Franziska Bonna: Berufliche Zukunftsvorstellungen Langzeitarbeitsloser - eine biographieanalytische Untersuchung
Rezensiert von Prof. em. Dr. Gisela Mohr, 10.04.2018

Franziska Bonna: Berufliche Zukunftsvorstellungen Langzeitarbeitsloser - eine biographieanalytische Untersuchung. wbv (Bielefeld) 2018. 259 Seiten. ISBN 978-3-7639-5823-8. D: 44,90 EUR, A: 46,20 EUR.
Thema
In dem Band werden die Ergebnisse von neun Interviews mit Langzeitarbeitslosen dargestellt. Damit wird eine Gruppe von Arbeitslosen gewählt, für die zwar eine Vielzahl von Maßnahmen durchgeführt werden, über deren Lebensalltag und Biografie wir jedoch selten etwas erfahren – sofern wir nicht in die alltägliche Beratungsarbeit eingebunden sind. Die Autorin formuliert in ihrer Einleitung drei Forschungsfragen:
- Welche Vorstellungen haben Langzeiterwerbslose von ihrer beruflichen Zukunft
- Inwiefern werden die eigene Biographie, Erfahrungen, Kompetenzen, Interessen etc. bei der Entwicklung beruflicher Zukunftsvorstellungen berücksichtigt?
- Welche Bedeutung haben die gewonnenen Erkenntnisse für die Erwachsenenbildung und die Lernforschung?
Autorin
Die dritte Fragestellung ist dem fachlichen Profil der Autorin geschuldet: Als Erwachsenenbildnerin möchte sie Erkenntnisse gewinnen für die angemessene Gestaltung der Qualifizierungen, die Erwerbslose erhalten können.
Entstehungshintergrund
Es handelt sich um die Dissertationsschrift von F. Bonna, was den Aufbau des Buches wesentlich bestimmt. Beispielsweise ist ein Kapitel enthalten, in dem das genaue Vorgehen beschrieben wird. Dies mag für den Praktiker nicht so relevant sein, ist aber von hoher Bedeutung für die Einschätzung der Ergebnisse, denn für den von der Autorin gewählten qualitativen Ansatz sind die Auswertungsregeln weniger eng als für zahlenbasierte quantitative Daten. Umso wichtiger ist es, sich ein Bild von der Vorgehensweise machen zu können.
Aufbau
Der Band hat 238 Seiten, zusätzlich 17 Seiten Literaturverzeichnis. Er ist in sieben Kapitel gegliedert.
- Im ersten Kapitel wird der Arbeitsbegriff erläutert, der noch immer beschränkt ist auf die Erwerbsarbeit. Erwerbsarbeit wird als Quelle der Identität und als Sozialisationsinstanz betrachtet, auf deren Hintergrund sich die Zukunftsvorstellungen der Langzeiterwerbslosen entwickelt haben. Auch die Bedeutung der vorberuflichen Sozialisation wird thematisiert.
- Das zweite Kapitel zeigt den Kontext der Langzeiterwerbslosigkeit auf, hier insbesondere die Regelungen und Reformen der Arbeitsmarktpolitik.
- Im dritten Kapitel geht die Autorin nochmals auf die Bedeutung der Arbeit für die Entwicklung der Person ein und stellt unterschiedliche theoretische Modelle vor.
- Im vierten Kapitel wird das methodische Vorgehen dargelegt. Es werden die Schritte des qualitativen Forschungsprozesses erläutert. Das Vorgehen bei der Gewinnung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, der Durchführung der Interviews und deren Auswertung wird beschrieben.
- Das folgende Kapitel enthält Auszüge aus den Interviews mit Kommentaren der Autorin.
- Im sechsten Kapitel wird eine „Verdichtung und Strukturierung“ geleistet. Die Autorin fasst hier die Ergebnisse zu drei Typen von Erwerbslosen zusammen, charakterisiert durch ihre Zukunftsvorstellungen.
- Das siebte Kapitel enthält ein Fazit, hier insbesondere für die Erwachsenenbildung.
