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Helmut Kreidenweis (Hrsg.): Digitaler Wandel in der Sozialwirtschaft

Rezensiert von Hendrik Epe, 28.03.2018

Cover Helmut Kreidenweis (Hrsg.): Digitaler Wandel in der Sozialwirtschaft ISBN 978-3-8487-4252-3

Helmut Kreidenweis (Hrsg.): Digitaler Wandel in der Sozialwirtschaft. Grundlagen - Strategien - Praxis. Nomos Verlagsgesellschaft (Baden-Baden) 2018. 250 Seiten. ISBN 978-3-8487-4252-3. 49,00 EUR.

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Thema

Der digitale Wandel (be-)trifft auch die Sozialwirtschaft. Das lässt sich ablesen an der Anzahl der in den letzten Jahren, vielleicht besser: Monaten erschienenen Veröffentlichungen zum Thema, an der auflebenden Kommunikation in den sozialen Netzwerken ebenso wie im Alltag der Professionellen ebenso wie der Nutzer*innen der Sozialen Dienstleitungen in den Organisationen der Sozialwirtschaft.

Auch wenn oftmals unklar ist, wie, wo und wann genau welche Veränderungen in den Organisationen anstehen, ist sicher, dass die technologischen Entwicklungen und der Umgang damit die Branche erheblich verändern werden.

Die Veränderungen beziehen sich auf die Menschen selbst, Nutzer*innen ebenso wie Mitarbeiter*innen und Führungskräfte und deren Umgang mit der digitalen Transformation, er bezieht sich auf die Organisationen der Sozialwirtschaft als hochkomplexe soziale Systeme mit ihren Strukturen und Prozessen ebenso wie auf das Entstehen neuer Wettbewerber. Und er bezieht sich auf unser Gesellschaftssystem als Ganzes, was wiederum Auswirkungen auf die Profession und die Disziplin der Sozialen Arbeit hat.

Der Herausgeberband „Digitaler Wandel in der Sozialwirtschaft. Grundlagen – Strategien – Praxis“ lässt sich vor diesem dynamischen Hintergrund als Grundlagenwerk fassen, das die Herausforderungen der Veränderungen skizziert sowie Lösungsansätze vorstellt.

Der Fokus dabei liegt auf den Organisationen der Sozialwirtschaft und liefert Wissen und Ideen, um die Organisationen in ihrer Ganzheit auf die Veränderungen einzustellen. Die Veränderung der Unternehmensstrategie in Zeiten der digitalen Transformation zählt dazu ebenso wie die Entwicklung neuer Dienstleistungen und Geschäftsmodelle. Angesprochen werden – neben anderen – auch Themen wie die sinnvolle Softwarenutzung in der Sozialwirtschaft, der Umgang mit den sozialen Medien und Big Data oder dem Internet der Dinge. Darüber hinaus werden aber auch gesellschaftsverändernde Auswirkungen und deren Implikationen für die Soziale Arbeit in den Blick genommen.

Wie gesagt, das Werk versteht sich als Grundlagenwerk, wie Menschen in Organisationen der Sozialwirtschaft die mit den Veränderungen einhergehenden Herausforderungen bewältigen können.

Herausgeber

Prof. Dr. Helmut Kreidenweis ist Professor für Sozialinformatik an der Katholischen Universität Eichstätten-Ingolstadt und unter anderem auch Initiator des Fachverbands Informationstechnologie in der Sozialwirtschaft (FINSOZ e.V.).

Entstehungshintergrund

Kreidenweis schreibt im Vorwort (S. 5): „Dieser Band will (…) kein perfektes Kompendium zur Digitalisierung der Sozialwirtschaft sein und kann keine fertigen Rezepte liefern.“ Vielmehr wird in 17 Beiträgen ein, so Kreidenweis (ebd.) „aktueller Stand der Diskussion“ zusammengefasst. Dabei sind „Brüche, Widersprüche und Ungleichzeitigkeiten (…) unvermeidlich. Doch genau darin liegt der Wesenskern des digitalen Wandels: er vollzieht sich nicht linear, logisch nachvollziehbar und wiedrspruchsfrei. Nein, er folgt eigenen Gesetzen von Versuch und Irrtum, von Tempo vor Perfektion, von Kreativität vor Sicherheit.“

