Jennifer Bausch: "Anders, na und?!" (emotionale und soziale Entwicklung)
Rezensiert von Prof. Dr. Johannes Bach, 04.04.2019

Jennifer Bausch: "Anders, na und?!". Chancen und Risiken für Kinder mit dem Förderbedarf emotionale und soziale Entwicklung.
Julius Klinkhardt Verlagsbuchhandlung
(Bad Heilbrunn) 2018.
341 Seiten.
ISBN 978-3-7815-2230-5.
D: 48,00 EUR,
A: 49,40 EUR.
Reihe: Klinkhardt Forschung.
Thema
Die Inklusion von Schülerinnen und Schülern mit dem Förderbedarf emotionale und soziale Entwicklung in den schulischen Kontext stellt eine besondere und anspruchsvolle Herausforderung dar. Diese Schülerinnen und Schüler binden nach Angaben der Autorin die meisten Ressourcen im schulischen Alltag. Es wurde untersucht, ob und unter welchen Bedingungen die inklusive Beschulung von Schülerinnen und Schülern mit dem Förderbedarf emotionale und soziale Entwicklung gelingen kann.
Autorin
Jennifer Bausch, Bachelor und Master of Science Ökotrophologie, Bachelor of Science Psychologie, promovierte am Institut für Heil- und Sonderpädagagik der Justus Liebig Universität Gießen.
Aufbau
Das vorliegende Buch ist zweigeteilt:
- Im erstem Teil („Literaturarbeit“) wird auf der Basis eines systematischen Reviews ein Überblick über den aktuellen Stand der Forschung gegeben.
- Im zweiten Teil („Eigene Datenerhebung“) wird überprüft, ob der Forschungsstand mit praktischen Expertenerfahrungen übereinstimmt.
Inhalt
Der erste Teil der Arbeit soll einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand geben. Er ist wie folgt untergliedert:
- Zunächst wird eine begriffliche und inhaltliche Einführung in die zentralen Begriffe Inklusion und inklusive Beschulung vorgenommen.
- Im zweiten Schritt wird auf den sonderpädagogischen Förderbedarf emotionale und soziale Entwicklung eingegangen, dieser genauer beschrieben und vom Förderbedarf Lernen abgegrenzt.
- Im dritten Abschnitt beschreibt Frau Bausch die aktuelle Situation der inklusiven Beschulung in Deutschland und weist auf die Notwendigkeit bestimmter Rahmenbedingungen für den Aufbau inklusiver Strukturen hin.
- Im vierten Abschnitt beschreibt die Autorin unterschiedliche Aspekte von Bildungsqualität bzw. unterschiedliche Herangehensweisen an Bildungsqualität und wie sich diese verändert haben.
- Anschließend wird auf die Methodik des systematischen Reviews eingegangen, Besonderheiten geschildert sowie das Analyse-Werkzeug (Computerprogramm) MAXQDA beschrieben.
- Zentral für die Arbeit sind die im Folgenden dargestellten Ergebnisse der Analyse: hierbei wird eine deskriptive Darstellung der Ergebnisse vorgenommen, auf Stärken und Schwächen der einzelnen Studien eingegangen sowie eine vorläufige Beantwortung der Forschungsfrage vorgenommen; bei der zusammenfassenden Darstellung der Ergebnisse wird sowohl eine qualitative als auch eine quantitative Übersicht gegeben.
Im zweiten Teil der Arbeit beschreibt die Autorin die eigene Datenerhebung. Dieser Teil der Arbeit ist wie folgt untergliedert:
- Im ersten Abschnitt (Kap. 6) wird der Forschungsrahmen beschrieben und die Fragestellung präzisiert.
- Es folgt eine Darstellung der Methodik der Datenerhebung (Kap. 7): Erhebungsinstrumente, Stichprobe, Durchführung und Auswertung der Expertenfragebögen.
- Im achten Kapitel werden zunächst die deskriptiven Ergebnisse referiert und dann eine zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse sowie eine Beantwortung der Forschungsfragen vorgenommen.
