Reinhard Marx: Aufenthalts-, Asyl- und Flüchtlingsrecht. Handbuch
Rezensiert von Prof. Dr. Eckart Riehle, 13.03.2017
Reinhard Marx: Aufenthalts-, Asyl- und Flüchtlingsrecht. Handbuch. Nomos Verlagsgesellschaft (Baden-Baden) 2017. 6. Auflage. 1041 Seiten. ISBN 978-3-8487-3244-9. 100,80 EUR.
Autor
Der Autor, Reinhard Marx, Rechtsanwalt, ist buchstäblich seit Jahrzehnten eine im Aufenthalts, Asyl- und Flüchtlingsrecht nicht mehr hinweg zu denkende Größe. Die 6. Auflage ist bereits zwei Jahre nach der 5. Auflage (vgl. die Rezension) erschienen. Das ist der hektischen und teilweise planlosen gesetzgeberischen Aktivität in diesem Bereich geschuldet.
Entstehungshintergrund und Thema
Die Neuauflage erscheint in einer Gegenwart, in welcher Migration, Migrationspolitik, Flüchtlingsrecht auf der nationalen wie europäischen Ebene aktueller als je sind, eine Gegenwart, die ständig neue rechtliche Regelungen produziert. Neue rechtliche Regelungen bedeutet auch, dass diese vielfach erst durch die Gerichte in ihrer Anwendung konkretisiert werden müssen, Recht werden. Dies transportiert das Handbuch in detaillierter Art an seine Leser*innen, das die höchstrichterliche, die europarechtliche und die unionsrechtliche Rechtsprechung umfassend berücksichtigt.
Aufbau
Das schwergewichtige Handbuch hat im Umfang um 54 Seiten gegenüber der 5. Auflage zugenommen, es ist wie in der 5. Auflage in 9 Kapitel bzw. §§ gegliedert.
- § 1 Einführung
- § 2 Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis
- § 3 Arbeitsmigration
- §4 Studium und Ausbildung
- § 56 Humanitäre Migration und Flüchtlingsrecht
- § 6Ehe und Familie
- § 7 Aufenthaltsbeendigung
- § 8 Abschiebungshaft
- § 9 Asylverfahren
Änderungen gegenüber der 5. Auflage
Die 6. Auflage berücksichtigt gegenüber der 5. Auflage
- Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher vom 28.10.2015, mit diesem wurde die Handlungsfähigkeit von 16 auf 18 Jahre angehoben und für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ein Verteilungsverfahren eingeführt,
- Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz (Asylpaket I) vom 20.10.2015, durch das die Frist zum Aufenthalt in Aufnahmeeinrichtungen auf 6 Monate heraufgesetzt und die Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender eingeführt wurde,
- Datenaustauschverbesserungsgesetz vom 2.Februar 2016, das die Bescheinigung über den Aufenthalt nach nur 4 Monate durch den Ankunftsnachweis ersetzt hat,
- Gesetz zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern vom 11.3.2016,
- Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren (Asylpaket II) vom 11.3.2016,
- Integrationsgesetz vom 31.7.2016, mit dem u.a. die wohnsitzbeschränkende Auflage für Asylberechtigte, Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte eingeführt wurde.
Die Gesetze werden nicht nur berücksichtigt, sondern, so erforderlich auch kommentiert. So etwa die wohnsitzbeschränkende Auflage nach dem Integrationsgesetz, die sich gegen Personen richtet, die das Asylverfahren erfolgreich durchlaufen haben, also eine Flüchtlingsanerkennung, den subsidiären Schutz oder eine nationales Abschiebungsverbot erhalten haben.
Sehr hilfreich sind den Kapiteln vorangestellte oder in die Kapitel eingearbeitete „Hinweise und Empfehlungen für die Migrationsberatung“. Etwa Rn 1 bei § 9 oder Rn 4 bei § 3. Das gilt im Übrigen nicht weniger für 16 Schaubilder und 36 Mustertexte für Anträge, Eilrechtsschutz, Klagen u.a.
Die „Empfehlungen und Hinweise“ etwa zu Fragen der Erwerbstätigkeit (§ 3) weisen schrittweise, wie ein Algorithmus den Weg zur Deckung eines möglichen Beratungsbedarfes, orientiert an der Frage, was ist jeweils zu berücksichtigen, was muss ich als Berater*in jeweils wissen. Dem schließt sich, etwa bei § 3 ein Prüfungsschema als Schaubild zu diesem Bereich an.
In die Empfehlungen und Hinweise, etwa bei § 9 Asylverfahren sind jeweils die entsprechenden Textstellen bzw. Randnummern des § 9 angeführt, bei denen die Empfehlungen erläutert oder vertieft oder durch Rechtsprechung vertieft werden. Das Handbuch ist damit auch didaktisch durchdacht gestaltet.
Diskussion und Fazit
Es ist ein Handbuch eben nicht nur für mit dieser Thematik befasste Juristen aus welchem professionellen Bereich auch immer, sondern auch für Migrationsberatungsstellen und Migrationsberatungsdienste. In diesen sind, so die Erfahrung des Rezensenten, immer wieder auch Migranten tätig, die sich bereits länger hier aufhalten und die als Kommunikatoren eine wichtige Rolle spielen. Darauf sollte dieses Handbuch auch in seiner sprachlichen Gestaltung achten, worauf bereits in der (vgl. die Rezension der 5. Auflage) bei socialnet hingewiesen wurde.
Wünschenswert wäre auch, gerade für Migrationsberatungsstellen und -dienste, wenn dieses unverzichtbare Handbuch auch ein Kapitel enthalten würde, das sich mit Sozialleistungen im Aufenthalts- Asyl- und Flüchtlingsrecht und dem AsylbLG befassen würde. Das müsste nicht in die Tiefe gehen, aber jeweils die entscheidenden Weichenstellungen markieren: Wer kann in welcher rechtlichen Situation welche Sozialleistungen beanspruchen. Auch dort ist ja nicht weniger gesetzgeberische Bewegung zur vermelden, man denke etwa an das AsylbLG/SGG-Änderungsgesetz zum 1.3.2015. Das wäre jedenfalls hilfreich für all jene, die in der Migrationsberatung tätig sind.
Fazit: Unverzichtbar.
Rezension von
Prof. Dr. Eckart Riehle
em. Professor für öffentliches Recht und Sozialrecht an der Fachhochschule Erfurt. Rechtsanwalt, Karlsruhe
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Zitiervorschlag
Eckart Riehle. Rezension vom 13.03.2017 zu:
Reinhard Marx: Aufenthalts-, Asyl- und Flüchtlingsrecht. Handbuch. Nomos Verlagsgesellschaft
(Baden-Baden) 2017. 6. Auflage.
ISBN 978-3-8487-3244-9.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/22370.php, Datum des Zugriffs 14.12.2024.
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