Inhalt
Die Diskussion des Arbeitsbegriffes zu Anfang ist ein bedeutsamer inhaltlicher Teil dieser Arbeit. Verdeutlicht wird, dass Arbeit mehr ist als Broterwerb und man ist als Leserin gespannt, ob die Interviews mit den Langzeiterwerbslosen dies zeigen. Die theoretischen Ausführungen über die Bedeutung der Erwerbsarbeit für die Persönlichkeitsentwicklung und für die Entwicklung der beruflichen Kompetenz stellen den Hintergrund dar für die Formulierung der zweiten Forschungsfrage. Die Autorin erläutert das Konzept der Utopie als als handlungsanleitendes Konzept zur Lebensgestaltung. Als letzter Punkt folgt die „subjektwissenschaftliche Lerntheorie“. Damit ist gemeint, dass Lernen nicht nur eine Reaktion auf äußere Reize (oder Lernangebote) darstellt, sondern aus der Verbindung von objektiven Bedingungen und subjektiven Interessen entsteht. Es ist von daher nur folgerichtig, dass die Autorin detailliert und kenntnisreich die gesetzlichen Regelungen des SGB II und die Praxis der Umsetzung in ihrer Bedeutung für Langzeiterwerbslose darlegt. Dies ist ein bedeutsamer Ausschnitt der objektiven Bedingungen, unter denen sich die subjektiven Interessen der Langzeiterwerbslosen unterordnen müssen.
Diese theoretischen Grundlagen sind handlungsanleitend für die Durchführung der Untersuchung. Die Autorin hat sich für biografische narrative (narrativ = erzählend) Interviews entschieden. Es wird also kein mittels eines Leitfadens strukturiertes Interview geführt, sondern lediglich eine anfängliche Erzählaufforderung formuliert. Dieser Ansatz ist folgerichtig, wenn man zuvor verstanden hat, was mit „gesellschaftlicher Subjektivierung“ gemeint ist. Den Befragten wird die Möglichkeit gegeben, die für sie bedeutsamen Aspekte ihrer Biografie zu benennen. Da den Befragten der Erhebungskontext klar ist, ist die Fokussierung auf die berufliche Entwicklung zwar nicht gefordert, aber naheliegend. Erst nach Abschluss der biografischen Anfangserzählung stellt die Autorin Nachfragen zur Klärung einzelner Aspekte. Diese Nachfragen werden situativ angepasst, sind aber geleitet von dem Interesse der Autorin, Zusammenhänge zu erfassen von frühen biografischen berufsbezogenen Inhalten zu späteren Entscheidungspunkten und Berufsverläufen.
Die Interviews wurden in 2013 und 2014 durchgeführt. Von den neun Interviewpartner haben lediglich drei Personen keine Berufsausbildung. Von den sechs Personen mit abgeschlossener Lehre haben zwei Personen einen Lehrabschluss mittels Fördermaßnahmen der Arbeitsverwaltung erhalten, was jedoch zu keiner Veränderung ihres Status als Langzeiterwerbslose geführt hat. Vier der Befragten sind jüngere Erwerbslose zwischen 19 und 34 Jahren, von denen eine Person (34 J.) nach vierjähriger Arbeitslosigkeit wenige Wochen vor dem Interview wieder eine Erwerbsarbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt begonnen hat. Die Dauer der jeweiligen Interviews variiert beträchtlich zwischen einer und zweieinhalb Stunden. Ein Interview wird sehr ausführlich dargestellt (42 Seiten), einerseits in Form von Textauszügen aus der Anfangserzählung, aber auch mit einer Herausarbeitung der allgemeinen Merkmale der beruflichen Biografie unter Hinzuziehung der Informationen aus den Nachfragen. Die Ergebnisse eines zweiten Interviews werden mit 17 Seiten ebenfalls ausführlicher dargestellt. Für die restlichen sieben Interviews wählt die Autorin eine Kurzdarstellung zwischen eineinhalb und vier Seiten.
Aus den Interviews wird ein Panorama von Wünschen, Utopien, Kämpfen, Siegen und Niederlagen deutlich. Es ist berührend und zugleich bedrückend zu lesen, mit welcher Vergeblichkeit immer neue Kämpfe ausgefochten werden, nicht selten zu Lasten der psychischen und physischen Gesundheit. In nur wenigen Biografien wird das für den Menschen so zentrale Gefühl erkennbar, auf das eigene Leben Einfluss zu haben. Umso mehr erstaunt, dass der Wunsch nach einem besseren Leben noch nicht der vollständigen Resignation erlegen ist. In den meisten Fällen wird deutlich, dass schon sehr früh, noch in der Kindheit, Brüche stattgefunden haben, die in die Gegenwart wirken. Beschämt nimmt man zur Kenntnis, dass in der reichen Bundesrepublik Deutschland Menschen darum kämpfen müssen, die Basiskompetenzen wie Lesen, Schreiben und Rechnen als Erwachsene nachholen zu können.
