Robert Rossa, Julia Rossa: Die Kunterbunts. Das Kartenspiel für die Kinderpsychotherapie
Rezensiert von Dr. Alexander Tewes, 21.12.2017

Robert Rossa, Julia Rossa: Die Kunterbunts. Das Kartenspiel für die Kinderpsychotherapie.
Beltz Verlag
(Weinheim, Basel) 2017.
ISBN 978-3-621-28523-0.
D: 29,95 EUR,
A: 30,80 EUR,
CH: 40,10 sFr.
Kartenset mit 120 Karten. Illustration von Pe Grigo.
Thema und Entstehungshintergrund
Emotionsregulation ist im Grunde das zentrale Thema fast jeder Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter. Viele der Patienten [1] haben nicht nur Probleme ihre Gefühle angemessen zu steuern, vielmehr besteht häufig sogar ein Problem, diese zu benennen.
Autor und Autorin
- Dr. Robert Rossa, Dipl. Soz.-päd., ist tätig als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut im Bereich Verhaltenstherapie. Schwerpunkt: Schematherapie und EMDR, amtl. bestellter Betreuungsvisor des Jugendgerichts, Leiter der „Superheldenakademie“.
- Julia Rossa, Dipl. Soz.-päd., ist Dozentin für systemische Selbstbehauptungs-Trainings und gewaltfreie Kommunikation für Grundschullehrer; Schulsozialarbeiterin, Einzelfallhilfe und Ausbilderin schulinterner Streitschlichter, fachliche Beratung und Begleitung der Lehrer und Pädagoginnen bei Kindeswohlgefährdungen.
- Pe Grigo ist Diplom-Designerin mit eigenem Atelier in Bielefeld.
Aufbau und Inhalt
Das Kartenspiel ist angelehnt an bekannte Kartenspiele wie beispielsweise „Mau-Mau“ bzw. „Uno“ oder das weniger bekannte „Halt mal kurz!“ Von Marc Uwe Kling. Es kann von 2-6 Spielerinnen gespielt werden, besteht aus 120 Karten – 90 Emotionskarten der Familienmitglieder (Vater Kunterbunt, Mutter Kunterbunt, Tochter Mina, Sohn Rico und Dackel Guildo Kunterbunt) sowie 30 Ereigniskarten mit besonderen Regeln. Die Protagonisten werden mit jeweils fünf positiven Gefühlen (fröhlich, überrascht, verliebt, entspannt, konzentriert) und fünf negativen Gefühlen (ängstlich, traurig, wütend, erschöpft, angeekelt) dargestellt.
Es gibt folgende Ereigniskarten:
- „Familienbesuch“: Der nächste Spieler muss zwei Karten ziehen.
- „Gassi gehen“: Die nächste Spielerin muss einmal aussetzen.
- „Geheimnis“: Derjenige, der die Karte liegt, darf sich ein Familienmitglied wünschen, das gelegt werden soll.
- „Familienrat“: Alle Mitspielerinnen geben ihre Karten an ihren rechten Sitznachbarn weiter.
Das Spiel kann in drei Varianten gespielt werden. Die erste erfolgt nach klassischen „Uno“-Regeln mit dem Ziel, als erster sämtliche Karten abgelegt zu haben. Bei der zweiten „Kunterbuntes Warum – wie konnte es dazu kommen?“-Variante sollen die Spielerinnen jeweils die von ihnen abgelegte Karte kommentieren. Wird also beispielsweise ein wütender Sohn Rico abgelegt, soll nun mit Fantasie erklärt werden, warum Rico wütend ist; ansonsten bleibt der Spielablauf unverändert. In der dritten und letzten Spielvariante werden sämtliche Familienkarten auf einen Stapel gelegt. Von diesem wird jeweils reihum die oberste Karte aufgedeckt, während parallel hierzu eine „kunterbunte Geschichte“ erzählt wird. Die Ereigniskarten werden hierbei nicht verwendet.
Zusätzlich zu dem Kartenspiel wird jeweils eine Anleitung für Erwachsene und für Kinder mitgeliefert. In der ersten werden die Regeln sachlich erläutert, in der zweiten in Form einer kleinen Geschichte, bei der die einzelnen Familienmitglieder auch noch mal vorgestellt werden.
Diskussion
Die Spielidee ist einfach und wenig kreativ. Dies könnte jedoch auch dem Umstand geschuldet sein, dass es sich um einen therapeutisch-pädagogisches Kartenspiel handelt, welches im entsprechenden Setting seine Anwendung findet. Hier ist häufig wenig Zeit, komplizierte Spielregeln zu erläutern. Insofern ist es nachvollziehbar und wichtig, auf bereits bekannte Spielkonzepte zurückzugreifen, um umgehend zum wesentlichen Punkt vorzudringen. In diesem Fall handelt es sich hierbei um die Auseinandersetzung mit Gefühlen. Dies ist vor allem auch aufgrund der wundschönen Zeichnungen hervorragend gewährleistet. Ähnlich wie bei der anderen Veröffentlichung des Autorenpaars, das Kartenset „Wenn du ein Bonbon wärst“ (vgl. die Rezension) bietet es eine wunderbare spielerische Herangehensweise an therapeutische Inhalte, die gängigen psychoedukativen Vorgehensweisen, z.B. Paper-Pencilverfahren oder rein verbaler Kommunikation alle Male vorzuziehen ist. Ob allerdings „Erschöpfung“ und „Entspannung“ Gefühle oder vielmehr Zustände sind – darüber könnte trefflich gestritten werden. Bei der Behandlung von Kindern ist dies nicht so relevant wie bei Jugendlichen und Erwachsenen. Wie dem auch sei: Ich habe das Spiel mit meinen Töchtern gespielt (neun und elf Jahre) und beide haben es sehr genossen. Im psychotherapeutischen Setting wird es in unserer Klinik bereits umfassend angewendet. Unterm Strich kann ich es nur wärmstens empfehlen.
Fazit
Das Kartenspiel „Die Kunterbunts“ ist angelehnt an bewährte Spiele wie „Uno“ oder „Mau-Mau“, damit schnell umsetzbar, wunderschön gestaltet und somit sowohl für den privaten als auch beruflichen Nutzen absolut zu empfehlen. Es bleibt zu hoffen, dass das Autorenpaar noch weitere ähnliche Materialien veröffentlicht.
[1] aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurden männliche und weibliche Form jeweils wechselseitig verwendet. Es sind immer beide Geschlechter gemeint.
Rezension von
Dr. Alexander Tewes
Instituts- und Ausbildungsleiter LAKIJU-VT (Lüneburger Ausbildungsinstitut für Kinder- und Jugendlichen-Verhaltenstherapie), Psychiatrische Klinik Lüneburg gemeinnützige GmbH im Verbund der Gesundheitsholding Lüneburg
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Es gibt 101 Rezensionen von Alexander Tewes.
Zitiervorschlag
Alexander Tewes. Rezension vom 21.12.2017 zu:
Robert Rossa, Julia Rossa: Die Kunterbunts. Das Kartenspiel für die Kinderpsychotherapie. Beltz Verlag
(Weinheim, Basel) 2017.
ISBN 978-3-621-28523-0.
Kartenset mit 120 Karten. Illustration von Pe Grigo.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/23626.php, Datum des Zugriffs 26.03.2023.
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