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Marshall B. Rosenberg: Gewaltfreie Kommunikation. Eine Sprache des Lebens

Rezensiert von RA Claus-Rudolf Löffler, 18.01.2005

Cover Marshall B. Rosenberg: Gewaltfreie Kommunikation. Eine Sprache des Lebens ISBN 978-3-87387-454-1

Marshall B. Rosenberg: Gewaltfreie Kommunikation. Eine Sprache des Lebens. Gestalten Sie Ihr Leben, Ihre Beziehungen und Ihre Welt in Übereinstimmung mit Ihren Werten. Junfermann Verlag GmbH (Paderborn) 2004. 5. Auflage. 237 Seiten. ISBN 978-3-87387-454-1. 19,50 EUR.
Vorwort von Arun Gandhi und Vera Birkenbihl. Aus dem Englischen von Ingrid Holler.

Weitere Informationen bei DNB KVK GVK.

Seit Erstellung der Rezension ist eine neuere Auflage mit der ISBN 978-3-95571-572-4 erschienen, auf die sich unsere Bestellmöglichkeiten beziehen.

Siehe auch Replik oder Kommentar am Ende der Rezension

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Einführung in das Thema

Marshall B. Rosenberg hat ein bemerkenswertes Buch über seine Methode der gewaltfreien Kommunikation geschrieben. Es liegt jetzt als überarbeitete und erweiterte Neuauflage vor. Es basierend auf den Forschungsarbeiten von Prof. Carl Rogers und den eigenen Erkenntnissen aus der Anwendung in der Praxis. Kern der Methode ist, dass es darauf ankommt, wie Menschen miteinander sprechen. Die meisten Menschen sprechen unbewusst so, dass sie die Gefühle und Bedürfnisse der anderen Menschen nicht respektieren. Sprache kann dann als Gewalt wirken und andere Menschen verletzen. Daneben besteht für die Menschen oftmals eine Unklarheit der eigenen Gefühle und der eigenen Bedürfnisse. Gewalt resultiert dann als Folge dieser Verhaltensweisen. Die Methode soll ermöglichen:

  1. wie Menschen ohne verletzende Wirkung (gewaltfrei) sprechen können,
  2. wie Menschen ihre eigenen Gefühle und die eigenen Bedürfnisse erkennen und erfüllt erhalten können,
  3. wie sie mit dem anderen über dessen Gefühle und Bedürfnisse sprechen und bei dessen Bedürfniserfüllung helfen können.

Autor

Marshall B. Rosenberg, PH.D., ist Begründer des Center for Nonviolent Communication (CNVC). Er ist in einem brodelnden Viertel in Detroit aufgewachsen und entwickelte ein starkes Interesse an neuen Formen der Kommunikation als einer friedliche Alternative zu der Gewalt , die er in seiner Jugend kennen lernte. Aufgrund seines Interesses promovierte er im Jahre 1961 an der Universität von Wisconsin zum Doktor der Psychologie. Weitere Lebenserfahrung und sein Studium in vergleichender Religionswissenschaft brachten ihn dazu, den Ansatz der Gewaltfreien Kommunikation (GFK) zu entwickeln, der seit über 30 Jahren in der Mediation und in Streitschlichtungsprojekten weltweit Anwendung findet. In den letzten 30 Jahren hat Rosenberg die Gewaltfreie Kommunikation in mehr als zwei Dutzend Ländern an Ausbilder, Schüler, Studenten, Eltern, Mangager, medizinisches und psychologisches Fachpersonal, Militärs, Friedensaktivisten, Anwälte, Gefangene, Polizisten und Geistliche weitergeben.

Lesbarkeit und Umsetzbarkeit

Diese Methodik hat er einfach und klar in dem Buch niedergelegt. Obwohl es sich um ein Theoriebuch handelt, ist es einfach geschrieben. Jeder kann es verstehen und sofort nachvollziehen. Es kann eigenständig zum Erlernen der Methode benutzt werden. In der praktischen Umsetzung wird der Leser feststellen, dass durch die fest eingeübten oftmals anderen Verhaltensmuster des Menschen ein Lernprozess in Gang kommt, der in kleineren und größeren Schritten vorangeht. Hilfreich sind die in den Seitenrand eingerückten "Zusammenfassungen" und "Lehrsätze". Sie fassen den Kern des dazugehörigen Absatzes zusammen und sind einprägsame Leitsätze. z.B. S. 73 "Urteile über andere sind entfremdete Äußerungen unsere eigenen, unerfüllten Bedürfnisse." Vielfach wird in Übungsbüchern z.B. Ingrid Holler "Trainingsbuch, Gewaltfreie Kommunikation" auf dieses Werk hinsichtlich der vertiefenden Darstellung verwiesen.

