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Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft: Inklusion ist machbar!

Rezensiert von Prof. Dr. phil. Barbara Wedler, 23.10.2018

Cover  Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft: Inklusion ist machbar! ISBN 978-3-7841-2984-6

Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft: Inklusion ist machbar! Das Erfahrungshandbuch aus der kommunalen Praxis. Lambertus Verlag GmbH Marketing und Vertrieb (Freiburg) 2017. 296 Seiten. ISBN 978-3-7841-2984-6. D: 25,00 EUR, A: 25,80 EUR.

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Thema

Über einen Zeitraum von drei Jahren trugen Menschen aus der Praxis ihre Erfahrungen mit der Umsetzung von Inklusion im kommunalen Rahmen für andere interessierte Menschen zusammen.

Aufbau

Folgende Inhalte untergliedern dieses Erfahrungshandbuch:

  • Willkommen/ Einleitung
  • Worum geht's?
  • Wie anfangen?
  • Wer macht was?
  • Wie organisieren wir uns?
  • Wie erreichen wir andere?
  • Was tut sich vor Ort?
  • Glossar/ Anhang

Die Deutsche Nationalbibliothek bietet Einblick in das vollständige Inhaltsverzeichnis.

Inhalt

Beim Aufschlagen des Buches werden LeserInnen Willkommen geheißen. In die Reihe der Begrüßungsworte reihen sich u.a. ein Vorstandsvertreter der Carl Richard Montag Förderstiftung, diverse „Aktivisten“ im Bereich praktizierender Inklusion wie auch Gerburg Jahnke. Ihre Definition von Inklusion ist Maßstab für die vorgestellten Beispiele ist: „…das Ziel ist: Vielfalt annehmen. Jeder Mensch ist ein Mensch!“ (S. 8)

Die Botschaft des Buches: „Fangen wir schon mal an!“ (S. 9), wird in der Einleitung pointiert erläutert. Entstehungshintergrund, Vernetzung mit der Montagstiftung sowie die Nutzung der zur Verfügung gestellten Erfahrungen werden thematisiert.

Bei der Frage: Worum geht's? führen die AutorInnen in ihr Verständnis von Inklusion ein und erklären in diesem Zusammenhang Integration. Anschaulich sowie am Prozess orientiert zeigen die AutorInnen, wie sich Kommunen auf den Weg der Themensuche für „Inklusionsprojekte“ machen, stets im Blick die Verknüpfung mit den Menschenrechten. Um Vielfalt real werden zu lassen, wird zur Nutzung die Oldenburger Vielfaltsmatrix vorgestellt. Diese Basics der Inklusion gehen nahtlos über in persönliche Erfahrungen – von „Inklusionshelfern“. Zwei konkrete Beispiele zur Kinderarmut und Barrierefreiheit runden das Kapitel ab.

Das Credo dieses Buches lautet: Hauptsache anfangen (S. 50). Wie anfangen? bietet zunächst ein „Rezept für Inklusion“ (S. 51). Prozessbeispiele stehen für unterschiedliche Startmöglichkeiten auf den Weg zur Inklusion. Als Starthilfe für den gegenseitigen Austausch wird auf den Index für Inklusion verwiesen. Wie dieser in den Alltag integriert werden könnte, zeigen u.a. die „Fragen auf dem Bierdeckel“ und auch die Stadt Oldenburg, die diese in einfache deutsche bzw. leichte Sprache übersetzt hat. Die nächsten vorgestellten Arbeitsschritte dienen der Planung von Veränderungsprozessen. Neben Stolpersteinen, den zwölf Schritten zur Inklusion stehen ebenso die Leitbildentwicklung als Selbstverständnis für die Veränderungsprozesse im Focus des Kapitels. Existentiell, auch im Sinne von Nachhaltigkeit, ist die Finanzierung der Projekte, hier exemplarisch am Fundraising dargestellt. Anwendungsfreundlich bereiten die VerfasserInnen die Schritte zum Spendeneinholen auf. Ebenso anwendungsbereit ist die Planungs- und Dokumentationsvorlage für den Inklusionsprozess. Auch dank wissenschaftlicher Begleitung steht am Ende des Prozesses die Evaluation.

Nach sehr detaillierter und beispielhafter Darstellung des gesamten Veränderungsprozesses geht es im Weiteren um die Potenziale vor Ort. Bei der Frage: Wer macht was? geht es um personelle und persönliche Ressourcen sowie um die Potenziale innerhalb der Gemeinschaft. Ausgehend von dem Fakt, dass Inklusion eine Haltung widerspiegelt, zeigen sich in den fünf Ebenen einer Kommune die Beziehung des Individuums zu den Mitmenschen, zur Kommune. Innerhalb des Prozesses, innerhalb der Kommunen nehmen engagierte Menschen dank unterschiedlichster Kompetenzen verschiedene Schlüsselpositionen ein. Wie beides in einer Person zusammenwirken kann, belegen die würdigenden Zeilen für St. Hanraths. Die exemplarische Vorstellung von Steuerungsprozessen lenkt erneut den Blick der LeserInnen auf die besondere Haltung „inklusiv“ fühlender Menschen. Zitate, Interviews sowie Protokollauszüge veranschaulichen inklusives Führen, professionelle Prozessbegleitung sowie diverse inklusive Bildungsangebote. Ein Konglomerat aus den zuvor genannten Aspekten von Inklusion findet sich in der Dorfuni Dedinghausen.

