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Kristof de Witte, Oliver Holz et al. (Hrsg.): Somewhere over the rainbow

Rezensiert von Prof. Dr. Heinz-Jürgen Voß, 04.01.2019

Cover Kristof de Witte, Oliver Holz et al. (Hrsg.): Somewhere over the rainbow ISBN 978-3-8309-3747-0

Kristof de Witte, Oliver Holz, Lotte Geunis (Hrsg.): Somewhere over the rainbow. Discussions on homosexuality in education across Europe. Waxmann Verlag (Münster, New York) 2018. 168 Seiten. ISBN 978-3-8309-3747-0. 29,90 EUR.

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Thema

Der vorliegende englischsprachige Band „Somewhere over the rainbow: Discussions on homosexuality in education across Europe“ stellt die Ergebnisse eines EU-Projektes zur Situation von Homosexuellen in Europa vor. Besonders reflektiert wird dabei die Sexuelle Bildung an Schulen. Am Projekt beteiligt waren sowohl Hochschulen als auch Initiativen aus den europäischen Ländern Belgien, Deutschland, Ungarn, Niederlande, Polen, Spanien, Türkei und Großbritannien.

Entstehungshintergrund

Das EU-Förderprogramm Erasmus+ zielt auf die Förderung europäischen Austauschs. An den geförderten Projekten sind akademische Einrichtungen sowie Institutionen aus der Praxis beteiligt. Der hier vorliegende Sammelband stellt die Projektergebnisse eines Projektes vor, das insbesondere auf die Situation von Homosexuellen fokussierte, gerade im Hinblick auf schulische Kontexte.

Herausgeber_innen

  • Kristof de Witte ist Professor an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der KU Leuven (Belgien);
  • Oliver Holz ist Assistenzprofessor an derselben Fakultät;
  • Lotte Geunis ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Maastricht (Niederlande), Fakultät für Wirtschaftswissenschaften.

Aufbau und Inhalt

Nach einem einführenden Aufsatz, der die Ergebnisse des Forschungsprojekts zusammenfasst, wird in Einzelbeiträgen auf die spezifische Situation Homosexueller und die Situation Sexueller Bildung in den jeweiligen Ländern geblickt.

Das Inhaltsverzeichnis unterteilt sich wie folgt:

  • Kristof De Witte, Oliver Holz, Lotte Geunis: Coming out. A Comparative Analysis of Pupils, Teachers and Parents. Perspectives in Eight European Countries
  • Alexandre Pirotte, Oliver Holz, Evi Bovijn: Being Gay in Belgium: No Problem @ All?!
  • Bernd Drägestein, Olaf Schwarze, Corinna Kapfelsperger, Philipp Aigner: Homosexuality. The History of Gender in Germany
  • Erika Grossmann: The Inconvenient Situation of the LGB Community in Hungary
  • Justyna Ratkowska-Pasikowska, Malgorzata Jarecka-Zyluk: Poland: Homosexuality Yesterday and Today
  • Carmen Santamaría-García, Bruno Echauri Galván: Spain out of the Closet. Homosexuality in Spanish Society and Education
  • Lotte Geunis: Coming out in the Classroom. Young People and LGBT in the Netherlands
  • Nesrin Oruç Ertürk, Berna Güryay: Being Different is not Easy in Turkey
  • Fiona Shelton: Born this Way: Challenging and Addressing Educational Inequity for LGBTI Pupils in the United Kingdom

Inhalt

Kernstück der vorliegenden Arbeit ist eine quantitative Erhebung, mit der in den beteiligten europäischen Ländern insgesamt 3.594 Schüler*innen, 1.742 Lehrkräfte und 1.123 Elternteile befragt wurden. Die Befragung war nicht repräsentativ, gibt aber einen angemessenen Überblick über den Umgang mit Homosexualität der jeweiligen Personengruppe – fokussiert auf den schulischen Kontext. Der größte Rücklauf an Fragebögen konnte in Bezug auf Schüler*innen in den Niederlanden erreicht werden (983 Bögen), in Bezug auf Lehrkräfte in Spanien (691 Bögen) und im Hinblick auf Eltern wiederum in den Niederlanden (360 Bögen). Den geringsten Rücklauf gab es von polnischen Schüler*innen (163 Bögen) und Eltern (52 Bögen) sowie ungarischen Lehrer*innen (59 Bögen).

Trotz der unterschiedlichen Datenbasis ergibt sich ein Überblick über den Umgang mit Homosexualität der Zielgruppen sowie die Thematisierung von Homosexualität im Unterricht. Gerade unter den Schüler*innen und den Lehrer*innen zeigt sich in den meisten Ländern eine recht große Akzeptanz gegenüber Homosexualität.

