Gerhard Igl, Felix Welti (Hrsg.): Gesundheitsrecht. Eine systematische Einführung
Rezensiert von Prof. Dr. Peter Kostorz, 17.01.2018

Gerhard Igl, Felix Welti (Hrsg.): Gesundheitsrecht. Eine systematische Einführung. Vahlen (München) 2017. 3. Auflage. 614 Seiten. ISBN 978-3-8006-5422-2. 59,00 EUR.
Vorbemerkung
Auch mit der dritten Auflage ihrer Einführung zum „Gesundheitsrecht“ genießen Gerhard Igl und Felix Welti (fast) eine Monopolstellung: Abgesehen vom „Handbuch Gesundheitsrecht“, das zwischenzeitlich von Ingwer Ebsen herausgegeben worden ist (vgl. hierzu die Rezension unter www.socialnet.de/rezensionen/18836.php), existiert auf dem deutschen Markt nach wie vor keine umfassende und systematisch angelegte Darstellung dieses relativ neuen und in seinem Kanon noch nicht endgültig gefestigten Rechtsgebietes. Es gehört daher zum Verdienst der Herausgeber und ihres Autorenkreises, den Begriff des Gesundheitsrechts geschärft und den Umfang dieses Rechtsgebietes nachhaltig konturiert zu haben. Das Werk kann daher guten Gewissens – und nicht nur wegen seiner Exklusivität – als das Standardwerk zum Gesundheitsrecht angesehen werden. Mit der Neuauflage wurde es moderat überarbeitet, auf den aktuellen Stand gebracht und um ein Kapitel zum öffentlich-rechtlichen Sozialleistungsrecht erweitert.
Aufbau und Inhalt
Beim Gesundheitsrecht handelt es sich um eine Art Querschnittsrecht, das sich kaum einem tradierten Rechtsgebiet zuordnen lässt. Igl und Welti verstehen es „als das für die im Gesundheitswesen Tätigen maßgebliche Recht“ (Klappentext); hierzu gehören neben den staatlichen Institutionen des Systems der öffentlichen Gesundheitsversorgung vor allem die Leistungserbringer sowie die Patientinnen und Patienten als Leistungsbezieher bzw. als Versicherte der Kranken- sowie der Pflegeversicherung. Demensprechend beleuchtet der Band alle zivil-, straf- und öffentlich-rechtlichen Aspekte, die das Verhältnis dieser drei zentralen Akteure determinieren. Gegliedert ist dieses Themenspektrum in insgesamt 13 Kapitel:
- Begriff und System des Gesundheitsrechts
- Europarechtlicher Rahmen
- Öffentliche Verantwortung für das Gesundheitswesen
- Personelle leistungserbringende Akteure im Gesundheitswesen: Ärzte, Pflegeberufe und andere Heilberufe
- Institutionelle leistungserbringende Akteure im Gesundheitswesen (Krankenhäuser, Pflege- und Rehabilitationseinrichtungen) und andere institutionelle Akteure
- Waren (Arzneimittel – Hilfsmittel – Medizinprodukte)
- Öffentlich-rechtliche Sicherung: Sozialleistungsrecht
- Private Krankenversicherung
- Schutz von Verbrauchern, Nutzern und Patienten im Gesundheitsrecht
- Außergerichtliche Konfliktlösung
- Arzthaftungsrecht
- Gesundheitsstrafrecht
- Ethik
Bezogen auf die Vorauflagen wurde vereinzelt bemängelt, dass zwar der privaten Krankenversicherung ein eigenständiges Kapitel gewidmet, die Sozialversicherung, deren Träger die maßgeblichen Kosten- bzw. Leistungsträger im Gesundheitswesen darstellen, hingegen nahezu gänzlich außer Acht gelassen worden ist. Mit der vorliegenden Neuauflage wurde dieses Manko insofern beseitigt, als der Band nun auch ein Kapitel zum Sozialleistungsrecht umfasst, das sich den Leistungen der gesetzlichen Kranken- sowie der sozialen Pflegeversicherung nach dem SGB V bzw. dem SGB XI widmet (Kapitel 7).
