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Manfred Heuser: Zeitbombe Welthunger

Rezensiert von Prof. Dr. Georg Auernheimer, 14.02.2018

Cover Manfred Heuser: Zeitbombe Welthunger ISBN 978-3-8288-4036-2

Manfred Heuser: Zeitbombe Welthunger. Massengräber, Exodus oder Marshallplan. Tectum (Baden-Baden) 2017. 403 Seiten. ISBN 978-3-8288-4036-2. D: 19,95 EUR, A: 19,95 EUR.

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Thema

Der Autor fragt nach den Ursachen wiederholter und immer von neuem drohender Hungerkatastrophen, d.h. nach den Gründen für die Verknappung und die ungleiche Verteilung von Nahrungsmitteln. Ein Problemaspekt ist die schwindende Ernährungssouveränität vieler Entwicklungsländer. Der Autor macht wirtschaftliche und politische Fehlentwicklungen für den Hunger verantwortlich und abschließend einen Lösungsvorschlag.

Autor

Der Autor, geb. 1949, Ökonom und Ingenieur, ist mehrere Jahre für einen Weltkonzern in China tätig gewesen und hat im Rahmen eines Lehrauftrags an der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften die Fächer Controlling, Mikro- und Makroökonomie sowie Wirtschaftspolitik unterrichtet (Klappentext).

Aufbau und Inhalt

Das Buch ist in sechs Teile gegliedert, die inhaltlich nicht durchweg klar gegeneinander abgegrenzt sind. Es enthält ein Verzeichnis der Abkürzungen, einen umfangreichen Anmerkungsapparat und ein Namens- und Sachregister.

In der umfangreichen Einleitung deutet der Verf. wirtschaftliche Problemaspekte an, blickt auf frühere Hungerkrisen zurück und gibt den Leser*innen eine Vorausschau auf den Aufbau des Buches.

In Teil I wird auf Grundbedingungen der Nahrungsmittelversorgung (Bevölkerungsstatistik und Ressourcen) eingegangen, die aber von wirtschaftlichem und politischem Handeln beeinflusst werden. Aspekte sind z.B. die Spekulation mit Agrarprodukten und der Freihandel.

In Teil II „Ressourcenplünderung gefährdet die Welternährung“ geht es vor allem um die globalen Ressourcen an Land, Wasser und Energie. Auch die Bedrohung der Biodiversität ist Thema dieses Teils.

Teil III hat der Verf. überschrieben „Der aussichtslose Kampf gegen die ungleiche Verteilung“. Er befasst sich dort unter anderem mit der skandalösen Landverteilung, mit Bildungspolitik und mit dem Fluch des Ressourcenreichtums. Außerdem wird die Fragwürdigkeit der Mikrokredite erläutert.

In Teil IV wird die Arbeit von UN-Organisationen und Nichtregierungsorganisationen, auch der Entwicklungshilfe, kritisch ins Auge gefasst. Aber auch Migration und Bevölkerungsexplosion sind Themen dieses Teils.

Teil V informiert über Programme und Maßnahmen zur Bekämpfung von Armut und Hunger, unter anderem die Milleniumsziele der UN. Zugleich lenkt der Verf. hier aber die Aufmerksamkeit auf die Macht der Agrarkonzerne.

In Teil VI präsentiert der Verf. seinen eigenen „Lösungsvorschlag“ (20), „eine alternative Methode gegen Hunger und Armut“, genau betrachtet, ein Ansatz von Social Engeneering (Regionen auswählen, Zielhierarchie festlegen, fein justieren, evaluieren). Allerdings hält der Verf. auch „die Aufarbeitung und Neujustierung der Macht- und Profitinteressen in der Wertschöpfungskette“ für eine notwendige Aufgabe (319).

Diskussion

Den Band zeichnet eine Fülle an aufschlussreichen Informationen aus, die zusammen die Dramatik der Weltlage verdeutlichen. Da der Verf. aber auf eine gesellschaftstheoretische Rahmung verzichtet, mit der sich die Informationen einordnen ließen, sind seine Feststellungen nicht selten widersprüchlich und für die Leser*innen irritierend. Einmal können sie zum Beispiel lesen: Marktwirtschaftliche Volkswirtschaften „arbeiten nach dem Prinzip der Bedarfsdeckung“ (42). Ein andermal werden sie auf die Folgen der „nur noch auf Profit beruhenden globalen Wirtschaftsabläufe“ verwiesen (59).

Der Verf. prangert oft wie kein zweiter Profitgier und Machthunger an, aber in vielen Abschnitten bleibt als Erklärung dafür nur menschliches Versagen. Selbst Papst Franziskus, auf den sich der Verf. mehrfach bezieht, hat dagegen das System verantwortlich gemacht. Am „Lösungsvorschlag“ des Verf. wird deutlich, dass er die Mechanismen des kapitalistischen Wirtschaftssystems unterschätzt. Der Ansatz erscheint aber nicht nur unrealistisch. Er teilt mit vielen Programmen der Entwicklungshilfe auch die paternalistische, eurozentrische Herangehensweise.

Fazit

Ein an Informationen reicher Band, engagiert geschrieben. Für Zeitgenoss*innen, die zum ersten Mal mehr von der Problematik verstehen wollen, für ehrenamtliche Flüchtlingshelfer*innen beispielsweise, durchaus von Interesse. Manche Zusammenhänge werden plausibel und sachkundig erklärt, zum Beispiel der zwischen Spekulation und Nahrungsmangel oder der zwischen Rohstoffreichtum und wirtschaftlicher Stagnation.

Rezension von
Prof. Dr. Georg Auernheimer
Lehrte Erziehungswissenschaft, Schwerpunkt Interkulturelle Pädagogik, in Marburg und Köln.
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Es gibt 92 Rezensionen von Georg Auernheimer.

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ISSN 2190-9245