In Bezug auf die erste Forschungsfrage (Welche Vorstellungen haben die Langzeiterwerbslosen in Bezug auf ihre berufliche Zukunft) formuliert die Autorin drei Typen:
- Personen, die keine Vorstellung von der Zukunft haben,
- individuell-selbstbestimmte Vorstellungen von der beruflichen Zukunft und
- institutionell-angepasste Vorstellungen von der beruflichen Zukunft.
Diese Typen stellen keine Einteilung der neun Personen dar. Sie können innerhalb einer Person zu unterschiedlichen Zeiten auftauchen. Die ersten beiden Typen sind selbsterklärend. Unter institutionell-angepasst wird verstanden, dass die Person ihre berufliche Orientierung an den jeweiligen institutionellen Anforderungen ausrichtet – sei es der Arbeitsverwaltung, des Ausbildungssystems, aber auch der normativen Erwartungen (z.B. der Rolle als Mutter).
Zu zweiten Forschungsfrage „Inwiefern werden die eigene Biographie, Erfahrungen, Kompetenzen, Interessen etc. bei der Entwicklung beruflicher Zukunftsvorstellungen berücksichtigt?“ nimmt die Autorin im sechsten, relativ kurzen Kapitel Stellung. Sie macht deutlich, dass die Erfahrung, Einfluss auf die Lebenssituation zu haben – das grundsätzliche menschliche Bedürfnis nach Wirksamkeit im eigenen Leben – eine wesentliche Grundlage für die Verfolgung von Interessen ist, hingegen der Typus „keine Vorstellungen von der Zukunft“ als Resultat von Misserfolgserfahrungen gesehen werden kann.
Auf die dritte Forschungsfrage „Welche Bedeutung haben die gewonnenen Erkenntnisse für die Erwachsenenbildung und die Lernforschung?“ gibt die Autorin drei Antworten: informell erworbene Kompetenzen sollten anerkannt werden; biografische Ansätze sollten in der Vermittlungspraxis genutzt werden, um nicht nur Defizite zu identifizieren, sondern auch Zukunftsvorstellungen, die einen Ansatz zur Ressourcenförderung bieten; eine „mündigkeitsorientierte“ Weiterbildung sollte ermöglicht werden.
Diskussion
Will man nun das Werk von Frau Bonna einer Bewertung unterziehen, so sollte zunächst einmal klar gemacht werden, für wen das Buch einen Nutzen haben kann. Es ist als Forschungsarbeit geschrieben worden und damit zunächst einmal für die „scientific community“ eine Referenz für weitere oder ähnliche Arbeiten.
Die Autorin hat Lebenskonzepte einer Bevölkerungsgruppe untersucht, auf die sich eine Vielzahl von Maßnahmen der Arbeitsverwaltung (und damit auch ein erheblicher Teil öffentlicher Gelder) bezieht, über die jedoch außer ein paar mageren statistischen Zahlen nicht viel bekannt ist. Es ist eine Bevölkerungsgruppe, die nicht „forschungskompatibel“ ist, weil ihr zumeist die Eloquenz und in manchen Fällen auch die Grundkompetenzen des Lesens und Schreibens fehlt. Dadurch werden sie in der sozialwissenschaftlichen Forschung selten adressiert. Das allein ist ein großer Verdienst dieser Arbeit.
Aus der Perspektive der Forschung mag man vielleicht nicht jede Schlussfolgerung der Autorin teilen. Auch hätte man sich vorstellen können, dass die subjektive Konstruktion der eigenen Biografien in Relation zu den „objektiven“ Verhältnissen und die Bedeutung dieser Relation für den Forschungsprozess mehr problematisiert wird. Jedoch ist der Forschungsprozess ausreichend transparent dargestellt und daher nachvollziehbar (wenn man davon ausgeht, dass theoretisch auch die Interviewmanuskripte einsehbar sind).