Diskussion
Hinsichtlich der – fast ausschließlich positiven! – Bewertung des Buches kann an dieser Stelle auf die Rezension zur Vorauflage verwiesen werden (vgl. hierzu unter www.socialnet.de/rezensionen/17589.php): „In ihrem Vorwort führen die Herausgeber fast schon entschuldigend aus, ‚dass die gesamte Stofffülle [des Gesundheitsrechts, d.V.] nicht dargeboten und aufgearbeitet werden‘ könne (S. VII). Hier stapeln Igl und Welti deutlich zu tief: Natürlich können in einem Lehrbuch nicht alle Detailfragen eines Rechtsgebietes umfassend und erschöpfend beantwortet werden – das erwarten die Leserinnen und Leser eines einführenden Lehrbuches auch nicht; schließlich gibt es dafür Handbücher, Fachbeiträge, Kommentare und Urteilsanmerkungen. Was ein gutes Studienbuch vielmehr auszeichnet, ist eine kompakte und gleichzeitig fundierte wie erfassbare Darstellung der behandelten Materie in einem zu bewältigenden Umfang – und hier brillieren die Autoren: Das Buch ist auch für juristisch (noch) nicht so versierte Leserinnen und Leser verständlich geschrieben und es schafft gleichsam mühelos den Spagat zwischen thematischer Breite und inhaltlicher Tiefe des behandelten Stoffes: … [So] wird das Gesundheitsrecht vollumfänglich dargestellt, ohne sich in zu tief gehenden und damit unnötigen juristischen Detailfragen zu verlieren, wobei die Ausführungen immer präzise sind und an keiner Stelle verkürzt wirken. Um sich vertieft mit einem Thema zu befassen, erhalten die Leserinnen und Leser zahlreiche Hinweise zu weiterführender Literatur und das sowohl zu Beginn jedes neuen Kapitels als auch im umfangreichen Anmerkungsapparat.“ Dem ist nichts hinzuzufügen: Bei der systematischen Einführung zum Gesundheitsrecht von Igl und Welti handelt es sich um ein exzellentes Lehrbuch und Nachschlagewerk für Studierende und Praktiker, das auch in der dritten Auflage klar mit der Prädikatsnote „sehr gut“ zu bewerten ist!
Schade ist allein, dass der Preis des Buches von 34,90 € für die zweite Auflage auf nun 59,- € angehoben worden ist. Natürlich hat Qualität ihren Preis, gleichwohl richtet sich das Werk als einführendes Lehrbuch auch und gerade an Studierende, für die es alles andere als unerheblich ist, ob ein empfohlenes Werk knapp 35,- € oder annähernd 60,- € kostet. Es bleibt daher zu hoffen, dass der erhöhte Preis die Verbreitung des Werkes als Studienbuch nicht nachhaltig beeinträchtigt.
Zielgruppe
Wie soeben bereits angedeutet, ist die Publikation vor allem an Studierende adressiert, die sich an Universitäten oder Fachhochschulen mit Fragen des Gesundheitsrechts befassen (müssen) – sei es als angehende Volljuristen, die den Schwerpunktbereich Gesundheitsrecht gewählt haben, als künftige Fachjuristen im Bereich des Gesundheitswesens oder als Studierende eines Studiengangs im Bereich der Gesundheitswissenschaften oder des Gesundheitsmanagements, die sich im Nebenfach mit entsprechenden rechtlichen Fragen auseinanderzusetzen haben. Darüber hinaus eignet sich das Buch aber auch für bereits im Gesundheitswesen tätige Praktikerinnen und Praktiker, die sich etwa in leitender bzw. entscheidungsbefugter Position befinden und sich über gesundheitsrechtliche Fragen informieren möchten – ihnen kann das Buch als unverzichtbares Nachschlagewerk dienen und das unabhängig davon, ob sie juristisch vorgebildet sind oder nicht.
Fazit
Das von Gerhard Igl und Felix Welti herausgegebene Lehr- und Studienbuch zum Gesundheitsrecht bietet eine kompakte Einführung in ein dem Grunde nach unsystematisches und in sich kaum geschlossenes Rechtsgebiet, dessen Konturen von den Herausgebern und Autoren deutlich geschärft werden. Sie stellen das behandelte Rechtsgebiet in seiner Breite nahezu vollständig dar, ohne dabei die notwendige Tiefenschärfe vermissen zu lassen. Für Studierende an Universitäten und Fachhochschulen, die sich mit rechtlichen Fragen des Gesundheitswesens befassen (müssen), ist es ein unumgängliches Lehrbuch, für Praktikerinnen und Praktiker im Gesundheitswesen ein kaum zu ignorierendes Nachschlagewerk. Das „Gesundheitsrecht“ von Igl und Welti ist damit nicht nur aufgrund seiner annähernden Exklusivität auf dem deutschen Buchmarkt ein Standardwerk, sondern auch wegen seiner Qualität!
Rezension von
Prof. Dr. Peter Kostorz
Fachhochschule Münster, Fachbereich Gesundheit. Lehr- und Forschungsgebiet: Rechtswissenschaften mit den Schwerpunkten Gesundheitsrecht und Bildungsrecht
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