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Petra Rechenberg-Winter, Antja Randow-Ruddies: Poesietherapie in der systemischen Praxis

Rezensiert von Elisabeth Vanderheiden, 29.12.2017

Cover Petra Rechenberg-Winter, Antja Randow-Ruddies: Poesietherapie in der systemischen Praxis ISBN 978-3-647-40563-6

Petra Rechenberg-Winter, Antja Randow-Ruddies: Poesietherapie in der systemischen Praxis. Interventionen für die Einzel-, Paar-, Familien- und Gruppentherapie. Vandenhoeck & Ruprecht (Göttingen) 2017. 280 Seiten. ISBN 978-3-647-40563-6. 32,99 EUR.

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Thema

Petra Rechenberg-Winter und Antje Randow-Ruddies stellen in ihrem Buch zahlreiche unterschiedlicher Interventionen und Anregungen vor, die beim Schreiben den Weg ins Innere und zum besseren Verstehen des Äußeren erleichtern. Die wertschätzende und respektvolle Haltung bei der Begegnung mit dem eigenen Selbst ist hierbei entscheidend. Die Autorinnen verstehen Systemische Poesietherapie als „das distanzierte Be-Schreiben der eigenen Gedanken- und Gefühlswelt“ und Instrument der Selbst-Erforschung sowie als Möglichkeit, Regie im eigenen Leben zu übernehmen oder wiederzuerlangen. Gute Einsatzmöglichkeiten für diesen Ansatz sehen sie in der Einzel-, Paar- und Gruppenarbeit. Das Buch verbindet Theorie, Anregungen, Impulse und Interventionen auf zugleich leichte, intensive und selbstwirksame Weise.

Autorinnen

Petra Rechenberg-Winter istDiplom-Pädagogin, approbierte Psychotherapeutin, Supervisorin, Mediatorin (BM), Lehrtherapeutin und Lehrsupervisorin, Psychoonkologin, Dozentin für Palliative Care und Trauerbegleitung. Außerdem ist sie klinische Poesietherapeutin, Schreibwissenschaftlerin und Autorin.

Antje Randow-Ruddies ist systemische Familientherapeutin (DGSF), Supervisorin und Organisationsentwicklerin sowie Hypnotherapeutin und NLP-Master.

Aufbau und Inhalt

Ihren Ansatz beschreiben die Autorinnen mit den folgenden Worten: „Schreiben ist die berührende Begegnung mit sich selbst. Schreiben kann neue innere Räume eröffnen und Zugang zu lange verschlossenen Räumen sein. Schreiben lädt zum Verweilen, Forschen, Fühlen ein. Schreiben ist wie ein Rendezvous mit dem eigenen Selbst: eine sanfte Annäherung, ein Staunen, ein Erkennen. Aus dieser neugierigen, aufregenden, manchmal leisen Begegnung vermag Freude, Leichtigkeit, Heiterkeit und letztlich Heilung zu erwachsen. Im ganz eigenen Tempo dürfen so belastende, schwere oder auch lange verborgene Themen an die Oberfläche und letztlich auf das Papier gelangen.“ Dieses Zitat fasst sehr passend den wertschätzenden und ressourcenorientierten Ansatz der Autorinnen zusammen.

Das Werk besteht aus drei Teilen, in den die Autorinnen die Leser*innen vom systemischen Grundverständnis bis hin zu praktischen Schreibspielen führen, die sie anhand diverser Praxiseinblicke und Textbeispiele aus ihrer poesietherapeutischen Arbeit illustrieren.

In einem ersten Teil und Schritt stellen sie den theoretisch-wissenschaftlichen Hintergrund ihrer Arbeit als systemische Poesietherapeutinnen vor. Hier führen sie zunächst in den systemischen Ansatz ein und stellen wichtige systemische Methoden vor, z.B. den Perspektivenwechsel, das Genogramm, Tetralemma, das Reflektierende Team. Sodann leiten sie zum Poesietherapieansatz und die Bibliotherapie über. Die Poesietherapie hat sich aus dem „Creative Writing“ entwickelt und wird seitens der Autorinnen folgendermaßen definiert: „Poesietherapie zählt zu den expressiven, kreativen Therapien und umfasst all diejenigen therapeutischen und selbstanalytischen Verfahren, die mittels Schreiben den subjektiven Zustand eines Menschen zu bessern versuchen. Die Förderung schöpferischer Potenziale will die Wahrnehmungs- und Erlebnisfähigkeit fördern und zu Einsichten in lebensrelevanten Themen beitragen.“ (58). Dabei wird unterschieden zwischen

  1. der produktiven Nutzung der Poesie durch das Schreiben
  2. und der rezeptiven durch das Lesen;

Weitere wichtige Schwerpunkte dieses Kapitels sind die Auseinandersetzung mit dem Lauten Lesen, der Diskussion des Narrativen, also der Frage danach, wie sich systemische Interventionen poesietherapeutisch gestalten lassen, die Beschäftigung mit Egostates und die Debatte des Zusammenhangs von systemische Poesietherapie und intermedialer Kunsttherapie. Hierzu gehört auch die Einführung in das von Petra Rechenberg-Winter und Renate Haußmann entwickelte Systemische Schreibwirkmodell.