Schüler*innen: Auf einer Skala von 6 (starke Zustimmung) bis 1 (starke Ablehnung) ergibt sich etwa bei der Aussage „Homosexuelle Menschen sollten die gleichen Rechte wie heterosexuelle Menschen haben“ bei den meisten Ländern ein Mittelwert von deutlich über 5 (Belgien: 5,46; Deutschland: 5,64; Niederlande: 5,68; Spanien: 5,47; Türkei: 5,14; Großbritannien: 5,22), lediglich in Ungarn (4,57) und Polen (3,71) bleibt der Wert unter dieser Marke. Auch im persönlichen Umgang mit Homosexuellen zeigen sich die befragten Schüler*innen nicht irritiert, sondern geben in größerem Maße tolerantes Umgehen an – einziger Ausreißer nach unten sind in der Regel die polnischen Befragten. Durchweg geringere Werte als die allgemeine Anerkennung Homosexueller ergeben sich bei der Frage nach der Thematisierung von Homosexualität im Unterricht: Belgien 4,21; Deutschland 4,67; Ungarn 3,71; Niederlande 4,21; Polen 3,22; Spanien 4,55; Türkei 4,64; Großbritannien 4,57. In größtem Maße sind hier Schüler*innen in Deutschland und der Türkei der Meinung, dass es wichtig ist, in der Schule etwas über Homosexualität zu lernen.

Für die Lehrkräfte zeigen sich in Bezug auf die persönliche Einstellung als Ergebnisse der Befragung ähnliche Werte wie bei den Schüler*innen. In Bezug auf die obige Frage zu gleichen Rechten ergeben sich die folgenden Werte: Belgien 5,73; Deutschland 5,65; Niederlande 5,77; Spanien 5,77; Großbritannien 5,87; in Ungarn (4,69), Polen (4,36) und der Türkei (4,63) bleiben sie unter der Marke von 5,0. Leider werden die Ergebnisse zur Thematisierung im Schulunterricht im Buchbeitrag nicht dargestellt.

Die Eltern erweisen sich etwas skeptischer. Das zeigt sich für Eltern aus Großbritannien, Ungarn und der Türkei gerade in Bezug auf die Thematisierung im Unterricht; selbst sind die Eltern in allen Ländern zögerlich (Mittelwerte 3 bis 4), mit ihren Kindern über sexuelle Themen zu sprechen.

Die Folgebeiträge stellen für die einzelnen Länder die Situation der Homosexuellen noch einmal spezifisch dar. Dabei wird in der Regel auf die Geschichte und die juristische Situation geschaut, ein weiterer Fokus liegt auf den Lehrplänen – und möglichen schulischen „Sendeplätzen“ für Themen Sexueller Bildung (insbesondere zu Homosexualität). Die Beiträge liefern dabei einen komprimierten Überblick, besondere Veränderungen werden benannt. So werden etwa die Auswirkungen des politischen Programms der aktuellen rechtsextremen ungarischen Regierung erörtert; für die Türkei wird zum Beispiel die Entwicklung von Sexualpädagogik / Sexueller Bildung seit 1957 skizziert.

Einordnung und Fazit

„Somewhere over the rainbow: Discussions on homosexuality in education across Europe“ stellt einen informativen Überblicksband dar. Er macht deutlich, welche Bedeutung europäische Zusammenarbeit für Forschungsprojekte und für Sexuelle Bildung haben kann – und er lädt dazu ein, ausgehend von den landesspezifischen Einzelbeiträgen, weiterzulesen und sich für das jeweilige Land ausführlich kundig zu machen.

Interessantes Einzelergebnis ist die Diskrepanz zwischen der persönlichen Einstellung zu Homosexualität und der Thematisierung im Unterricht, die bei den befragten Schüler*innen aufscheint (bei aller Begrenztheit der Aussagekraft der Erhebung). Hier wäre es für die Weiterentwicklung Sexueller Bildung bedeutsam, die Gründe für den Unterschied zu erheben – ob er inhaltlich unterlegt ist oder sich zum Beispiel einfach aus der Art der Fragestellung ergibt.

Rezension von
Prof. Dr. Heinz-Jürgen Voß
Professur Sexualwissenschaft und sexuelle Bildung
Hochschule Merseburg
FB Soziale Arbeit. Medien. Kultur
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Es gibt 61 Rezensionen von Heinz-Jürgen Voß.

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Zitiervorschlag
Heinz-Jürgen Voß. Rezension vom 04.01.2019 zu: Kristof de Witte, Oliver Holz, Lotte Geunis (Hrsg.): Somewhere over the rainbow. Discussions on homosexuality in education across Europe. Waxmann Verlag (Münster, New York) 2018. ISBN 978-3-8309-3747-0. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/24247.php, Datum des Zugriffs 20.09.2024.


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