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Jutta Heller, Claas Triebel et al. (Hrsg.): Digitale Medien im Coaching

Rezensiert von Prof. Dr. Armin Schneider, 13.02.2018

Cover Jutta Heller, Claas Triebel et al. (Hrsg.): Digitale Medien im Coaching ISBN 978-3-662-54268-2

Jutta Heller, Claas Triebel, Bernhard Hauser, Axel Koch (Hrsg.): Digitale Medien im Coaching. Grundlagen und Praxiswissen zu Coaching-Plattformen und digitalen Coaching-Formaten. Springer (Berlin) 2018. 227 Seiten. ISBN 978-3-662-54268-2. 29,99 EUR.
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Thema

Virtuelle und digitale Welten sind in vielen Lebensbereichen auf dem Vormarsch, die AutorInnen in diesem Herausgeberband stellen aus wissenschaftlichen und praktischen Perspektiven die Bedeutung, die Chancen aber auch die Grenzen des Einsatzes digitaler Medien für das Coaching dar.

HerausgeberInnen

Die vier Herausgeber sind allesamt ProfessorInnen an der Fakultät Wirtschaftspsychologie an der Hochschule für angewandtes Management GmbH in Ismaning.

  • Jutta Heller gibt als ihre Expertise Resilienz an,
  • Claas Triebel kompetenzorientierte Laufbahnberatung.
  • Bernhard Hauser hat als Arbeitsschwerpunkt u.a. Business- und Organisationscoaching.
  • Axel Koch ist Experte für Praxistransfer und nachhaltige Personalentwicklung.

Entstehungshintergrund

Der Herausgeberband mit Beiträgen von AutorInnen aus dem deutschen und angelsächsischen Sprachraum entstand hauptsächlich aus Beiträgen zum jährlichen Kongress „Coaching heute“ in Erding. Der Band soll bewusst Entwicklungen unter die Lupe nehmen und zur Auseinandersetzung mit dem Thema einladen.

Aufbau

Nach den AutorInnen-Portraits (in diesem Fall ist das wörtlich zu nehmen, denn von allen AutorInnen sind Fotos abgebildet) startet der Band mit einem Grundsatzartikel von Jutta Heller und Axel Koch zur Digitalisierung im Coaching. Es folgen vier Teile, die jeweils aus mindestens zwei Beiträgen bestehen.

  1. Im ersten Teil geht es um Coaching mit modernen Medien.
  2. Der zweite Teil stellt Coaching-Online-Plattformen dar, von so genannten „Freestyle-Coaching-Plattformen“ bis hin zu virtuellem Coaching und Online-Aufstellungen oder die Arbeit mit Avataren.
  3. Digitale Coaching-Formate sind Gegenstand des dritten Teils. Vom Beitrag zur Führungskultur über E-Learning bis hin zur online-Kompetenzberatung reicht die Spanne der Beiträge.
  4. Grundsätzlicher und auch etwas kritischer ist der vierte Teil, in dem drei Beiträge zur Empathie, einem Vergleich zwischen Präsenz- und digitalem Coaching und schließlich zur Kalkulation von Coaching-Leistungen den Band abrunden.

Inhalt

Den Aufschlag im ersten Teil machen die beiden HerausgeberInnen Jutta Heller und Axel Koch mit einer Darstellung der Digitalisierung im Alltag und im Coaching. 89 % bevorzugten nach wie vor ein Face-to-Face-Coaching, im Bereich von Beruf und Karriere seien es allerdings nur 45 %. Daher gelte auch für die Coaches, sich aus der „Komfortzone“ heraus zu bewegen und sich den digitalen Herausforderungen zu stellen.

Einen Überblick über digitale Entwicklungen im Handel generell, im Buchhandel und in der Musikindustrie gibt Herausgeber Claas Triebel. Er sieht das Modell eines Diskontinuums zwischen analog und digital, nach seiner Auffassung stirbt „die Mitte“. In Zukunft werde sich der Markt bereinigen, ja nach Kernkompetenzen gibt es dann entweder digital oder analog.

Den State of the Art des E-Coachings erläutert Harald Geißler, hierbei spielten die Technikentwicklung, die mediendidaktischen Möglichkeiten und der mentale Stand der Coaching-Community eine Rolle. Möglichkeiten gibt es inzwischen viele, insbesondere auch für Problemlösungen. Tools für Coaches werden ebenso angeboten wie für Organisationen und Kunden. Alle weisen mittlerweile auch einen gewissen Reifegrad auf.

Im zweiten und größten Teil des Buches werden einzelnen Plattformen beschreiben und teilweise mit Fallbeispielen belegt.

