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Irene Messner: Geschichte der Pflege

Rezensiert von Dr. phil. Hubert Kolling, 30.06.2017

Cover Irene Messner: Geschichte der Pflege ISBN 978-3-7089-1490-9

Irene Messner: Geschichte der Pflege. Facultas Verlag (Wien) 2017. 143 Seiten. ISBN 978-3-7089-1490-9. D: 18,40 EUR, A: 18,90 EUR, CH: 23,90 sFr.

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Thema

Wie im Titel bezeichnet, geht es in dem vorliegenden Buch um die „Geschichte der Pflege“, genauer gesagt um die Pflege von kranken Menschen.

Autorin

Irene Messner, Mag.a, erwarb zunächst ein Diplom in der Kinderkranken- und Säuglingspflege (1986) sowie ein Diplom in der Allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflege (1998), bevor sie ihr Studium der Pflegewissenschaften abschloss. Sie arbeitet als Akademische Lehrerin für Gesundheits- und Krankenpflege an der Schule für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege am Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Wien, Standort Floridotower.

Gemeinsam mit Martina Hiemetzberger und Michaela Dorfmeister veröffentlichte Irene Messner 2007 das Buch „Berufsethik und Berufskunde. Ein Lehrbuch für Pflegeberufe“, von dem inzwischen die vierte, überarbeitete Auflage (Wien 2016) vorliegt.

Aufbau

Das Buch zeigt folgende Gliederung, wobei einzelne Kapitel in Unterkapitel unterteilt sind:

1 Die Antike

  1. Götterglaube als Grundlage des Gesundheits­ und Krankheitsverständnisses – Theurgie
  2. Rational-wissenschaftliches Denken als Grundlage des Gesundheits- und Krankheitsverständnisses
  3. Krankheiten heilen und gesund bleiben – Methoden und Möglichkeiten
  4. Das Christentum und sein Einfluss auf den Pflegeberuf

2 Mittelalter

  1. Geistliche Ordensgemeinschaften und Klöster
  2. Krankenpflege der Klostermedizin
  3. Weltliche Ordensgemeinschaften
  4. Ritterorden
  5. Entstehung bürgerlicher Krankenanstalten
  6. Das Wissen und die Verbreitung der Heilkunde
  7. Methoden der Heilkunde und Heilberufe im Mittelalter
  8. Weise Frauen und Hexenverfolgungen

3 Frühe Neuzeit

  1. Organisationsformen der Krankenpflege und ihre Entstehung
  2. Die Entstehung der ersten Krankenhäuser
  3. Krankenversorgung und Krankenpflege im 18. Jahrhundert

4 Späte Neuzeit

  1. Pflege als Beruf – Ausbildungsbestrebungen
  2. Das Berufsbild zu Beginn des 20. Jahrhunderts
  3. Die Verweiblichung der Pflege

5 Zeitgeschichte

  1. Erster Weltkrieg und Kriegskrankenpflege
  2. Die Zeit des Nationalsozialismus und seine Auswirkung auf die Pflege
  3. Entwicklung der Krankenpflege bis heute

6 Entwicklung der Krankenpflege in Österreich

  1. Die österreichischen Besonderheiten
  2. Reformbestrebungen und die ersten Krankenpflegeschulen
  3. Von der Verordnung des Ministers des Inneren vom 25. Juni 1914 bis zum Gesundheits- und Krankenpflegegesetz 2016.

Ergänzt wird die Darstellung durch ein Literaturverzeichnis.

Inhalt

Chronologisch in große Zeitabschnitte untergliedert, beginnend in der Antike über das Mittelalter, die Frühe Neuzeit und Späte Neuzeit bis hin zur Zeitgeschichte, bietet das vorliegende Buch einen äußerst knapp gehaltenen Überblick über die wichtigen Stationen in der Geschichte der Krankenpflege. In einem weiteren Kapitel wird die spezifische Entwicklung der Krankenpflege in Österreich vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart thematisiert.

Zur Orientierung und Einordnung in den zeitgenössischen Kontext findet sich am Anfang von jedem der sechs Hauptkapitel eine Auflistung von markanten Begriffen, beispielsweise zu bedeutenden Ereignissen und Personen, die mit dem jeweiligen Zeitalter assoziiert werden.

Im gesamten Text werden durchgehend einzelne Begriffe, Personen und Ereignisse im Fettdruck hervorgehoben. Einen Anmerkungsapparat enthält die Veröffentlichung nicht. Stattdessen werden die Quellen der benutzten Zitate in einem Literaturverzeichnis zusammengefasst.

Diskussion

Die Anzahl der im deutschsprachigen Raum vorliegenden Lehrbücher zur Geschichte der Krankenpflege ist sehr begrenzt und zudem nicht mehr ganz aktuell. Die letzte Überblicksdarstellung hierzu mit dem Forschungsstand von 2005 legten Horst-Peter Wolff und Jutta Wolff unter der Überschrift „Krankenpflege: Einführung in das Studium ihrer Geschichte“ (Frankfurt am Main 2008) vor, wobei eine zweite Auflage des Buches (Nachdruck) 2011 erschien.

Vor diesem Hintergrund wurde das Erscheinen einer entsprechenden Veröffentlichung von dem am Thema Interessierten schon seit geraumer Zeit mit großer Spannung erwartet. Hinter den damit verbundenen Erwartungen bleibt das nun vorliegende schmale Taschenbuch weit zurück, indem es nicht nur von seinem Umfang her sehr begrenzt ist, sondern auch keinerlei neue Forschungsergebnisse enthält. Die Begrenztheit ihres Büchleins scheinbar vor Augen schreibt die Autorin einleitend zur Bedeutung und Intention ihrer Schrift: „Im Wissen, dass die Pflege und Versorgung Kranker in jedem Zeitalter und in allen Kulturen dieser Welt stattgefunden haben und auch stattfinden, ist es die Aufgabe dieses Buches, exemplarisch einen Teil daraus darzustellen, ohne jemals Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben“ (S. 9).

