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Helena M. Topaloglou: Im Erleben einer Krebserkrankung

Rezensiert von Dr. Helen Schneider, 28.06.2017

Cover Helena M. Topaloglou: Im Erleben einer Krebserkrankung ISBN 978-3-8309-3605-3

Helena M. Topaloglou: Im Erleben einer Krebserkrankung. Personenzentrierte Psychotherapie zwischen Diagnose, onkologischer Versorgung und Lebensrealität. Waxmann Verlag (Münster, New York) 2017. 264 Seiten. ISBN 978-3-8309-3605-3. D: 34,90 EUR, A: 35,90 EUR.
Psychotherapiewissenschaft in Forschung, Profession und Kultur, Band 19.

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Thema

„Die Diagnose ‚Krebs‘ ist meist ein zwischen Todesurteil, chronischer Erkrankung und Hoffnung auf Heilung liegender Schock – ein traumatisches Ereignis. Sie führt Betroffene in eine unmittelbare Auseinandersetzung mit ihren Wahrnehmungen, ihren Empfindungen, ihrem Erleben, ihrer Endlichkeit und der reagierenden Öffentlichkeit. Das Dasein und Sosein im Erleben einer Krebserkrankung verursacht körperliche Veränderungen und seelische Prozesse, die mit einer völligen Umstellung des Lebensalltags einhergehen. Krebserkrankte sind in ihren existenziellen Spannungen zwischen Selbstbestimmung, Würde und Abhängigkeit oft leidvoll mit ihrem Selbst-Erleben konfrontiert. Diese Lebensrealitäten und subjektiven Erlebensqualitäten führten die Autorin zu den Fragen: Was erleben Betroffene, wenn sie die Diagnose Krebs erhalten und diese Erkrankung Teil ihres Lebens wird? Welchen Raum kann Personenzentrierte Psychotherapie durch ihren phänomenologischen Blickwinkel und ihr nichtdirektives Begegnungs- und Beziehungsangebot für Orientierung, Regulierung, Entwicklung und Veränderung anbieten“ (Klappentext).

Autorin

„Helena M. Topaloglou studierte Bildungswissenschaft an der Universität Wien (Mag. Phil.) und promovierte im Fach Psychotherapiewissenschaft an der Sigmund-Freud-Privatuniversität Wien (Dr. scient. pht.). Sie ist als Psychotherapeutin in eigener Praxis und in einer Rehabilitationsklinik für Menschen mit psychischen Erkrankungen in Wien tätig sowie Lehrtherapeutin (Theorie) der Vereinigung Rogerianische Psychotherapie (VRP). Schwerpunkte: Psychotraumatologie, Psychoonkologie und Psychosomatik“ (Klappentext).

Aufbau

Der Haupttext gliedert sich in insgesamt zwölf Kapitel, die theoriegeleitet und empirisch das Erleben der von einer Krebserkrankung betroffenen Patienten beinhalten.

Inhalt

Das einführende Kapitel „Einleitung und Einführung“ befasst sich zunächst mit dem persönlichen Bezug und dem Zugang der Autorin zum Forschungsthema. Weiterhin geht sie auf die Relevanz und das Anliegen der Arbeit ein und beleuchtet sowohl reflexiv ihre Rolle im Forschungskontext als auch die Hürden und Brücken qualitativer Forschung.

Das darauffolgende Kapitel „Personenzentrierte Psychotherapie“ fokussiert fünf Schwerpunkte. Zunächst werden Anthropologie und wissenschaftstheoretische Zusammenhänge beleuchtet. Anschließend wird der Organismus als Leitsystem vor dem Hintergrund der Aktualisierungs- und Selbstaktualisierungstendenzen vertiefend dargestellt. Darauffolgend wird der Bereich der Persönlichkeitstheorie im Kontext des Selbstkonzeptes thematisiert. Anschließend folgt eine Fokussierung von Veränderungsprozessen im Rahmen von Begegnungen und Beziehungen. Abschließend erfolgt ein kritischer Blick auf das Thema der Nicht-Direktivität.

Im dritten Kapitel „Über das Erleben“ verankert die Autorin das Erleben theoriegeleitet aus den Blickwinkeln der Psychoonkologie und der Psychotherapie im Fokus psychosozialer Aspekte. Resilienz und Ressourcen bieten in diesem Kontext theoretisch fundierte Ansätze im Verstehen des Erlebens einer Krebserkrankung.

Das vierte Kapitel befasst sich sehr anschaulich mit der „Forschungslücke und Forschungsfrage“ Dabei liegt der Fokus der Autorin auf dem Erleben einer Krebserkrankung und der Wirkung Personenzentrierter Psychotherapie in der subjektiven Wahrnehmung der an Krebs erkrankten Menschen. Dabei geht die Autorin bewusst nicht auf aktuelle Studien und explizit theoriegeleitetes Vorwissen ein, sondern fokussiert sich auf die Frage, was subjektiv ist.

