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Peter Patze-Diordiychuk, Jürgen Smettan et al. (Hrsg.): Beteiligungs­­prozesse erfolgreich planen (Bürgerbeteiligung)

Rezensiert von Dr. Rolf Frankenberger, 17.10.2017

Cover Peter Patze-Diordiychuk, Jürgen Smettan et al. (Hrsg.): Beteiligungs­­prozesse erfolgreich planen (Bürgerbeteiligung) ISBN 978-3-86581-833-1

Peter Patze-Diordiychuk, Jürgen Smettan, Paul Renner, Tanja Föhr (Hrsg.): Beteiligungsprozesse erfolgreich planen. oekom Verlag (München) 2017. 205 Seiten. ISBN 978-3-86581-833-1. 34,95 EUR.
Methodenhandbuch Bürgerbeteiligung. Band 1.

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Thema

Bürgerbeteiligung gilt in der wissenschaftlichen Diskussion um die Krise der repräsentativen Demokratie als ein zentraler Schlüssel zur Revitalisierung der Demokratie. Darüber hinaus zeigen zahlreiche Untersuchungen, dass gut gemachte Bürgerbeteiligung die Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger mit politischen Prozessen und Entscheidungen verbessert. Problematisch ist hingegen eine unzureichende, unprofessionell oder nur zu Alibizwecken durchgeführte Beteiligung. Dass „kooperative Bürgerbeteiligung“ (S. 15) nicht immer gelingt, hat verschiedene Ursachen.

  1. Dies kann erstens am Selbstverständnis von Amts- und Mandatsträgern liegen, die sich durch Bürgerbeteiligung in ihrer Tätigkeit eingeschränkt fühlen.
  2. Zweitens gibt es durchaus auch seitens der Bürgerinnen und Bürger Vorbehalte gegenüber der Wirksamkeit von Beteiligung.
  3. Und drittens ist Beteiligung nach wie vor sozial selektiv: Es sind die besser gebildeten und reicheren Bürgerinnen und Bürger, die sich beteiligen (S. 15-16).

Und nicht zuletzt entwickelt sich erst langsam in den Verwaltungen und politischen Gremien eine Beteiligungskultur und ein Fachwissen, die notwendig sind, um Bürgerbeteiligung zu gestalten.

Entstehungshintergrund

Das im Kontext der Akademie für Lokale Demokratie e.V. (ALD) (www.lokale-demokratie.de) – ein gemeinnütziger Verein mit dem Ziel der „Förderung der Entwicklungszusammenarbeit“ und der „Förderung des demokratischen Staatswesens (…) unter dem Gesichtspunkt der wachsenden Strukturschwäche der repräsentativen Demokratie und des zunehmenden Bedürfnisses der Menschen nach erweiterten Möglichkeiten politischer Teilhabe“ (Satzung der ALD) – entstandene und vom Land Sachsen-Anhalt geförderte fünfbändige „Methodenhandbuch Bürgerbeteiligung“ soll dazu beitragen, Bürgerbeteiligung so zu gestalten, dass sie den Herausforderungen gerecht wird.

Den HerausgeberInnen Peter Patze-Diordiychuk, Jürgen Smettan, Paul Renner und Tanja Föhr ist es ein zentrales Anliegen, „den gesamten Beteiligungsprozess in den Blick zu nehmen, indem ein breites Set an Methoden vorgestellt wird, die von der Auftragsklärung bis zur Ergebnis- und Lerntransfersicherung reichen“ (S. 18). Der vorliegende Band 1 stellt Methoden der Planung und Auftragsklärung vor, insbesondere der Erhebungs- und Analysetechniken. Band 2 (vgl. die Rezension) beschäftigt sich mit Beteiligungsformaten und stellt 20 Methoden vor.

Die geplanten Bände 3 (Online-Beteiligungsverfahren), 4 (Werkzeuge zur Lern- und Transfersicherung) und 5 (Moderationstechniken) sind für die nächsten drei Jahre angekündigt.

HerausgeberInnen

Die HerausgeberInnen weisen vielfältige akademische und praktische Erfahrung im Bereich der Bürgerbeteiligung auf.

  • Dr. Peter Patze-Diordiychuk ist Gründer der Akademie für lokale Demokratie e.V. und heute ehrenamtlicher Vereinsvorsitzender. Er ist gegenwärtig Referent für Bürgerbeteiligung beim Regierungspräsidium Freiburg und verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen Demokratieförderung, Bürgerbeteiligung, regional- und Kommunalentwicklung.
  • Prof. Dr. Jürgen Smettan lehrt und forscht als Dozent für Volkswirtschaftslehre an der Berufsakademie Sachse. Er ist zudem Geschäftsführer der IDENTRA GmbH, die neben Eignungsgutachten und Berufsberatung auch Coaching und Mediation anbietet.
  • Paul Renner ist Sozialwissenschaftler und studiert momentan im M.Sc. Studiengang Planung und Partizipation an der Universität Stuttgart.
  • Tanja Föhr arbeitet als Business Coach, Moderatorin und Illustratorin. Sie arbeitete unter anderem beim Innovationszentrum Niedersachsen GmbH und ist mit ihrem Unternehmen FÖHR Agentur für Wissenstransfer und Innovationskulturen im Beteiligungsbereich tätig.