Im zweiten Teil und Schritt bieten sie Werkstatteinblicke in ihre systemisch-poesietherapeutische Arbeit von der Einzeltherapie über die Paartherapie, die Supervision, das Coaching bis zur Familientherapie. Sie stellen dabei sehr konkrete Fälle vor und die Fragestellungen mit denen sie arbeiten, sind durch aus phantasievoll, wie etwa die Leitfrage bezüglich einer Paartherapie „Wie gelingt Wörterglitzern in Beziehungen?“ (146) oder „Wann braucht man einen Adler?“ (161). Sie geben zudem hilfreiche methodische Vorschläge für die Gestaltung der Therapie- oder Coachingsitzung. Zuletzt stellen sie in diesem Schritt mit »SchreibRaum« exemplarisch einen Gruppenprozess vor.

Der dritte Teil und Schritt, das »Fabulatorium« ist der Praxisteil, an dem Methodenbeispiele bereitstehen, die auch als Download zur Verfügung gestellt wurden. Hier finden sich sowohl systemische Klassiker und poesietherapeutische „Evergreens“, also z.B. Metaphersammlung, Haikus, Ressourcenkreis, Widerspruchscluster, Übungen zu Freewriting oder Haltung, dann aber auch systemisch-poesietherapeutische Interventionen, also Übungen wie Beutebuch und Binom, Erzählbuch, Tierminiaturen, Wortfiguren und Schreibstationen, gemeint sind hier Anregungen zu Satzanfängen, Schreiben vor Ort, Spielregeln, Vorstellungsbildern etc. (14).

Diskussion und Fazit

Die Autorinnen nutzen ein Zitat von Marianne Williamson, um zu beschreiben, welche Hoffnung sie mit ihrem Ansatz von Poesietherapie im systemischen Kontext verbinden, nämlichen Menschen dabei zu unterstützen, die eigene Größe zu entdecken und sich zu trauen, diese zu leben: „Unsere tiefgreifendste Angst ist nicht, dass wir ungenügend sind. Unsere tiefgreifendste Angst ist, über das Messbare hinaus kraftvoll zu sein. Es ist unser Licht, nicht unsere Dunkelheit, die uns am meisten Angst macht. Wir fragen uns, wer bin ich, mich brillant, großartig, talentiert, phantastisch zu nennen?“ (9). Definitiv gelingt es den Autorinnen, dazu einen unverzichtbaren Beitrag zu leisten mit diesem überaus lesenswerten Buch! Besonders erwähnenswert ist, dass es den Autorinnen gelingt, neben der sicherlich einen oder anderen bekannten Übung tatsächlich einen Vielzahl neuer und inspirierender Geschichten, Gedichte und Übungen vorzustellen. Die Art und Weise der Aufbereitung und Darstellung der Theorie und Praxis ihres Ansatzes macht die Umsetzung in der Praxis nicht unnötig kompliziert. Ein großes Plus ist auch, dass sie ihre Übungen als Download über die Verlagsseite kostenfrei zur Verfügung stellen. Es sei diesem Buch vergönnt, dass es große Verbreitung finden möge, nicht nur in Therapeut*innen- und Berater*innen-Kreisen, auch für Erwachsenen- und Jugendbildner*innen bietet es reichhaltige Schätze!

Rezension von
Elisabeth Vanderheiden
Pädagogin, Germanistin, Mediatorin; Geschäftsführerin der Katholischen Erwachsenenbildung Rheinland-Pfalz, Leitung zahlreicher Projekte im Kontext von beruflicher Qualifizierung, allgemeiner und politischer Bildung; Herausgeberin zahlreicher Publikationen zu Gender-Fragen und Qualifizierung pädagogischen Personals, Medienpädagogik und aktuellen Themen der allgemeinen berufliche und politischen Bildung
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Es gibt 184 Rezensionen von Elisabeth Vanderheiden.

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Zitiervorschlag
Elisabeth Vanderheiden. Rezension vom 29.12.2017 zu: Petra Rechenberg-Winter, Antja Randow-Ruddies: Poesietherapie in der systemischen Praxis. Interventionen für die Einzel-, Paar-, Familien- und Gruppentherapie. Vandenhoeck & Ruprecht (Göttingen) 2017. ISBN 978-3-647-40563-6. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/23528.php, Datum des Zugriffs 12.12.2024.


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