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Wilhelm Schwendemann, Silke Trillhaas et al.: Pflegeethik - auch das noch!

Rezensiert von Dr. rer. soc. Gudrun Silberzahn-Jandt, 03.01.2018

Cover Wilhelm Schwendemann, Silke Trillhaas et al.: Pflegeethik - auch das noch! ISBN 978-3-945959-20-6

Wilhelm Schwendemann, Silke Trillhaas, Jacqueline Geiler, Elisabeth Gottschalk: Pflegeethik - auch das noch! Eine qualitativ-empirische Studie zur Professionsethik in den Pflegeberufen. AG SPAK Bücher (Neu Ulm) 2017. 300 Seiten. ISBN 978-3-945959-20-6. D: 28,00 EUR, A: 28,00 EUR, CH: 28,00 sFr.

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Thema

Pflegeethik mit ihren ethischen Grundannahmen der beruflichen professionellen Arbeit findet aktuell sowohl theoriebasiert als auch anwendungsorientiert breite Beachtung. Als normative und auf eine Berufsgruppe hin spezifizierte Ethik stützt sie sich auf einen der Pflege eigenen Werte- und Normenkanon. Eine Professionsethik, wie die der Pflegeethik, dient als Basis, das pflegerische Handeln an theoretisch begründbaren Konzepten auszurichten. In Berufskodices fixiert beschreibt sie normative Haltungen und Praxen.

Die Publikation ist das Ergebnis eines Forschungsprojekts, das die persönlichen Grundhaltungen professionell Pflegender untersuchte und dabei nach Erfahrungen insbesondere auch hinsichtlich der Nachhaltigkeit des Ethikunterrichts fragt und damit eine Bestandsaufnahme vornimmt.

Autorinnen und Autoren

  • Prof. Dr. Wilhelm Schwendemann ist Professor für Evangelische Theologie, Religions- und Schulpädagogik an der evangelischen Hochschule Freiburg
  • Dr. Silke Trillhaas ist Mitarbeiterin am Projekt Professionsethik Pflegeberufe
  • Jaqueline Geiler ist Mitarbeiterin am Projekt Professionsethik Pflegeberufe
  • Elisabeth Gottschalk ist Mitarbeiterin am Projekt Professionsethik Pflegeberufe

Entstehungshintergrund

Die Publikation ist im Rahmen des Forschungsprojekts „Berufsethik Pflegeberufe“ entstanden, das ethisch-moralischer Kompetenzentwicklung bei Pflegefachkräften und die Praxis ethischen Handelns auf Basis narrativer Interviews untersucht.

Aufbau

Nach einem einführenden Teil zur Genese und Struktur der Veröffentlichung folgen acht unterschiedlich gewichtete Kapitel, die sich in zwei Themenkomplexe gliedern.

Im ersten Teil bis Kapitel fünf geht es darum, das Forschungsfeld abzustecken und sowohl einen Überblick zur Forschung zur Pflegeethik zu geben, die Referenzrahmen der Pflege von dem demographischen Wandel bis zur Finanzlage von Krankenhäusern vorzustellen, um dann knapp auf Kompetenzmodelle in der Pflege einzugehen, um anschließend Grundlagen der für die Ethik essentiellen philosophischen Begriffe und Menschenbilder zu präsentieren.

Der zweite Teil beginnt mit einer kritischen Würdigung des gewählten qualitativen Forschungsansatzes und den Forschungsfragen und Methodologie. Dann folgen die inhaltliche Zusammenfassung der Interviews und die knappe Analyse derselben.

Im Resümee werden die zuvor vorgestellten Erzählkategorien nochmals aufgenommen und in komprimierter Form dargestellt.

Inhalt

Unter der Überschrift „Stand der Forschung zum Thema Pflegeethik“ steht überblickshaft die inhaltliche und historische Entwicklung zu Ethik in der Pflege im Fokus. Hier wird verwiesen auf Florence Nightingale, Hilde Steppe, die zur Pflege im Nationalsozialismus arbeitete, bis hin zu Monika Bobbert. Dem folgt eine ebenfalls kursorische Darstellung der Grundlagen der Pflegeethik, um dann die Akademisierung der Pflege zusammenzufassen. Anschließend wird knapp die Vermittlung von Ethik in der Ausbildung und dem Unterricht beschrieben. Dem Handlungsrahmen der Pflege wird umfänglich in all seiner Vielfalt in vielen einzelnen Facetten nachgegangen. So werden hier fast stichwortartig die prominentesten und in Deutschland geläufigen Pflegemodelle und Pflegetheorien vorgestellt, die Aufgabenbereiche beschrieben und die gesellschaftliche Bedeutung der Pflege mit all seiner Problematik, der Berufsentwicklung als Semiprofessionalität deutend, dem Fachkräftemangel, und der Finanzierungssituation angerissen.