Empfehlen möchte ich das Buch vor Allem jenen Personen, die mit Arbeitslosen zu tun haben, sei es privat, ehrenamtlich oder beruflich. Diese Leser können das vierte Kapitel mit den methodischen Erläuterungen überspringen. Für ungeduldige Leser ist auch der Theorieteil auslassbar, wenngleich er das Verständnis der Biografien erleichtert. Vermittlungsfachkräfte der Arbeitsagenturen und Jobcenter mögen geneigt sein, das Kapitel über die rechtlichen Regelungen aus zu lassen. Dies ist jedoch nicht zu empfehlen, da die Autorin verdichtet darstellt, welche Auswirkungen das Konzept des Forderns und Förderns auf die Lebensgestaltung der Betroffenen hat. Von besonderem Interesse für alle Leserinnen und Leser sollten die Interviewtexte sein bzw. deren Zusammenfassung und Kommentierung. Dies gilt auch und gerade für die Vermittlungsfachkräfte, da diese vermutlich in der alltäglichen Beratungssituation nur selten Gelegenheit haben werden, eine kohärente umfassende Biografie aus der Sicht der Betroffenen anzuhören und zu erfassen, ohne sie in vorgegebene Kategorien von Stärken und Schwächen einer Person pressen zu müssen. Die Interviews ermöglichen es, den professionellen Blick nicht nur auf die Vermittlungshemmnisse wie z.B. fehlende oder falsche Qualifikation, Hilflosigkeit, Resignation, Verweigerung, Erkrankung zu werfen, sondern deren Entstehungsgeschichte nachzuvollziehen.
Auf den ersten Blick mag es – insbesondere aus der Perspektive der Arbeitsverwaltung – pragmatisch und naheliegend erscheinen, den institutionell-angepassten Typus zu fördern. Jedoch erscheint es mir fraglich, ob die vielfältigen Hindernissen und Krisen in den Lebensläufen der Befragten mit einer solchen Haltung zu bewältigen sind. Der individuell-selbstbestimmte Typus mag für Vermittlungsfachkräfte schwerer zu handhaben sein. Andererseits kann man dort die Ressourcen vermuten, die es ermöglichen, nach Rückschlagen einen Neuanfang zu wagen und Krisen zu überwinden und auch den vielfältigen Gefahren der Demotivierung, die unsere Gesellschaft für Langzeiterwerbslose bereit hält, zu widerstehen
Die Biografien machen deutlich, dass die (v.a. finanziellen) Sanktionsmöglichkeiten der Arbeitsverwaltung ein Teil des Problems, der individuellen Krisen, der Hindernisse und des Ausschlusses von Teilhabe darstellen. Die schon vor fast fünfzehn Jahren publizierte Erkenntnis, dass die (finanziellen) Sanktionen mehr Aufwand als Nutzen erzeugen (Wilke, 2004), der Verweis auf die Nebenwirkungen von Sanktionen bei jungen Erwerbslosen (Berg van den, Uhlendorff & Wolff, 2017) und profunde Stellungnahmen zu diesem Thema (Hofman, Koch, Kupka u.a., 2011) haben offenbar zu keinem Kurswechsel geführt. [1] Zu verführerisch sind die erreichbaren „Abgänge“ aus Arbeitslosigkeit infolge von Sanktionen, ohne dass uns die Forschung derzeit erklären kann, wo diese Personen verbleiben und ob nachhaltige Lösungen gefunden wurden. Zu verführerisch scheint die Vorstellung zu sein, dass die durch Sanktionen (im Kontext des „Forderns“) aufgebaute Drohkulisse für alle Arbeitslosen die Verwaltung der Arbeitslosigkeit erleichtere.
Der getaktete Arbeitsalltag in der Arbeitsverwaltung wird vermutlich nur einen raschen Blick auf die Defizite, auf die Lücken und Versäumnisse zulassen, die es auszugleichen gilt, um die Wiedervermittlungschancen zu verbessern. Der tiefere Blick in diese Biografien zeigt jedoch, dass in den gebrochenen oder gar „gescheiterten“ Lebensläufen der Langzeiterwerbslosen auch erstaunlich viel Ressourcen erkennbar sind und ein Wille zur Überwindung. Selbst bei bedrohter Existenzsicherung ist häufig die materielle Sicherung nicht allein ein aktivierendes Motiv. Vielmehr sind es die Träume, die Utopien, die Wünsche nach Verwirklichung. Die Versuchung ist groß, den Langzeiterwerbslosen einen mangelnden Realitätsbezug zu zuschreiben. Dabei würde man jedoch missachten, dass gerade in den Wünschen und Lebensutopien vermutlich die Kraft und der Willen zur Überwindung widriger Umstände, zum Neuanfang, und damit ein Ansatz für Empowerment und für einen ressourcenorientierten Förderansatz liegen. Jedoch sollten wir auch anerkennen, dass in unterschiedlichen Lebenslagen die gemeinhin positiv bewertete langfristige Lebensplanung dysfunktional sein kann: In einer Lebensumwelt, die keine Sicherheit und Perspektive bietet, könnte es gesundheitsförderlicher sein, flexibel auf sich bietende Gelegenheiten zu reagieren, statt an Langzeitpläne festzuhalten.
