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Ute Reichmann: Schreiben und dokumentieren in der sozialen Arbeit

Rezensiert von Philipp Müller, 27.09.2017

Cover Ute Reichmann: Schreiben und dokumentieren in der sozialen Arbeit ISBN 978-3-8252-4579-5

Ute Reichmann: Schreiben und dokumentieren in der sozialen Arbeit. Struktur, Orientierung und Reflexion für die berufliche Praxis. Verlag Barbara Budrich GmbH (Opladen, Berlin, Toronto) 2016. 222 Seiten. ISBN 978-3-8252-4579-5. D: 15,99 EUR, A: 16,50 EUR, CH: 20,60 sFr.

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Thema

Gesprächsprotokolle, Aktenvermerke, Entwicklungsberichte, dies sind nur drei Beispiele von Dokumentationsformen, die in der Sozialen Arbeit wiederzufinden sind. Das vorliegende Buch befasst sich mit Schreibarbeiten und Dokumentationsprozessen der Sozialen Arbeit. Es dient als Einführungsband in das Thema (S. 8) und richtet sich an Studierende, Berufspraktiker aber auch Lehrende. Die Inhalte der Publikation sind für alle Arbeitsfelder der Sozialen Arbeit anwendbar. So umfasst das Buch konkrete Praxisbeispiele, Theoriemodelle aber auch Vorlagen, die in der Praxis anwendbar sind.

Autorin

Die Autorin des Buches ist Ute Reichmann, die Leiterin des Kinder- und Jugendbüros des Jugendamtes im Landkreis Göttingen ist. Daneben ist sie Lehrbeauftragte an der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin.

Aufbau und Inhalt

Das Buch umfasst neben der Einleitung neun Kapitel.

Die Einleitung (S. 7-11) umfasst den Einstieg in das Thema und beschreibt die Zielgruppe des Werkes. Auch wird eine Übersicht über die einzelnen Kapitel gegeben.

Bevor auf die Dokumentation in der Sozialen Arbeit eingegangen wird, befasst sich das zweite Kapitel (S. 12-24) mit dem Grundverständnis der schriftlichen Kommunikation. Zu Beginn wird dem Leser ein kurzer Überblick über die Kommunikation seit Beginn des 20. Jahrhunderts gegeben. Anschließend werden die Eigenschaften der schriftlichen Kommunikation und deren Zweck vorgestellt. Interessanterweise wird im zweiten Teil des Kapitels ein Schreibprozess (S. 17-20), welcher von der Autorin, basierend auf vorherige Modelle anderer Autoren (von Hawes, Flower sowie Baurmann und Weingarten), weiterentwickelt wurde präsentiert. Das Phasenmodell lässt sich leicht auf die eigene Praxis adaptieren und ist vor allem für professionell Tätige, die Schreibschwierigkeiten haben, von Nutzen. Zum Abschluss des Kapitels weist die Autorin darauf hin, wie die Rahmenbedingungen (z.B. Arbeitsplatz des Professionellen, Verfügung von Ressourcen) die Dokumentation beeinflussen können.

Im dritten Kapitel (S. 24-43) wird der Stellenwert und die Funktion der Dokumentation in den sozialen Einrichtungen dargestellt. Zum einen sind Sozialarbeiter in den Institutionen an die institutionelle Vorgehensweise gebunden, auch bei der Verschriftlichung. Zum anderen ist die Soziale Arbeit an die staatlichen Behörden und an ihren Auftrag gebunden, wodurch die Dokumentation ebenfalls beeinflusst wird. So wird in diesem Kapitel die Dokumentation der Sozialen Arbeit auf die vier Aspekte Macht, Planung, Kommunikation und Interaktion sowie Funktionen der Dokumentation im institutionellen Kontext hin betrachtet. Vor allem wird der letzte Aspekt zur Funktionalität der institutionellen Dokumentation in der Sozialen Arbeit ausgiebig dargestellt.

