MAS Alzheimerhilfe (Hrsg.): Motivieren. Aktivieren. Stärken
Rezensiert von Dr. phil. Daniela Schmitz, 22.11.2017
MAS Alzheimerhilfe (Hrsg.): Motivieren. Aktivieren. Stärken. Tipps und Grenzen für Beschäftigung und stadiengerechtes Training mit Menschen mit Demenz. Facultas Verlag (Wien) 2017. 152 Seiten. ISBN 978-3-7089-1604-0. D: 19,40 EUR, A: 19,90 EUR, CH: 24,90 sFr.
Thema
Das Buch richtet sich an die Zielgruppe der Angehörigen von Menschen mit Demenz und will in seiner Funktion als Ratgeber Tipps und Grenzen für die alltagsnahe, praktische Beschäftigung von Menschen mit Demenz aufzeigen, um diese zu aktiveren und zu stärken. Durch das Thematisieren von Grenzen der Übungsmöglichkeiten und Anpassung der Übungen, sollen Menschen mit Demenz nicht demotiviert werden.
Herausgeber
Das Buch wird von der MAS (Morbus Alzheimer Syndrom) Alzheimerhilfe herausgegeben. Das Buch ist eines von drei im Rahmen der Demenzstrategie „Gut leben mit Demenz“ finanziell unterstützen Buchprojekten des österreichischen Bundeministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz und des Bundesministerium für Gesundheit und Frauen.
Entstehungshintergrund
Der Ratgeber ist zur Frage, wie wir als Angehörige am besten helfen können, entstanden. Er liefert Informationen zum Verständnis der Erkrankungen und bietet demenzstadiengerechte Übungen an. Das Buch zeigt in jedem Stadium Fähigkeiten auf, über die die Betroffenen Personen verfügen.
Aufbau und Inhalt
Das Buch beginnt mit einer kurzen Einleitung zum Hintergrund der österreichischen Demenzstrategie. Darauf folgen Vorworte vom Sozialminister Alois Stöger, Felicitas Zehetner als Geschäftsführerin und Edith Span Gründerin der MAS Alzheimerhilfe sowie von Univ.-Prof. Dr. Stefanie Auer als wissenschaftliche Leitung der Alzheimerhilfe.
Daran schließt ein Informationsteil „zum besseren Verständnis“ der Erkrankung Demenz an. Als Grundlage dient die Theorie der Retrogenese nach Reisberg, die das Fortschreiten von Demenz als umgekehrte Kindheitsentwicklung beschreibt. Aufbauend werden die sieben Stadien der Demenz skizziert und mit Fakten zu Gedächtnis und Gehirn abgerundet. Das Kapitel endet mit Hinweisen zur Vorbeugung gegen Vergesslichkeit und Empfehlungen zum Umgang mit Demenz sowie dem Ansatz der Validation.
Im nächsten Schwerpunkt werden Einblicke in das MAS Demenztrainingsprogramm als stadiengerechtes, retrogenetisches Training gegeben. Dieses fokussiert auf vorhandene Kompetenzen und soll Erfolgserlebnisse vermitteln. Es besteht aus fünf Grundsäulen: körperliches Training, Gedächtnistraining, Wahrnehmungstraining, Spiele und Kreatives sowie Training der Alltagsfunktion (S. 40), die in den Trainings angesprochen werden.
Der nächste Abschnitt differenziert zwischen professionellem Training und der Beschäftigung zu Hause durch Angehörige. Professionelle Demenztrainer als Außenstehende sind speziell geschult, besitzen professionelle Distanz und stehen nicht auf der persönlichen Beziehungsebene, sodass Übungsaufgaben leichter gegeben und umgesetzt werden können. Auf der anderen Seite unterstützen Angehörige bei der Bewältigung des Alltags und können hier den Betroffenen passende Aufgaben übernehmen lassen, um positives Erleben der Fähigkeiten zu ermöglichen. Nichtsdestotrotz können schwierige Situationen auftreten, wenn Betroffene und Angehörige im Alltag üben. Sich dem Bewusst sein, Geduld haben und Unterstützung zeigen, ist dabei zentral. Bei der Beschäftigung zu Haus durch Angehörige stehen die Stärkung des Selbstwertgefühls und der Erhalt von Selbstständigkeit im Vordergrund, welche anhand konkreter Beispiele für alltägliche Tätigkeiten im Haushalt oder in den Bereichen Musik, Tanz, Malen, Spielen, Vorlesen aufgezeigt werden.