Aufbau und Inhalt

Im Buch sind folgende Kapitel enthalten:

  1. Von Herzen geben: Das Herz der Gewaltfreien Kommunikation

  2. Wie Kommunikation Einfühlungsvermögen blockiert
  3. Beobachten ohne zu bewerten
  4. Gefühle wahrnehmen und ausdrücken
  5. Verantwortung für unsere Gefühle übernehmen
  6. Um das bitten, was unser Leben bereichert
  7. Empathisch aufnehmen
  8. Die Macht der Empathie
  9. Einen einfühlsamen Kontakt mit uns selbst aufbauen
  10. Ärger vollständig ausdrücken (früher Kapitel 9)
  11. Die beschützende Anwendung von Macht (früher Kapitel 10)
  12. Uns selbst befreien und andere unterstützen (früher Kapitel 11)
  13. Wertschätzung und Anerkennung ausdrücken in Gewaltfreier Kommunikation (früher Kapitel 12)

Im Kapitel 1 empfiehlt der Autor die so genannten 4 Schritte für die Kommunikation mit sich selbst, um sein eigenes Denken und Kommunikation umzustellen:

Schritt 1: klar zu beobachten ohne Bewertung mit einfließen zu lassen,

Schritt 2: Gefühle wahrnehmen und ausdrücken,

Schritt 3: Bedürfnisse erkennen,

Schritt 4: Bitten zu formulieren, die das Leben schöner machen.

Dabei werden die Schritte entweder auf den Anwender bezogen (Wenn ich sehe...., fühle ich ...., weil ich brauche ..., kannst Du bitte ....) oder auf den anderen (Wenn ich sehe...., fühlest Du ...., weil Du brauchst ..., bittest Du ....) durchgeführt. Diese 4 Schritte sollen vom Lerner zunächst genau so bei jedem Satz eingehalten. Der Fortgeschritten kann sie später wieder in den eigenen Sprachmustern anwenden.

Im Kapitel 2 stellt der Autor dar, welche Kommunikationsformen und -muster mit sich selbst den Kontakt hindern. Er weist darauf hin, dass moralische Urteile fällen, Vergleiche anstellen, Verantwortung leugnen, Schuldzuweisungen, Drohungen und Amtssprache sich als Kommunikationsblockierer auswirken, da es zu einer Verschleierung der Wahrnehmung kommt. Jeder sei für seine eigenen Gedanken, Gefühle und Handlungen verantwortlich.

In den Kapiteln 3-6 werden die "4 Schritte" der Kommunikation mit sich selbst "Beobachtung" in Kapitel 3, "Gefühl" in Kapitel 4, "Bedürfnis" in Kapitel 5, "Bitte" in Kapitel 6 vertieft dargestellt.

Im Kapitel 7 wird die Anwendung der 4 Schritte auf andere Menschen dargestellt. Der Autor empfiehlt zu hören, was andere beobachten, fühlen, brauchen und erbitten. Er empfiehlt die Methode des Aktiven Zuhörens für die Wiedergabe des Gehörten.

Kapitel 8 ist der Empathie gewidmet. Empathie fasst in einem Wort zusammen, wenn jemand bei einem anderen die in Kapitel 7 beschrieben Techniken anwendet. Der Autor beschreibt hier die Wirkung von empathischen Verhalten. Er stellt fest, dass die Anwendung von Empathie ermöglicht, verletzlich zu bleiben und potenzielle Gewalt zu entschärfen, Gespräche neu zu beleben. Das Wort "Nein" kann gehört werden, ohne es als Zurückweisung zu verstehen.

Kapitel 9 zeigt, wie Empathie mit uns selbst stattfinden kann

In Kapitel 10 wird vom Autor dem "Ärger in einem selbst" Aufmerksamkeit geschenkt. Er erläutert, dass Ärger nur der Ausdruck für eigene unerfüllte Bedürfnisse ist. Er empfiehlt den Ärger zu transformieren: 1. innehalten und atmen 2. die verurteilenden Gedanken festzustellen 3. mit dem unerfüllten eigenen Bedürfnis in Kontakt zu kommen und 4. unsere Gefühle und unerfüllten Bedürfnisse auszusprechen.

Der Autor stellt sich in Kapitel 11 der Frage des Einsatzes von Macht. Er führt aus, dass es eine beschützende und eine bestrafende Macht gibt. Die strafende Machtausübung erzeugt tendenziell Feindseligkeit und verstärkt die Abwehr gerade gegen das erwünschte Verhalten. Der Autor weist darauf hin, dass Bestrafung das Wohlwollen und Selbstvertrauen beschädigt und die Aufmerksamkeit weg von der Bedeutung einer Handlung (und den dahinter liegenden Gefühlen und Bedürfnissen) hin zu den äußeren Konsequenzen lenkt. In Situationen, wo es keine Möglichkeit für ein Gespräch gibt, z.B. bei drohenden Gefahren kann es notwendig sein, auf die beschützende Anwendung von Macht zurückzugreifen.

