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Astrid Kaiser (Hrsg.): Koedukation und Jungen

Rezensiert von Dipl. Soz.-Päd. Gregor Prüfer, 22.11.2005

Cover Astrid Kaiser (Hrsg.): Koedukation und Jungen ISBN 978-3-8252-8307-0

Astrid Kaiser (Hrsg.): Koedukation und Jungen. Soziale Jungenförderung in der Schule. UTB (Stuttgart) 2005. 2., überarbeitete Auflage. ISBN 978-3-8252-8307-0. 19,90 EUR. CH: 34,90 sFr.

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Thema

Die Beiträge dieses Buches sind der Betrachtung der Jungen, bzw. soziale Förderung von Jungen im koedukativen Setting von Schule und Unterricht gewidmet.

Entstehungshintergrund

Bei der Koedukation an Schulen lassen sich Unterschiede zwischen den Geschlechtern feststellen. Für Mädchen und Jungen gehen damit Gewinne und Verluste einher. Ziel dieses Buches ist die Auseinandersetzung mit der Rolle von Jungen und die Entwicklung von Perspektiven angemessener Förderung von Jungen. Diese Neuauflage des ursprünglich 1997 erschienenen Bandes wurde inhaltlich nicht wesentlich aktualisiert und liegt daher inhaltlich bei der fachlichen Diskussion entsprechend hinter dem aktuellen Stand zurück.

Aufbau und Inhalt

  1. Nach einer Einführung von Astrid Kaiser wendet sich diese im ersten Abschnitt des Buches zunächst "Grundproblemen" von Jungensozialisation, insbesondere im Fokus von Gewaltbereitschaft, zu und beleuchtet den damit verbundenen fachlichen Diskurs.
  2. Im zweiten Abschnitt beschäftigen sich drei Beiträge mit der genaueren Betrachtung der derzeitigen Situation von Jungen im Kontext Schule.
    • Tim Rohrmann beschreibt die Situation und das Verhalten von Jungen in Kindertagesstätten und bietet Ideen zum konstruktiven Umgang mit ihnen an.
    • Andreas Gluszcynski und Ulrike Krettmann stellen eine Studie zur Selbstwahrnehmung bezüglich Sexualwissen und zum Körpergefühl 9-13 jähriger Mädchen und Jungen vor. Besondere Beachtung findet hier die Berücksichtigung koedukativer Aspekte in der Sexualerziehung beleuchtet aus Sicht der Kinder.
    • Theresia Maria de Jong skizziert Motivation und Identitätsgewinn von (männlichen) jugendlichen Graffiti-Sprayern an der Schule.
  3. Im Dritten Abschnitt werden in vier Beiträgen Ansätze von Jungenarbeit vorgestellt.
    • Andreas Zieske eröffnet und erläutert Chancen und Möglichkeiten einer Pädagogik des geschlechterdifferenten Blickwinkels. Er führt Vorteile von bewusster Beobachtung und gezielter Reflexion für die Entwicklung angemessener Perspektiven in der praktischen  Arbeit auf.
    • Detlef Krone führt über eine Argumentation von >Jungensozialisation als Mängelsozialisation< hin zu einer "Psycho-Logik von gegenständlichen Spielobjekten". "Mit den Dingen wachsen" heißt sein pädagogisches Angebot.
    • Markus Dierkes und Lutz Deistler stellen ein schulkompatibles Modell zur Gewaltprävention in der Jungenarbeit vor. Partizipative Elemente gestalten hier die Mischung von körperlicher und emotional-psychischer Förderung der Jungen.
    • Uta Enders-Dragässer beschreibt Geschlechterwirklichkeiten für Jungen in der Schule aus Frauensicht und leitet daraus praxisrelevante Schlüsse und Forderungen für die zukünftige Gestaltung der pädagogischen Arbeit ab.
  4. Im vierten Abschnitt werden in sechs Artikeln konkrete Umsetzungen von Jungenförderung vorgestellt und bewertet.
    • Charlotte Röhner protokolliert einen pädagogischen >Tag zur Jungenerziehung< in einer Reformschule.
    • Sylvia Jahnke-Klein beschreibt potentielle Möglichkeiten der sozialen Förderung von Jungen im Mathematikunterricht anhand des Ansatzes "geschlechtsspezifischer Jungenarbeit" (von Christian Spoden/Berlin).
    • Evelyn Timmermann beschreibt eindrucksvoll die Entwicklung von, und die Arbeit mit den Kompetenzen von Jungen in der Lebens- und Berufswegplanung.
    • Konrad Lappe dokumentiert die Erfahrungen mit sozialer Jungenförderung an einer ostfriesischen Grundschule.
    • Christine Biermann stellt an konkreten Beispielen Projekte für Jungen in koedukativer Einbettung im Rahmen von thematischen Projekten vor.
    • Astrid Kaiser und Charlotte Röhner berichten von einem Modellversuch an einer "...jungen- und mädchengerechten Grundschule" bei dem polarisierend, stereotypen Sozialisationsprozessen entgegengewirkt werden soll. Thematisiert wird hier die enge Verknüpfung von sozialer Jungenförderung mit Mädchenförderung als einander bedingende Grundvoraussetzung.
    • Abschließend zeigt Astrid Kaiser Perspektiven für zukünftige Jungenförderung als Weg zur Gleichberechtigung der Geschlechter auf und beleuchtet diese möglichen Wege kritisch.

