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Torsten Groth: 66 Gebote systemischen Denkens und Handelns (...)

Rezensiert von Dr. Anke Höhne, 21.09.2017

Cover Torsten Groth: 66 Gebote systemischen Denkens und Handelns (...) ISBN 978-3-8497-0104-8

Torsten Groth: 66 Gebote systemischen Denkens und Handelns in Management und Beratung. Carl Auer Verlag GmbH (Heidelberg) 2017. 160 Seiten. ISBN 978-3-8497-0104-8. D: 29,95 EUR, A: 30,80 EUR.
Mit Illustrationen von Christoph Rauscher.

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Thema

Das Buch „66 Gebote systemischen Denkens und Handelns in Management und Beratung“ von Torsten Groth beschäftigt sich mit dem, was den Kern systemischer Beratung und Führung ausmacht. Die vorgestellten 66 Gebote sind dabei als Orientierungsangebote in der sich ausdifferenzierenden Welt systemischen Denkens zu verstehen. Das Buch will ein „Ratgeber zur Bewältigung des komplexen Alltags“ sein und die in Thesenform dargestellten Gebote systemischen Denkens und Handelns sollen als „Nadelstiche im alltäglichen Denken“ wirken.

Autor

Torsten Groth ist Dipl.-Sozialwissenschaftler und arbeitet als selbstständiger Organisationsberater und Dozent am Wittener Institut für Familienunternehmen der Universität Witten/Herdecke. Er beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit der Führung und Organisation von Familienunternehmen und Unternehmerfamilien. Torsten Groth ist darüber hinaus Referent und Trainer und wendet die Systemtheorie in Management und Beratung an.

Entstehungshintergrund

Die 66 vorgestellten Gebote systemischen Denkens und Handelns sind in jahrelanger Tätigkeit des Autors in der systemischen Beraterausbildung und verschiedenen systemisch ausgerichteten Führungsseminaren entstanden. Die Gebote sind eng an das Curriculum „Systemische Organisationsberatung“ von Simon, Weber and Friends (SWF) angelehnt. Die Idee zum Buch wurde durch die „10 Gebote des systemischen Denkens“ von Fritz Simon inspiriert, die durch den Autor größtenteils aufgegriffen und weiterentwickelt wurden.

Aufbau und Inhalt

Das Buch ist in sieben Kapitel gegliedert. Ein Verweis auf die den 66 Geboten zugrunde liegenden Quellen und ein umfangreiches Literaturverzeichnis runden das Buch ab. Mit Ausnahme vom letzten Kapitel, welches nur sechs Gebote beinhaltet, werden in jedem Kapitel zehn Gebote präsentiert. Jedes Gebot wird auf einer Doppelseite dargestellt, ergänzt durch Illustrationen von Christoph Rauscher, die das Thema des jeweiligen Gebotes aufgreifen und anschaulich machen. Die Kürze der Darstellung ist explizit gewollt.

In der Einleitung und Vorbemerkung verdeutlicht der Autor den Entstehungshintergrund und das Ziel des Buches. Die vorgestellten Gebote sind als Orientierungsangebote gedacht. Groth ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass in den Geboten „grundlegende Sozialtheorien stecken, die nicht verwechselt werden sollten mit modischen Organisations- und Führungsansätzen“.

In Kapitel 1 beschreibt Groth zehn Gebote zur systemischen Erkenntnismethode. Dieses Kapitel macht mit dem systemischen Paradigma der Weltbetrachtung vertraut. Jedes Gebot beginnt mit einer kurzen Arbeitsanweisung (z.B. „Nutze Theorie, damit du praktisch wirst“ oder „Bedenke: alles, was gesagt wird, wird von einem Beobachter gesagt“). Danach folgt eine Erläuterung des Gebots.

In Kapitel 2 („Zehn Gebote zum Denken in sozialen Systemen“) werden zentrale Begriffe der Systemtheorie von Niklas Luhmann, wie z.B. Selbstreferenzialität und Autopoiese, eingeführt. Dieses sehr theoretische Kapitel verlangt dem Leser einiges ab. Die Systemtheorie von Niklas Luhmann wurde auf den wenigen Seiten so stark verdichtet, dass man sich dem Stoff nur durch sehr langsames oder wiederholtes Lesen einzelner Passagen nähern kann.

Kapitel 3 („Zehn Thesen zur Organisation“) widmet sich der Kommunikation von Entscheidungen in Unternehmen. Dabei thematisiert der Autor u.a., dass Entscheiden immer auch Paradoxie inhärent ist, auf Prämissen beruht und dass insbesondere sehr erfolgreiche Unternehmen gefährdet sind, sich zu sehr auf ihre Erfahrung zu verlassen und so in eine „Lernfalle“ tappen können, die dazu führt, dass sie an ihrem Wissen und Erlernten zugrunde gehen können.