Kapitel 12 beinhaltet Fragen der inneren Kommunikation. Gewaltfreie Kommunikation kann als Dolmetscher wirken, indem innere Botschaften in Gefühle und Bedürfnisse übersetzt werden. Damit werden sie ver- und bearbeitbar.

Im Kapitel 13 gibt der Autor Informationen, wie gewaltfrei Wertschätzung gegeben und empfangen werden kann. Er weist auf die Gefahren hin, die in konventionellen Komplimenten liegen. Er empfiehlt stattdessen für Wertschätzung 1. die Handlung, die zum Wohlbefinden beigetragen hat, 2. das spezielle Bedürfnis, das zufrieden gestellt wurde und 3. das freudiges Gefühl als Ergebnis zu benennen und zu feiern.

Veränderungen zur Vorauflage

Nach dem Inhaltsverzeichnis sind 27 Seiten mehr bei gleich gebliebenem Preis hinzugekommen. Die in den Vorauflagen im Anhang unter Übungen enthaltenen kleineren Beispiele und eigene Übungsmöglichkeit wurden nach vorn gezogen und jeweils hinter dem dazugehörigen Kapitel mit eingefügt. Dies unterstützt die Übersichtlichkeit und Klarheit. Das Gelesene kann gleich durch die Übung angewandt und geprüft werden.

Im Kapitel 4 wurden die Gefühlslisten (Seite 63) von 117 Gefühlen auf jeweils 90 Gefühle reduziert und auch teilweise inhaltlich geändert.

Das Buch hat ein neues neuntes Kapitel bekommen. Es ist hinter Kapitel 8 eingefügt worden. Die übrigen Kapitel der Vorauflage sind jeweils um eine Ordnungsziffer nach hinten gestuft worden. Sie sind inhaltlich (bis auf Kapitel 11) gleich geblieben. Aus einem Einzelpunkt "Traumtötersprache" im früheren Kapitel 11 wurde das eigene Kapitel 9 gemacht, jetzt mit dem Titel "Einfühlsamer Kontakt mit uns selbst". Da vielfach im Inneren des Menschen auf die gleiche gewalttätige Art mit sich selbst umgegangen wird, wie in der Außenwelt mit anderen, hilft dieses Kapitel hinter die eigenen Handlungsweisen und Verhaltensmuster zu schauen und die Bedürfniserfüllung oder Nichterfüllung durch eigenen Einstellungen aufzudecken. Dies wird deutlich an der Übung aufzuschreiben, wo der Leser meint, keine freie Wahl zu haben, und er Aufgaben erfüllen "muss". Dies wird folgendermaßen transformiert: Bei der niedergeschriebenen Aussage wird das "müssen" weg gestrichen und durch "Ich habe frei gewählt" ersetzt. In einem weiteren Schritt wird dann das dahinter liegende Bedürfnis zugeordnet. Schnell stellt sich heraus, welche Handlungen wirklich frei gewählt werden, weil der Mensch sich ein eigenes Bedürfnis erfüllt und welche Handlungen fremd bestimmt sind, weil keine eigenen Bedürfnisse dahinter liegen. Überraschend ist, dass in vielen Punkten, wo der einzelne sich gegenüber "müssen" formuliert, in Wirklichkeit eine von einem selber getroffene Entscheidung dahinter steckt. Diese Darstellung war bislang nur aus in dem Basisseminar - Einführung in die Gewaltfreie Kommunikation - des Autors veröffentlicht.

Diskussion

Das Buch wird das Verhältnis des Lesers zu anderen Menschen verändern, gleich, ob es um das Verhältnis zu eigenen Eltern, Ehegatten, Kindern, Vorgesetzten oder andere Menschen geht. Gewaltfreie Kommunikation ist das Mittel der Streitschlichtung und des eigenen Selbstmanagement und der Selbstfindung. Haben beide Parteien ihre Bedürfnisse und Gefühle geklärt, wird auch die Entscheidung der Sachfragen nach den Rahmenbedingungen gelingen. Ich halte das Buch für lesenswert.

Fazit

Wer an gewaltfreier Kommunikation interessiert ist, wird in seinen Bemühungen von diesem Buch unterstützt werden und viel Nutzen für seine eigene Beschäftigung mit dem Thema gewinnen. Ob Interessierter, Anfänger, Übender oder Fortgeschrittener - an diesem Grundwerk kommt keiner vorbei.

Rezension von
RA Claus-Rudolf Löffler
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Familien-, Steuer- und Erbrecht, Mediator, Leiter einer Übungsgruppe in Hannover
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Es gibt 13 Rezensionen von Claus-Rudolf Löffler.

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Kommentare

Anmerkung der Redaktion: Vgl. auch die Rezension zum Hörbuch dieser Veröffentlichung.


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ISSN 2190-9245