als Begleiter für Eltern und ErzieherInnen, „der ihnen Hilfestellungen und Anregungen für ihren Erziehungsalltag bietet und an konkreten Beispielen Handlungsmöglichkeiten im Umgang mit trauernden Kindern aufzeigt“ (8).

Autorin

Die Grazer Psychologin und Physiotherapeutin Monika Specht-Tomann (* 1950) beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Trauer, Angst und Schmerz, insbesondere auch bei Kindern und Jugendlichen. Mit ihren zahlreichen Publikationen sowie durch Vorträge, Workshops und Beratungen in ihrer Praxis unterstützt sie vor allem Menschen in schwierigen Lebenssituationen und Angehörige sozialer Berufe.

Aufbau und Inhalt

Das Buch gliedert sich (neben einer Einleitung und einem Anhang mit Nachweisen und Literaturliste) in drei Teile:

  1. „Kindern Halt geben“,
  2. „Beispiele aus dem Kinderalltag: Wenn Kinder trauern“ und
  3. „Kinder einfühlsam begleiten: Anregungen und Hilfestellungen“.

Specht-Tomann bindet ihre Ausführungen zum Umgang mit trauernden Kindern in ihr grundsätzliches Erziehungsverständnis ein. Im Kapitel I.1 „Mit kleinen Schritten in die Welt der Großen – Bausteine gelingender Erziehungsarbeit“ betont sie, wie wichtig Geborgenheit und vertraute Bezugspersonen in den ersten Lebensjahren sind, und wertschätzt Erziehung als „ganz besondere Arbeit“ (13) mit vielen Freuden und Belastungen. „Das kindliche Weltbild – seine Bedeutung für den Umgang mit Verlust, Abschied und Tod“ (Kapitel I.2) erklärt sie für Kleinkinder, Vorschulkinder, Grundschulkinder und Kinder an der Schwelle zur Pubertät. Sie schildert jeweils allgemeine Merkmale einer Altersgruppe und fragt dann speziell nach der Bedeutung von Verlust, Abschied und Tod. Grau unterlegte Abschnitte fassen die Inhalte zusammen.

Im zweiten Teil schildert die Psychologin zunächst Merkmale von Kindertrauer und entsprechende Unterstützungsmöglichkeiten auf allgemeiner Ebene (II.1): Kinder leben stark im Augenblick, sind in ihrer Trauer mit intensiven Gefühlen konfrontiert, bauen Tagträume in ihre Realität ein oder setzen – was für Erwachsene oft schwer zu verstehen ist – scheinbar unbeeinträchtigt ihren Alltag fort. „Basis jeder guten Begleitung ist die aktive Zuwendung zum trauernden Kind… Spezielle Maßnahmen zur Trauerbewältigung greifen erst dann, wenn sich das Kind angenommen und verstanden fühlt.“ (64f).

Die vier folgenden Kapitel (II.2 bis II.5) gehen nach Altersgruppen gegliedert näher auf die Welt von trauernden Kindern ein. Anhand von Beispielen (etwa dem Verschwinden eines Haustiers, dem Unfalltod der Schwester, der tödlichen Krankheit einer Schulfreundin) macht die Autorin die vielfältigen Facetten von Kindertrauer anschaulich. Sie führt zu jeder Geschichte aus, welche Verhaltensweisen von Erwachsenen das Kind braucht, und schließt jedes Kapitel mit altersentsprechenden allgemeinen Unterstützungsmöglichkeiten bei Sterben und Tod ab. Ein weiteres Kapitel (II.6) gibt „Antworten auf häufig gestellte Fragen“, etwa ob Kinder tote Menschen sehen sollten, wie lange Kinder trauern oder wann professionelle Hilfe erforderlich ist.

