Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. (Hrsg.): Umsetzung der Pflegereform vor Ort
Rezensiert von Monika Jansen, 10.04.2018
Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. (Hrsg.): Umsetzung der Pflegereform vor Ort.
Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. - DV
(Berlin) 2017.
80 Seiten.
ISBN 978-3-7841-3013-2.
14,50 EUR.
Ausgabe 3/2017 - Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit.
Thema
Durch die Neugestaltung der gesetzlichen Rahmenbedingung für die Pflege, hier vor allem der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff und seine Auswirkungen in der Praxis, muss die Rolle der Kommunen neu herausgearbeitet werden. Die Konsequenzen für die konzeptionelle Veränderung der pflegerischen Infrastruktur, vor allem bezogen auf die Quartiersarbeit sowie die Evaluation der Pflegestützpunkte und die sich daraus ergebenden Umgestaltungen werden dabei ebenso in den Blick genommen wie die Gewinnung von Fachkräften und die Notwendigkeit der Digitalisierung, auf dem Hintergrund der veränderten pflegerischen Versorgung.
Aufbau und Inhalt
In sieben Beiträgen wird die Umsetzung der Pflegereform vor Ort von unterschiedlichen Autoren beleuchtet. Jeder Beitrag hat dabei einen anderen Schwerpunkt bezogen auf die Veränderungen durch den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff und den Neuerungen der gesetzlichen Regelungen. Am Rande jedes Beitrags werden die Autorinnen und Autoren kurz vorgestellt. Am Ende steht jeweils ein kurzes prägnantes Fazit zum Beitragsinhalt durch die Autorinnen und Autoren. Jeder Beitrag wird abgerundet durch eine umfangreiche Literaturliste.
Im ersten Beitrag der Autoren, Dr. Martin Schölkopf und Heike Hoffer geht es um die Veränderungen durch die Pflegestärkungsgesetze und das veränderte Verhältnis zwischen Pflegekassen und Kommunen. Beschrieben werden vor allem die historische Entwicklung der Pflegeversicherung und die spezifischen Rollen der beiden Akteure. Mit den Pflegestärkungsgesetzen I – III wurde laut dem Fazit der Autoren erstmals eine Problemlösung in Angriff genommen die das besondere Verhältnis zwischen Pflegeversicherung und Kommune klären könnte. Für Schölkopf und Hoffer ist aber sicher, dass damit nur ein erster Schritt getan wurde und dass es weiterer Reformen bedarf um zu einer endgültigen Auflösung der bestehenden Konkurrenzen zu kommen.
Im zweiten Beitrag von Jana Henneberger werden die einzelnen Pflegestärkungsgesetze näher auf ihr Ziel und ihren Inhalt hin betrachtet. Herausgehoben werden dabei die spezifischen Veränderungen die sich für die einzelnen Leistungsbereiche durch die Neuregelungen der drei Pflegestärkungsgesetze insgesamt ergeben. Für das Pflegestärkungsgesetz III beispielweise setzt Henneberger den Fokus auf die besondere Rolle der Kommunen. Am Ende des Beitrages setzt die Autorin das Fazit, dass es zwar viele Veränderungen und Verbesserungen geben hat, dass aber trotz allem das Pflegerisiko nur teilweise abgedeckt werden kann. Darüber hinaus ist deutlich geworden, dass mit den Novellierungen des Pflegeversicherungsgesetzes die Situation für die Betroffenen und die Beteiligten weder übersichtlicher noch transparenter geworden ist.
Im dritten Beitrag liegt der Fokus der beiden Autorinnen, Dr. Christine Wilcken und Dr. Uda Bastians auf der kommunalen Sichtweise der Wirkungen der Pflegestärkungsgesetze. Die Kommunen sind in ihrer neuen Rolle stärker an der Steuerungsmöglichkeit der Angebote vor Ort eingebunden und werden somit intensiver involviert. Durch die jetzt neue und stärkere Einbindung in die Beratungsstrukturen im Bereich der pflegerischen Versorgung der Bevölkerung sind sie heraus gefordert sich stärker zu engagieren. Hier muss natürlich dann auch die Frage nach der Finanzierung dieser Leistungen beantwortet werden. Das Fazit der beiden Autorinnen ist, dass es bei der kommunalen Bearbeitung des Themas noch weiterer Diskussionen und Rollenklärungen bedarf.
