Janne Fengler: Pädagogisches Handeln in der sozialen Arbeit
Rezensiert von Prof. Dr. Helmut Lechner, 28.08.2017

Janne Fengler: Pädagogisches Handeln in der sozialen Arbeit. Kohlhammer Verlag (Stuttgart) 2017. 347 Seiten. ISBN 978-3-17-022407-0. 39,00 EUR.
Thema
Thema dieser Veröffentlichung ist das pädagogische Handeln in der Sozialen Arbeit. Sie richtet sich in erster Linie an Studierende sowie Praktiker im Feld der Sozialen Arbeit mit dem Ziel, das für die Soziale Arbeit wichtige und erforderliche pädagogische Basiswissen zur Verfügung zu stellen. Die Autorin wirft demnach als Erziehungswissenschaftlerin einen pädagogischen Blick auf die verschiedenen Erfordernisse und Handlungsfelder der Sozialen Arbeit. Das besondere Gestaltungsmerkmal dieses Buches ist, dass es durchgängig sehr praxisorientiert aufgebaut ist. So finden sich zu Beginn eines jeden Abschnittes Fallbeispiele in Form von Fallvignetten. Die daraus sich ableitenden Fragen werden zum inhaltlichen Gestaltungsmerkmal für die einzelnen Kapitel dieses Buches. Ergänzt werden die Abschnitte durch entsprechende Übungsaufgaben, Denkanregungen und Exkurse.
Eingangs eines jeden Abschnittes finden sich zudem Themenübersichten, die es dem interessierten Leser ermöglichen zielgerichtet und selektiv einzelne Themen zu bearbeiten.
Diese als Lehrbuch konzipierte Veröffentlichung hat das Ziel, Funktionen, Aufgaben, Strategien, Methoden sowie Grenzen pädagogischen Handelns in der Sozialen Arbeit vorzustellen.
Aufbau
Diese Veröffentlichung ist in drei große Abschnitte unterteilt:
Einführung: Pädagogisches Handeln in der Sozialen Arbeit
Elemente pädagogischen Handelns in der Sozialen Arbeit
Pädagogisches Handeln in der Sozialen Arbeit: zwei Fallvignetten
Zu Teil I
In dem Teil I führt die Autorin im ersten Unterabschnitt „Theoretische Grundlagen“ in die Grundfragen der Erziehungswissenschaft ein. Sie definiert dabei zentrale Begriffe wie Bildung, Erziehung und Sozialisation. Einen breiten Raum nehmen hierbei die Reflexionen zur Bedeutung von Menschenbildern für die erziehungswissenschaftliche Theorie und Praxis ein. Zudem werden in dem Zusammenhang auch Ökosysteme als Analyseeinheit in der Sozialen Arbeit vorgestellt.
In der Summe will die Autorin in diesem Teil den Lesern die Relevanz pädagogischer Fragestellungen und Überlegungen für Handlungserfordernisse in den vielfältigen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit näher bringen.
Der zweite Unterabschnitt konzentriert sich auf die „methodischen Grundlagen“. Er folgt dabei der Logik von Diagnostik im Sinne einer Analyse des Ist-Zustandes, der Zielbestimmung im Rahmen eines dialogischen Prozesses und der pädagogischen Intervention, hier verstanden als Begleitung von Lernprozessen´.
Der letzte Teilabschnitt dieser theoretischen Einführung hebt die Bedeutung der dialogischen Struktur und der sich daraus sich ergebenden Dynamik pädagogischen Handelns hervor. Grundlage hierfür bietet das ALOHA-Impulsmodell, welches in seiner Realisierung auf die oben beschriebenen methodischen Schritt angewendet wird.
Zu Teil II
Der Teil II, welcher der umfangreichste dieser Veröffentlichung ist, untergliedert sich in die Abschnitte
- Diagnostik in der Sozialen Arbeit
- Zielbestimmung in der Sozialen Arbeit
- Begleitete Lernprozesse in der Sozialen Arbeit
Diese drei Strukturelemente sind dem ALOHA Modell entnommen.
