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Stephanie Witt-Loers: Kindertrauergruppen leiten

Rezensiert von Dr. Mechthild Herberhold, 18.09.2018

Cover Stephanie Witt-Loers: Kindertrauergruppen leiten ISBN 978-3-525-40287-0

Stephanie Witt-Loers: Kindertrauergruppen leiten. Ein Handbuch zu Grundlagen und Praxis. Vandenhoeck & Ruprecht (Göttingen) 2018. 211 Seiten. ISBN 978-3-525-40287-0. D: 35,00 EUR, A: 36,00 EUR, CH: 44,90 sFr.

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Veränderte Neuausgabe

Das vorliegende Buch stellt eine veränderte Neuausgabe des Handbuchs „Kindertrauergruppen leiten“ von Stephanie Witt-Loers und Birgit Halbe dar, das 2013 im Gütersloher Verlagshaus erschienen ist (www.socialnet.de/rezensionen/15294.php). Es beschränkt sich nunmehr auf den – überarbeiteten und ergänzten – Teil von Stephanie Witt-Loers zur Leitung von Kindertrauergruppen; der Teil zur Eltern- und Bezugspersonenarbeit von Birgit Halbe ist nicht mehr mit aufgenommen. Der erweiterte Untertitel verspricht nun ein „Handbuch zu Grundlagen und Praxis“ und gibt damit schon einen Hinweis darauf, was der Autorin wichtig ist.

Zwar wird nicht deutlich, was dazu geführt hat, lediglich den ersten Teil zu aktualisieren, und wer Infos zur Elternarbeit sucht, ist mit der ersten Auflage besser beraten. Abgesehen davon jedoch hat das Buch an Attraktivität und Aktualität nicht eingebüßt. Inhaltlich ist vieles so geblieben wie in der ersten Auflage.

Darüber hinaus gibt es mehrere Ergänzungen – ein erweitertes Traueraufgabenmodell, zusätzliche Mediatoren, ein Absatz zur Diskussion um die Pathologisierung von Trauer, Kreativmaterial und einige Formulierungen:

In die erste Auflage hatte Witt-Loers das Modell der Traueraufgaben nach James William Worden und Chris Paul aufgenommen; in der Neuauflage stellt sie nun ihre Erweiterung des Modells dar: Zum einen ergänzt sie Wordens zweite Aufgabe „Den Schmerz verarbeiten“ (die sich bei ihm auf die Emotionen, somatische Reaktionen und das Verhalten konzentriert) um die Ebene der Gedanken: „Inhaltlich geht es beispielsweise um die Frage nach dem ‚Warum‘, um letzte Worte, letzte Stunden, nicht gesagte Worte und/oder Gesten, den verpassten Abschied, Schuld. Solche Gedankenspiralen können sehr anstrengend und quälend sein.“ (46)

Zum anderen fügt sie eine zusätzliche Aufgabe „Ressourcen aufdecken und aktivieren“ ein. Aus meiner Perspektive als Beraterin freue ich mich sehr über diese Erweiterung. Die eigenen Kraftquellen sind eine zentrale Voraussetzung, um Krisen zu überleben. „Alles, was Kinder jetzt stärken, erfreuen oder Mut und Zuversicht schenken kann, sollte wahrgenommen, aktiviert und genutzt werden.“ (46) Gerade dort, wo Menschen in der Umgebung für sie unerwartete oder unpassende Ressourcen kritisieren, mit denen sich Kinder intuitiv selbst unterstützen (etwa durch den Abiturball, das Fußballtraining, einen Kinobesuch, das Toben mit Freunden), wird durch diese neu formulierte Aufgabe der zentrale Stellenwert der Ressourcen deutlich.

Die Traueraufgaben stellen sich nun wie folgt dar:

  1. Überleben sichern
  2. Den Verlust als Realität akzeptieren
  3. Den Schmerz und quälende Gedanken verarbeiten
  4. Ressourcen aufdecken und aktivieren
  5. Sich an eine Welt ohne die verstorbene Person anpassen
  6. Eine dauerhafte Verbindung zur verstorbenen Person inmitten des Aufbruchs in ein neues Leben finden

Wordens Mediatoren der Trauer – darunter versteht er Faktoren, die zu individuellem Erleben der Trauer und individuellen Verarbeitungsweisen führen – ergänzt Witt-Loers um entwicklungspsychologische Aspekte, Lebensumstände, Ressourcen und den bisherigen Umgang mit schweren Themen in der Familie.

Aktuell wird in Fachkreisen diskutiert, ab wann Trauer zu einer psychischen Krankheit gezählt werden soll. Dies greift die Autorin auf und verweist auf die Stellungnahme des Bundesverbandes Trauerbegleitung sowie eine weitere Publikation (55). Hier wäre wünschenswert, die konkreten Literaturangaben in die Literaturliste mit aufzunehmen und die Stellungnahme im Downloadbereich mit zur Verfügung zu stellen.

Das bereits in der ersten Auflage umfangreiche und inspirierende Kreativmaterial hat die Trauerbegleiterin um eine Vielzahl neuer Anregungen ergänzt: etwa das GefühlsMix-Spiel oder das Trauerland-Spiel, Gipsmasken zur Frage „Wer bin ich?“, Hosentaschenamulette aus Fimo light, Friedhofskerzen mit Serviettentechnik, Kratzbilder unter dem Motto „Im Dunkel Licht finden“ oder auch eine Imaginationsübung, um quälende Gedankenspiralen zu durchbrechen. Eine CD enthält das Buch nicht mehr, die Dateien stehen nun zum Download im Internet zur Verfügung.

Einige Formulierungen im Buch und im Download-Material hat Stephanie Witt-Loers überarbeitet oder erweitert, insbesondere zum Konzept und der Arbeit ihres Instituts Dellanima. Die Literatur hat sie an mehreren Stellen (insbesondere um seit 2013 erschienene Titel) ergänzt; die Liste der im Buch verwendeten Literatur (in der ersten Auflage auf CD) wurde in den Anhang mit aufgenommen, was das spontane Nachschlagen während des Lesens deutlich erleichtert.

Fazit

Nach wie vor lesenswert und allen zu empfehlen, die mit trauernden Kindern zu tun haben. Für diejenigen, die die Ausführungen aus der ersten Auflage schon kennen, lohnt sich auf jeden Fall ein Blick in das erweiterte Aufgabenmodell und den Kreativteil.

Rezension von
Dr. Mechthild Herberhold
Ethik konkret, Altena (Westf.).
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Es gibt 16 Rezensionen von Mechthild Herberhold.

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Zitiervorschlag
Mechthild Herberhold. Rezension vom 18.09.2018 zu: Stephanie Witt-Loers: Kindertrauergruppen leiten. Ein Handbuch zu Grundlagen und Praxis. Vandenhoeck & Ruprecht (Göttingen) 2018. ISBN 978-3-525-40287-0. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/24398.php, Datum des Zugriffs 08.09.2024.


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