  • Die Medien Skype und Google Docs sieht Klaus Haasis als „Freestyle-Coaching-Plattformen“. Überlappungen und Grenzen verschwimmen dadurch. Ihm ist ein personenzentrierter Ansatz wichtig, der für alle Seiten auch ein Wohlfühlen als bedeutsam herausstellt.
  • Asynchrones textbasiertes Online-Coaching ist Gegenstand des Beitrages von Stephan Daniel Richter und Wolfgang Schindler. Zwar lässt sich eine Briefseelsorge nicht direkt mit dem textbasierten Online-Coaching vergleichen, dennoch zeigen sich nach Auffassung der beiden Autoren hier Parallelen auch darin, dass Schreiben generell langsamer sei als Denken.
  • Die E-Coaching-Plattform „CoachAccountable“ stellt John Larson vor und beschreibt in seinem Artikel die einzelnen Funktionsweisen. Arbeitsblätter, Handlungen und Vereinbarungen sind hier ebenso möglich wie die Zusammenarbeit in Gruppen und Kursen.
  • Gerda Venter aus Südafrika sieht eine Ergänzung des herkömmlichen Coachings durch „Laws of Motion“. Drei Schritte sind dabei bedeutsam: Die Entdeckung und Exploration des Themas, die Bewusstwerdung und Kreation von Perspektiven und schließlich in Integration und das „Reframing“.
  • Die Online-Plattform „CoachingCloud“ bietet Möglichkeiten für das Einzelcoaching sowie für Klein- und Mittelbetriebe. Lucinda Arnett stellt Beispiele für die Nutzung der Plattform bis hin zur Homepageerstellung für Coaches vor.
  • Auch im virtuellen Coaching ist laut dem zweiten Beitrag von Harald Geißler Professionswissen enthalten. Das Wissen um die Nutzbarkeit und die Wirksamkeit gelte es zu optimieren. Ziel sei es, dem Klienten zu helfen, die Problematik gut zu bewältigen durch die Auseinandersetzung mit Coaching-Fragen.
  • Elke Berninger-Schäfer, Heidi Kupke und Ralf Wahl zeigen auf, dass mit der „CAI®World“ ganz verschiedene Kompetenzfelder im professionellen Online-Coaching abgedeckt und angesprochen werden können. Tools in 2-D- und 3-D-Formaten ermöglichen Lösungen und z.B. auch Aufstellungen.
  • Auch im Beitrag von Susanne Krause spielen Online-Aufstellungen und virtuelle Coaching-Landkarten eine wichtige Rolle. Übersetzungen ins Digitale sind möglich, haben aber ebenso wie viele andere Tools Grenzen, aber auch Stärken. Letztere liegen u.a. darin, dass Fern-Coachings möglich sind und die Dokumentation deutlich vereinfacht wird.
  • Coaching in der virtuellen Welt beschreiben Tammy Tawadros, David Tinker und Andrew Jackson. Sie setzen den Ursprung von virtuellen Welten in den ersten Höhlenzeichnungen an, machen dann deutlich, dass der Avatar aus der Sanskrit- und Hindu-Tradition kommt und dort so etwas wie die „Inkarnation eines göttlichen Lehrers“ ist. Eine künstliche Welt mit einem Avatar zeigt stärker die Verantwortung des Klienten auf und demokratisiert und bereichert die Arbeit des Coaches.

Der dritte Teil des Buches mit Beispielen beginnt mit einer Abhandlung von Melanie Hasenbein, die Veränderungen im Führen und in der Arbeit in einer digitalen Gesellschaft herausstellt. Eine virtuelle und agile Führungskultur sei gefragt. Das digitale Coaching zeige dort positive empirische Ergebnisse, wo eine hohe Zielerreichung vorhanden sei. Sie spricht sich für ein Blended Coaching aus, das auch Face-to-Face-Komponenten hat und hier die emotionale Komponente betont.

Eine Semi-Virtuelles-Action-Learning im Gruppen- und Organisations-Coaching ist Thema von Bernhard Hauser und Stefan Kanther. Das Online-Coaching habe seine Grenzen bei kollektiven Lernprozessen. Es ist aber ein Bedarf von Gruppen und Organisationscoaching vorhanden. Die Lösung einer Kombination von virtuellen und Face-to-Face-Lösung verlangt sehr viel Vorbereitung und stärkt aber eine hohe Selbstverantwortung der Gruppen und Organisationen.

Den Inverted Classroom und seine Vorteile benennt und skizziert Simon Hahnzog. Coaching macht E-Learning lebendig und lässt eine Nachhaltigkeit durch eine Verlängerung der Trainingssituation zu, während in einem „normalen“ Klassenraum der Schwerpunkt auf dem Wissenstransfer liegt.