Ich zitiere diesen Abschnitt aus dem Vorwort bewusst, da er für mich wunderbar auf den Punkt bringt, wo wir in der Sozialwirtschaft aktuell stehen und wie auch der Band „Digitaler Wandel in der Sozialwirtschaft. Grundlagen – Strategien – Praxis“ zu lesen ist: Es ist der Versuch, Licht ins Dunkel der auf vielen Ebenen stattfindenden Diskussion um die digitale Transformation in der Sozialwirtschaft zu bringen, ohne zu leugnen, dass es im Zuge der digitalen Transformation völlig unklar ist, wohin der nächste Lichtstrahl fallen wird. Mit anderen Worten:

Wir fangen in unserer Branche gerade an, über konkrete Herangehensweisen an die Digitalisierung nachzudenken. Und da liefert der Band von Kreidenweis et al. eine schöne Übersicht, die schon im Vorwort auf die „Version 2.0“ (S. 6) verweist.

Aufbau

Der Band „Digitaler Wandel in der Sozialwirtschaft. Grundlagen – Strategien – Praxis“ untergliedert sich grob in vier Teile:

  1. Grundlagen,
  2. Strategien,
  3. Technologien und
  4. Rahmenbedingungen.

Jeder Teil untergliedert sich dann in unterschiedliche Beiträge der Autor*innen.

In den Grundlagen finden sich übergreifende Beiträge zum Gesamtthema (Kreidenweis), zur Frage, welche Herausforderungen auf die Wohlfahrtsverbände und Politik zukommen (Rock) und was die Sozialbranche von der freien Wirtschaft lernen kann und was nicht (Wolff). Der Teil schließt mit einem Beitrag zur Frage, welche Aufgaben den Verbänden und Einrichtungen mit Blick auf die digitale Teilhabe zukommt (Pelka).

Kopf und Schmolze-Krahn eröffnen dann den Teil Strategien mit einem umfassenden Beitrag zum Wandel der Kultur sozialer Organisationen in Zeiten der digitalen Transformation, woran sich der Beitrag von Faiß anschließt, der die Entwicklung von Digitalisierungsstrategien für Verbände und Komplexträger thematisiert. Eisenreich und Ufer skizzieren die Geschäftsmodellentwicklung und Hartmann fokussiert auf die Entwicklung neuer Dienstleistungen. Schöttler schließt den Teil der Strategien mit einem Beitrag zur Umsetzung digitaler Innovationen und zu deren erfolgreicher Implementierung.

Der dritte Teil fokussiert auf die Technologien, angefangen bei Kunze, der die Rolle und Bedeutung technischer Assistenzsysteme in der Sozialwirtschaft diskutiert. Halfar skizziert daran anschließend das Internet der Dinge und dessen Bedeutung für soziale Organisationen. Das Thema Software und deren Anforderungen wird von Kreidenweis beleuchtet und Wagner bezieht sich auf die Bedeutung sozialer Medien und die dadurch veränderte Kommunikation für soziale Organisationen. Einen Ausblick auf das Thema Big Data und die Frage, welche Chancen für die Sozialwirtschaft damit einhergehen, nimmt Mack in den Blick.

Das Buch abschließend werden die Rahmenbedingungen der digitalen Transformation anhand von drei Beiträgen skizziert: Althammer fokussiert auf das Thema Datenschutz während Reiser die Flexibilisierung die Veränderung von Tätigkeiten beleuchtet. Der Band schließt mit einem Beitrag zu den in einer digitalisierten Arbeitswelt notwendigen Kompetenzen (Degenhardt).

Ausgewählte Inhalte

Der Band „Digitaler Wandel in der Sozialwirtschaft. Grundlagen – Strategien – Praxis“ zeigt die Herausforderungen, die mit dem Thema einhergehen, wunderbar auf. So ist einerseits „die Sozialwirtschaft“ als Branche hochgradig heterogen, egal ob man auf die Organisationsgröße, die Trägerstrukturen oder die Arbeitsfelder schaut. Der digitale Wandel wird für die örtliche Kita andere Herausforderungen implizieren als für den Komplexträger mit mehreren Einrichtungen unterschiedlicher Arbeitsfelder und diesen wiederum anders als den Wohlfahrtsverband auf regionaler oder Bundesebene. Hinzu kommt andererseits, dass das Thema „digitaler Wandel“ selbst hochgradig komplex und hochdynamisch ist. Das liegt in der Natur der Sache: Wenn alle Lebensbereiche betroffen sind, wenn also von einem Megatrend gesprochen werden kann, dann fällt es entsprechend schwer, Eingrenzungen vorzunehmen.

