Benedikt Hackl, Marc Wagner et al.: New Work
Rezensiert von Hendrik Epe, 27.04.2017

Benedikt Hackl, Marc Wagner, Lars Attmer, Dominik Baumann: New Work. Auf dem Weg zur neuen Arbeitswelt. Management-Impulse, Praxisbeispiele, Studien. Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (Wiesbaden) 2017. 234 Seiten. ISBN 978-3-658-16265-8. D: 39,99 EUR, A: 41,11 EUR, CH: 41,50 sFr.
Thema
Aufgrund verschiedener Megatrends, allen voran aufgrund der Digitalisierung, aber auch der Globalisierung, des demografischen Wandels oder des gesellschaftliche Wertewandels ändert sich auch die Arbeit in Organisationen. Begriffe wie „flache Hierarchien“, „Partizipation“, „demokratische Entscheidungen“, „Arbeiten 4.0“ oder auch „agiles Management“ dominieren die Diskussion bzgl. dieser notwendigen Transformation. Der in diesem Kontext oftmals angeführte, bislang jedoch wenig empirisch hinterlegte, Überbegriff ist „New Work“. Was aber genau dieses „New Work“ ist und vor allem, welche Maßnahmen Organisationen umsetzen können, um auf die stattfindenden Veränderungen zu reagieren, ist für die Organisationen jedoch oftmals sehr unklar. Hier liefert das Buch einerseits eine Darlegung dessen, was aus Sicht der Autoren unter „New Work“ zu verstehen ist. Darüber hinaus werden Ergebnisse von in diesem Kontext bislang durchgeführten Studien dargelegt um darüber zu sinnvollen und zielführenden Maßnahmen zu gelangen, wie die Veränderung der Arbeitswelt gelingen kann.
Autoren
- Prof. Dr. Benedikt Hackl ist Professor für Strategie und Personal an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg
- Marc Wagner ist Senior-Partner und „Global Head of Transformation, Peoplemanagement & Integral Business“ bei Detecon International, einer auf digitale Transformation spezialisierten Managementberatung
- Lars Attmer ist Junior-Partner und Projektleiter für Transformationsprogramme und Peoplemanagement, ebenfalls bei Detecon.
- Dominik Baumann leitet eine Agentur für Marketing und Employer Branding mit Spezialisierung auf Content-Marketing.
Entstehungshintergrund
Die Arbeitswelt verändert sich rasant. Allerdings bewegen sich die diesbezüglichen Diskussionen oftmals in einem empirisch nicht wirklich gestützten Raum. Diese Lücke versucht das Buch zu schließen, in dem Studien, die zum Wandel der Arbeitswelt in Deutschland erschienen sind, zusammengeführt und deren Ergebnisse diskutiert werden.
Aufbau und Inhalt
Grob untergliedert sich das Buch anhand der drei schon genannten Bereiche:
- Was ist eigentlich dieses „New Work“?
- Welche gesicherten Erkenntnisse gibt es eigentlich zum Phänomen der veränderten Arbeitswelt?
- Was lässt sich daraus lernen?
Schon eine kurze Bewertung vorab: Insbesondere der zweite Teil, eine Zusammenführung der Studien und eine Darlegung der mit den Studien gewonnenen Ergebnisse gab es in der Form bislang nicht. Hier liegt der für mich wesentliche Mehrwert des Buchs.
So lässt sich der erste Teil des Buches eher als die „übliche Darlegung“ der Gründe für die Veränderungen der Arbeitswelt zusammenfassen. Nach einer kurzen Skizze dessen, was der „Urvater“ der New Work Bewegung, Frithjof Bergmann mit dem Konzept aussagen wollte, folgt eine Fokussierung auf die „Treiber der notwendigen Transformation“, namentlich auf die Megatrends Digitalisierung, Demografischer Wandel, Wertewandel und Globalisierung. Das ist für Menschen, die sich erstmal dem Thema nähern, eine sinnvolle Hinführung, in der die Komplexität der anstehenden Veränderungen nachvollziehbar dargestellt wird. Weitergehend folgt eine Erläuterung der Auswirkungen der „Megatrends“ konkret bezogen auf die Arbeit in den Organisationen. Die Begriffe Industrie 4.0, Arbeit 4.0, Dezentralisierung und der Fachkräftemangel werden erläutert und in ihrer Bedeutung dargelegt. Dem Aufbau folgend (Makro-, Meso- und Mikroebene) folgt eine Skizzierung der Veränderungen für die Menschen. Von „Arbeit und Sinn“ über „Selbstverwirklichung“ und der zunehmenden schwindenden Sicherheit in „herkömmlichen“ Arbeitsverhältnissen bis hin zu den Auswirkungen der Arbeit auf die Sozialen Beziehungen werden wichtig Aspekte der Veränderung der Arbeitswelt für den Menschen dargelegt. Zusammenfassend ist den Autoren folgend Arbeit neu zu definieren.