Das vierte Kapitel (S. 44-73) geht auf die Anforderungen ein, die die praxistätigen Professionellen bei der Erfüllung ihrer schriftlichen Aufgaben zu erfüllen haben. Dabei ist der Anspruch, den Standards der Profession der Sozialen Arbeit zu entsprechen. Die Erwartungen nach der von Heiner unterschiedenen Professionsmerkmalen (Aufgaben- und Gegenstandsbereich, Berufliches Wissen, Methoden und Interventionen sowie fachliche Normen und Berufsethik) werden hierbei aufgegriffen. Zum Schluss des Kapitels ist eine Checkliste zu den professionellen Anforderungen zusammengestellt, welche bei der Verschriftlichung von Informationen in der praktischen Tätigkeit von Nutzen sein können.

Im fünften Kapitel (S. 74-100) geht es darum, wie Dokumentationsroutinen angewendet werden können. Sehr praxisorientiert wird in acht Schritten vorgestellt, auf welche Art in einer Abteilung eine Dokumentationsroutine aufgebaut werden kann. Sehr anschaulich wird im zweiten Teil des Kapitels ein Praxisbeispiel dargestellt, wie in einer Abteilung einer sozialen Einrichtung ein Dokumentationsset erstellt wurde. Ein eigenes Teilkapitel wird der Akte und dem Aktenvermerk gewidmet, und anhand eines Beispiels aus der Jugendhilfe gezeigt, wie wichtig die Darstellung der beteiligten Person und ihrer Situation ist, damit keine einseitige Hilfeentscheidung getroffen wird.

Das sechste Kapitel (S. 101-133) befasst sich mit der Frage, wie Inhalte logisch miteinander geordnet, aufgebaut und dargestellt werden können. Im ersten Teil wird gezeigt, wie das Nutzen der kollegialen Zusammenarbeit, bei längeren und komplexen zu verfassenden Berichten den Reflexionsprozess, unterstützen kann. Im zweiten Teil des Kapitels geht es darum, wie ein Hilfebericht selbst gegliedert wird ohne über eine Vorlage oder einen Standard zu verfügen. Hierfür wird eine Reihenfolge in sechs Schritten vorgestellt. Zum Abschluss des Kapitels werden verschiedene Darstellungsweisen (Fließtexte, Tabellen und Grafiken) vorgestellt, die Dokumentationstexte in ihrer Funktion unterstützen können.

Im siebten Kapitel (S. 134-157) geht es darum Inhalte in einem fachlich angebrachten Schreibstil zu einem Text zu formulieren. Hierbei geht die Autorin näher auf die Inhalte ein, wie man einen professionellen Schreibstil verbessern kann. So wird erläutert, wie Sätze aufgebaut und formuliert werden können. Daneben wird gezeigt, wie eine professionelle Darstellung in den Texten gelingt und unterschiedliche Perspektiven dargestellt werden können. Die Autorin zeigt aber auch, wie eine wertschätzende Sprache in den Texten ermöglicht wird ohne, dass dabei die Realität verfälscht wird. Das Kapitel umfasst nebenbei aber auch Hinweise für die Textkorrektur und am Schluss eine Kriterienliste, die beim Verfassen von Dokumentationstexten anwendbar ist.

Das achte Kapitel (S. 158-184) stellt praktische Textbeispiele von verschiedenen Dokumentationsformen vor. Zur Formulierung von Anschreiben und E-Mails werden zu Beginn Hinweise gegeben. Daneben wird für die Erstellung von Notizen zu Telefonaten und Gesprächen eine Vorlage präsentiert. Der zweite und dritte Teil handelt von der Kontaktdokumentation und der Erstellung von Entwicklungsberichten. Dazu werden Vorlagen für die praktische Arbeit vorgestellt. Bei den Hilfeberichten wird zudem auf deren Multifunktionalität hingewiesen, worauf jeweils unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden können. Auch auf den sensiblen Umgang der persönlichen Daten der Klienten wird hingewiesen und auf den Datenschutz wird aufmerksam gemacht. Zum Schluss des Kapitels werden auch im Hinblick auf die Sozialplanung, Entwicklung neuer Projekten und Ausarbeitung von Konzepten Anregungen dazu gegeben.

