Suche nach Titel, AutorIn, RezensentIn, Verlag, ISBN/EAN, Schlagwort
socialnet - Das Netz für die Sozialwirtschaft

Rainer Jaszus, Holger Küls (Hrsg.): Didaktik der Sozialpädagogik

Rezensiert von Dr. Anke Meyer, 28.06.2017

Cover Rainer Jaszus, Holger Küls (Hrsg.): Didaktik der Sozialpädagogik ISBN 978-3-7782-5842-2

Rainer Jaszus, Holger Küls (Hrsg.): Didaktik der Sozialpädagogik. Grundlagen für die Lehr-/Lernprozessgestaltung im Unterricht. Verlag Handwerk und Technik GmbH (Hamburg) 2017. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. 448 Seiten. ISBN 978-3-7782-5842-2. 40,90 EUR.

Weitere Informationen bei DNB KVK GVK.

Kaufen beim socialnet Buchversand

Thema

Die erste Auflage der Didaktik der Sozialpädagogik, die erstmalig wesentliche Ansätze der Didaktik und Methodik der Sozialpädagogik zusammenstellte, ist bereits 2011 erschienen (s. Rezension von Fabian Lamp). Jetzt liegt eine überarbeitete Auflage vor, die Veränderungen und Entwicklungen der letzten Jahre berücksichtigt.

Herausgeber

Die Herausgeber, Rainer Jaszus und Holger Küls, sind beide ausgewiesene Autoren von Lehrwerken, die den neueren lernfelddidaktischen Lehrplänen der Fachschulen für Sozialpädagogik folgen.

Aufbau

Das Buch besteht aus zwei Teilen, denen ein Kapitel mit Grundgedanken zu einer Didaktik der Sozialpädagogik von Holger Küls, einem der Herausgeber, vorangestellt ist.

Im ersten Teil des Buches geht es um die didaktische Grundlagen der sozialpädagogischen Lehr-/Lernprozessgestaltung. Hierzu finden sich folgende Kapitel:

  • Von der bildungstheoretischen Didaktik zur kritisch-konstruktiven Didaktik (Lutz Grüneberg)
  • Beziehungsdidaktik. Sozial-konstruktivistisches Lernen in der Sozialpädagogik (Christian Lauer)
  • Persönlichkeitsorientierte Didaktikansätze in der Sozialpädagogik (Holger Küls)
  • Handlungs- und lernfeldorientierter Unterricht in der Sozialpädagogik (Holger Küls)
  • Didaktik im Kontext von Inklusion und Diversität (Fabian Lamp)

Im zweiten Teil des Buches werden didaktisch-methodische Konzepte in der sozialpädagogischen Lehr-Lernprozessgestaltung vorgestellt:

  • Bedeutung der Lehrerperson (Hermann Krüssel)
  • Sozialformen in der Lehr-Lernprozessgestaltung (Petra Moh, Holger Küls)
  • Linear-zielgerichteter Unterricht (Hermann Krüssel)
  • Offene Lehr-Lernprozessgestaltung (Amelie Ruff)
  • Begleitete Intervision (Carsten Püttmann)
  • Ansätze Forschenden Lernens – Perspektiven für die Fachschule Sozialpädagogik (Anke Karber)
  • Portfolioarbeit (Barbara von Raben)
  • Projektmethode (Sonja Reuter)
  • Lernen an Stationen (Carsten Püttmann)
  • Moderationsmethode (Sonja Reuter)
  • Rollenspiel im sozialpädagogischen Unterricht (Julia Kolbe-Peythieu)
  • Das Planspiel (Irmgard Büchin-Wilhelm)
  • Kreatives Schreiben (Gritta und Rainer Jaszus)
  • Expertenbefragung (Irmgard Büchin-Wilhelm)
  • Erkundung an außerschulischen Lernorten (Rainer Jaszus)
  • Lernortkooperation in sozialpädagogischen Bildungsgängen (Brit Albrecht)

Die einzelnen Kapitel, in denen didaktisch-methodisch Konzepte vorgestellt werden, sind ähnlich aufgebaut. Zunächst werden die Konzepte theoretisch und historisch eingeordnet und dann praxisnah in Hinblick auf den sozialpädagogischen Unterricht vorgestellt.

Zum ersten Teil

Eine ausführliche Besprechung des ersten Teils des Buches (Didaktische Grundlagen der sozialpädagogischen Lehr-/Lernprozessgestaltung) findet sich bereits in der Rezension von Fabian Lamp zur ersten Auflage (s.o.).