Was unter dieser neuen Definition verstanden werden kann, wird dann in Kapitel 2 vertieft dargelegt. Dazu wird eine empirische Datenbasis herangezogen, die im Zuge der Durchführung von drei Studien durch das Forschungscluster „HR | Impulsgeber“, in dem die Autoren tätig sind, entstanden. Die Autoren fokussieren in dem Kapitel auf die „Mikroebene“ und nehmen explizit die Auswirkungen der in Kapitel 1 dargelegten Veränderungen auf die Führungskräfte der Organisation in den Blick. Die Einschränkung auf die Führungsebene ist für mich insofern nachvollziehbar, als dass die Veränderungen oftmals ihren Ausgang bei den Führungskräften und Managern nehmen (müssen). Eine Erläuterung, warum diese Einschränkung erfolgt, findet sich bei den Autoren hingegen nicht. Hinzu kommt, dass die Auswirkungen explizit die Mitarbeitenden betreffen, die nicht in Führungsverantwortung stehen. Aspekte wie die Automatisierung bspw. betreffen vorerst die Mitarbeitenden an der Basis.
Der Blick in die herangezogenen Studien lässt einige methodische Fragen aufkommen. So sind bspw. die herangezogenen Fallzahlen übersichtlich. Die von den Autoren als „groß“ bezeichneten Studien umfassen zusammengenommen etwa 770 befragte Personen, Führungskräfte, aber auch Mitarbeitende aus unterschiedlichen Branchen und Hierarchieebenen. Auch die Antwortmöglichkeiten in den Befragungen sind teilweise sehr „wertend“. Bspw. wird auf S. 70 die „grundsätzliche Meinung New Work“ anhand einer dreischrittigen Skala abgefragt: New Work kann eingeordnet werden als „Absolut wichtig“, „Eher wenig relevantes Modethema“ oder „Noch nie gehört“. Den an der Veränderung der Arbeitswelt interessierten Menschen bleibt also nichts anderes übrig, als New Work als „absolut wichtig“ zu bezeichnen, wodurch sich die Auswertung natürlich hin zu New Work als wichtiges Thema verschiebt. Hier fehlen Zwischenschritte, die eine differenziertere Auswertung möglich machen.
Kapitel zwei zusammenfassend kommen die Autoren zu dem Schluss, dass Organisationen eine „Orchestrierungslogik“ brauchen, um den „Weg nach New Work“ als Organisation gemeinsam und abgestimmt gehen zu können.
Kapitel 3 legt dann aus Sicht der Autoren dar, wie New-Work-Initiativen in der Praxis umgesetzt werden können. Basierend auf Best-Practice-Beispielen werden Anregungen zur Gestaltung von New Work geliefert. Zusätzlich wird aufgezeigt, worauf bei der Umsetzung von New-Work-Initiativen in Organisationen zu achten ist. Angefangen von der Darlegung der Ziele der Initiativen über die dabei von den Autoren als wesentlich bezeichneten bereiche in den Organisationen (Geschäftsführung, Human-Resources, Real Estate und die IT-Infrastruktur) bis hin zu der Darlegung eines ganzheitlichen Vorgehens als Erfolgsfaktor zur Umsetzung von New Work Initiativen.
