Jörg M. Leuchtner: Datenschutz in der Pflege
Rezensiert von Diplomökonom Univ. Uwe Huchler, 03.08.2018

Jörg M. Leuchtner: Datenschutz in der Pflege. Ein Praxishandbuch. medhochzwei Verlag GmbH (Heidelberg) 2018. 177 Seiten. ISBN 978-3-86216-343-4. D: 49,99 EUR, A: 51,40 EUR.
Autor
Jörg M. Leuchtner ist Rechtsanwalt in Freiburg bei HKS – Rechtsanwaltspartnerschaft mbH. Er ist zugleich Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht und Fachanwalt für Steuerrecht und war Justitiar an einem Institut der Frauenhofer Gesellschaft. Seit 2011 berät er als externer Datenschutzbeauftragter Träger und Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens (Altenhilfe, Jugendhilfe, Einrichtungen der Caritas und Diakonie) und ist Gründer der Freiburger Datenschutzgesellschaft mbH.
Thema
Am 25. Mai 2018 begann eine neue Zeitrechnung im Umgang mit Datenschutz. Mit dem unmittelbaren Inkrafttreten der EU-Datenschutz-Grundverordnung sehen sich alle Unternehmen, Vereine, Non-Profit-Organisationen in Europa neuen Herausforderungen gegenüber. Innerhalb kurzer Zeit (zwei Jahre) mussten interne Prozesse und Datenschutzverarbeitungsverfahren an das neue Recht angepasst werden. Seit 25. Mai 2018 können Aufsichtsbehörden Bußgelder verhängen und die Haftungsrisiken für Verantwortliche sind deutlich höher.
Entstehungshintergrund
Bei ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen sowie anderen Organisationen, die Pflege- und Hilfebedürftige Menschen betreuen, pflegen und begleiten, entstehen zwangsläufig eine große Menge an hochsensiblen, personenbezogenen Daten. Diese Daten sind für die Bewältigung von Pflege, Betreuung und medizinischer Versorgung erforderlich. Von grundsätzlicher Bedeutung ist aber gerade der verantwortungsvolle Umgang mit diesen Daten. Als sensible Daten im Sinne der EU-Datenschutz-Grundverordnung gebührt ihnen besondere Beachtung und für ihre Verarbeitung gelten speziellen Anforderungen.
Ziele
Die Ziele des Buches sind folgendermaßen formuliert und betreffen u.a. die Antwort auf folgende Fragestellungen:
- Wer muss einen Datenschutzbeauftragten bestellen?
- Wann und unter welchen Umständen ist Datenverarbeitung zulässig?
- Wie wird eine Einwilligung gestaltet?
- Welche Rolle spielt die Schweigepflicht?
- Was ist bei den Daten der Beschäftigten zu beachten?
- Wo dürfen Akten mit Gesundheitsdaten aufbewahrt werden?
- Warum wird nach der EU-Datenschutz-Grundverordnung eine Dokumentation zum Datenschutz Pflicht?
Zielgruppen
Das Praxishandbuch richtet sich in erster Linie an die Arbeitsebene und beachtet die tatsächlichen Gegebenheiten und organisatorischen Erfordernisse in Einrichtungen der Pflegebranche.
Aufbau und Inhalt
Das Buch hat 22 Kapitel und verweist auf einen Download-Bereich, der dem Leser eröffnet wird mit Passwort. Die Deutsche Nationalbibliothek bietet Einblick in das vollständige Inhaltsverzeichnis.
In Kapitel 1 wird in die Bedeutung des Datenschutzes im Gesundheits- und Sozialwesen eingeführt. Dabei wird die Entwicklung vom Papier- zur EDV-gestützten Dokumentation erörtert und ein erster Überblick über die rechtlichen Rahmen gegeben.
Kapitel 2 beinhaltet Ausführungen und Erläuterungen zu ‚Personenbezogenen Daten‘, Kapitel 3 zum ‚Recht auf informationelle Selbstbestimmung‘.
Die Schweigepflicht in der Pflege ist Bestandteil von Kapitel 4. Dort gibt es inhaltliche Erläuterungen zu § 203 StGB, zur Schweigepflicht in der Praxis sowie zu den Neuregelungen der Schweigepflicht des § 203 StGB.
In Kapitel 5 sind die rechtlichen Grundlagen ausführlich dargestellt. Das Bundesdatenschutzgesetz, die EU-Datenschutz-Grundverordnung, das Sozialrecht (insbesondere SGB XI).
In Kapitel 6 werden die Grundprinzipien des Datenschutzrechtes erläutert. Das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, die Datenvermeidung und die Datensparsamkeit, der Erforderlich- und der Zweckbindungsgrundsatz, Integrität und Vertraulichkeit, Grundsatz der Verantwortlichkeit sowie Daten und IT-Sicherheit in technischer Hinsicht.
Mit Kapitel 7 werden Fragen zum Datenschutzbeauftragten beantwortet. Wer braucht einen DSB? Wie wähle ich einen DSB aus? Wer kann überhaupt DSB sein? Welche Aufgaben hat ein Datenschutzbeauftragter und welche Rolle spielt er im Unternehmen oder der Einrichtung?
