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Olaf-Axel Burow: Führen mit Wertschätzung

Rezensiert von Thomas Reinhardt, 29.11.2018

Cover Olaf-Axel Burow: Führen mit Wertschätzung ISBN 978-3-407-36627-6

Olaf-Axel Burow: Führen mit Wertschätzung. Der Leadership-Kompass für mehr Engagement, Wohlbefinden und Spitzenleistung. Beltz Verlag (Weinheim, Basel) 2018. 221 Seiten. ISBN 978-3-407-36627-6. D: 24,95 EUR, A: 25,60 EUR, CH: 34,60 sFr.

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Thema

Das Buch stellt auf der Grundlage der „Positiven Psychologie“ drei Führungsinstrumente vor, die nach Aussage des Autors Olaf-Axel Burow in der Praxis erprobt sind: ein „Leadership-Kompass“, „Team-Flow“ und ein „Change-Code“. Dreh- und Angelpunkt der Ausführungen ist eine Führung mit „Wertschätzung“.

Entstehungshintergrund und Autor

Klappentext: „Prof. Dr. Olaf-Axel Burow lehrt Allgemeine Pädagogik an der Universität in Kassel und ist Autor zahlreicher Fachbücher zu Pädagogik, Organisationsentwicklung und Kreativitätsforschung.“

Das vorliegende Buch „Führen mit Wertschätzung“ entstand aus der Erkenntnis heraus, dass traditionelle Führungsinstrumente, die mit Befehl, Druck, Belohnungen in Form von Geld oder Privilegien, Zielvereinbarungen etc. operieren, in der Praxis oft nicht zum erwünschten Erfolg führen. Burow hat viele Jahre zusammen mit seinem Team Unternehmen und Schulen beim Kulturwandel begleitet. Sein Fazit, das er aus dieser Beratungstätigkeit zieht, ist die Erkenntnis, dass der entscheidende Unterschied, der den Erfolg ausmacht, im Führungsverhalten, in der Organisationskultur und in der gelebten Managementpraxis liegt. Ausgehend von den Kernaufgaben wertschätzender Führung aus Mitarbeitendensicht und aus Erkenntnissen der Sozialforschung leitet er die Erfolgsfaktoren ab und stellt die erwähnten Führungsinstrumente zur Verfügung.

Aufbau

Im Prolog, der u.a. den bekannten Gallup-Engagement-Index aufführt, der festgestellt hat (Stand 2014), dass lediglich 16 Prozent Mitarbeitende der untersuchten Unternehmen von ihrem Betrieb begeistert sind, 67 Prozent jedoch Dienst nach Vorschrift schieben, plädiert Burow für Unternehmen, die sich um das „Wohlbefinden“ ihrer Mitarbeitenden kümmern. Diese Unternehmen, die auch zur Identifikation und zu Engagement herausfordern, sind schliesslich erfolgreicher und ermöglichen gar Spitzenleistungen.

Das Buch ist in drei Teile geteilt

  1. Was wertschätzende Führung bewirkt
  2. Warum Führung so schwierig ist
  3. Wie wertschätzende Führung gelingt

Eine Danksagung und das Literaturverzeichnis schliessen das Buch ab.

Einzelne Abschnitte werden von Transferaufgaben abgeschlossen.

Die Deutsche Nationalbibliothek bietet Einblick in das vollständige Inhaltsverzeichnis.

Inhalt

Im ersten Teil wird die Wirkung wertschätzender Führung auf unterschiedliche Gruppen von Mitarbeitenden untersucht. Unter Einbezug von Erkenntnissen der Generationenforschung und deren unterschiedlichen Bedürfnisse und Erwartungen an den Arbeitsort stellt Burow „Fünf Kernaufgaben wertschätzender Führung aus Mitarbeitersicht“ vor. Er erwähnt einleitend zu diesen Ausführungen, dass der Medizinproduktehersteller Braun in seinem auf drei Werten beruhenden Führungskompass den Wert „Verantwortungsübernahme“ durch den Wert „Wertschätzung“ ersetzt hat.