- Im neunten Kapitel werden zunächst zentrale Ergebnisse diskutiert und eine Einordnung zentraler Forschungsergebnisse vorgenommen. Es folgen eine ausführliche Diskussion der verwendeten Methodik und ein Vergleich hinsichtlich der Stärken und Schwächen der vorliegenden Arbeit mit anderen Arbeiten.
- Abgerundet wird die Arbeit mit einem Ausblick, in dem vier methodische Aspekte formuliert werden, an denen sich künftige Forschungsvorhaben orientieren sollten.
Diskussion
Das Buch gibt einen guten Überblick über den aktuellen Stand der Inklusionsforschung bei Kindern mit sozialem und emotionalem Förderbedarf. Der Leser kann sich über verschiedene Einflussfaktoren, die in diesem Kontext eine Rolle spielen, informieren. Zudem weist Frau Bausch auf Stärken und Schwächen der einzelnen Studien hin und ist angenehm zurückhaltend bei der Interpretation von Einzelbefunden. Des Weiteren deutet sie auf Interaktionseffekte zwischen einzelnen Faktoren hin, welche häufig nicht berücksichtigt werden (vgl. S. 182).
Für ihre eigene Untersuchung wählt die Autorin die Methode der Expertenbefragung. Die Ergebnisse der Expertenbefragung werden systematisch ausgewertet und mit den Ergebnissen der Literatur verglichen. Hierbei zeigte sich eine leicht positivere Einstellung der Experten zu Inklusion als in anderen Untersuchungen bzw. in der Literatur. Die Autorin weist zu Recht darauf hin, dass die von ihr verwendete Kombination hinsichtlich der Methodik bei dieser Thematik noch keine Anwendung in bisherigen Studien gefunden hat. Zudem vergleicht sie die Stärken und Schwächen der vorliegenden Arbeit im Vergleich zu anderen Arbeiten. Im Fazit weist die Autorin darauf hin, dass sich das Modell zur Erfassung der Qualität inklusiver Bildung gut dazu eignet, die aktuell verfügbaren Ergebnisse systematisch zu integrieren. Des Weiteren postuliert sie vier zentrale Gedanken, die bei zukünftigen Forschungsprojekten berücksichtigt werden sollten. Diese zielen auf eindeutig replizierbare Forschungsansätze, unabhängige Forschungsvorhaben, klar definierte Probandengruppen sowie auf exakt definierte Variablen ab. Diese Forderungen sind insofern nachvollziehbar, da sie zu einer größeren Aussagekraft und besseren Vergleichbarkeit der Forschungsergebnisse im Bereich der Inklusion führen würden.
Fazit
Das Buch gibt im ersten Teil der Arbeit einen guten Überblick über den aktuellen Stand der Inklusionsforschung bei Kindern mit sozialem und emotionalem Förderbedarf. Hierbei liefert die Autorin eine gelungene Reflexion durchgeführter Studien in diesem Bereich, zudem werden zentrale Einflussfaktoren dargestellt sowie deren Interaktionseffekte berücksichtigt. Im zweiten Teil der Arbeit werden die Ergebnisse einer eigenen Expertenbefragung in Bezug zu bestehenden Befunden gesetzt. Frau Bausch liefert in ihrem Buch eine sehr gelungene und differenzierte Darstellung der aktuellen Forschungslage und steuert mit der eigenen Befragung auch neue Erkenntnisse bei.
Rezension von
Prof. Dr. Johannes Bach
Dipl.-Psych. Dipl. Theol.
Professor für Entwicklungspsychologie an der Fakultät Sozialwissenschaften der TH Nürnberg
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Es gibt 4 Rezensionen von Johannes Bach.
Zitiervorschlag
Johannes Bach. Rezension vom 04.04.2019 zu:
Jennifer Bausch: "Anders, na und?!". Chancen und Risiken für Kinder mit dem Förderbedarf emotionale und soziale Entwicklung. Julius Klinkhardt Verlagsbuchhandlung
(Bad Heilbrunn) 2018.
ISBN 978-3-7815-2230-5.
Reihe: Klinkhardt Forschung.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/24207.php, Datum des Zugriffs 09.12.2023.
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