In einem Fazit werden die „Lessons learned“ aus Sicht der Autoren dargestellt. Dabei zeigt sich – wenig verwunderlich – die Umsetzung der theoretischen Überlegungen und das „Zusammenspiels der Dimensionen ‚People‘, ‚Places‘ und ‚Tools‘“ (S. 149) als wesentliche Herausforderung. Angeboten werden dann Zusammenführungen der Erfahrungen der Autoren in deren Berateralltag mit der Umsetzung von New Work Initiativen. Als eins von 20 Beispielen wird auf die Notwendigkeit agiler Methoden verwiesen, wenn agile Strukturen eingeführt werden (vgl. S. 153).
Diskussion
Das Buch „New Work: Auf dem zur neuen Arbeitswelt“ liefert eine gute, wenn auch in vielen Bereichen eher oberflächliche Herangehensweise an die sich in der Arbeitswelt abzeichnenden Veränderungen und den darauf basierenden Auswirkungen in den Organisationen.
Allerdings – und das ist mein wesentlicher Kritikpunkt – wird der auf den ersten Blick postulierte wissenschaftliche Anspruch mit dem Buch nicht eingehalten. Zwar ist die Rede von „empirischen Studien“ und der Umsetzung der daraus gewonnenen Ergebnisse. Diese sind jedoch bei näherer Betrachtung – wie es leider im Kontext der „New Work“-Bewegung oftmals ist – enorm dünn und halten einer wissenschaftlichen Prüfung kaum stand. Darüber hinaus wird dem „New Work Begriff“ ziemlich wahllos umgegangen. Hier empfiehlt sich in meinen Augen die strikte Trennung der Begrifflichkeiten in „New Work“ als gesellschaftsveränderndes Konzept basierend auf den Ausführungen von Frithjof Bergmann und „Arbeiten 4.0“ (oder wie auch immer) als die Arbeitswelt in den Organisationen verändernde Entwicklungen aufgrund der die Gesellschaft betreffenden Megatrends. M.a.W.: Das Buch bewegt sich nicht auf der Makro-Ebene (der Gesellschaft) sondern ganz klar auf der Meso- und Mikrobene, also der Ebene der Organisationen und der Menschen in den Organisationen. Es ist ein Buch von Beratern, die ihre Beratung darstellen. Da ist die gesellschaftliche Vision eher sperrig unterzubringen, auch wenn dies in meinen Augen dringend notwendig wäre.
Abschließend und mit einem kurzen Blick explizit auf Organisationen der Sozialwirtschaft erachte es als notwendig, dass sich Entscheidungsträger von und in Organisationen der Sozialwirtschaft der Bedeutung der Veränderungen bewusst sind. Sie müssen jedoch gleichzeitig die gerade in Organisationen der Sozialwirtschaft besondere Komplexität im Blick haben, um nicht dem Glauben zu verfallen, dass „Arbeit 4.0“ umgesetzt werden kann. Hier bedarf es der Betrachtung der enorm vielen Stellschrauben und Herausforderungen (bspw. gesetzliche Anforderungen, Anforderungen der Kostenträger), um einen Wandel hin zu einer positiven Arbeitswelt der Zukunft auch in der Sozialwirtschaft herbeiführen zu können. Hierzu liefert das Buch Anregungen, nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Fazit
Das Buch „New Work: Auf dem zur neuen Arbeitswelt“ fasst die auf den wesentlichen gesellschaftlichen Veränderungen basierenden Entwicklungen für die Arbeitswelt zusammen und liefert insbesondere für Menschen, die sich der Thematik einer sich verändernden Arbeitswelt erstmalig annähern wollen, einen umfassenden Überblick über mögliche Herangehensweisen und Auswirkungen. Von den die Veränderung auslösenden Megatrends über die Anforderungen der Führungskräfte und der Mitarbeitenden in Bezug auf die Veränderung bis hin zu mehr oder weniger konkreten Umsetzungsmöglichkeiten in Organisationen liefern die Autoren ein übersichtliches und aufgrund der im Buch abgedruckten Bilder ansprechendes Buch. Das Buch ist damit als erste Hinführung zu einer vertieften Auseinandersetzung mit den sich abzeichnenden Veränderungen zu bewerten.
Rezension von
Hendrik Epe
M.A.
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