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Claas-Hinrich Lammers: Therapeutische Beziehung und Gesprächsführung

Rezensiert von Prof. Dr. Carl Heese, 14.02.2018

Cover Claas-Hinrich Lammers: Therapeutische Beziehung und Gesprächsführung ISBN 978-3-621-28519-3

Claas-Hinrich Lammers: Therapeutische Beziehung und Gesprächsführung. Techniken der Verhaltenstherapie. Mit E-Book inside und Arbeitsmaterial. Beltz Verlag (Weinheim, Basel) 2017. 200 Seiten. ISBN 978-3-621-28519-3. D: 29,95 EUR, A: 30,80 EUR, CH: 40,10 sFr.

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Autor

Claas Lammers ist ein stark psychotherapeutisch orientierter Psychiater. Die biologisch-psychiatrischen akademischen Pflichtübungen hat er auch absolviert und ist für das Fach Psychiatrie habilitiert. Er arbeitet seit langem als Ärztlicher Direktor einer Klinik in Hamburg. Seine Themenschwerpunkte sind emotionsfokussierte psychotherapeutische Methoden und die Verhaltenstherapie der narzisstischen Persönlichkeitsstörung. Lammers ist zudem in der Ausbildung von Verhaltenstherapeuten stark engagiert.

Entstehungshintergrund

Das Buch ist in der Reihe ‚Techniken der Verhaltenstherapie‘ erschienen, die seit 2015 läuft. Der Autor hat darin bereits den Band ‚Emotionsfokussierte Methoden‘ veröffentlicht.

Aufbau und Inhalt

Das Buch gliedert sich in fünf Kapitel.

Das erste Kapitel behandelt die Bedeutung der therapeutischen Beziehung in der Verhaltenstherapie. Entgegen ihrem technologischen Image setzten die meisten Verhaltenstherapeuten auch auf den Wirkfaktor der Beziehung zwischen Therapeut und Patient. Nur folgt im Unterschied zu den alternativen Therapieschulen aus der behavioralen Therapietheorie nicht direkt eine Orientierung für die Beziehungsgestaltung. Dieses Defizit wendet die Verhaltenstherapie konstruktiv mit dem Konzept der funktionalen Beziehungsgestaltung, das eine flexible Handhabung der Beziehung durch die Therapeuten je nach situativen Erfordernissen der Patientensymptomatik und des Therapieverlaufs vorsieht.

Das zweite Kapitel thematisiert die Grundvoraussetzungen der therapeutischen Beziehung. Neben den basalen Erwartungen an die Patienten und die Therapeuten werden unter anderem auch rechtliche Aspekte, der Umgang mit Geschenken oder mit körperlichem Kontakt behandelt. Den Abschluss dieses Abschnitts bildet eine differenzielle Betrachtung der Beziehungsarbeit nach dem Verlauf der Therapie.

Im dritten Kapitel wird eine große Zahl an Techniken der Gesprächsführung vorgestellt. Neben den Klassikern wie das Aktive Zuhören und die empathisch-validierende Gesprächsführung werden auch neuere Techniken wie der Sokratische Dialog nach Stavemann, die ressourcenorientierte Gesprächsführung, Humor und Provokation angesprochen.

Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit der Normalität des Widerstands und der Daueraufgabe der Motivation. In diesem Zusammenhang werden das Motivational Interviewing (Miller & Rollnick) und die komplementäre Beziehungsgestaltung (Grawe) erläutert.

Das fünfte Kapitel geht dann noch auf die Therapie von persönlichkeitsgestörten Patienten ein. Deren Symptomatik besteht vor allem in interaktionellen Problemen, die eine besondere Herausforderung für die Beziehungsgestaltung sind. Wie man auch diesen Patienten gerecht werden kann, stellt der Autor mit einer Vertiefung zu der Technik der komplementären Beziehungsgestaltung dar.