In einer allgemeindidaktischen Grundlegung geht es Lutz Grüneberg vor allem um Klafkis Weg von der bildungstheoretischen Didaktik über deren Kritik durch die lerntheoretische Didaktik zur Weiterentwicklung Klafkis zur kritisch-konstruktiven Didaktik. Bezüge zu einer fachspezifischen Didaktik der Sozialpädagogik stellt Lutz Grüneberg größtenteils erst in der abschließenden Würdigung des Werkes Klafkis her, in der er zeigt, welche Bedeutung dieses auch im Kontext der Sozialpädagogik hat.

Christian Lauer entwickelt auf der Grundlage von Systemtheorie und Konstruktivismus, wie wichtig eine Beziehungsdidaktik für sozial-konstruktivistisches Lernen in der sozialpädagogischen Ausbildung ist.

Darauf folgt das Kapitel „Handlungs- und lernfeldorientierter Unterricht“, in dem Holger Küls zeigt, welche Bedeutung das Lernfeldkonzept – das ursprünglich für die dualen Ausbildungen im kaufmännischen und gewerblich-technischen Bereich entwickelt wurde – für Studierende und Lehrende im sozialpädagogischen Bereich hat.

Neu hinzugekommen ist das Kapitel „Didaktik im Kontext von Inklusion und Diversität“. Hier zeigt Fabian Lamp insbesondere, welche Bedeutung Inklusion und Diversität in den Arbeitsfeldern von Erzieherinnen und Erziehern hat und wie dies in den Kompetenzen, die sie in der Ausbildung entsprechend der curricularen Vorgaben erwerben sollen, berücksichtigt wird.

Zum zweiten Teil

Wesentliche Veränderungen und Ergänzungen finden sich vor allem im zweiten Teil (Didaktisch-methodischen Konzepte in der sozialpädagogischen Lehr-Lernprozessgestaltung). Exemplarisch möchte ich hier intensiver auf einige Kapitel eingehen. Neu hinzugekommen sind die Kapitel

  • „Bedeutung der Lehrerperson“,
  • „Begleitete Intervision“,
  • „Ansätze Forschenden Lernens“ und
  • „Portfolioarbeit“.

In dem Kapitel „Begleitete Intervision“ erklärt Carsten Püttmann in Abgrenzung zu Supervision und Kollegialer Beratung, was Intervision ist und welche Chancen sie für die sozialpädagogische Ausbildung bietet. Am Beispiel eines innovativen Projektes, das sich noch in der Erprobungsphase befindet, zeigt er, wie begleitete Intervision in Schulen implementiert werden kann und gibt Einblick in erste Bewertungen aus der Schülerperspektive.

Ein wichtiges Element in der sozialpädagogischen Ausbildung ist die Portfolioarbeit. Barbara von Raben zeigt, welchen Wert die Portfolioarbeit insbesondere auch in der kompetenzorientierten sozialpädagogischen Arbeit haben kann. Das Portfolio kann hier sowohl punktuell im portfoliobasierten Unterricht eingesetzt werden als auch als umfassendes Instrument, das die gesamte Ausbildung oder aber auch die Praxis unterstützt und strukturiert. Von Raben nennt sechs Gründe für den Einsatz von Portfolioarbeit in der sozialpädagogischen Ausbildung, nämlich z.B. die Anschlussfähigkeit des Portfolioansatzes an die gängigen Unterrichtskonzepte und -methoden, die Möglichkeit mit der Portfolioarbeit die Bewältigung der Entwicklungsaufgaben, den Erwerb von Schlüsselqualifikationen und von Handlungswissen zu unterstützen, mit der Portfolioarbeit Theorie und Praxis zu verknüpfen und dabei im Sinne der doppelten Vermittlungspraxis die eigenen Erfahrungen mit der Portfolioarbeit auf die spätere sozialpädagogische Arbeit im Kindergarten zu übertragen, wo Portfolioarbeit mit den Kindern ebenfalls eine wichtige Rolle spielt.

Sehr praxisnah – mit Beispielen aus dem eigenen Unterricht – zeigt von Raben, wie das Portfolio als Lehr-Lernmethode und als Diagnose- und Bewertungsinstrument eingesetzt werden kann.

Mit dem Kreativen Schreiben adaptieren Gritta und Rainer Jaszus eine Methode, die vor allem im Deutschunterricht eingesetzt wird, für den sozialpädagogischen Unterricht. Sie zeigen, welche Chancen der Methode innewohnen und wie sie konkret eingesetzt werden kann. Dabei orientieren sie sich an den unterschiedlichen Methodengruppen des Kreativen Schreibens nach Böttcher und geben konkrete Beispiele aus dem sozialpädagogischen Unterricht.