Die fünf Kernaufgaben nach Burow sind:

  1. Gewährung von Freiheit
  2. Wissen teilen
  3. Sinn vermitteln
  4. Selbstmanagement fördern
  5. Stabilität vermitteln

Die jeweiligen Ausführungen zu diesen Punkten enden jeweils mit „Transferaufgaben“, wie z.B. diejenige zu „Gewährung von Freiheit“:

„Transfer. Überlegen Sie: Mit welchen Massnahmen können Sie in welchen Bereichen den Freiheits- bzw. Entscheidungsspielraum Ihrer Mitarbeiter erweitern und Vertrauen, Transparenz und Wertschätzung als Führungskultur täglich erlebbar machen?“

Praxisbeispiele, z.B. der Zusammenhang von Krankenstand mit der Sinnhaftigkeit von Arbeit oder das Beispiel der brasilianischen Firma Semco SA illustrieren die jeweiligen Aufgabenbereiche. Bei der Firma Semco SA hat der Inhaber nach einer persönlichen Krise im Zusammenhang mit seiner Überarbeitung eine umfassende Demokratisierung des Betriebs eingeleitet und förderte die Fähigkeit zur Selbstorganisation der Mitarbeitenden. Das System „Management ohne Manager“ führte einerseits zu einer Verdreifachung des Umsatzes und zu viel Freizeit des Inhabers. Die Firma wurde vom „Wall Street Journal“ als wegweisend bezeichnet.

Im Abschnitt „Stabilität vermitteln“ hebt der Autor die Bedeutung der sogenannten „Employability“ also der Arbeitsmarktfähigkeit in Zeiten des „disruptiven Wandels“ hervor und erwähnt sympathisierend auch die Diskussion des vom DM-Gründer Götz von Werner propagierten bedingungslosen Grundeinkommens.

Im nächsten Abschnitt geht es um die „Fünf Kernaufgaben wertschätzender Führung aus Unternehmenssicht“, die hier exemplarisch beschrieben werden sollen:

  • Zusammenarbeit organisieren
  • Transaktionskosten senken
  • Konflikte entscheiden
  • Zukunftsfähigkeit sichern
  • Mitarbeiter führen

Burow nimmt bei der Darstellung der Förderung von Zusammenarbeit, dem er die zweite Überschrift „Oder: Wie man ein Pferd fliegt“ zur Seite stellt, Bezug auf eigene Bücher, die er dazu verfasst hat. Die Prämisse dabei ist, dass es Formate braucht, die einen Austausch auf Augenhöhe und wertschätzende Kommunikation ermöglichen, um erfolgreich zusammen arbeiten zu können.

Um den „Team Flow“ (Burow 2015) zu ermöglichen und die Zusammenarbeit qualitativ zu verbessern, werden folgende Verfahren vorgestellt:

  • Synergieanalyse, ergänzt durch die Bedeutung der Charaktereigenschaften Ausdauer und Leidenschaft, die als „Grit-Faktor“ (Angela Duckworth 2017) in die Literatur eingegangen sind.
  • Der Gallup Strengthsfinder definiert Stärke als Summe aus Talent+Wissen+Fertigkeit und entwickelte dazu einen Fragebogen. Ausgehend von der Frage: „Haben Sie bei Ihrer Arbeit jeden Tag die Gelegenheit, das zu tun, was Sie am besten können?“, die 1.7 Millionen Menschen in 101 Ländern gestellt wurde und global nur von 20 % der Menschen bejaht wurde, wurde dieser Fragebogen konzipiert.
  • Kollegiales Teamcoaching und After work Training wird durch das Nutzen von unterschiedlichen Formaten und Moderationstechniken genutzt, um die Qualität der Kommunikation, der Beziehungen, der Zusammenarbeit und schliesslich des Betriebsklimas zu verbessern. Burow stellt einen Moderationsablauf dazu vor und lädt damit zur Umsetzung ein.

Im Abschnitt zur Senkung der Transaktionskosten zitiert Burow Studien von Kegan und Laskow-Lahey (2009), zwei Harvard-Organisationsforscher. Diese fragen sich, ob „die mangelnde Veränderungsbereitschaft wirklich auf fehlende Anreize zurückzuführen sei“ und vertreten die These, „es gebe einen ‚heimlichen Lehrplan‘, eine ‚Hidden Agenda‘, die die Vorsätze sabotiert“ (Seite 52). Bei dieser „Hidden-Agenda“ handelt es sich um unbewusste mentale Modelle, die das Handeln steuern. In den Transferaufgaben zu diesem Teil betont Burow: „Sorgen Sie auf organisationaler und personaler Ebene für die Berücksichtigung der Grundbedürfnisse“ (Seite 62.

Auch der folgende Abschnitt „Konflikte entscheiden“ listet eine Fülle von Erkenntnissen, Tools und praktischen Hinweisen für Workshops, jeweils mit Transferaufgaben durchsetzt, auf, um schliesslich beim „Lassada-Quotienten“ zu landen. Dieser Quotient berechnet die wertschätzende Führung. Er ist im Internet unter www.PositivityRatio.com persönlich zu berechnen. Der nächste Abschnitt listet Möglichkeiten zur Steigerung auf, die von kognitiven Übungen bis zur Achtsamkeitsmeditation reichen.