Aufbau und Inhalt

Der Band zu Planung von Beteiligungsprozesse ist in zwei größere inhaltliche Blöcke unterteilt, in denen jeweils einzelne Methoden vorgestellt werden. Diese Methodenkapitel sind jeweils so aufgebaut, dass zunächst Ziele und Voraussetzungen erläutert werden, danach Organisation und Ablauf. Es werden jeweils Referenzen und Literatur zum Weiterlesen aufgeführt.

Im ersten Block werden fünf „Erhebungstechniken“ vorgestellt, von denen die ersten vier klassische sozialwissenschaftliche Methoden sind, und die letzte eine genuine Beteiligungsmethode:

  1. Dokumentenanalyse (S. 26-39): Dient dazu, dass sich Verantwortliche in Fachthemen einarbeite und grundlegende Annahmen überprüfen, die für die Projektplanung relevant sind.
  2. Exploratives Interview (S. 40-57): Wenige intensive Interviews mit Bürgern ermöglichen das Sammeln von tiefgehenden Informationen über aktuelle Fragen, Themen, Probleme, Konflikte und erlauben es, Details herauszuarbeiten.
  3. Feldbeobachtung (S. 58-73): Akteure oder Prozesse werden durch eine oder mehrere Personen möglichst systematisch beobachtet, um Daten für die Projektplanung zu erheben.
  4. Schriftliche Befragung (S. 74-89): Standardisierte schriftliche Befragung beliebig großer Gruppen zum Zwecke der Datenerhebung zu Einstellungen, Verhalten und Meinungen der Bürger entweder zur Vorbereitung oder zur Evaluation von Beteiligungsverfahren.
  5. Zielfindungsworkshop (S. 90-111): Unter Beteiligung möglichst aller Betroffenen soll eine Gruppe von max. 40 Personen aus vielen Zielen gemeinsame Ziele der Gruppe herausarbeiten und formulieren.

Der zweite Block umfasst fünf „Analysetechniken“, die dem breiten Spektrum von Arbeits- und Organisations- sowie Planungsinstrumenten entnommen sind:

  1. Risikoanalyse (S. 112-131): Dient der Vermeidung von Risiken im Projektmanagement und der Planung von Maßnahmen, die möglichst viele Projektchancen zur Geltung bringt. Wird zudem in der Überwachung und Steuerung von Beteiligungsprojekten eingesetzt.
  2. SWOT-Analyse (S. 132-149): Steht für Strengths, Weaknesses, Opportunities und Threats, also die Analyse von Stärken, Schwächen, Risiken und Chancen, die eine Organisation oder ein Prozess beinhaltet. Dient ähnlich wie die Risikoanalyse der Planung von Maßnahmen, der Herstellung von Konsens bei der Bewertung von Situationen und dem Abbau von Informationsdefiziten.
  3. Nutzwertanalyse (S. 150-165): Soll in komplexen Situationen ermöglichen, die möglichst optimale Entscheidung für eine bestimmte Handlungsweise zu treffen.
  4. Ursachen-Wirkungs-Analyse (S. 166-179): Dient der Erfassung und Beschreibung von Problemen sowie der Analyse von Problemursachen.
  5. Stakeholderanalyse (S. 180-197): Stakeholder oder Anspruchsgruppen sind solche Personen, die für ein Vorhaben relevant oder davon betroffen sind und daher in den Beteiligungsprozess eingebunden werden sollten. Mit dieser Methode sollen alle Stakeholder identifiziert werden.

In einem Indexteil werden die AutorInnen vorgestellt und die Methoden in einer Übersichtstabelle entlang der Kriterien Ziele, Teilnehmerzahl, Dauer, Kosten und Prozessphasen bei der Durchführung zusammengefasst.

Fazit

Das Methodenhandbuch Bürgerbeteiligung ist ein sehr guter erster Zugang für die Planung und Gestaltung von Beteiligungsverfahren gestalten will. Band 1 ist ein gut strukturiertes Werk, das durch klare, übersichtliche und identisch aufgebaute Beiträge einen ersten Zugriff auf Methoden zur Planung und Vorbereitung von Beteiligungsprozessen bietet. Der Index der Methoden als vergleichende Tabelle ermöglicht einen schnellen Zugriff auf die einzelnen Methoden, die in den einzelnen Kapiteln detaillierter entlang der Dimensionen Zielsetzung, Voraussetzungen, Organisation und Ablauf dargestellt werden. Die getroffene Auswahl umfasst wichtige Methoden zur Erschließung von Themenfeldern und zur Analyse von Problemlagen, in denen Bürgerbeteiligung stattfinden soll und stellt diese zielführend vor.

Rezension von
Dr. Rolf Frankenberger
Politikwissenschaftler
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Es gibt 22 Rezensionen von Rolf Frankenberger.

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Zitiervorschlag
Rolf Frankenberger. Rezension vom 17.10.2017 zu: Peter Patze-Diordiychuk, Jürgen Smettan, Paul Renner, Tanja Föhr (Hrsg.): Beteiligungsprozesse erfolgreich planen. oekom Verlag (München) 2017. ISBN 978-3-86581-833-1. Methodenhandbuch Bürgerbeteiligung. Band 1. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/22591.php, Datum des Zugriffs 16.09.2024.


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