In Kapitel 8 geht es um das Datenschutzmanagement allgemein, z.B. zum Datenschutzaudit oder auch zu Datenschutz als eigenständiger Teil des Qualitätsmanagements.
Kapitel 9 beschreibt die Technischen-organisatorischen Maßnahmen, z.B. Zutritts-/Zugangs- und Zugriffskontrolle, Weitergabe-/Eingabe-/Auftrags- und Verfügbarkeitskontrolle, Trennungsgebot.
Ein Hauptgesichtspunkt der DSGVO sind die Betroffenenrechte. Diese sind umfassend im 10. Kapitel dargestellt, z.B. Auskunft und Akteneinsicht, Recht auf Berichtigung / Löschung und Sperrung, Widerspruchsrecht und Widerruf der Einwilligung, Anrufung der Aufsichtsbehörden sowie Informationspflichten der EU-DSGVO.
Der Meldepflicht gegenüber der Aufsichtsbehörde wird ein eigenes Kapitel (11) gewidmet.
Auch in der Pflege wird eine Reihe von Daten im Auftrag verarbeitet. Kapitel 12 stellt Informationen zur Auftragsdatenverarbeitung zusammen bis hin zur Datenschutzfolgeabschätzung.
Kapitel 13 widmet sich der elektronischen Akte in der Pflege inklusive der Datensicherheit bei elektronischer Aktenführung.
Ganz im Sinne der DSGVO ist das Kapitel 14 mit dem Datenschutzmanagement und den Datenschutzprozessen. Dabei wird zuerst die Rechenschaftspflicht dargestellt, das Datenschutzaudit, die Datenschutzkonzeption und die Datenschutzorganisation, das Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten sowie die organisatorische Maßnahmen und die Datenschutzrichtlinie.
Kapitel 15 zeigt Beispiele für Datenschutzvorfälle, Kapitel 16 dann Anwendungen in der Praxis.
In den weiteren Kapiteln 17 - 22 werden konkret und detailliert einzelne Bereiche ausführlich unter Datenschutzaspekten dargestellt.
So der Pflegevertrag (Kapitel 17), die Patientenaufnahme / die Anmeldung (Kapitel 18), die Pflege und Betreuung mit der Pflegedokumentation (Kapitel 19), die Verwaltung (Kapitel 20) und der Personalabteilung (Kapitel 21). Last but not least kommt die technische Seite mit der IT-Abteilung (Kapitel 22).
Diskussion und Fazit
Jörg Leuchtner stellt mit diesem Werk ein hervorragendes Praxishandbuch zur Verfügung. Es ist sowohl als Einstieg in den Datenschutz und als auch als anwenderorientiertes Praxishandbuch geeignet. Die ersten einführenden Kapitel mit der Bedeutung des Datenschutzes in der Pflege und auch die Ausführungen allgemein zu den Fragen ‚was sind eigentlich personenbezogenen Daten‘ und ‚was ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung‘ sind in genau dem richtigen Umfang auch für Nicht-Juristen verständlich geschrieben. Die nachfolgenden Kapitel mit den Gesetzen zum Datenschutz und den Grundprinzipen des Datenschutzrechtes sorgen auf eine sehr verständliche und praxisorientierte Art, dass der Leser ein grundständiges Basiswissen zum Datenschutz in der Pflege hat, ohne sich zu sehr in Einzelheiten zu verlieren oder in juristischen ‚Tiefen‘ zu verweilen.
Anhand der weiteren Kapitel vom Datenschutzbeauftragten über die Auftragsdatenverarbeitung bis hin zum Datenschutzmanagement kann man sich sinnvollerweise in die notwendigen Tätigkeiten, Verfahren und Maßnahmen der DSGVO einarbeiten. Auch die Ausführungen des Kapitels ‚Technisch-organisatorische Maßnahmen‘ zeigen, dass der Jurist Leuchtner aus der Praxis kommt und konkret als Datenschutzbeauftragter vor Ort in Pflegeeinrichtungen arbeitet und sein ‚Handwerk‘ versteht. Aus seinen vielfältigen Erfahrungen können die Nutzer und Leser des Buches profitieren. Besonders noch hervorzuheben ist der Download-Bereich des Buches über den Verlag. Dort stehen eine Vielzahl von Checklisten, Übersichten und Mustervorlagen zur Verfügung.
Das Praxishandbuch ist mit Stand 2018 sehr aktuell und beinhaltet selbstverständlich auch die Neuregelungen der EU-Datenschutz-Grundverordnung. Auch die eigens aufgezeigten Grenzen zum ‚technischen Datenschutz‘ zeigen von klarem Verständnis der unterschiedlichen Kompetenzen.
Fazit: für alle, die sich mit dem Datenschutz in der Pflege beschäftigen, seien es die Verantwortlichen oder der (interne oder externe) Datenschutzbeauftragte, ein äußerst gelungenes und sehr hilfreiches Praxishandbuch für die tägliche Arbeit.
Rezension von
Diplomökonom Univ. Uwe Huchler
Analyse und Beratung in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft, externer Datenschutzbeauftragter bei diversen sozialen Einrichtungen und Bildungseinrichtungen, Chefredakteur von www.social-software.de. www.Kita-Datenschuz.info
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