Im fünften Kapitel „Die methodische Vorgehensweise“ beleuchtet die Autorin sowohl die qualitative Forschung und ihre Gütekriterien als auch das Forschungsfeld mit all seinen Besonderheiten und Hürden. Weiterhin geht sie auf die Methode des persönlichen Gespräches nach Inghard Langer ein.

Kapitel sechs steht unter der Überschrift „Begegnungen und Gespräche“ und zeigt anschaulich die Ergebnisse aus acht verschiedenen Interviews. Diese weisen auf die Emotionalität und Komplexität im Empfinden einer Krebserkrankung hin und lassen sie in der Form ihrer Darstellung den Leser persönlich nachempfinden.

Im siebten Kapitel geht die Autorin auf „Ein Panorama von Lebenswirklichkeiten“ ein. In diesem Kontext fokussiert sie sich sowohl auf das Selbstkonzept und die Vielfalt der Erlebensdimensionen als auch auf die Psychotherapie und die Vielfalt der Veränderungen. Das Kapitel endet mit der Beleuchtung von Gemeinsamkeiten im Erleben. Hier bezieht sich die Autorin vor allem auf das Bedürfnis nach dem Ich im Ich, dem Bedürfnis nach der Ordnung der Dinge und dem Bedürfnis nach Normalität, die die befragten Betroffenen als Gemeinsamkeiten aufweisen.

Das achte Kapitel beschreibt sehr tiefgründig das Thema „Nichts ist endgültig“. Dabei beleuchtet die Autorin Aspekte der Auseinandersetzung der betroffenen Personen mit sich selbst im Kontext der Erkrankung. Dabei geht sie sowohl auf die Härte der Konfrontation mit der Krankheit ein als auch auf retrospektive Analysen biographischen Erlebens und der sprachlichen Distanzierung der Betroffenen von sich selbst als Person. Abschließend reflektiert die Autorin in diesem Kapitel kritisch ihre Doppelrolle als Psychotherapeutin und Forscherin.

Kapitel neun steht unter dem Titel „Eine disziplinäre Rückbindung“. Damit fundiert die Autorin ihre Empirie, indem sie diese mit Ansätzen unter anderem von Heidegger, Merleau-Ponty und Rogers in Bezug setzt. In diesem Kontext arbeitet sie heraus, dass das Neue an ihrer Forschungsarbeit darin bestehe, das subjektive Erleben der von einer Krebserkrankung betroffenen Personen zu fokussieren und dieses in direkten Bezug zum Selbstkonzept zu setzen.

Kapitel zehn steht unter der Überschrift „Was ich noch lernen durfte?“. Darin geht die Autorin reflexiv darauf ein, was sie persönlich im Kontext ihrer Forschungsarbeit sowohl von den Gesprächspartnerinnen als auch über sich selbst lernen konnte.

Im elften Kapitel gewährt die Autorin einen „Ausblick“ hinsichtlich der Ergebnisse ihrer Forschungsarbeit.

Das Buch endet mit dem zwölften Kapitel mit dem Titel „Kurzes Nachwort“. An dieser Stelle reflektiert die Autorin abschließend ihr methodisches Vorgehen und ihre persönliche Rolle im Umgang mit von einer Krebserkrankung betroffenen Personen.

Diskussion

Bei der Lektüre des Buches bestechen zunächst die umfassende Darstellung des Themenfeldes und die Emotionalität der einzelnen Fälle im Ergebniskapitel. Die Kapitel sind sinnvoll gegliedert und bauen aufeinander auf, sodass der rote Faden erkennbar ist. Besonders zu betonen ist die theoretische Fundierung des Themenfeldes. Auch die Perspektiven der von einer Krebserkrankung betroffenen Personen in diesem sensiblen Themenfeld erhalten nicht nur angemessenen Raum, sondern werden in respektvoller und empathischer Weise in die Kapitel integriert.

Das Buch kann sowohl für Psychotherapeuten, andere in diesem Kontext forschende Personen und sicher auch für krebserkrankte Personen und deren Angehörige hilfreich sein. Denn es bietet sowohl theoretisch fundiertes Fachwissen als auch plastisch dargestellte Fallbeschreibungen. Es schafft Verständnis für die Sicht der Betroffenen und verdeutlicht die Komplexität und Vielschichtigkeit dieses sensiblen Themenfeldes.

Dieses Buch kann sowohl zur Aneignung theoretischer Kenntnisse genutzt werden als auch zu einer Vertiefung des Verstehensprozesses krebserkrankter Menschen beitragen. Besonders angenehm ist dabei die leicht verständliche Schreibweise der Autorin.

Fazit

Das Buch richtet sich an Praktiker aus Psychotherapie, Psychotraumatologie und Psychoonkologie, an forschende Personen in diesen Arbeitskontexten und an krebserkrankte Personen und ihre Angehörigen. Es eignet sich jedoch auch als Literatur für wissenschaftliche Arbeiten und als Denkanstoß und Horizonterweiterung in der sensiblen Interaktion mit an Krebs erkrankten Personen.

Rezension von
Dr. Helen Schneider
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Es gibt 9 Rezensionen von Helen Schneider.

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ISSN 2190-9245