Jedem, der diese Biografien liest, muss deutlich werden, wie sehr es unsere Pflicht ist, Langzeiterwerbslosen beizustehen, Hilfe anzubieten und sie für das zu achten, was sie bisher geleistet haben, auch wenn dies anderes ist, als wir selbst geleistet haben. Das ist keine leichte Aufgabe, denn offenbar haben wir wenig Hilfe anzubieten.
F. Bonna vergisst nicht darauf hinzuweisen, dass Qualifizierungsmaßnahmen keine Arbeitsplätze schaffen. Jedoch kommt den Weiterbildungsangeboten die Funktion zu, Teilhabe und Selbstbestimmung zu fördern. Sie äußert die Einschätzung, dass eine Erwachsenenbildung, die Mündigkeit fördert, im System der Arbeitsverwaltung nicht erwünscht ist. Sie sieht die Notwendigkeit, Arbeit nicht nur über Erwerbsarbeit zu definieren. Denkt man diesen allerletzten Satz in diesem Buch weiter, so landet man unweigerlich bei der Frage nach strukturellen gesellschaftlichen Veränderungen angesichts einer Zukunft, in der durch technologischen Fortschritt bezahlte Arbeit Mangelware zu werden droht. Dann gilt es, die (jetzt schon) reichlich vorhandene unbezahlte Arbeit und die vorhandene bezahlte Arbeit auf mehr Schultern zu verteilen und für Existenzsicherung zu sorgen.
Fazit
In diesem Band – eine Dissertationsschrift – werden die Ergebnisse von neun narrative Interviews mit Langzeiterwerbslosen dargestellt. Es werden drei Typen von beruflichen Zukunftsvorstellungen identifiziert, die in unterschiedlichen Lebensphasen einer Person auftreten können:
- keine Vorstellung
- individuell-selbstbestimmte Vorstellungen und
- institutionell-angepasste Vorstellungen von der beruflichen Zukunft.
Für die Erwachsenenbildung werden drei Schlussfolgerungen abgeleitet:
- informell erworbene Kompetenzen sollten anerkannt werden;
- biografische Ansätze sollten in der Vermittlungsarbeit genutzt werden, um nicht nur Defizite zu identifizieren, sondern auch Zukunftsvorstellungen, die einen Ansatz zur Ressourcenförderung bieten;
- die Forderung nach einer „mündigkeitsorientierte“ Weiterbildung wird aufgestellt.
Die Interviews bieten reichhaltiges Material insbesondere für Personen, die professionell, ehrenamtlich oder privat mit dem Leben von Langzeitarbeitslosen konfrontiert sind.
Literatur
- Berg, Gerard J., van den, Uhlendorff, Arne, Wolff, Joachim (2017). Wirkungen von Sanktionen für junge ALG_II_Bezieher. Schnellere Arbeitsaufnahme, aber auch Nebenwirkungen. IAB-Kurzbericht, 05/2017).
- Hofmann, Barbara, Koch, Susanne, Kupka, Peter, Rauch, Angela, Schreyer, Franziska, Stops, Michael, Wolff, Joachim, Zahradnik, Frank (2011). Wirkung und Nutzen von Sanktionen in der Grundsicherung. IBA-Stellungnahme 5/2011.
- Wilke, Ralf (2004). Eine empirische Analyse von Sanktionen für Arbeitslose in Westdeutschland während der 1980er und 1990er Jahre. In: Zeitschrift für Arbeitsmarktforschung, Jg. 37, H. 1, S. 45-52.
[1] Einen neueren Überblick vom Februar 2017 zur Wirkung von Sanktionen im SGB II enthält die Dokumentation der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, abrufbar unter: www.bundestag.de
Rezension von
Prof. em. Dr. Gisela Mohr
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