Zielgruppen

Dieses Buch ist an alle Fachleute aus dem Bereich Schule und an alle Interessierte des Bereichs geschlechtsspezifischer pädagogischer Arbeit mit Jungen gerichtet.

Diskussion

Dieser Band stellt eine breite Palette von Sichtweisen der Jungenförderung an Schulen vor. Verschiedene Unterrichts- und Schultypen, als auch verschiedenen Altersgruppen von Jungen werden ausführlich behandelt. Ob für LehrerInnen, SchulsozialarbeiterInnen, oder engagierte Eltern: an relevanten Anregungen und transferfähigen Ideen mangelt es nicht. Die Texte sind im Durchschnitt alle gut lesbar. Die Qualifikation der AutorInnen, die alle über hinlängliche Tätigkeitserfahrungen in der Schule verfügen, erschließt sich aus den oft beherzten und fachlich  qualifizierten Beiträgen. Einige der AutorInnen verfügen ohnehin über bundesweiten Bekanntheitsgrad als Koryphäen geschlechtsspezifischer Pädagogik, wie z.B. Tim Rohrmann oder Uta Endes-Dragässer.

Fazit

Ein interessantes und anregends Buch, dessen Stärke in den vielen beschriebenen Projekten und in der breite des Diskussionsspektrums liegt. An manchen Stellen hätte man sich eine stärkere Überarbeitung der ersten Auflage gewünscht, um im fachlichen Diskurs aktuellen Standards Rechnung zu tragen.

Rezension von
Dipl. Soz.-Päd. Gregor Prüfer
M.A. Päd. / Dipl. Soz.-Päd.(FH) War lange tätig in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit; Aktiv in der Vernetzung von Jungenarbeit in München seit 1993 (www.netzwerk-jungenarbeit.de), freiberuflicher Fortbildungsreferent zu Themen der Genderpädagogik und zu Gender Mainstreaming seit 1999. Seit 2005 Mitarbeiter im Münchner Informationszentrum für Männer mit den Schwerpunkten Männerberatung und Gruppenarbeit für Männer mit Gewalthintergrund (www.maennerzentrum.de), seit WS 2008/09 auch Lehrbeauftragter an der Katholischen Stiftungshochschule München (www.ksh.de). Seit 2011 außerdem Mitarbeiter am Pädagogischen Institut in München, zuständig für Geschlechtergerechte Pädagogik und Jungenförderung an den Städtischen Münchner Schulen (www.pi-muenchen.de).
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Es gibt 26 Rezensionen von Gregor Prüfer.

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ISSN 2190-9245