Jutta König: Das neue Begutachtungsinstrument
Rezensiert von Hans-Joachim Dörbandt, 21.11.2016
Jutta König: Das neue Begutachtungsinstrument. Feststellung der Pflegebedürftigkeit durch den MDK: gezielt vorbereiten – souverän meistern. Der perfekte Weg zum richtigen Pflegegrad.
Schlütersche Fachmedien GmbH
(Hannover) 2016.
176 Seiten.
ISBN 978-3-89993-367-3.
D: 24,95 EUR,
A: 25,70 EUR,
CH: 37,90 sFr.
pflege kolleg.
Thema
Nach langjähriger Vorbereitung beginnt am 1. Januar 2017 in der Pflege eine neue Zeitrechnung. Ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff wurde geschaffen. Ein neues Begutachtungsinstrument und neue Pflegegrade kommen. Das bedeutet für alle mit den Neuregelungen befassten oder betroffenen Personen: Wer auf Augenhöhe mit dem Medizinischen Dienst der Kranken- und Pflegeversicherung (MDK) verhandeln will, muss das neue Begutachtungsinstrument sehr gut kennen. Dieses Buch soll Tipps, kompakte Informationen und erfolgreiche Strategien geben. Vor allem die Pflegekräfte müssen sich jetzt mit der neuen Materie auskennen, sie detailliert kennen und umsetzen können. Das dürfte aber auch für alle anderen an der gesetzlichen Pflegeversicherung beteiligten Personen gelten. Der richtige Pflegegrad ist gut für den Pflegebedürftigen und Gold wert für das Pflegeunternehmen. Auch die Beschäftigten in den gesetzlichen Pflegekassen, den Pflegestützpunkten, den Rechtsanwälten bis hin zu den Gerichten der sozialen Gerichtsbarkeit benötigen diese Informationen.
Autorin
Jutta König ist Wirtschaftsdiplom-Betriebswirtin Gesundheit (VWA) und Sachverständige bei verschiedenen Sozialgerichten im Bundesgebiet. Sie unterrichtet Pflegesachverständige und Pflegeberater, arbeitet als Unternehmensberaterin und Dozentin in den Bereichen SGB XI, SGB V, Heim- und Betreuungsrecht. Sie ist examinierte Altenpflegerin, Pflegedienst- und Heimleitung.
Aufbau und Inhalt
Das Werk ist in fünf Abschnitte gegliedert. Ein Vorwort ist vorangestellt.
Die fünf Abschnitte sind:
- Neuerungen durch das PSG II
- Wesentliche Paragrafen des SGB XI
- Die Begutachtung ab 2017
- Die neue Begutachtung – Fallbeispiele
- Zahlen und Fakten zur Pflegeversicherung
Es folgen ein Schlusswort, ein Literaturverzeichnis und ein Register.
Diskussion
Tatsächlich gab es für den Gesetzgeber in den vergangenen Jahren immer wieder Anhaltspunkte und Verbesserungsansätze an der gesetzlichen Pflegeversicherung. In der Praxis hatte sich der Begriff der Pflegebedürftigkeit als nicht real umsetzbar gezeigt. Es wurden bestimmte Aktivitäten des täglichen Lebens voneinander abgegrenzt bewertet. Das erfolgte in der Regel auf der Basis der Begutachtungsrichtlinien für den MDK, in denen bestimmte Zeitansätze in Minuten täglicher Grundpflege vorgegeben worden sind. Hier waren in der Vergangenheit und auch noch heute Ansatzpunkte für Streitigkeiten mit den Pflegeeinrichtungen, aber auch mit den Pflegekassen und den MDK an der Tagesordnung. Versicherte der Pflegekassen beantragten Leistungen weil sie annahmen, dass sie zumindest als erheblich Pflegebedürftig anzusehen waren. Die übliche Altersgebrechlichkeit verwechselten sie dabei mit der erheblichen Pflegebedürftigkeit, wie das Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) vorgab und waren dann enttäuscht, wenn der MDK-Gutachter keine erhebliche Pflegebedürftigkeit feststellen konnte und die Pflegekasse die gewünschte Leistung ablehnen musste. Oft haben Antragsteller auch gemeint, dem MDK-Gutachter beweisen zu müssen, wie gut sie noch mit den alltäglichen Verrichtungen zurechtkommen können und wie fit sie eigentlich doch sind. Und darin liegt die Krux, wenn der Gutachter das als gegeben hinnimmt und in seinem Gutachten keine Notwendigkeit für Pflegeleistungen erkennt. Daraus resultierten dann vielfach Widerspruchs- und auch Klageverfahren, im Verlauf derer dann andere Gerichtsgutachter die tatsächliche pflegerische Situation ermitteln mussten. Nicht selten allerdings sind daraus Leistungsansätze für die Pflegeversicherung entstanden. Mit anderen Worten: Mit einer realer zutreffenden MDK-Begutachtung hätten Verwaltungs- und Gerichtsverfahren vermieden werden können. Der neue Begriff der Pflegebedürftigkeit soll auch hier Ansätze bieten, die tatsächliche körperlich-funktionelle pflegerische Situation im Einzelfall besser erkennen und herausarbeiten zu können.
