Manuela Raiß, Ursula Jendrsczok: Die Bundespflegekammer
Rezensiert von Diplomökonom Univ. Uwe Huchler, 14.09.2017

Manuela Raiß, Ursula Jendrsczok: Die Bundespflegekammer. Mehr Autonomie - mehr Anerkennung: Warum eine Selbstverwaltung für Pflegende so wichtig ist. Schlütersche Fachmedien GmbH (Hannover) 2017. 144 Seiten. ISBN 978-3-89993-384-0. 29,95 EUR.
Thema
Kaum ein Bereich unserer Gesellschaft steht vor solchen großen Herausforderungen wie die Gesundheitsbranche. Die Anzahl älterer und auch multimorbider Menschen steigt ständig. Gleichzeitig wächst der ökonomische Druck auf alle Beteiligten. Behandlung und Betreuung von Menschen unter Kostenaspekten zu sehen war sicherlich lange Zeit nicht opportun. Der Zwang zum wirtschaftlichen Handeln führt aber dazu, dass alle Beteiligten stetig in einem Spannungsfeld von Wirtschaftlichkeit, Qualität und positiver Kundenorientierung stehen. Des weiteren ist ein zunehmender Fachkräftemangel in der Pflege zu verzeichnen. Hohe psychische und physische Belastung stellen enorme Anforderungen an die Pflegenden. Die Berufsangehörigen der Pflege sind mit Abstand die größte Berufsgruppe, haben aber seit vielen Jahren kaum eine ‚Lobby‘ und werden nur unzureichend in die Gestaltung des Gesundheits- und Sozialwesens miteinbezogen. Pflegekammern übernehmen als berufsständische Selbstverwaltungsorgane eine wichtige und zentrale Rolle in unserem Gesundheitssystem.
Autorinnen
Ursula Jendrsczok ist Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin, absolvierte einen Bachelor in Pflege mit Schwerpunkt Management (B.Sc.) sowie einen Master in Health Care Management (M.Sc.). Seit Beginn des Kammeraufbaus arbeitet sie in Rheinland-Pfalz in den Geschäftsstellen der Gründungskonferenz (2013-2014), des Gründungsausschusses (2015) und seit dem 01.01.2016 in der Landespflegekammer Rheinland Pfalz.
Manuaela Raiß ist Altenpflegerin und Pflegemanagerin (Dipl. FH) und Pflegewissenschaftlerin (M.Sc.). Seit 2015 gestaltet sie in der Geschäftsstelle der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz deren Aufbau. Sie war lange Jahre freiberuflich als Pflegesachverständige und Qualitätsbeauftragte sowie Fachautorin und Dozentin in den Bereichen SGBXI / SGB V / Heimgesetz / Betreuungsrecht tätig.
Entstehungshintergrund, Ziele und Zielgruppe
Der Titel des Buches ist Programm – eine Bundespflegekammer vertritt die Interessen der über eine Million Pflegenden in Deutschland. Damit soll das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb der Profession gestärkt werden. Und sie soll den Aufbauprozess von weiteren Landespflegekammern unterstützen. Im Anschluss an die Gründung der ersten deutschen Pflegekammer wird der Wunsch nach einer Spitzenorganisation der pflegerischen Selbstverwaltung auf Bundesebene lauter. Das Buch zeigt den Weg dorthin. Ziele, Aufgaben und Aufbau einer Bundespflegekammer werden beschrieben.
Aufbau und Inhalt
Nach einer allgemeinen Einführung in Kapitel 1 wird im folgenden 2. Kapitel der Prozess der Professionalisierung des Pflegeberufs aufgezeigt. Das Pflegen wird in einer Art Ist-Situation als ‚Pflegen zwischen Zeitnot und fachlicher Komplexität‘ beschreiben. Auch der laufende Prozess der von der ‚Laienpflege‘ hin zur Profession Pflege wird beschreiben.
Kapitel 3 widmet sich dem wichtigen und eigentlichen Thema der Selbstverwaltung: ‚Gemeinsam autonom handeln – Das Prinzip der Selbstverwaltung.‘ Dabei werden in einzelnen Teilkapiteln wichtige Aspekte erörtert: Die Staatsverwaltung versus gesellschaftliche Selbstregulierung, funktionale berufliche Selbstverwaltung und der Entwicklungsbedarf der professionellen Pflege. Detailliert wird auf berufsrechtliche Grundlagen, Autonomie, Anerkennung und Prestige, Handlungsmonopol, spezialisiertes Wissen, Akademisierung und Berufsethik sowie die Berufsorganisation und Selbstverwaltung eingegangen. Bei dem Teilkapitel ‚Aufbau von Landespflegekammern‘ werden rechtliche Grundlagen, Ziele und Aufgaben sowie struktureller Aufbau beschrieben, ehe die Entwicklung in einzelnen Bundesländer aufgezeigt wird: Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Bayern und ein Überblick über alle vorhandenen Pflegekammer im Überblick gezeigt.
Kapitel 4 widmet sich ganz den Bundeskammern der Heilberufe.
Mit der Errichtung der ersten Landespflegekammern wird er Wunsch laut, auch auf der Bundesebene eine Pflegekammer zu errichten. Kapitel 5 zeigt mögliche Ziele und Aufgaben, mögliche Rechtsformen, Organe sowie Regelwerke auf.
Im anschließenden Kapitel 6 wird quasi ein Startschuss gegeben – Voraussetzungen mit Zeitpunkt und Eckpunkten erörtert sowie ein möglicher Aufbau der Bundespflegekammer im Gründungsstadium aufgezeigt.
Die Kapitel 7 und 8 beinhalten einen Zusammenfassung sowie den Ausblick mit Chancen und Risiken für einzelne Beteiligte – für den Pflegeberuf, für die Pflegeempfänger und für die Gesellschaft.
Diskussion und Fazit
Das Buch greift ein höchst aktuelles Thema auf. So hat der Pflegerat erst kürzlich (August 2017) der Errichtung einer Gründungskonferenz zu einer Bundespflegekammer zugestimmt. Damit ist der Startschuss offiziell gegeben. Jendrsczok und Raiss ist es damit gelungen, frühzeitig und darauf hinarbeitend ein ausführliches Werk vorzulegen, das die Bedeutung, rechtliche Grundlagen und Schritte hin zu einer Bundespflegekammer darstellen. Gerade die Selbstverwaltung hat eine hohe Bedeutung und einen hohen Stellenwert in unserer Gesellschaft, im Jahr der Sozialwahl ist umso mehr wichtig, daß das Prinzip der Selbstverwaltung ins Bewusstsein von allen Beteiligten in der Gesundheits- und Pflegebranche kommt. Mit einer Bundespflegekammer wird auch die Bedeutung und die Mitsprache der enorm wichtigen Pflegeberufes gestärkt.
Das Buch ist klar strukturiert, hat am Anfang jedes Kapitels und Teilkapitels prägnante Zusammenfassungen, ist für alle gut zu lesen und kann somit in allen Bereichen, für Praktiker, für die Lehre und aus beruflichem Interesse gut gelesen und verwendet werden.
Rezension von
Diplomökonom Univ. Uwe Huchler
Analyse und Beratung in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft, externer Datenschutzbeauftragter bei diversen sozialen Einrichtungen und Bildungseinrichtungen, Chefredakteur von www.social-software.de. www.Kita-Datenschuz.info
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