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Mathias Graumann: Praktische Jahresabschluss­analyse

Rezensiert von Prof. Dr. Robert Knappe, 23.05.2018

Cover Mathias Graumann: Praktische Jahresabschluss­analyse ISBN 978-3-482-65422-0

Mathias Graumann: Praktische Jahresabschlussanalyse. Durchgängiges Fallbeispiel, kennzahlengestützte Analyse, von der Theorie zur Anwendung. NWB (Herne) 2017. 297 Seiten. ISBN 978-3-482-65422-0.

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Thema

Mit der Betrachtung und Analyse von HGB-basierten Jahresabschlüssen nach kaufmännischer (doppischer) Buchführung kommt man aus verschiedenen Perspektiven in Berührung: als Praktiker in einer einschlägigen Unternehmung, welcher den eigenen Jahresabschluss interpretieren möchte oder muss, als Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer, als Share- und / oder Stakeholder mit vertieftem Interesse an der wirtschaftlichen Entwicklung eines Unternehmens oder als Studierender bzw. Lehrender der Betriebswirtschaftslehre bzw. ihr nahe stehenden sektorspezifischen Studiengängen wie bspw. dem Public und Nonprofit Management.

Die vorliegende Publikation von Mathias Graumann, nunmehr in überarbeiteter 2. Auflage erschienen, richtet sich an all diese Zielgruppen. Es werden wichtige Grundlagen der vorrangig kennzahlengestützten Analyse und Interpretation von Jahresabschlüssen umfassend und auf dem aktuellen Stand der Rechtslage ausführlich und differenziert behandelt.

Autor

Der Autor ist Professor für Rechnungswesen, insbesondere Controlling, Kosten- und Leistungsrechnung, sowie Steuer- und Wirtschaftsprüfung an der Hochschule Koblenz, RheinAhrCampus Remagen.

Aufbau und Inhalte

Das Buch ist klar strukturiert. Es folgt dem Grundaufbau:

  • Grundlagen des Jahresabschlusses, der Jahresabschlussanalyse, der Jahresabschlusspolitik, Rechtsgrundlagen, Normbilanz, Strukturbilanz (Kap. I und II)
  • Kennzahlen, Kennzahlenanalyse, Kennzahlensysteme im Kontext von Jahresabschlüssen (Kap. III)
  • Einführung und Basisanalyse eines Fallbeispiels (Kap. IV)
  • Analyse von Vermögenslage, Finanzlage, Erfolgslage (Kap. V bis VII)
  • Cashflow-gestützte Jahresabschlussanalyse und Vertiefung der Kapitalflussrechnung (Kap. VIII)
  • Segmentberichterstattung, Eigenkapitalspiegel, Lageberichtsanalyse (Kap. IX)
  • Übergeordnete Rating-Methoden (qualitativ und quantitativ) (Kap. X)
  • Jahresabschlussanalyse bei Anwendung des MicroBilG (Kap. XI)

Ein Stichwortverzeichnis, in dem u.a. auch die behandelten Kennzahlen notiert sind, rundet das Werk ab.

Die Deutsche Nationalbibliothek bietet Einblick in das vollständige Inhaltsverzeichnis.

Die hier vorliegende 2. Auflage (erschienen 2017) knüpft inhaltlich und konzeptionell nahtlos an der 1. Auflage (2015) an. Die wesentliche Veränderung liegt in der aktualisierten Berücksichtigung der Rechtsgrundlagen. So wurden bei der Überarbeitung im Rahmen der 2. Auflage nunmehr der HGB-Stand vom 19. 4. 2017 sowie das Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG), das Abschlussprüfungsreformgesetz (AReG), das Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz (APAReG) sowie das CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz berücksichtigt.

Es gehört zum Konzept des Buches, stellenweise Redundanzen bewusst in Kauf zu nehmen, damit die Kapitel auch einzeln rezipiert verständlich sind. Dies ist sinnvoll und erleichtert die zielgerichtete, punktuelle Lektüre, und qualifiziert das Buch auch als Nachschlagewerk.

Das in Kap. IV eingeführte Fallbeispiel aus dem produzierenden Gewerbe wird in Folgekapiteln immer wieder nach den theoretischen Erläuterungen zur Veranschaulichung und konkreten Berechnung und Interpretation der zuvor geschilderten Inhalte herangezogen. So ergibt sich ein roter Faden bei der sequentiellen Lektüre. Dies ist auch ein wesentliches Element der im Titel des Buches angekündigten praktischen Jahresabschlussanalyse.