Den Hauptteil des Buches machen die unterschiedlichen Übungen aus, die nach Demenzstadien sortiert sind. Für die Übungen gibt es Kopiervorlagen, Lösungshinweise und zum Teil Abwandlungsmöglichkeiten. Wichtig ist, die Übungen individuell auf die Person und ihre Fähigkeiten anzupassen. Inhaltlich reichen die Übungen beispielsweise von Wort- und Zahlenaufgaben bis zu Sortier- und Zuordnungsaufgaben.
Das daran anschließende Kapitel liefert Hinweise zum Umgang mit Scheitern. Am Beispiel des Kaffeekochens wird sehr anschaulich aufgezeigt, wie viele mögliche Fehlerquellen bestehen können. Angehörige sollten sich dem bewusst sein und bei einzelnen Schritten unterstützend helfen, statt den Betroffenen die Aufgaben komplett abzunehmen.
Abgerundet wird das Buch durch einen Serviceteil für Gemeinden, Pflege- und Altenheime, und einem Literaturverzeichnis.
Diskussion
Insgesamt ist das Buch gut und anschaulich aufgebaut und vermittelt die grundlegenden Informationen kompakt für die Zielgruppe der Angehörigen. Neben dem handlichen Format, überzeugt es mit Visualisierungen, Abbildungen und Merkkästen. Das Buch wird seinem Untertitel gerecht, Tipps und Grenzen für die Beschäftigung und stadiengerechtes Training anzubieten. Zahlreiche alltagsnahe Beispiele werden gegeben und mögliche auftretende Probleme benannt. Zudem wird immer betont, die individuelle Person mit ihren Fähigkeiten bei allen Übungen und Beschäftigungsangeboten zu berücksichtigen. Ein hilfreiches Element des Ratgebers ist der Abschnitt zum Umgang mit Scheitern, der zu einem Perspektivwechsel anregt, wie viele Elemente des Scheiterns eine simple Alltagsaufgabe bieten kann.
Kritisch anzumerken ist, dass der Ratgeber nicht konsistent seiner Funktion als Ratgeber für Angehörige gerecht wird. Der Serviceteil (für Gemeinden, Pflege- und Altenheime) ist knapp gehalten und nicht für die Zielgruppe der Angehörigen aufbereitet, die an dieser Stelle nach hilfreichen Adressen und Webseiten suchen würden oder gegebenenfalls nach Tipps für weitere Übungen etc. Außerdem verfügt der Ratgeber über eigenwerbende Elemente, wie der Einleitung vorangestellten Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten der MAS Akademie und den doch eher knapp gehaltenen Einblicken in das MAS Demenztrainingsprogramm, wo sich die Frage stellt, wo die Intention für die Zielgruppe Angehörige liegt und was sie davon wie für ihren Alltag und Beschäftigungsmöglichkeiten umsetzen können und sollen.
Fazit
Der Ratgeber für Angehörige von Menschen mit Demenz vermittelt auf der einen Seite Tipps und Grenzen für die alltagsnahe Beschäftigung und stadiengerechte Übungen aus dem österreichischen MAS Demenztrainingsprogramm. Auf der anderen Seite wird der Ratgeber seiner Funktion als Ratgeber nicht konsistent gerecht, da er auch versucht, professionell Tätige anzusprechen.
Rezension von
Dr. phil. Daniela Schmitz
Dipl.-Päd., Wissenschaftliche Mitarbeiterin im multiprofessionellen Masterstudiengang Masterstudiengang „Multiprofessionelle Versorgung von Menschen mit Demenz und chronischen Einschränkungen“ an der Universität Witten/Herdecke
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Es gibt 7 Rezensionen von Daniela Schmitz.
Zitiervorschlag
Daniela Schmitz. Rezension vom 22.11.2017 zu:
MAS Alzheimerhilfe (Hrsg.): Motivieren. Aktivieren. Stärken. Tipps und Grenzen für Beschäftigung und stadiengerechtes Training mit Menschen mit Demenz. Facultas Verlag
(Wien) 2017.
ISBN 978-3-7089-1604-0.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/23282.php, Datum des Zugriffs 10.10.2024.
Urheberrecht
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