Im neunten Kapitel (S. 185-203) wird dem Leser das reflektierende Schreiben vorgestellt. Ziel ist es, durch das reflektierende Schreiben offene Fragen und Irritationen, die während Interaktionssituationen entstehen zu rekonstruieren, zu analysieren und alternative Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln. Im ersten Teil wird dies als Einzelarbeit und im zweiten Teil in der Gruppe beschrieben. Hierzu werden jeweils mehrere Befremdungstechniken vorgestellt. Bei der Reflexion in der Gruppe wird dem Leser die Methode der ethnografischen Feldprotokolle nach Riemann und Völter vorgestellt, die als Material bei der Reflexion in der Gruppe dienen können. Der Protokollschreiber nimmt dabei in der Ich-Perspektive eine Haltung des „sich-wunderns“ (Riemann 2004) ein. Zum Abschluss wird der Ablauf einer Interpretation eines Feldprotokolls in der Gruppe vorgestellt, welches dem Leser praktisch einen Leitfaden an die Hand gibt, um diesen umzusetzen.

Das letzte Kapitel (S. 204-222) umfasst im ersten Teil eine Übersicht zu den häufig gestellten Fragen (FAQ) zum Thema der Dokumentation in der Sozialen Arbeit. Neben dem im zweiten Teil obligatorischen Literaturverzeichnis werden Lösungsvorschläge zu einer Übung aus Kapitel sieben sowie mögliche Interpretationen zu Beispieltexten aus Kapitel sechs dargestellt.

Diskussion

Das Einführungsband gibt einen überschaubaren und gut gegliederten Überblick über die Dokumentationsprozesse in der Sozialen Arbeit. Von Kapitel zu Kapitel wird dem Leser dargestellt, wie einzelne Informationen, logisch gebaut in ein Dokument verfasst und formuliert sowie korrigiert und überarbeitet werden sollen. Die Autorin stellt dabei immer wieder Arbeitshilfen vor, die beim Verfassen von Texten in der praktischen Tätigkeit sehr von Nutzen sind.

Leider wird, wie die Autorin selbst in ihrer Einleitung bemerkt, das Thema der digitalen Dokumentation nur kurz angeschnitten. In einer Zeit, wo Digitalisierung und Vereinfachung von bürokratischen Wegen immer mehr an Bedeutung gewinnt, stellen sich Fragen, wie diese unter Einhaltung der Fachstandards weiterentwickelt werden können.

Fazit

Das vorliegende Buch von Ute Reichmann befasst sich mit der Dokumentation in der Sozialen Arbeit. Es bezieht sich nicht spezifisch auf ein Arbeitsfeld der Sozialen Arbeit. Das Werk gibt eine gute Übersicht wie Texte vom Aufbau, der Formulierung und der Korrektur verfasst werden. Des Weiteren werden auch Hinweise und Übungen vorgestellt wie der Schreibstil verbessert werden kann. Das Buch, welches sich an Studierende, Fachkräfte in der Praxis und Lehrende in der Wissenschaft richtet, umfasst neben den wissenschaftlichen Aspekten eine Vielzahl an praktischen Arbeitshilfen, die leicht anwendbar sind.

Literatur

  • Baurmann, Jürgen/Weingarten, Rüdiger (Hrsg.) (1995): Schreiben. Prozesse, Prozeduren und Produkte. Opladen: Westdeutscher Verlag.
  • Heiner, Maja (2007): Soziale Arbeit als Beruf. Fälle – Felder – Fähigkeiten. München Basel: Reinhardt Verlag.
  • Riemann, Gerhard (2004): Die Befremdung der eigenen Praxis. In: Hanses, Andreas (Hrsg.), Biographie und Soziale Arbeit. Baltmannsweiler: S. 190-208.

Rezension von
Philipp Müller
Sozialarbeiter
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Es gibt 1 Rezension von Philipp Müller.

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ISSN 2190-9245