Der diagnostische Abschnitt soll aufzeigen, dass pädagogisches Handeln in der Sozialen Arbeit immer auf der Grundlage des Verstehens aufgebaut werden sollte. Dieses fachliche Verstehen stellt die Autorin in dem fachwissenschaftlichen Zusammenhang von Wahrnehmen und Verstehen, sie erörtert Konstellationen zwischen Risiko und Ressource, verweist auf die Bedeutung der Fokussierung auf das Individuum ebenso wie auf die des Systems.
Bezüglich der Zielbestimmung erläutert die Autorin die Notwendigkeit einer dialogischen Zielbestimmung zusammen mit dem Klienten. Sie verweist dabei auf die zu reflektierenden Bezüge zum Wertesystem der professionell Handelnden. Ziele müssen aber zudem für die Klienten nachvollziehbar und in ihrem Denken und Handeln anschlussfähig sein. Weiterhin spielt in dem Zusammenhang die Frage nach einer angemessenen Zieldifferenzierung wie auch einer professionellen Zielformulierung eine Rolle.
Abschließend stellt die Autorin diese Ziele in den erforderlichen Kontext eines Handlungskonzeptes und leitet damit zum letzten Unterabschnitt dieses Kapitels „begleitete Lernprozesse in der Sozialen Arbeit“ über. Dabei geht es ganz grundsätzlich um die Fragen zur Begleitung von Menschen bei Veränderungsprozessen, also das Ansinnen der Fachkräfte, dass Klienten von der derzeitigen Ist-Situation zu ihrer angestrebten Sollsituation zu gelangen. Ausgehend von einer Klärung des Begriffes Lernen im Blick auf verschiedene Lernmodelle werden die Leserinnen und Leser an didaktische Fragestellungen herangeführt und in den Kontext Sozialer Arbeit gestellt.
Zu Teil III
Im Teil IIIwerden die bisherigen Ausführungen zur Vertiefung noch einmal konkretisiert und anhand zwei der Praxis entnommenen Fallvignetten auf die Praxis Sozialer Arbeit übertragen.
Diskussion
Diese Veröffentlichung scheint insbesondere als Lehrbuch sehr gut geeignet zu sein. Dazu dienen die vielen Praxisbeispiele, welche den Theorie – Praxis Transfer unterstützen. Die verschiedenen Übungsaufgaben, Denkanstöße und Diskussionen eröffnen den Lesern die Möglichkeit zur thematischen Vertiefung und der III. Teil ergänzt dieses Ansinnen sehr sinnvoll.
Gerade für Studierende und Praktiker der Sozialen Arbeit bietet sich diese Veröffentlichung an, weil diese sich an den klassischen Handlungsschritten der Sozialen Arbeit orientiert.
Auf der inhaltlichen Ebene greift die Autorin zentrale erziehungswissenschaftliche Fragen und Herausforderungen auf, welche in der sozialpädagogischen Praxis an die Fachkräfte gestellt werden. Natürlich können hier nicht alle Aspekte aufgegriffen werden. Jede Auswahl schließt auch aus. Dennoch repräsentiert die hier getroffene Auswahl den generalistischen Ansatz, welcher im Studium der Sozialen Arbeit verfolgt wird. So verbleibt beim Leser die Aufgabe über die exemplarische Vertiefung einzelner Themen, eigene erziehungswissenschaftliche Grundpositionen zu entwickeln, sodass die dabei gewonnenen Erkenntnisse auf andere pädagogische Aufgabenstellungen der Praxis übertragen werden könnten.
Fazit
Die Autorin stellt mit dieser Veröffentlichung ein sehr ansprechend gelungenes Lehr- und Arbeitsbuch vor, welches sowohl im Studium wie auch in der Praxis sehr gute Verwendung finden könnte. Es leitet ebenso zum Selbststudium an, wie es auch geeignet ist, im kollegialen Austausch praxisrelevante pädagogische Themen und Herausforderungen zu erfassen, zu diskutieren und lösungsorientiert so zu bearbeiten, dass diese in eigene Handlungskonzepte integriert werden könnten.
Rezension von
Prof. Dr. Helmut Lechner
Hochschule München
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