Insgesamt befinden sich auf den rund 300 Textseiten üppig bemessene 122 eigenständige Abbildungen – zusätzlich zu den vielen Auszügen aus Jahresabschlüssen. Sie fassen häufig die wesentlichen Inhalte sehr anschaulich strukturiert und pointiert zusammen. Sie sind ein echter Mehrwert dieser Publikation.

Mit dem Kauf des Buchs erwirbt man zugleich eine codierte Einzellizenz, sodass man die Inhalte vollständig auch auf dem Internet-Verlagsportal online im Webbrowser lesen und kapitelweise ausdrucken kann.

Zusätzliches Material, welches sich spezifisch auf diese Publikation bezieht, bspw. Übungsaufgaben oder weitere Fallbeispiele, findet sich hier nicht, abgesehen von den allgemeinen umfangreichen Datenbank-Inhalten des Verlagsportals.

Diskussion

Die Betonung der Praxisbezogenheit im Titel des Buchs ist berechtigt. Gleichwohl finden sich dennoch mehr und umfangreichere theoretische Ausführungen, als es der Titel vordergründig vermuten lässt. Hierbei muss jedoch festgehalten werden, dass diese Ausführungen einerseits unerlässlich zum Verständnis der Praxis sind, wenn die Anwendungsorientierung reflektiert vollzogen werden soll; eine Praxis ohne dieses Hintergrundwissen wäre sehr riskant, da viele Aspekte rund um die kennzahlengestützte Jahresabschlussanalyse komplex und interdependent sind. So macht Verdichtung ja gerade das Wesen von Kennzahlen aus, und diese will verstanden werden. Andererseits sind auch die theoretischen Ausführungen des Autors ein echter Gewinn – oder im Bilanz-Jargon: ein asset – dieser Publikation. Es gelingt dem Autor, viele Zusammenhänge und Hintergründe mit hohem Differenzierungsgrad auf relativ engem Raum gut verständlich darzustellen. An manchen Stellen lässt sich daher gar nicht eindeutig definieren, wo die Trennlinie zwischen Theorie und Praxis verläuft.

Trotz der soeben wertgeschätzten theoretischen Teile setzt dieses Buch dennoch solide Kenntnisse rund um kaufmännische Buchführung und die einzelnen Bestandteile von Jahresabschlüssen voraus. Dieser Titel ist keine Einstiegslektüre, sondern eine Vertiefungslektüre. Dabei besticht sie durch ein hohes Maß an Differenzierung, bspw. welche Varianten von ein- und derselben Kennzahl bzw. einer Berechnungsgröße wie bspw. dem ROI bzw. einem cashflow existieren.

Die vorrangigen Zielgruppen der Publikation lauten aus Sicht des Rezensenten:

  • Praktiker, die sich beruflich mit gestalterischen und analytischen Details von Jahresabschlüssen differenziert beschäftigen müssen oder wollen, insbesondere aus den Bereichen Finanzen, Controlling, Geschäftsführung, Aufsichtsgremien, Träger, Finanzinstitute.
  • Praktiker, Berater und Kapitalgeber, die ihr Basiswissen rund um Jahresabschlüsse und Jahresabschlussanalyse auffrischen, aktualisieren und vertiefen möchten.
  • Studierende und Lehrende, die sich jenseits von Grundkursen in späteren Phasen des Studiums mit den Themen Rechnungslegung und Controlling vertiefend befassen.

Dieses Buch ist von seiner Konzeption her nicht für eine bestimmte Branche geschrieben, und dennoch ist der Ausgangspunkt der Betrachtungen doch ein gewinnorientiertes Industrieunternehmen der Privatwirtschaft, bei dem die Eigen- und Fremdkapitalgeber wichtige Stake- bzw. Shareholder sind und Rendite- bzw. Sicherheitspräferenzen gegenüber dem Management geltend machen. Die wichtigen und wertvollen normativen Ausführungen, wann sich bspw. bestimmte Kennzahlen im akzeptablen oder kritischen Bereich befinden, orientieren sich, wie auch das zuvor bereits erwähnte durchgängige Fallbeispiel, am produzierenden, mindestens mittelständisch dimensionierten Gewerbe. Gelegentlich gibt es kurze Hinweise, dass bestimmte Sachverhalte oder Kennzahlen im Dienstleistungssektor anders beschaffen sind, weil dieser bspw. weniger anlageintensiv ist. Nonprofit-Einrichtungen, die sich maßgeblich aus Transfererlösen finanzieren, oder Betriebe, die nach dem Kostendeckungsprinzip ohne Gewinnerzielungsabsicht wirtschaften, finden keine explizite Berücksichtigung. Dies kann dem Autor keinesfalls vorgeworfen werden, da dies nicht konzeptioneller Bestandteil ist.

