Sonja Fröse: Was Sie über Pflegeberatung wissen sollten
Rezensiert von Prof. Dr. Margret Flieder, 21.07.2017

Sonja Fröse: Was Sie über Pflegeberatung wissen sollten. Grundlagen, Kompetenzen und professionelle Dokumentation. Schlütersche Fachmedien GmbH (Hannover) 2016. 2., aktualisierte Auflage. 160 Seiten. ISBN 978-3-89993-386-4. D: 34,95 EUR, A: 36,00 EUR, CH: 49,90 sFr.
Thema
Pflegeberatung ist wichtig und bekommt zunehmend größere Bedeutung, vor allem in der ambulanten Pflege angesichts der aktuellen Veränderungen bei der Einstufung in die neuen Grade der Pflegeversicherung. Inzwischen ist sowohl bei Pflegefachkräften als auch bei Betroffenen die Erkenntnis angekommen, dass anspruchsvolle Begleitungs- und Versorgungsaufgaben beste fachliche Expertise benötigen. Diese fachliche Expertise bedarf, um im Handlungsfeld wirksam zu sein, der beratungsbezogenen und der fachlichen Fundierung.
Hier setzt der vorliegende Band an mit Grundlagenwissen und mit aktuellen praxisbezogenen Hinweisen zu Pflegeberatung im ambulanten Handlungsfeld.
Autorin
Sonja Fröse ist Krankenschwester, Pflegedienstleitung und Qualitätsbeauftragte. Weiterhin ist sie pflegefachliche Gutachterin und Fachbuchautorin für Veröffentlichungen im Kontext von Qualitätssicherung und Pflegeberatung.
Aufbau
Der Band umfasst 159 Textseiten in neun Kapiteln und einen Anhang mit Glossar, Informationen zu Ämtern und Anlaufstellen sowie ein Adressenverzeichnis von Anbietern pflegebezogener Dienstleistungen/Produkte.
Inhalt
Mit Kapitel 1 gibt die Autorin eine grundlegende Einführung. Welche Theorien und Konzepte zur Pflegeberatung Sie kennen sollten. Sonja Fröse erläutert zentrale Begriffe und praxisbezogene Vorgehensweisen, u.a. anhand von „10 Tipps fürs richtige Telefonieren“ (S. 21), wesentliche Inhalte einer Beratung (Übersicht S. 30), Merkmale von geeignetem Informationsmaterial (S. 38) sowie Basisinformationen zu Pflegestützpunkten (S. 39).
Die Überschrift zu Kapitel 2 lautet: Warum die Beratungsperson eine wichtige Fachkraft im Unternehmen ist. Hier beschreibt die Autorin ihr Selbstverständnis als Beraterin und weist hin auf besondere Situationen („gefährliche Pflege“ S. 51 oder Widerstand in der Beratung S. 53), auf die aufmerksame Berater_innen stoßen können.
Kapitel 3 geht darauf ein Wie Sie Ihre Beratung professionell dokumentieren. Sonja Fröse stellt Hinweise und Tipps vor zur alltäglichen Dokumentation und geht spezifisch ein auf die Änderungen gemäß § 37 SGB XI und die neuen Pflegegrade mit ihren Implikationen.
Weshalb Sie sich umfassend mit Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln auskennen sollten steht im Mittelpunkt von Kapitel 4. Hier erläutert die Autorin Grundzüge der Anschaffung und Nutzung von Pflegehilfsmitteln. Sie gibt eine Übersicht über Produktgruppen von Hilfsmitteln, geht ein auf die Anforderungen an ein Pflegehilfsmittelrezept und beschreibt in kurzer Form häufig genutzte Pflegehilfsmittel. Das Kapitel schließt mit kreativen Hinweisen für ungewöhnliche Hilfsmittel.
Mit Kapitel 5 erfolgt eine Auseinandersetzung mit der Frage, Weshalb Sie die Leistungen der Pflegeversicherung sehr gut kennen sollten. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff mit den Pflegegraden stellt Betroffene und Profis vor große Herausforderungen und wird in diesem Kapitel detailliert und anschaulich anhand von Übersichten und Umrechnungen beschrieben einschließlich eines Musterbriefes und Aufschlüsselungen zur Versorgungssituation. Im Schlussteil des Kapitels gibt Sonja Fröse Hinweise zur Verhinderungspflege bzw. zur Inanspruchnahme von Tages-, Nacht – und Kurzzeitpflege.
In Kapitel 6 Was Sie zu sozialrechtlichen Fragen und finanziellen Hilfen wissen sollten werden von Sonja Fröse wissenswerte Aspekte von Zuzahlung und Betreuungsrecht erklärt.
Pflegende Angehörige und Klient sind Kunden lautet die Überschrift von Kapitel 7. Hier geht es primär um Hinweise für pflegende Angehörige und ihren besonderen Kommunikationsbedarf im Kontext neuer Versorgungsaufgaben.
Im Mittelpunkt von Kapitel 8 stehen Hinweise zur Wohnraumanpassung mit dem Titel Weshalb Sie Ihre Kenntnisse zur Wohnraumanpassung vertiefen sollten. Anhand von umfangreichen Checklisten werden Problemlagen und potenzielle Maßnahmen von Sonja Fröse vorgestellt.