Kapitel 4 behandelt „Zehn Thesen zu Management und Führung“ und fokussiert auf den Kern eines systemtheoretischen Führungsverständnisses, der sich von der Idee verabschiedet, eine Organisation bestehe aus Individuen. Die Überlebensfähigkeit einer Organisation hängt auch davon ab, nicht an den eigenen Erfahrungen festzuhalten.

Kapitel 5 stellt „Zehn Thesen zur Interventionstheorie“ vor. In der Einleitung zu diesem Kapitel macht der Autor klar, dass es ihm um eine stärker systemtheoretisch geprägte Sichtweise für Interventionen geht als um das bloße Anwenden systemischer Tools (wie z.B. zirkuläre Fragen, Reframing-Techniken oder paradoxe Interventionen). Wie auch bereits in den Kapiteln zuvor baut Groth viele Beispiele in die einzelnen Thesen ein, um diese mit Leben zu füllen und für den Leser anschaulicher und nachvollziehbarer zu gestalten.

In Kapitel 6 stellt der Autor „Zehn Thesen zu nützlichen Interventionsstrategien und -prinzipien“ auf. Nach dem theoretischen Input im vorherigen Kapitel folgen nun praktische Interventionsstrategien und -prinzipien. In diesem Kapitel werden typische systemische Werkzeuge und Prinzipien thematisiert, wie z.B. Kontextklärung, Musterbeobachtung und -veränderung.

Das letzte Kapitel (Kapitel 7) behandelt „Grundlegende systemische Ideen und Prinzipien“. Anders als die vorhergehenden Kapitel umfasst das siebente Kapitel lediglich sechs allgemeine systemische Ideen wie z.B. „Wenn etwas nicht funktioniert, dann mache etwas anderes“, „Erhöhe die Zahl der Wahlmöglichkeiten“ oder „Drop your tools or you will die“, d.h. die immer wieder gern eingesetzten „Lieblingstools“ in der systemischen Beratung sollten von Zeit zu Zeit kritisch überprüft werden.

Der Abschnitt Quellen bietet weiterführende Hinweise und Hintergründe zu den 66 Geboten, inklusive Literaturverweisen. Das Buch schließt mit einer umfangreichen Bibliographie, die zum Weiterlesen, Weiterstudieren, Weiterdenken anregt.

Diskussion und Fazit

Der Autor verband mit dem Buch das Ziel, das die Gebote als „kleine Merker, Nadelstiche im alltäglichen Denken“ fungieren sollen. Dieses Ziel hat Groth durch die gewählte Kürze der Texte und Auflockerung durch die Illustrationen in jedem Fall erreicht. Dennoch ist das Buch von der Sprache und vom Denken her voraussetzungsvoll und verlangt dem Einsteiger in die Systemtheorie einiges ab. Die „66 Gebote systemischen Denkens und Handelns in Management und Beratung“ sind daher eher ein Nachschlagewerk für Fortgeschrittene in systemischer Beratung im Management bzw. in Organisationen.

Die Nummerierung der Gebote und die Einteilung in Kapitel geben zwar eine Struktur vor, aber wie der Autor selbst einräumt, ist diese Struktur künstlich. Wer mag, kann das Buch Seite für Seite lesen; notwendig ist dies aber nicht. Denn: Jedes Gebot ist für sich genommen ein Anfang. Wenn die Frage „Ist es brauchbar und hilfreich, so zu denken?“ mit einem klaren Ja beantwortet wird, hat sich die Gültigkeit der Gebote in der Praxis bewiesen. Thorsten Groth gibt den Lesern seines Buches aber auch noch ein Meta-Gebot mit auf den Weg: „Richte Dich nach den Geboten (aber befolge sie nicht unbedingt)“.

Rezension von
Dr. Anke Höhne
Dipl.-Sozialwiss., Referentin bei SUCHT.HAMBURG gGmbH, Systemische Beraterin und Familientherapeutin
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Es gibt 21 Rezensionen von Anke Höhne.

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Zitiervorschlag
Anke Höhne. Rezension vom 21.09.2017 zu: Torsten Groth: 66 Gebote systemischen Denkens und Handelns in Management und Beratung. Carl Auer Verlag GmbH (Heidelberg) 2017. ISBN 978-3-8497-0104-8. Mit Illustrationen von Christoph Rauscher. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/22248.php, Datum des Zugriffs 13.09.2024.


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