Das Kapitel, benannt mit „Kompetenzen für professionelles Pflegen“ beruht auf einem in Warschau gehaltenen Vortrag Schwendemanns und beginnt mit den von Hilbert Meyer 2010 formulierten zehn Regeln guten Unterrichts. Dem schließen sich theoretische Einordnungen des Didaktikbegriffs, des Kompetenzmodells und dessen Kritik an. Nun nach diesen hinführenden Teilen geht es im Abschnitt fünf um Erklärungen ethischer wie soziologischer Grundbegriffe und zu theoretischen Ansätzen in der Ethik, sowie um die knappe halbseitige Definition unterschiedlicher Menschenbilder.

Im Anschluss wird die für das Projekt gewählte Forschungsmethode der qualitativen problemzentrierten, leitfadengestützten Interviewerhebung, anhand des Lehrbuchs von Jan Kruse umfassend beschrieben. Erst dann folgen die Verknüpfung der Methode und die Präzisierung Forschungsfragen. Die derart formuliert sind: „In welchen Situationen des Pflegealltags werden die Pflegekräfte befähigt, ethische Probleme und Handlungsoptionen zu reflektieren? Ist die Professionsethik professionell? Oder ist die Professionsethik der Pflege ‚unter die Räder‘ gekommen? In welchem Ausmaß ist der Pflegeberuf eine Menschenrechtsprofession? In welcher Weise werden Menschenrechte umgesetzt?“ (133) Der zweite Fragekomplex beschäftigt sich mit der Ausbildungssituation, inwieweit ethische Kompetenz handlungsbezogen erworben werden konnte und welche ethische Kompetenz die Lehrenden vorweisen. Der umfassende, empirische Teil, betitelt mit „Auswertung der Interviews“ nimmt eine kategoriengestützte Analyse, nicht aber eine Deutung der Interviews vor. In den einzelnen insgesamt zwölf identifizierten Themenfeldern manifestiert sich die Komplexität und Fülle des erhobenen Interviewmaterials mit Auszubildenden der Kranken- und Altenpflege und bereits im Beruf stehenden Pflegefachkräften. Durch das sehr breite Fragedesign, wie dem nach der Motivation zur Berufswahl, nach Werten und Normen, Menschenbildern, Handlungskompetenzen und zudem Geschichten von Dilemmasituationen, sind all diese Felder auch in der Analyse abgebildet.

Diskussion

Mit den Interviews und dem dann weitergehenden Clustern nach den zwölf Kategorien konnten die berufsbezogenen Werte und die Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit empirisch herausgearbeitet werden. Gleiches zeigte sich auch bei den anderen Hauptthemen, wie dem der Einschätzung des Berufs im gesamtgesellschaftlichen Kontext als Menschenrechtsprofession mit mangelnder ihm angemessener Anerkennung und der Frage der so analysierten ethischen Grundmaximen. die aus dieser Studie gewonnenen Erkenntnisse wie dies über den Ethikunterricht, seine theoretisch wie praktische Anwendbarkeit, münden darin, Wünsche und Ziele eines an die Bedarfe angepassten Ethikunterrichts vorzuschlagen.

Die Lektüre der Studie zeigt ausführlich, welche Kenntnisse, aber auch offene Fragen zu ethischen Themenstellungen in der Pflegepraxis neu und theoriebasiert vermittelt werden sollten. Es stellt damit eine empirisch basierte Ist-Analyse dar, vergibt aber die Chance das Interviewmaterial noch eingehender, z.B. hermeneutisch interpretiert zu haben.

Fazit

Die Hinführung zum Thema ist umfänglich dargestellt und eignet sich auch für Studierende als methodisches Beispiel, wie Forschungen angelegt und begründet werden sollen. Die umfängliche Literatur wäre sinnvoller am Ende jedes Kapitels platziert. Werden solche Bücher kursorisch gelesen, ist es nur schwer zu finden, wo welche Lektüre genutzt wurde. Dass die Hauptfragestellung dabei eher kurz behandelt wird und eine Interpretation des Materials gescheut wird, ist das Manko dieser dennoch lesenswerten Studie.

Rezension von
Dr. rer. soc. Gudrun Silberzahn-Jandt
Kulturwissenschaftlerin, Referentin beim Caritasverband der Diözese Rottenburg – Stuttgart e.V.
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Es gibt 22 Rezensionen von Gudrun Silberzahn-Jandt.

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ISSN 2190-9245