Detlef Scholz: #Familie - entspannter Umgang mit digitalen Medien
Rezensiert von Prof. Dr. Eva Luber, 14.05.2018

Detlef Scholz: #Familie - entspannter Umgang mit digitalen Medien. Carl-Auer Verlag GmbH (Heidelberg) 2016. 176 Seiten. ISBN 978-3-8497-0145-1. D: 17,95 EUR, A: 18,50 EUR.
Autor
Der Autor Dr. phil. Detlef Scholz ist Erziehungswissenschaftler, Systemischer Therapeut und Leiter des Kompetenzzentrums und der Beratungsstelle für exzessive Mediennutzung und Medienabhängigkeit der ESMV in Schwerin. Er verfügt bundesweit über Erfahrungen als Referent- und Dozent, auch in der Bildung, Weiter- und Fortbildung von Fachkräften, Eltern und Schülern zum Thema Internetnutzung.
Thema
Das Buch im handlichen Taschenbuchformat zeigt auf dem Einband eine junge Familie mit zwei Schulkindern, die alle nebeneinander am Kopfende des elterlichen Betts sitzen, und wo jeder auf einen Monitor blickt: Papa hat den größten, dann Mama einen kleineren und noch kleinere haben die Kinder.
Aufbau und Inhalt
Das Werk umfasst 180 Seiten und beginnt mit einem Log-in zur Einstimmung, und endet entsprechend mit einem Log-out: Medienerziehung to go, in dem Literatur, wichtige Adresse auch von Beratungsstellen nachzulesen sind.
In der Einleitung werden wir darauf eingestimmt, es langsam anzugehen: „Achtung: Gönnen Sie sich zwischen diesen Frageblöcken ausreichend Zeit!“ Es geht nicht darum, alle Fragen möglichst schnell „abzuarbeiten“. „Lassen Sie sich vielmehr einladen, über Dinge nachzudenken, über die Sie so noch nie nachgedacht heben. Wählen Sie einzelne Fragen aus, die Sie ansprechen und inspirieren und beobachten Sie in aller Ruhe, was in Ihrer Gedankenwelt geschieht!“
Das Log in endet mit „Grundvoraussetzungen für einen günstigen Umgang mit den Medien: Reichhaltige, lebendige Beziehungen (Partner, Kinder, Familie, Freunde), Authentizität und (Selbst-) Ehrlichkeit, Echtes Interesse am Kind und an der Welt, Medienauswahl und das Maß der Nutzungsintensität müssen immer wieder neu angepasst werden.“ Die Selbstreflexion der Leser ist also gefragt.
Es folgen als Erstes Kapitel einige Thesen, die den erstrebten Anspruch begründen und noch mehr Gedankenanstöße geben, Beispiele sind: „Zum Leben gehört Lust“ „Die Beziehungen entscheiden“ „Den richtigen Umgang mit Medien kann ich nicht googeln.“ Auch bei den zu den einzelnen Thesen aufgestellten Fragen geht es erst um uns Eltern, oder in meinem Fall der Großeltern, welche Haltung haben wir zu den Dingen und warum, etwa: wie sind unsere Kindheitserinnerungen dazu? Dann geht es um das Kind mit dem gleichen Anspruch, es umfassend zu verstehen.
Im zweiten Kapitel zu den Medien werden die verschiedenen Facetten beleuchtet, die Medien so anziehend machen: „…so gefährlich wie ein Fahrrad, …als letzter Raum für Abenteuer, …helfen mir, ich selbst zu sein.“
Im dritten Kapitel zu den Perspektiven werden typische Rollenmuster innerhalb der Kleinfamilie beschrieben wie „Mama will nur chatten,“ aber auch Hinweise gegeben für den Umgang mit ihnen innerhalb der Kleinfamilie. Beispielhaft soll der Abschnitt „Die Macht der Söhne“ beschrieben werden. Die Verhältnisse in unseren Kindergarten und Schulen sind eher auf Mädchen zugeschnitten, Jungen lernen nicht über Gefühle zu sprechen und mit ihnen umzugehen. Es wird von ihnen erwartet, dass sie aggressive Impulse unterdrücken. Aber in der Welt der Spiele geht es dann darum, brutal zu handeln, den Gegner zu besiegen. Es gibt die Möglichkeit eine Geschichte als guter oder aber als böser Held zu spielen, und diese „dunkle Seite der Macht“ auszukosten. Zu dem „allein gültigen Wertesystem der Eltern“ tritt ein anderes, das der virtuellen und realen Freunde. Die dabei anstehenden Spannungen entladen sich oft in Aggressivität. „Und wenn der Sohn kaum weiß, wohin mit seiner Aggression, bieten martialische Pixelwelten die scheinbar beste Möglichkeit, sich ihrer zu entledigen.“ Wenn dabei der eigenen Körper vernachlässigt wird, empfiehlt der Autor Bewegung an der frischen Luft. Als Kästchen eingerahmt: „Jeder Stunde, die bewegungslos mit Medien verbracht wird, sollte ein bewegte Stunde gegenüberstehen.“
Das vierte Kapitel ist der Verantwortung gewidmet. Es werden, unter andrem Hinweise gegeben, in welchem Alter Medien welche Rollen spielen sollten: „Daraus ergibt sich, dass die Kinder vor allem im Vorschulalter kaum Zeit vor den Bildschirmmedien verbringen sollten.“ (Deswegen habe ich, vorsichtshalber, den Kleinen vom Titelfoto als Schulkind bezeichnet.) Aber wir werden, auch wenn der Titel es nicht vermuten lässt, ermuntert, mit den Kindern etwas Verrücktes zu erleben.
Im fünften Kapitel werden die großen Themen bearbeitet, Angstbewältigung, Liebesbeziehungen und die Sinnsuche.
Im sechsten werden die Experimente vorgestellt. Da geht es eher allgemein um Anleitungen zu Spielen in der Familie. Es gibt Zusatzmaterialien online, die ich aber nicht ausprobiert habe.
Diskussion
Das Buch beschreibt alltägliche Situationen im Leben mit Kindern liebevoll, humorvoll, unterhaltsam und treffend. Mehrfach wird die Bedeutung der Liebe betont, die wir den Kindern schenken müssen und hilft Wege zu finden, sie ihnen zu vermitteln.
Wenn ich mich frage, wem man dieses Buch empfehlen sollte, so denke ich zu allererst an Menschen, die professionell mit Kindern oder Eltern zu tun haben. Der Autor publiziert das Buch im Carl Auer Verlag in der Reihe Lebenslust. Der Verlag hat sich die Aufgabe gesetzt, Schriften zur Systemischen Therapie zugänglich zu machen. Wir lernen somit, besonders im sechsten Kapitel, von deren Vorgehensweise.
Fazit
Es ist so wie mit vielen Ratgebern für Eltern: am meisten profitieren diejenigen davon, die schon Selbstreflexion betreiben, und deshalb einen souveränen Weg im Umgang mit den Medien (hoffentlich) schon gefunden haben. Aber immer wieder gibt es Sätze, die man nicht missen möchte, wie diesen: „Vor allem in der Pubertät entwickelt sich ein starkes Bedürfnis dazuzugehören, wobei die Familie hierbei die uninteressanteste Gruppe ist: Diese Zugehörigkeit ist unumstößlich gesichert.“ Also empfiehlt der Autor Rituale, die die wachsende Unabhängigkeit der Kinder betonen.
Rezension von
Prof. Dr. Eva Luber
MSc
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