Hier liefert der Band von Kreidenweis eine wirklich gute Orientierung: Der Fokus auf die Organisationen in der Sozialwirtschaft ist sinnvoll, da sich über die Gestaltung der Arbeit in den Organisationen die Branche entwickelt. Auch die Gliederung anhand der vier Teile „Grundlagen, Strategien, Technologien und Rahmenbedingungen“ ist im Rahmen dieses organisationalen Blicks nachvollziehbar. Innerhalb der einzelnen Teile werden dann strukturiert Themenbereiche aufgegriffen, die auch aus eigener Erfahrung die Verantwortlichen in den Organisationen aktuell stark bewegen.

Rock schreibt im Beitrag „Algorithm is a dancer: Herausforderungen der Digitalisierung für Wohlfahrtsverbände und Aufgaben der Politik“ – hier exemplarisch herausgegriffen für den ersten Teil (Grundlagen) – sehr einleuchtend, dass die Digitalisierung keine Reservate kennt (vgl. 27), also nicht Halt macht vor bestimmten Branchen, wodurch soziale Organisationen mindestens ebenso herausgefordert sind wie erwerbswirtschaftliche Organisationen. Gleichzeitig sieht Rock gute Gründe für Wohlfahrtsverbände, „die Digitalisierung selbstbewusst zu betreiben. Sie besitzt offenkundige Kompetenzvorteile in Bereichen, die etwa Industrieunternehmen bislang fremd waren“ (28). Diese Kompetenzen werden in der dezentralen Infrastruktur ebenso gesehen wie in dem der sozialen Arbeit inhärenten Umgang mit Komplexität. Er sieht die Wohlfahrtsverbände als „Lotsen wider die Beliebigkeit“ (31), die sich gegenüber der binären Logik der Algorithmen durch das Aufzeigen von Wertorientierungen sozialen Handelns abheben. So sieht Rock auch das „Geschäftsmodell der Wohlfahrtsverbände“ gerade heute aktuell „wo Ethik und Moral eine Renaissance in der Wirtschaft erleben (…) und wo Unternehmen CSR-Abteilungen aufbauen, um im Kleinen abzubilden, wovor die Wohlfahrtsverbände seit ihrer Gründung stehen“ (31). Eine Wertung schon in diesem Teil vorwegzunehmen ist der positive Grundtenor (nicht nur) dieses Beitrags hervorzuheben: „Die Digitalisierung wird die Wohlfahrtspflege noch lange beschäftigen und ihr dabei ungeahnte neue Möglichkeiten bieten. Sie ist, bei allen Herausforderungen, ein Gewinn, auch für die freie Wohlfahrtspflege“ (42).

Konkreter bezogen auf die jeweiligen Organisationen wird es dann im Teil „Strategien“, die den Umgang mit der digitalen Transformation spezifischer ins Zentrum stellen. Dies wird – wiederum exemplarisch verdeutlicht am Beitrag von Kopf und Schmolze-Krahn – deutlich, wenn ausgehend von einer durch die Autoren selbst durchgeführten Studie zum Thema digitale Transformation in sozialen Organisationen die Herausforderungen in vier Themenbereichen gesehen wird (vgl. 84ff):

  1. Digitalisierung führt zu neuen Marktteilnehmern
  2. Digitalisierung verändert bereits heute die Art, wie soziale Organisationen kommunizieren
  3. Digitalisierung verändert die Art, wie soziale Organisationen ihre Leistungserbringung umsetzen
  4. Digitalisierung verlangt organisatorischen Wandel im Sinne von „Digitalem Transformationsmanagement“

Auch wenn man trefflich über den Begriff „Management“ im Zuge organisationaler Transformation streiten könnte, wird deutlich, dass die digitale Transformation alle Bereiche der Organisation betrifft und damit ganzheitlich betrachtet werden muss. Kopf und Schmolze-Krahn liefern in diesem Zusammenhang weiterführend eine Darlegung, was sie genau unter dem „digitalen Transformationsmanagement“ verstehen (Fähigkeiten der Führung, der Organisation und der Mitarbeitenden) und liefern abschließend einen „10 Schritte Fitnessplan zur digitalen Zukunftsfähigkeit“ sozialer Organisationen. Was nach Rezept klingt (Wenn Sie diese Schritte umsetzen, ist alles gut) verdeutlicht bei näherer Betrachtung wiederum die Komplexität, die hinter den Veränderungsnotwendigkeiten stehen (bspw. „Digitale Entdeckungsreise im Management beginnen – zuhause und im Büro“, 98). Deutlich wird, dass die digitale Transformation sozialer Organisationen ohne das Committment der Führung zu einer ganzheitlichen Organisationsentwicklung nicht gelingen wird.