Der Rezensent hält die Publikation dennoch auch in den letztgenannten Bereichen, etwa der Sozialwirtschaft, für ein relevantes Dokument, da sie dort ebenso gültige Grundlagen dem Grunde nach vermittelt; vor allem in großen Einrichtungen der Sozialwirtschaft, die zudem in Konzernstrukturen organisiert sind. So fördert Mathias Graumanns Buch das wirtschaftliche Verständnis von Beteiligungsverhältnissen sowie der Tätigkeit von Wirtschaftsprüfern und finanzierenden Banken. Nicht jedes Unterkapitel ist in dienstleistenden, nicht-gewinnorientierten Unternehmen gleichermaßen relevant und unmittelbar anwendbar, da die institutionellen Rahmenbedingungen sowie unternehmerischen Zielsetzungen teilweise andere sind. So dürfte bspw. die Thematik von interessengeleiteter Bilanzpolitik sowohl weniger relevant sein als auch von vorneherein einen objektiv geringeren Anwendungsspielraum haben. Bei der Lektüre ist daher eine gedankliche Transferleistung für die individuelle Adaption für eine konkrete nicht-gewinnorientierte Unternehmung erforderlich, v.a. in den wertenden Teilen.

Besonders positiv möchte der Rezensent hervorheben, dass pro forma- („earnings before…“) und Cashflow-Kennzahlen sowie auf diesen beruhende weiterführende Analysen, die möglichst frei von bilanzpolitischen Gestaltungsmaßnahmen intendiert sind, ausführlich behandelt werden. Im gesamten Buch wird durchgängig darauf hingewiesen, an welchen Stellen und durch welche Maßnahmen Sachverhalte und Kennzahlen potenziell manipulierbar sind. Zudem werden die einschlägigen rechtlichen Grundlagen inkl. Rundschreiben und sonstigen formalen Standards zur Rechnungslegung und Prüfung wie bspw. IDW Prüfungsstandards, DRS, IAS/IFRS an bestimmten Stellen relativ ausführlich behandelt, sodass der Leser nicht nur in der Analyse von Jahresabschlüssen geschult wird, sondern auch über die aktuell geltenden Standards der Rechnungslegung umfassender informiert wird, als es der Titel suggeriert.

Fazit

Jahresabschlussanalyse bezieht sich nicht nur auf die externe Analyse durch Wirtschaftsprüfer und Kapitalgeber, sondern auch auf die Analyse des dokumentierten wirtschaftlichen Geschehens aus der Innenperspektive. Zudem sollten sich das verantwortliche Management und die ausführenden Personen aus den Unternehmensbereichen Finanzen und Controlling schon im Vorfeld der Erstellung eines Jahresabschlusses mit den Grundlagen und Gestaltungsoptionen vertraut machen. Ihre Gestaltungsentscheidungen beeinflussen spätere Analyseergebnisse. Für den sachkundigen Leser mit Basiskenntnissen hat Mathias Graumann hierzu ein wichtiges und aktuelles Grundlagenwerk nunmehr in der überarbeiteten 2. Auflage geschaffen. Ein Schwerpunkt liegt in der differenzierten kennzahlenbasierten Analyse der drei klassischen Perspektiven der Vermögenslage, Finanzlage und Erfolgslage. Nicht zuletzt durch vertiefte cashflow-basierte Analysen und weitere Detailbetrachtungen erreicht die Publikation einen sehr hohen Informationsgrad. Ein durchgängiges Fallbeispiel und viele übersichtliche Abbildungen runden das Buch ab.

Rezension von
Prof. Dr. Robert Knappe
Professur für Betriebswirtschaftslehre der öffentlichen Verwaltung an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR Berlin)
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Es gibt 6 Rezensionen von Robert Knappe.

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Zitiervorschlag
Robert Knappe. Rezension vom 23.05.2018 zu: Mathias Graumann: Praktische Jahresabschlussanalyse. Durchgängiges Fallbeispiel, kennzahlengestützte Analyse, von der Theorie zur Anwendung. NWB (Herne) 2017. ISBN 978-3-482-65422-0. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/23780.php, Datum des Zugriffs 03.12.2024.


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