Maria Langfeldt-Nagel: Gesprächsführung in der Altenpflege
Rezensiert von Prof. Dr. Ursula Koch-Straube, 03.05.2005

Maria Langfeldt-Nagel: Gesprächsführung in der Altenpflege.
Ernst Reinhardt Verlag
(München) 2004.
255 Seiten.
ISBN 978-3-497-01720-1.
D: 19,90 EUR,
A: 19,90 EUR,
CH: 34,90 sFr.
Reihe: Reinhardts gerontologische - Band 32. Lehrbuch. mit 7 Tabellen und 137 Übungsaufgaben.
Seit Erstellung der Rezension ist eine neuere Auflage mit der ISBN 978-3-497-02697-5 erschienen, auf die sich unsere Bestellmöglichkeiten beziehen.
Thema und Inhalt des Buchs
Auf dieses Buch werden viele, die in der Altenpflege lehren und lernen, aber auch die MitarbeiterInnen, die in der Praxis der Praxis der Pflege alter Menschen so häufig vor schwierigen Situationen stehen, gewartet haben. Denn die Autorin, die offensichtlich aus ihren Erfahrungen als Dozentin in Fachseminaren für Altenpflege und an Fachhochschulen schöpft, verbindet in geschickter Weise Wissensbestände aus den relevanten Wissenschaften mit praxisorientierten Lernschritten. Deshalb finden sich in diesem Lehrbuch nicht nur Kommunikationsregeln und andere praktische Baussteine zum Aufbau einer hilfreichen Gesprächführung mit alten Menschen. Vielmehr fordert die Autorin ihre Leser zunächst auf, sich mit grundlegenden Fragen des Lebens im Alter, mit Menschenbildern, mit Verhalten, mit Wahrnehmung, mit Sprache und Kommunikation auseinanderzusetzen, wohl wissend, dass solche Grundlagen, das Erleben und Verhalten der Pflegenden prägen.
Im Folgenden werden dann - weitgehend auf der Basis des Menschenbildes der Humanistischen Psychologie - die wesentlichen Themen und Bedingungen für eine hilfreiche Gesprächsführung mit alten Menschen dargestellt. Hier geht es dann um die Art und Weise, wie Gespräche analysiert, wie Probleme bearbeitet, Konflikte bewältigt und Unterstützungen gegeben werden können. Diese Darstellungen werden beständig auf den Alltag der Altenpflege bezogen und mit zahlreichen Beispielen veranschaulicht. Darüber hinaus werden besondere Gesprächserfordernisse, wie dies z.B. die Aufnahme in ein Heim, den Umgang mit alten Menschen mit Demenz oder Depression darstellen, behandelt.
Um den Kreis des kommunikativen Feldes in der Altenpflege zu schließen, widmen sich zwei Kapitel des Buches den Gesprächen mit Angehörigen und dem Gespräch im Team.
Den besonderen Wert dieses so eng an der Praxis der Altenpflege entlang geführten Lehrbuches, verdankt es den vielen, den laufenden Text unterbrechenden Aufgaben, die zum gemeinsamen Verarbeiten oder zur Diskussion des Gelesenen in der Lerngruppe oder auch zur Selbstreflexion einladen. Diese Stolpersteine im Lesefluss erhöhen die Chancen, das angehäufte Wissen über Kommunikation und Gesprächsführung in die Praxis umzusetzen.
Zum Schluss des Buches setzt sich die Autorin mit den "Grenzen des Machbaren" auseinander, Grenzen, die einerseits durch Persönlichkeitsmerkmale der zu pflegenden alten Menschen und andererseits generell durch Alter, Sterben und Tod gesetzt werden.
Kommentar
Es ist jedoch zu fragen, ob Alter, Sterben, Auseinandersetzung mit dem Tod als Grenzen zu betrachten sind. Sind es nicht vielmehr Entwicklungsaufgaben des Menschen, die gegebenenfalls professionell begleitet und unterstützt werden müssen? Das heißt: mit diesen existentiellen Themen zu arbeiten ist beständige und zentrale Aufgabe der Pflege und erfordert die Begegnung und Auseinandersetzung mit der Leiblichkeit des Menschen (also mit seinem Körper, seiner Seele, seinem Geist und deren Belange, die sich im Verhalten der alten Menschen niederschlagen. (Gemeint ist aber nicht eine pseudopsychologische Diagnosestellung, wie sie mit Recht von der Autorin kritisiert wird.) Dies nicht angemessen zu berücksichtigen, darin liegt eine gewisse Schwäche des Lehrbuches. Denn professionelles Handeln schließt nicht nur Verstehen und Wertschätzung der alten Menschen aus der Perspektive des Helfers ein, sondern auch die Wahrnehmung des Anderen als Anderen (Levinas), mit den unterschiedlichsten Facetten seines Personseins, seines Lebens und einer kontinuierlichen Auseinandersetzung damit. Den Menschen "ganzheitlich" (besser: leiborientiert) wahrzunehmen und mit ihm in Kontakt zu treten ist auch in der Altenarbeit als grundlegende Haltung geboten, ohne der Illusion zu verfallen, man könne einen Menschen "ganz" wahrnehmen oder verstehen und damit als Pflegende überfordert zu sein. Vielleicht rührt daher der häufige Eindruck beim Lesen des Lehrbuches, dass Wahrnehmung und pflegerische Intervention trotz geforderter Empathie vorrangig vom Blickwinkel der Professionellen bestimmt wird.
Fazit
Trotz dieser Einschränkung stellt dieses speziell für die Altenpflege sorgfältig und umfassend aufgearbeitete Wissens- und Trainingprogramm "Gesprächsführung" einen Meilenstein für die notwendige Integration von Beratung in die Altenpflege dar.
Rezension von
Prof. Dr. Ursula Koch-Straube
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