Der Anhang enthält neben Literatur und Stichworten einen kleinen Katalog mit Fragen zur Selbstüberprüfung.

Diskussion und Fazit

Autor und Verlag haben mit dem Buch einen guten Blick für eine Lücke bewiesen. Tatsächlich war das praktisch hilfreiche Angebot in Sachen therapeutische Beziehung und Gesprächsführung in der Verhaltenstherapie etwas mager. Im ‚Verhaltenstherapiemanual‘ von Linden wird das Thema auch in der achten Auflage noch tendenziell unterbelichtet, und auf der anderen Seite ist das zweibändiges ‚Handbuch der therapeutischen Beziehung‘ von Hermer und Röhrle mit über 1500 Seiten wieder etwas zu umfassend für ein weniger akademisches und mehr pragmatisches Herangehen (vgl. die Rezension).

Lammers hält hier genau die Mitte. Er stellt die Ansätze zum Thema kompakt, aber in der Breite dar, sodass ein weitgehend vollständiger Überblick erreicht wird. Gleichzeitig ist die Darstellung so gehalten, dass an jeder Stelle sowohl der theoretische Zusammenhang geklärt wird und zudem auch praktische Anleitungen zur konkreten Umsetzung gegeben werden. Für diese praktischen Hilfestellungen nützt er häufig das Verfahren, die allgemeinen Empfehlungen für ein Vorgehen in eine Liste von Fragen zu übersetzen, die im Umgang mit Klienten konkret zu beantworten sind. Auf diese Weise erhält der Leser vor allem im dritten und vierten Kapitel einen Eindruck von der Fülle der Techniken, die in der Verhaltenstherapie entwickelt wurden, um die Beziehung zu Klienten zu gestalten; es bleibt aber nicht bei einem bloßen Überblick, sie erhalten zudem eine große Zahl Anleitungen zur praktischen Umsetzung.

Daneben werden auch viele Fragen beantwortet, die sich gerade den Anfängern stellen:

  • Wann ist Empathie hilfreich und wann eher nicht?
  • Wie persönlich muss ich einen Widerstand nehmen?
  • Was ist der Unterschied zwischen Empathie und Validierung?
  • Wie viel persönliche Mitteilung ist ratsam?

Die Ausführungen zum Kontakt mit persönlichkeitsgestörten Klienten sehen dann wie ein Spezialthema aus, das sie aber keineswegs sind. Bei der Häufigkeit dieser Probleme in therapeutischen und beraterischen Zusammenhängen ist es sehr verdienstvoll, auch dieses Thema bündig aufbereitet zu haben.

Ein kleiner Mangel des Buches besteht in der Begrenzung auf erwachsene Klienten. Mit ihnen ist das Thema der Beziehungsgestaltung noch lange nicht erschöpft. Gerade der Umgang mit Kindern und Jugendlichen ist für viele eine ebenso große Beziehungsherausforderung wie der Umgang mit persönlichkeitsgestörten Kienten. Dazu bietet das Buch leider nichts. Auch die Beziehung zu Klienten im Seniorenalter ist in der Forschung ein relativ breit diskutiertes Thema, das Lammers ausspart.

Fazit: Ein kompaktes, wunderbar klar geschriebenes Buch, das in gleicher Weise eine breite theoretische Orientierung zum Thema Beziehung und Gesprächsführung gibt, wie es praktisch anleitend ist.

Rezension von
Prof. Dr. Carl Heese
Professur für Rehabilitation an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg
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Es gibt 35 Rezensionen von Carl Heese.

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Zitiervorschlag
Carl Heese. Rezension vom 14.02.2018 zu: Claas-Hinrich Lammers: Therapeutische Beziehung und Gesprächsführung. Techniken der Verhaltenstherapie. Mit E-Book inside und Arbeitsmaterial. Beltz Verlag (Weinheim, Basel) 2017. ISBN 978-3-621-28519-3. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/23315.php, Datum des Zugriffs 16.01.2025.


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