Im vierten Beitrag wird die Prämisse ambulant vor stationär von den beiden Autoren Dr. Bodo de Vries und Dr. Frauke Schönberg beleuchtet. Sie versuchen sowohl den ambulanten und stationären Bereich in den Blick zu nehmen mit all ihrer Facetten. Sie spannen den Bogen über eine weiterentwickelte stationäre Pflege bis hin zu einer Allianz aller an der Pflege Beteiligte im Quartier. Im Fazit sehen die beiden Autorinnen die bestehende stationäre Pflege eher als palliative und krankenhaustypische Altenhilfe, wenn sie die Pflegereform nicht dazu nutzt konzeptionelle und neue Ansätze zu gestalten und sich mit anderen Bereichen der Altenhilfe zu vernetzen.
Im fünften Beitrag nähert sich die Autorin Elke Ahlhoff der Umsetzung der Pflegereform aus dem Blickwinkel der Identifizierung der Ursachen und den Lösungsmöglichkeiten des Fachkräftemangels in der Pflege. Die Autorin macht deutlich, dass der Altenpflegeberuf zwar ein gesuchter Beruf ist, dass aber von den Akteuren im Feld eher geringe Impulse ausgehen diesen Beruf zu befördern. Ein Thema das immer noch steifmütterlich behandelt wird ist die Entlohnung und die Beschäftigungsstruktur im Altenhilfebereich. Ahlhoff thematisiert darüber hinaus die Leiharbeit, die Ausbildung und die Sicherung der Altenpflege als herausfordernd im Kampf gegen den Fachkräftemangel. Sie zeigt abschließend aber auch Ressourcen und Möglichkeiten auf die einem weiteren Fachkräftemangel sinnvoll entgegenwirken könnten.
Im sechsten Beitrag beschäftigt sich die Autorin Sabine Kirchen-Peters mit den Pflegestützpunkten als besonderes Instrument der Pflegeversicherung. Sie lenkt die Aufmerksamkeit auf die Beratungsarbeit und deren Wirkung auf die Versorgungstrukturen. Hier wird deutlich, dass die vom Gesetzgeber gewollte Beratungsoffensive eng verbunden ist mit der Gestaltung der Trägerschaft aber auch der personellen Ausstattung der Beratungsangebote. Kirchen-Peters nennt darüber hinaus weitere Bedingungsfaktoren, wie die Vermeidung von Zugangsbarrieren, Arbeitsorganisation und -inhalte. Als Fazit bleibt, das gerade die gewollte Flexibilisierung der Leistungen nur mit einer funktionierenden Beratungsarbeit erfolgreich umgesetzt werden kann.
Im siebten Beitrag schließlich widmet sich die Autorin Prof. Dr. Birgit Apfelbaum dem Thema Senioren-Technikberatung. Die bekannten demografischen Rahmenbedingungen führen ihrer Ansicht nach zu fünf Argumente die zu einer Digitalisierung der kommunalen Beratungsaufgaben führen müssen. Als Argumente führt die Autorin z.B. die Gestaltung der Senioren- und Wohnungspolitik, die Ermöglichung von Zugehörigkeit und Teilhabe sowie die Nutzung von Synergieeffekten an. Im Fazit sieht Apfelbaum die Technikberatung als lohnende Investition der Kommunen, wenn sie ihre Wohn- und Lebensorte auf Dauer zukunftsfähig gestalten wollen.
Fazit
Mit dem Heft aus der Reihe Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit mit dem Thema „Umsetzung der Pflegereform vor Ort“ ist es gelungen die spezifischen Fragestellungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln und durch unterschiedliche Autorinnen und Autoren zu beleuchten. Die Pflegereform hat viele Facetten die es zu beachten, zu bedenken, aber auch mitzugestalten gilt, dazu reget dieses Heft den Leser an.
Rezension von
Monika Jansen
Erziehungswissenschaftlerin (M.A.) und Master of Organizational Management (MoM), ist tätig als Referentin für ambulante Dienste, Bereich Wirtschaft und Statistik eines großen Wohlfahrtsverbandes. Langjährige Berufserfahrung in Führungspositionen der unterschiedlichen Arbeitsfelder der Altenhilfe. Herausgeberin der beiden Werke „Pflege & Management“ und Pflegehandbuch des DUZ-Verlages.
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Zitiervorschlag
Monika Jansen. Rezension vom 10.04.2018 zu:
Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. (Hrsg.): Umsetzung der Pflegereform vor Ort. Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. - DV
(Berlin) 2017.
ISBN 978-3-7841-3013-2.
Ausgabe 3/2017 - Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/23219.php, Datum des Zugriffs 10.10.2024.
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