Neben dem Wissen um das Weltbild und die Trauerprozesse von Kindern verschiedener Altersstufen ist die „Persönliche Auseinandersetzung mit Abschied, Verlust und Trauer – eine wichtige Voraussetzung“ (III.1), um trauernde Kinder zu begleiten. Mit Impulsfragen regt Monika Specht-Tomann die LeserInnen an, sich an Verluste im eigenen Leben, insbesondere während der Kindheit zu erinnern oder über den Umgang mit Sterben und Tod in der Herkunftsfamilie nachzudenken. In unkomplizierten Zeiten gilt es, „Bausteine für eine vertrauensvolle Beziehung“ (III.2) zu entwickeln, damit sie das Kind in stürmischen und belastenden Zeiten tragen können. Dazu zählt für die Autorin vor allem „ein bedingungsloses Ernstnehmen des Kindes“ (123). Eine vertrauensvolle Beziehung sieht sie als Voraussetzung für die Lösung von Problemen. Für Kinder können Gespräche auch dann hilfreich sein, wenn es keine Antworten auf Fragen geben sollte: „Sie sollen erfahren, dass auch Erwachsene nicht immer alle Fragen beantworten können, dass sie aber bereit sind, gemeinsam nach Antworten zu suchen oder zu lernen, bestimmte Situationen unbeantwortet stehen zu lassen“ (130). Abschließend plädiert Specht-Tomann dafür, anhand von Büchern mit Kindern ins Gespräch zu kommen, und gibt Hinweise, wie man geeignete Geschichten finden kann – etwa indem man den Traueranlass des Kindes bedenkt oder sich fragt, wie das Buch auf einen selbst wirkt.

Diskussion

„Trauernden Kindern Halt geben. Was Eltern tun können“ ist flüssig zu lesen. Die übersichtliche Gliederung nach Altersstufen ermöglicht es, in einem konkreten Todesfall gezielte Hinweise zu finden, was das Kind bewegt und worauf es in der Begleitung ankommt. Die Anregungen im III. Teil sind m.E. vor allem geeignet für Erwachsene, die selbst nicht unmittelbar von dem Verlust betroffen sind – ErzieherInnen, LehrerInnen oder entferntere Verwandte. Immer wieder illustriert die Autorin ihre Gedanken mit Literaturzitaten etwa von Erich Fried oder Rainer Maria Rilke.

Durchgehend ist die Wertschätzung spürbar, die Monika Specht-Tomann Erwachsenen und Kindern entgegenbringt. Sie hat viel Verständnis für Eltern, die „Trauer möglichst lange vom Leben der Kinder fernhalten [möchten]“ und hält es für wichtig, die „elterliche Kompetenz zu stärken“ (7). Sie fragt immer wieder nach der Perspektive des Kindes. Als Ziel der Begleitung durch Eltern und Erzieherinnen sieht sie, dass Kinder „hinter allen Aktivitäten der Erwachsenen das echte Bemühen spüren, ihre Welt, ihre Gefühle und Gedanken zu verstehen und ihre innere Bilderwelt ernst zu nehmen“ (128).

Anders als das Vorgängerbuch „Wenn Kinder traurig sind – Wie wir helfen können“ enthält dieses Buch keine Liste mit Kinderbüchern. Hier wäre es wünschenswert gewesen, das Plädoyer für Bücher mit konkreten Titelvorschlägen zu ergänzen.

Fazit

Mit 144 Seiten haben Eltern und ErzieherInnen, die sich beim Tod von Tieren oder Menschen auf trauernde Kinder einstellen wollen, ein kompaktes und übersichtliches Buch in der Hand.

Warum Verlag und Autorin sich für diese gekürzte Neuauflage entschieden haben, hat sich mir nicht erschlossen. Bedauerlicherweise habe ich keinen Hinweis gefunden, nach welchen Kriterien Specht-Tomann das Vorgängerbuch überarbeitet und gekürzt hat. Für Eltern, die auch bei dem Wegzug einer Freundin oder dem Verlust eines Spielzeugs auf die Trauer der Kinder eingehen wollen, ist vermutlich „Wenn Kinder traurig sind – Wie wir helfen können“ weiterhin interessanter.

Unabhängig davon, für welche Version sich LeserInnen entscheiden: Die Ausführungen von Monika Specht-Tomann sind für die Begleitung in akuten Trauersituationen ebenso empfehlenswert wie für eine grundsätzliche Information über das Trauererleben in verschiedenen Altersstufen. Beispielgeschichten machen anschaulich, worum es der Autorin geht, und regen dazu an, für Kinder im eigenen Umfeld hilfreiche Unterstützung zu entwickeln.

Rezension von
Dr. Mechthild Herberhold
Ethik konkret, Altena (Westf.).
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Es gibt 16 Rezensionen von Mechthild Herberhold.

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ISSN 2190-9245