Die bisher aufgeführten Erfahrungen und konkreten Beispiele belegen die Notwendigkeit des Miteinanders. Wie organisieren wir uns? verweist auf die Kooperation mit Partnern und Mitstreitern. Ebenso wichtig ist der Aufbau eines Netzwerkes sowie die Entwicklung einer „Kultur der Zusammenarbeit“ (S. 144). Dieser Prozess wird begleitet durch (selbst) entwickelte Regeln und Strukturen. Auch dafür steht das Dorf Dedinghausen Modell. Zur Organisation gehört ebenfalls die Partizipation der BürgerInnen, wie sie auf S. 170 einprägsam dargestellt ist. Dank unterschiedlicher Erfahrungen wird auch das Potenzial von Vernetzungen, auch über die Grenzen der Gemeinden hinaus, nachvollziehbar.

Die Gewinnung von Beteiligten und das Überführen der Projekte in die Nachhaltigkeit funktioniert besser mit guter Kommunikation vor Ort sowie gezielter Öffentlichkeitsarbeit. Wie erreiche ich andere? beschreibt dieser Teil des Buches. Dabei spannen die AutorInnen den Bogen von der „richtigen“ (barrierefreien) Sprache, über diverse Kommunikationskanäle bis hin zu gezielten Aktionen.

Wiederum mit einer Federzeichnung werden die LeserInnen auf 12 Prozessbeispiele eingestimmt. Was tut sich vor Ort? ist die kompakte Darstellung unterschiedlichster Inklusionsprojekte.

Das Glossar enthält Begriffsklärungen, die im Zusammenhang mit den kommunalen Erfahrungen mit Inklusion eine Rolle spielen.

Bis in die letzten Zeilen bietet das Erfahrungsbuch wesentliche Informationen für die Praxis im Anhang. Neben dem Nachweis über die verwendeten Literaturquellen findet sich der Zugang zum Download der vollständigen Projekterfahrungen und letztendlich die Liste der Mitwirkenden an dem gesamtgesellschaftlichen Vorhaben Inklusion.

Diskussion

Die Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft stellt Erfahrungen zur Umsetzung von Inklusion von mehr als 30 Kommunen zusammen und macht diese für LeserInnen nachvollziehbar. Lebendig werden diese Erfahrungen durch einen wohldurchdachten Mix aus theoretischen Anteilen, Erfahrungsberichten professioneller sowie ehrenamtlicher Promoter, organisatorischen sowie strukturellen Hinweisen sowie Interview(ausschnitte). Eingebettet sind die konkreten Aussagen/ Ergebnisse zur Umsetzung der Inklusion vor Ort in die innere Logik der Gliederung. Diese wiederum orientiert sich an den praktischen Schritten zur Umsetzung von Inklusion. Insgesamt werden nur markante Aussagen zitiert, lediglich Teilergebnisse präsentiert und wesentliche Teilschritte hin zur Inklusion in unterschiedlichen Bereichen aufgezeigt. Das umfängliche Material, das die Kommunen als Erfahrungsschatz zur Verfügung stellen, wird als Download bereitgestellt. Die begleitenden Zeichnungen machen einfach nur Freude und sind quasi das „I-Tüpfelchen“ auf der sich wiederspiegelnden Kreativität der Menschen in Richtung Inklusion. Angelehnt durch die Worte von Y. Vockerodt (S. 10) macht dieses Buch Mut zum Mit- und Nachmachen. Allerdings sollten LeserInnen bereits über Vorwissen und am besten auch -erfahrungen zur Umsetzung des inklusiven Gedankens verfügen. Es ist ein Praxisbuch im positivsten Sinne, ein Lernbuch, weniger ein Lehrbuch.

Fazit

Das Erfahrungshandbuch gleicht dem Fotoband eines lehrreichen Bildungsurlaubes. LeserInnen blättern darin und hinter jedem „Bild“ steckt eine Geschichte, findet sich ein Erfahrungsbericht, gibt es Handlungshinweise etc. Dank dieses lebendigen Formates kann man sich heraussuchen, was man lesen, bearbeiten, durchdenken möchte, kann sich seine Anregungen selbst zusammenstellen, je nach eigenen Studien- und Arbeitsinteressen. Und auch das ist eine Form von Inklusion – Wissens- und Erfahrungsangebote zur Verfügung stellen, die je nach Bedarf abgerufen werden können.

Rezension von
Prof. Dr. phil. Barbara Wedler
Professur für klinische Sozialarbeit und Gesundheitswissenschaften
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Es gibt 82 Rezensionen von Barbara Wedler.

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ISSN 2190-9245