Anhand von Was Sie zu ergänzenden Angeboten und Therapien wissen sollten erläutert die Autorin in Kapitel 9 Aspekte ergänzender Angebote u.a. von Soziotherapie, Physiotherapie und Ergotherapie sowie Krankentransport und SAPV.
Zielgruppen
Dieser Band richtet sich primär an Pflegefachkräfte mit dem Aufgabenfeld von Pflegeberatung im ambulanten Handlungsfeld. Er ist weiterhin geeignet für Studierende eines pflegebezogenen bzw. pflegewissenschaftlichen Studiengangs.
Diskussion
Sonja Fröse ist es mit der Aktualisierung bzw. der zweiten Auflage ihres Buches gelungen, grundlegende aktuelle Einblicke in den fachlichen Teil von Pflegeberatung im ambulanten Handlungsfeld zu geben.
Die Bedeutung professioneller Beratung als Methode und als Gegenstand ist primär Gegenstand des ersten und zweiten Kapitels. Die Ausführungen können jedoch angesichts des Titels des Buches, der Komplexität von Beratung und den damit verbundenen Ansprüchen in dieser kurzen Form nicht wirklich entsprechen. Die Darstellung der ausgewählten Beratungsmodelle und -methoden (S. 15-24) ist sachlich korrekt, lässt jedoch z.B. die in der Pflege gut verortbaren Modelle nach Sander (1999) oder Weinhardt (2014) vermissen, ebenso wie beratungsbezogene Interventionen in der Pflege nach Ihle (2008).
Die nachfolgenden Kapitel zu Dokumentation, Hilfsmitteln, den Leistungen der Pflegeversicherung, sozialrechtlichen Fragen, Kursen für pflegende Angehörige, Wohnraumanpassung sowie zu ergänzenden Angeboten und Therapien sind fachlich sehr aktuell und gut lesbar geschrieben. Besonders hilfreich für Praktiker_innen sind die zahlreichen fachkundigen Übersichten, Abbildungen und Checklisten, hier liegt eine besondere Stärke und Qualität dieses Bandes.
Eine professionelle Haltung in der Beratung ist eines der Kernelemente und bedarf, um in hilfreicher Weise wirksam zu sein, eines von dem/der Berater_in reflektierten und theoriebasierten Entwicklungsprozesses zur Beratungskompetenz. Die genannten kurzen Hinweise z.B. zu den Wittener Werkzeugen (S. 13) oder die Tipps für beratende Pflegefachkräfte (S. 17) sind sinnvolle Anfänge auf dem Weg zu Beratungskompetenz, sollten jedoch als solche erkennbar sein und durch weitere anerkannte Elemente (Supervision, Fach- und Fallberatung, Kollegiale Beratung) mit entsprechender Literatur ergänzt werden.
Ein professioneller Umgang mit anspruchsvollen Klient_innen/Patient_innen bzw. mit herausforderndem Verhalten sowie Widerstand gehört zu den „Königsdisziplinen“ in der Pflegeberatung. Hierzu fehlen verstehensorientierte Hinweise und entsprechende Quellen.
Das Literatur- und Quellenverzeichnis ist angesichts der umfangreich vorhandenen Literatur zu Beratung deutlich zu kurz, nicht alphabetisch sortiert, uneinheitlich und enthält Fehler. Es lässt die in der Pflegeliteratur vorhandenen zahlreichen einschlägigen Quellen vermissen.
Das Adressenverzeichnis sollte durchgängig die aktuellen und korrekten Internetquellen/ Webseiten der genannten Anbieter einschließlich Datum des Abrufs mit enthalten. Einige Angaben sind falsch bzw. nicht existent.
Der Titel des Buches lässt den irrtümlichen Eindruck entstehen, dass es sich um ein Grundlagenwerk zu Pflegeberatung handelt. In Würdigung der fachlichen Expertise der Autorin und der Qualität der praxisbezogenen Hinweise zu ambulanter Pflegeberatung hätte ein anderer Titel für den Band besser gepasst.
Fazit
Es ist ein Buch mit guten Anregungen und verbesserungsfähigen Bereichen. Der Band enthält zahlreiche Abbildungen und hilfreiche Übersichten, die zur Vorbereitung einer Beratung, zum aktuellen Überblick über zu beantragende Leistungen in der häuslichen Pflege oder als Mustervorlage für Anschreiben an Versicherungen oder weitere Leistungsträger sehr hilfreich sind.
Die verbesserungsfähigen Bereiche betreffen den Titel des Bandes, Entwicklungsstränge von Beratungskompetenz, einschlägige Literatur und Quellenhinweise zu Pflegeberatung.
Zum Kennenlernen und Aktualisieren der fachlichen Aspekte von Pflegeberatung in der häuslichen Pflege ist der Band insgesamt gut geeignet.
Rezension von
Prof. Dr. Margret Flieder
Evangelische Hochschule Darmstadt
Fachbereich Pflege- und Gesundheitswissenschaften
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