Der erste Abschnitt endet mit dem Kapitel: „Warum Wertschätzung der Schlüssel ist“ und wartet mit einem Dreieckmodell auf: Unternehmenserfolg mit der Basis Spitzenleistungen und Wohlbefinden, die in Balance gebracht werden müssen.

Der zweite Teil „Warum Führung so schwierig ist“ startet u.a. mit Otto Scharmers Modell des Presencing, das den Weg aufzeigt, zu neuen zukunftsfähigen Einsichten zu kommen, wenn man die Qualität des Zuhörens vom „Downloading“ hin zum „Generierenden Zuhören“ entwickelt. Die gängige, populäre Managementliteratur wird diskutiert. Stichworte: „Mäusestrategie“ (Spencer Johnson) oder „Pinguin-Prinzip“ (John P. Kotter). (Letzteres Prinzip erinnert den Rezensent an die Kindergeschichte von der Maus Frederik….). Zusammengefasst geht es schliesslich um die Entwicklung der Qualität, sich von der Zukunft her führen zu lassen.

Im ausführlichen dritten Kapitel „Wie wertschätzende Führung gelingt“ wird schliesslich der „Leadership-Kompass“ vorgestellt. Wieder ein Dreieck, das mit der Spitze „Wertschätzende Organisationsentwicklung“ mit den Komponenten „wertschätzende Diagnose“, „Vision“ und „Umsetzung“ gipfelt. Die Basiskomponenten sind „Salutogenese“ („Verstehbarkeit“, „Handhabbarkeit“, „Bedeutsamkeit“) und „Selbstbestimmung“ („Wohlbefinden“, „Kompetenzerleben“, „Sinn, Zugehörigkeit“. Wenn diese drei Komponenten gleichwertig berücksichtigt werden entsteht „Glück“ und dieses beinhaltet „Vision“, „Kreativität“, „Inklusion, Diversity“, „Team“ und „Gesundheit“.

Im abschliessenden Teil werden u.a. Workshopformate zur Umsetzung des Kompass behandelt und mit Fotos illustriert. Das Buch endet mit konkreten Analysefragen zum Kompass.

Zu erwähnen ist an dieser Stelle auch der von Burow berücksichtigte „Change-Code“, der unter anderen auf Gerdum Enders zurückgeht und drei Kernwerte beinhaltet, die in der Organisation gezielt für das jeweilige Veränderungsvorhaben entwickelt werden. Im Buch erwähnt Burow sein eigenes Beratungsbeispiel eines kommunalisierten Stromkonzerns, der sich auf die Werte „einfach – fair – modern“ geeinigt hat. Diese Werte werden ergänzt durch ein attraktives Zukunftsbild und einem Slogan für die Mission und ergeben so diesen „Change-Code“.

Diskussion und Fazit

„Führen mit Wertschätzung“ ist ein wertvolles Buch, das meiner Ansicht nach sehr gut die Komponenten gelingender Führung in Zeiten der vielzitierten VUCA-Welt auflistet und sich einer Vielzahl von Modellen, Erkenntnissen und Literaturhinweisen bedient ohne beliebig zu werden, da der Autor sein Ziel der wertschätzenden Führung nicht aus dem Auge verliert. Es ist kein Buch, das man von vorne nach hinten lesen muss. Es gibt etliche Wiederholungen, die zum Teil damit zusammenhängen, dass die drei Abschnitte nicht sauber voneinander zu trennen sind. Der von Olaf-Axel Burow entwickelte „Leadership-Kompass“ ist ein Modell, das zeigt, das Spitzenleistungen nicht ohne Wohlbefinden erzielt werden können, wenn auch „Glück“ angestrebt werden soll.

Sehr wertvoll sind die Transferaufgaben zur persönlichen und organisationalen Umsetzung. Kurzum, ein Buch, das in die Praxisbibliothek der Führungsentwicklung gehört.

Rezension von
Thomas Reinhardt
Diplomierter Berater für Organisationsentwicklung. Arbeitet als interner Coach im Universitätsspital Basel und freiberuflich in den Bereichen Organisationsentwicklung, Gesundheitsmanagement, Konfliktmoderation, Coaching für Führungsverantwortliche, Teamentwicklung und Supervision. Schwerpunkte: Gesundheit und Führung, Change Management, Leadership, Kommunikation, Psychohygiene und Glück.
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Es gibt 33 Rezensionen von Thomas Reinhardt.

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ISSN 2190-9245