Exemplarisch für den Teil „Technologien“ ist auf den differenzierten Beitrag von Kunze zu verweisen, der auf der einen Seite die Möglichkeiten digitaler Technologien für die Sozialwirtschaft verdeutlicht: „Tatsächlich eröffnet die hohe Dynamik technischer Entwicklung ständig neue Anwendungsmöglichkeiten“ (163). Auf der anderen Seite zeigt Kunze auf, dass der Transfer von der Entwicklung der Technologien in die erfolgreiche Anwendung in den Organisationen oft schwer gelingt. „Dabei muss in vielen Fällen zunächst geklärt werden, ob es fehlende Geschäftsmodelle oder unzureichende Rahmenbedingungen sind, die einen Transfer in die Praxis verhindern, oder ob es schlicht die vorgeschlagenen technischen Assistenzsysteme selbst sind, die an den Bedürfnissen des Marktes vorbei gehen“ (163).

Für den Teil „Rahmenbedingungen“ fokussiere ich hier auf den Beitrag von Reiser, die „Flexibilisierung und Veränderung von Tätigkeiten – Folgen der Digitalisierung für die Arbeit in der Sozialwirtschaft“ in den Blick nimmt. Dabei werden die Folgen der Digitalisierung für den Arbeitsmarkt differenziert und nüchtern betrachtet, wodurch deutlich wird, dass „bezogen auf alle sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (…) rund 15 % von einer sehr hohen Automatisierungswahrscheinlichkeit betroffen [sind]. Aber auch bei dieser Risikogruppe werden Berufe nicht vollständig verschwinden, sondern sich verändern“ (244). Für die Sozialberufe ist die Substituierbarkeitswahrscheinlichkeit von Tätigkeiten sehr gering, wobei hier wiederum die Vielfältigkeit der Tätigkeiten in sozialen Berufen zu berücksichtigen sind. Als deutlich relevanter zu betrachten ist die Frage, welche Aufgaben auf die Professionellen in sozialen Organisationen zukommen, wenn die Flexibilisierung und atypische Beschäftigungsverhältnisse andere, ggf. neue Zielgruppen für Angebote sozialer Arbeit öffnen. „Wie sich die Arbeitswelt durch die Digitalisierung verändern wird – hin zu mehr Unternehmensdemokratie und Empowerment (…) oder hin zum ‚digitalen Fließband‘ und panoptischen Betrieben – wird durch die Technologien nicht determiniert, sondern ist ein Ergebnis der Ziele und Strategien aller, die an der Arbeitswelt beteiligt sind. Gerade deshalb ist es sehr wichtig, dass die Sozialwirtschaft an diesem Gestaltungsprozess aktiv teilnimmt. Zu lange schon stand sie abseits und war Zuschauerin, Zögernde oder Ablehnende statt Gestalterin“ (255).

Zusammenfassend laden die Beiträge dazu ein, zu Gestalter*innen des digitalen Wandels in der Sozialwirtschaft zu werden, angefangen von der Gestaltung des Umgangs mit der Digitalisierung auf individueller, organisationaler oder gesellschaftlicher Ebene.

Diskussion

Wie einführend beschrieben ist die Herausforderung, ein Buch zum digitalen Wandel in der Sozialwirtschaft zu schreiben, aufgrund der Komplexität der Sozialwirtschaft ebenso wie aufgrund der Komplexität der mit dem digitalen Wandel einhergehenden Themenbreite eine enorm.

Die Herausforderung anzunehmen allein ist begrüßenswert und das Ergebnis – der Herausgegeberband „Digitaler Wandel in der Sozialwirtschaft“ – ist definitiv gelungen. So ist das Buch – wie auch von Kreidenweis selbst beschrieben – eben keine perfekte, alles umfassende Abhandlung über alle sich in diesem Feld ergebenden Entwicklungen. Fertige Rezepte kann es nicht geben und der Versuch, diese zu entwickeln, wurde gar nicht erst versucht. Vielmehr wird die Breite des Themenfelds angemessen aufgemacht und zum Weiterdenken und vor allem handeln animiert. Wie Reiser schreibt: „Wir“ als „Sozialwirtschaft“ müssen zu Gestalter*innen des digitalen Wandels werden. Dazu finden sich sehr gute Anregungen im Buch.