In ihrem Aufsatz „Ansätze Forschenden Lernens – Perspektiven forschenden Lernens“ geht Anke Karber vor allem von einem Projekt in Österreich aus, in dem SchülerInnen, LehrerInnen und VertreterInnen aus der sozialpädagogischen Praxis gemeinsam unterschiedliche Forschungsthemen verfolgt haben. Sie zeigt, wie dieser Ansatz in der sozialpädagogischen Ausbildung umgesetzt werden kann.

Diskussion und Fazit

Schon der Aufbau der Didaktik der Sozialpädagogik zeigt, dass sie an gängige Didaktiken anschließt. Diese werden grundlegend erläutert und im Hinblick auf ihre Bedeutung für eine Didaktik der Sozialpädagogik beleuchtet. Insofern entsteht keine eigene Didaktik, sondern – im ersten Teil – ein Konglomerat didaktischer Überlegungen und – im zweiten Teil – ein dazu passendes methodisches Potpourri, das allerdings nicht direkt an die theoretischen Überlegungen anschließt. Damit werden die Herausgeber Rainer Jaszus und Holger Küls durchaus ihrem eigenen in den „Einleitenden Gedanken“ formulierten Anspruch gerecht.

Und so kann dieses Buch Studierenden und ReferendarInnen helfen allgemeindidaktische Ansätze auf ihr Fach zu beziehen und methodisch angeregt zu werden. In diesem Sinne fand ich den Aufsatz zur Portfolioarbeit von Barbara von Raben besonders interessant – mir kamen viele konkrete neue Ideen zu meiner Portfolioarbeit. Bahnbrechende Erneuerungsmöglichkeiten für die ErzieherInnenausbildung schlummern meiner Ansicht nach in dem vergleichsweise knappen Aufsatz zum Forschenden Lernen von Anke Karber. Dieser Ansatz beinhaltet ein großes Potential im Hinblick auf partizipatives, selbstorganisiertes, handlungsorientiertes, erwachsenengerechtes und professionsübergreifendes Lernen.

Das Buch lässt bei mir noch einige Fragen offen, die ich im Rahmen des sozialpädagogischen Unterrichts habe, wie z.B. die Frage nach Möglichkeiten der Leistungsbewertung (Aspekte hierzu finden sich bei der Portfolioarbeit) und die Frage danach, wie zur Reflexion in Praxisphasen angeregt werden kann (dieses Thema hätte ein eigenes Kapitel verdient). Das Kapitel zur Didaktik im Kontext von Inklusion und Diversität geht vor allem auf die Bedeutung von Inklusion und Diversität in der sozialpädagogischen Arbeit und deren Vermittlung ein, aber kaum zum Umgang mit Diversität im Unterricht und den Perspektiven, die ErzieherInnen mit einer offenkundigen Behinderung in den verschiedenen sozialpädagogischen Arbeitsfeldern offenstehen.

Fazit: Die Didaktik der Sozialpädagogik blickt auf keine langjährige Tradition zurück wie viele andere Fachdidaktiken. Hier wird eine erste Grundlage gelegt, die an vielen Stellen noch auszubauen und zu systematisieren ist.

Rezension von
Dr. Anke Meyer
Lehrerin am Berufskolleg, Fachleiterin für Sozialpädgogik in der LehrerInnenausbildung
Mailformular

Es gibt 59 Rezensionen von Anke Meyer.

Lesen Sie weitere Rezensionen zum gleichen Titel: Rezension 10573

Besprochenes Werk kaufen
Sie fördern den Rezensionsdienst, wenn Sie diesen Titel – in Deutschland versandkostenfrei – über den socialnet Buchversand bestellen.


Zitiervorschlag
Anke Meyer. Rezension vom 28.06.2017 zu: Rainer Jaszus, Holger Küls (Hrsg.): Didaktik der Sozialpädagogik. Grundlagen für die Lehr-/Lernprozessgestaltung im Unterricht. Verlag Handwerk und Technik GmbH (Hamburg) 2017. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. ISBN 978-3-7782-5842-2. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/22162.php, Datum des Zugriffs 31.03.2023.


Urheberrecht
Diese Rezension ist, wie alle anderen Inhalte bei socialnet, urheberrechtlich geschützt. Falls Sie Interesse an einer Nutzung haben, treffen Sie bitte vorher eine Vereinbarung mit uns. Gerne steht Ihnen die Redaktion der Rezensionen für weitere Fragen und Absprachen zur Verfügung.


socialnet Rezensionen durch Spenden unterstützen
Sie finden diese und andere Rezensionen für Ihre Arbeit hilfreich? Dann helfen Sie uns bitte mit einer Spende, die socialnet Rezensionen weiter auszubauen: Spenden Sie steuerlich absetzbar an unseren Partner Förderverein Fachinformation Sozialwesen e.V. mit dem Stichwort Rezensionen!

Zur Rezensionsübersicht