Ob die neu geschaffenen Grundsätze tatsächlich mehr Klarheit bringen und von der bisherigen Minutenzählerei abgehen werden, muss die Zukunft zeigen. Der gute Wille des Gesetzgebers und auch aller anderen Beteiligten bei der Schaffung eines neuen Begutachtungsinstruments ist zu akzeptieren und zu würdigen. Die Zukunft wird es jedenfalls zeigen, ob die Neuregelungen dann wie beabsichtigt greifen werden.
Für den Praktiker bietet sich jedenfalls mit dem vorliegenden Buch ein sehr guter Einstig in die neuen Regelungen und Grundsätze und vor allem in das neue Begutachtungsinstrument (NBA). Es ist sachlogisch aufgebaut und befasst sich zunächst mit den Neuerungen durch die Pflegestärkungsgesetze II und III (PSG II und PSG III).
Die durch die neuen Gesetze geänderten Vorschriften des SGB XI werden vorgestellt und die Änderungen erläutert. Die neuen Aufgaben des MDK und die neuen Begutachtungsgrundsätze und Module werden im 3. Abschnitt vorgestellt. Darüber wird dann der Bogen zu den Fallbeispielen des 4. Abschnittes gespannt. Hier wird praxisnah anhand von Einzelbeispielen dargestellt, wie sich die Feststellungen eines MDK-Gutachters auswirken und welche Ergebnisse sie bringen können.
Fazit
Mit dem vorliegenden Buch wird dem anzusprechenden Personenkreis anschaulich die neue gesetzliche und praktische Lage der Pflegeversicherung nahe gebracht. Es bietet einen sehr guten Einstieg in die neue Materie und gibt darüber einen guten Überblick. Der Aufbau der ab 01.01.2017 vom MDK zu verwendenden Gutachten wird anschaulich dargestellt. In den Fallbeispielen wird partiell darauf eingegangen.
Für den Praktiker, der täglich mit den Fragen der Pflegeversicherung konfrontiert wird, wäre eine Aufnahme der Pflegerichtlinien, der Begutachtungsrichtlinien und damit der Formulargutachten hilfreich gewesen. So muss der Leser leider immer dann, wenn er sich über die Richtlinien oder die neuen Gutachtenformulare oder von Teilen daraus ein Bild machen möchte, auf andere Fundstellen außerhalb dieses Buches, wie z. B. das Internet zugreifen, was umständlich ist, denn gerade die Richtlinien sind in der täglichen Praxis regelmäßig für Zweifelsfragen heranzuziehen. Der Umfang des Buches mit seinen nur 174 Seiten hätte es sicher zugelassen, auch diese Unterlagen mit aufzunehmen.
Rezension von
Hans-Joachim Dörbandt
Fachautor in den Bereichen Pflege, gesetzliche Pflegeversicherung, gesetzliche Krankenversicherung
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Zitiervorschlag
Hans-Joachim Dörbandt. Rezension vom 21.11.2016 zu:
Jutta König: Das neue Begutachtungsinstrument. Feststellung der Pflegebedürftigkeit durch den MDK: gezielt vorbereiten – souverän meistern. Der perfekte Weg zum richtigen Pflegegrad. Schlütersche Fachmedien GmbH
(Hannover) 2016.
ISBN 978-3-89993-367-3.
pflege kolleg.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/21662.php, Datum des Zugriffs 06.10.2024.
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