Okay – eine Veröffentlichung sollte sich am selbst gesetzten Ziel ihrer Autor*innen messen lassen! Dem Hinweis „ohne jemals Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben“ kommt hier entscheidende Bedeutung zu, indem die Darstellung in den einzelnen Kapiteln inhaltlich kaum über das hinausgeht, was heute schnell und einfach auf einschlägigen Seiten im Internet aufgerufen werden kann und dann nicht selten – auch zu Unterrichtszwecken von Lehrenden wie Lernenden – lustig kopiert wird. Hingewiesen sei auf einige der mehr oder weniger aktualisierten Links, die ihrer Leserschaft in groben Zügen die Geschichte der Krankenpflege vermitteln, z.B.

Beim Lesen beziehungsweise der Durchsicht des Literaturverzeichnisses der von Irene Messner vorgelegten „Geschichte der Pflege“ fällt unterdessen deren starke Medizinlastigkeit auf. Neben Werken wie Hans Diller „Hippokrates. Ausgewählte Schriften“ (Stuttgart 1994) und Walter Tilmann „Die Ärztehaushalte im 16. Jahrhundert“ (Stuttgart 2009) finden sich hier auch sehr spezielle Untersuchungen wie etwa Regina Hell „Der Säftebegriff in den Schriften Thomas Sydenhams“ (Tübingen 2002), Raymond Klibansky „Saturn und Melancholie. Studien zur Geschichte der Naturphilosophie und Medizin der Religion und der Kunst“ (Frankfurt am Main 1998) oder Julius Möbius „Vom physiologischen Schwachsinn der Frau“ (Augsburg 2001).

Demgegenüber werden neuere Veröffentlichungen und Quellen zu einzelnen Bereichen der Pflegegeschichte – seien es nun Arbeiten zur religiös motivierten Krankenpflege, zur Kriegskrankenpflege, zum beruflichen Alltag oder zu den Professionalisierungsbestrebungen – entweder in alten Auflagen vorgestellt oder sie fehlen – zumindest was den Zeitraum der letzten fünf Jahre betrifft – nahezu vollständig. Stellvertretend sei hier das in der 7. Auflage von 1993 zitierte Buch der Frankfurter Krankenschwester und Pflegewissenschaftlerin Hilde Steppe (1947-1999) „Krankenpflege“ genannt, das inzwischen in der 10. aktualisierten Auflage (Frankfurt am Main 2013) vorliegt. Ebenso gibt es von dem von Horst-Peter Wolff herausgegebenen „Biographischen Lexikon zur Pflegegeschichte“ nicht nur wie angeben zwei, sondern mittlerweile – seit Band 4 von Hubert Kolling herausgegeben – bereits sieben Bände.

Nicht zuletzt im Hinblick auf das auf der Rückseite des Covers abgedruckte Zitat von Hilde Steppe „Die Erforschung der Geschichte der Pflege ist eine faszinierende Reise zu den Wurzeln heutiger Strukturen, die ihre Spannung über das Entdecken von Zusammenhängen bezieht und aus dem Verhältnis für einstige Bedingungen Konzepte für heute und morgen entwickeln kann“ hätte man sich auch einen expliziten Hinweis auf die einzige deutschsprachige, nun bereits (2017) im sechsten Jahrgang zugleich online und im Druck zweimal jährlich erscheinende Fachzeitschrift „Geschichte der Pflege“ (www.geschichte-der-pflege.info/) gewünscht.

Bemerkt werden muss auch noch, dass sich in dem schmalen Band – mit Ausnahme von der zeitgenössischen Coverabbildung, zu dem aber abgesehen vom Nachweis weitere Angaben fehlen – keinerlei historische Bilder von Pflegenden bei der Arbeit und in der Freizeit finden, von ihren Einsatzorten, Arbeitsinstrumenten, Trachten oder Uniformen, Tätigkeiten usw., obwohl diese für den Unterricht ausgesprochen hilfreich sind. Hier hätte man sich wenigstens einen Hinweis auf die in den letzten Jahren erschienenen drei Ausstellungskataloge zur Krankenpflegegeschichte gewünscht.

Insgesamt betrachtet mag das Büchlein mit seiner Überblicksdarstellung für die „Erstausbildung“ in den Krankenpflegeberufen geeignet und allemal besser als eine Sammlung von Einzelkopien sein, für die an zahlreichen Fachhochschulen und Universitäten im deutschsprachigen Raum inzwischen fest etablierten pflegewissenschaftlichen Studiengänge ist es aber eher ungeeignet. Sollte die Lektüre freilich bei einem Teil ihrer Leserschaft eine Wirkung im Sinne einer homöopathischen Dosis haben, wäre das allemal eine feine Sache.

Fazit

Die von Irene Messner vorgelegte „Geschichte der Pflege“ bietet eine knapp gefasste Einführung in die Pflegehistorik von der Antike bis in die heutige Zeit.

Rezension von
Dr. phil. Hubert Kolling
Krankenpfleger, Diplom-Pädagoge und Diplom-Politologe
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Es gibt 192 Rezensionen von Hubert Kolling.

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ISSN 2190-9245