Kritisch ist – aus der Perspektive eines Bloggers und Begleiters von sozialen Organisationen in der digitalen Transformation – anzumerken, dass der positive Grundtenor der Beiträge der digitalen Transformation gegenüber zwar definitiv zu begrüßen ist, einige Beiträge jedoch „zu vorsichtig“ formuliert sind. So ist bspw. der Beitrag von Hartmann zur Entwicklung digitaler Dienstleistungen zunächst eine reine Abhandlung der Methode „Design Thinking“, die dann auf soziale Organisationen und deren Spezifika übertragen wird. Hier fehlt aus meiner Sicht der Hinweis auf die bislang in der Sozialwirtschaft kaum vorhandene radikale Kundenorientierung (und ich spreche bewusst von Kunden), die sich in Plattformen wie bspw. betreut.de zeigt. Die Menschen (auch die Zielgruppen sozialer Arbeit) sind es zunehmend gewohnt, nach Lösungen für ihre je spezifischen Bedürfnisse „zu googlen“ und den sich ihnen zeigenden Suchergebnissen zu vertrauen. Der Blick auf die Webseiten sozialer Träger zeigt jedoch, dass diese Sichtweise nicht wirklich angekommen ist. Übergreifend muss deutlich werden, dass die digitale Transformation das „trojanische Pferd“ für umfassende organisationale Veränderung ist, die positiv, agil, mitarbeiter- und kunden- und damit menschenorientiert gestaltet werden kann und muss. Kopf und Schmolze-Krahn gehen da weiter, wenn sie schreiben, dass es einem „Aufbruch zu ganz neuen Praktiken im Sinne von disruptiven Organisationsformen und Angeboten“ (88) bedarf.

Negativ überrascht hat mich der Beitrag zu den „Kompetenzen für eine digitalisierte Arbeitswelt – Anforderungen an Aus- und Weiterbildung“ von Degenhardt. Die Aussage, dass sich Personalentwicklungsabteilungen sozialer Organisationen „verstärkt mit anderen Lernkonzepten und Lernbedingungen“ (270) befassen müssen, ist trivial. Auch die Aussage, dass „in der Hochschulausbildung (…) informatorisches Basiswissen und Anwendungskenntnisse als gegeben vorausgesetzt werden“ sollten (266) greifen deutlich zu kurz. Hier, in der Ausbildung, dem Studium und der Weiterbildung innerhalb der Organisationen, wird entschieden, wie wir als Profession und Disziplin sozialer Arbeit dem Thema digitale Transformation gegenüber aufgestellt sind und sein werden. Der Blick auf die Online-Angebote von Plattformen wie edX, die Plattform Google Open Online Education oder Udemy zeigt, dass es im Bildungskontext für soziale Berufe nicht (mehr) darum geht, Inhalte zu digitalisieren, sondern Hochschul-, Aus- und Weiterbildung vollständig neu zu denken. Nicht mehr die Wissensvermittlung kann im Vordergrund stehen. Wissen ist immer und überall verfügbar. Hier besteht dringender Handlungsbedarf, damit wir – wie gesagt – Gestalter*innen der digitalen Transformation bleiben können. Damit wiederum gehen Chancen dahingehend einher, dass die Auszubildenden, Studierenden und die Menschen in den Organisationen tatsächlich die Möglichkeit bekommen, echtes Lernen zu erfahren und nicht nur Wissen zu konsumieren.

Fazit

Wie aus den obigen Ausführungen herauszulesen ist, erachte ich das Buch „Digitaler Wandel in der Sozialwirtschaft“ als uneingeschränkt lesenswert, um sich grundlegend mit dem digitalen Wandel und dessen Auswirkungen auf die Sozialwirtschaft zu befassen. Kreidenweis und den Verfasser*innen der Beiträge ist ein sehr guter einführender Überblick über das breite Themenfeld der digitalen Transformation und dessen Auswirkungen auf soziale Organisationen gelungen.

Sicherlich ist die Zielgruppe eher in Führungskontexten sozialer Organisationen zu sehen. Aufgrund der Relevanz des Themas sollte das Buch oder zumindest Beiträge daraus jedoch zur Pflichtlektüre in Studium und Ausbildung sozialer Berufe werden, um so zumindest einen Anstoß zu liefern, darüber nachzudenken, wie die digitale Transformation die sozialen Organisationen verändern werden.

Ich persönlich freue mich auf die Version 2.0, die dann die dynamischen Entwicklungen spezifischer, anders und neu aufgreifen wird. Als kleine Anregung sind Erfahrungsberichte von sozialen Organisationen, die den „digitalen Weg“ gegangen sind, sicherlich gewinnbringend.

Rezension von
Hendrik Epe
M.A.
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Es gibt 11 Rezensionen von Hendrik Epe.

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ISSN 2190-9245