Aus ihrer Erfahrung mit der Online-Kompetenzberatung berichten Gabriela Westebbe und Peter Westebbe. Der eProfilPASS habe Chancen und Grenzen einer biographischen Arbeit, unterstütze aber deutlich das Selbstlernen durch Online-Beratung.

Im vierten und letzten Teil des Buches zieht Karl Kreuser Grenzen einer professionellen Empathie in der Virtualität durch Distanzen, weniger Spontaneität und einer kaum möglichen Kongruenzprüfung. Es gelte mutig und kreativ Empathie in der virtuellen Welt anders zu leben.

Einer kritischen Betrachtung unterzieht Jürgen Bache den Vergleich zwischen Präsenz-Coaching und Coaching mit digitalen Medien. Er spricht sich für eine Vertrauenskultur aus, es sei Aufgabe des Coaches, über Methoden zu entscheiden und die Vor- und Nachteile beider Möglichkeiten transparent zu kommunizieren. Für virtuelles Coaching seien besondere Fähigkeiten erforderlich. Bache entkräftet einige Behauptungen zur Eignung von virtuellem Coaching.

Die Kalkulation und damit das Geld ist Thema des letzten Beitrages im Buch. Ulrich Lenz macht deutlich, dass zwar generell der Druck auf die Margen steige, dass aber für den Online-Bereich anders kalkuliert werden müsse. U.a. seien Betriebskosten, Entwicklungszeiten, Lizenzkosten, IT-Servicekosten und Marketing mit einzukalkulieren.

Diskussion

Nicht immer sind Herausgeberbände so spannend, perspektivenreich und diskussionsanregend wie der vorliegende Band. Aus unterschiedlichen Perspektiven mit jeweils ganz eigenen Schwerpunkten zeigen alle AutorInnen den State-of-the-Art in der Coaching-Branche auf. Erstaunlich ist nicht nur für das Coaching, sondern auch für alle anderen personalintensiven Dienstleistungsfelder der enorme Zuwachs von Möglichkeiten. Wenn auch hier wie bei allen technischen Neuerungen und Umwälzungen gilt, sorgfältig die Vor- und Nachteile abzuwägen. Keineswegs scheinen die digitalen Formen des Coachings die (noch) normalen Präsenzformen des Coachings zu ersetzen, sondern sie ergänzen diese auch um eine neue Dimension und neue Möglichkeiten. Es scheint noch zu früh, der Bewertung von Claas Triebel zuzustimmen, dass die „Mitte stirbt“, ganz sicher jedoch scheint die Mitte eine andere zu werden und Coaching in andere Dimensionen vorzustoßen.

Hervorzuheben ist die gute Gestaltung des Werkes, mit vielen Farbdarstellungen und Screen-Shots, sodass die Aussagen der AutorInnen illustriert und nachvollziehbar werden. Ebenfalls ist dem Buch ein individueller Code beigefügt, der die Nutzung als E-Book erlaubt. Etwas zu vollmundig ist die Überschrift des „Serviceteils“, der lediglich aus einem (guten) Stichwortverzeichnis besteht. Interessant wäre sicherlich auch der Einbezug von Erfahrungen zur Digitalisierung aus anderen Kulturkreisen.

Fazit

Das Buch entspricht seinem Untertitel, Grundlagen und Praxiswissen zu digitalen Medien im Coaching zu bieten. Die dargestellten vielfältigen Perspektiven laden zu einer Diskussion ein, die nicht nur für „Insider“ der Coaching-„Szene“ interessant sein dürfte, sondern Möglichkeiten, Grenzen und Herausforderungen für alle personalintensiven Dienstleistungen der Beratung im Bildungs-, sozialen und Wirtschaftsbereich von Bedeutung ist und auch in diesen Feldern LeserInnen auf den Stand der Möglichkeiten bringt und zugleich Diskussionen eröffnen kann.

Rezension von
Prof. Dr. Armin Schneider
Hochschule Koblenz Dekan des Fachbereichs Sozialwissenschaften Direktor des Institutes für Bildung, Erziehung und Betreuung in der Kindheit|Rheinland-Pfalz (IBEB)
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Es gibt 6 Rezensionen von Armin Schneider.

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Zitiervorschlag
Armin Schneider. Rezension vom 13.02.2018 zu: Jutta Heller, Claas Triebel, Bernhard Hauser, Axel Koch (Hrsg.): Digitale Medien im Coaching. Grundlagen und Praxiswissen zu Coaching-Plattformen und digitalen Coaching-Formaten. Springer (Berlin) 2018. ISBN 978-3-662-54268-2. eBook. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/23896.php, Datum des Zugriffs 10.10.2024.


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