Elena Ibello, Anne Rüffer (Hrsg.): Reden über Sterben
Rezensiert von Dr. rer. medic. Kerstin Kremeike, 11.10.2018
Elena Ibello, Anne Rüffer (Hrsg.): Reden über Sterben.
rüffer & rub Sachbuchverlag
(Zürich) 2016.
152 Seiten.
ISBN 978-3-906304-07-6.
D: 18,00 EUR,
A: 18,00 EUR,
CH: 18,00 sFr.
Reihe: Rüffer & Rub cares.
Thema
Im Buch schildern Mediziner, Theologen und andere Mitarbeitende aus der Palliative Care, wie sie Gespräche über das Sterben führen, wie man mit Kindern über das Sterben reden kann und wie man in anderen Kulturen über das Sterben spricht. Ein ebenfalls in vorliegendem Band enthaltener Leitfaden für Gespräche über das eigene Lebensende dient der Unterstützung beim Besprechen des Themas.
Herausgeberinnen
Elena Ibello ist studierte Journalistin, Kulturpublizistin und Kommunikationsbeauftragte des palliative zh+sh, einer Sektion der Schweizerischen Gesellschaft für Palliative Medizin, Pflege und Begleitung. Der Schweizer Verein vertritt palliative-care-spezifische Anliegen in den Kantonen Zürich und Schaffhausen.
Anne Rüffer ist Verlegerin und Teil-Inhaberin des Sachbuch-Verlages rüffer & rub in Zürich. Daneben ist sie als Autorin tätig.
Entstehungshintergrund
Das Buch erschien begleitend zur Ausstellung „Noch mal Leben vor dem Tod“ über das Sterben in Zürich (8. Oktober bis 18. November 2016; www.noch-mal-leben-zuerich.ch).
Aufbau
In sieben Abschnitten wird
- das Thema eingeführt,
- die Dignity Therapy erläutert,
- es werden Betroffene und Versorgende anhand von Bildern und Zitaten vorgestellt,
- die Aufgaben freiwillig Begleitender beispielhaft dargestellt,
- es wird thematisiert, wie mit Kindern über das Sterben gesprochen werden kann,
- ein Interview mit einem Palliativmediziner abgedruckt und
- darauf eingegangen, wie in verschiedenen Kulturen mit Tod und Sterben umgegangen wird.
Den Abschluss des Buches bildet ein Leitfaden zum Besprechen des eigenen letzten Lebensabschnitts und Sterbens.
Inhalt
1. Selten zu früh, manchmal zu spät: Reden über Sterben. Das Buch will Menschen dazu anregen, frühzeitig miteinander über das Sterben sprechen. Solche Gespräche werden als hilfreich beschrieben, selbstbestimmte Entscheidungen zu treffen, den verbleibenden Rest des eigenen Lebens zu gestalten und „unaufgeräumte Angelegenheiten“ in Ordnung zu bringen. Es wird auf Studienergebnisse verwiesen, nach denen Menschen friedlicher sterben und Angehörige weniger traumatisiert zurückbleiben, wenn über das Sterben im Vorhinein gesprochen wurde. Dies sei in unserer Gesellschaft aber nicht Normalität, sondern die Ausnahme.
2. Vom Sinn letzter Worte – Dignity Therapy als Spiritual Care am Lebensende. In diesem Kapitel erläutert Simon Peng-Keller, Professor für Spiritual Care und Seelsorger im Kompetenzzentrum Palliative Care des Universitätsspitals Zürich, die von Harvey Max Chochinov entwickelte Dignity Therapy. Der Autor erläutert die Hintergründe sowie Eckpunkte und dass dabei nicht das Reden über das Sterben wesentlich sei, sondern das Reden über das Sterben im Angesicht des nahenden Todes. Zentral Punkte seien hierbei Selbstvergegenwärtigung, Würdigung des gelebten Lebens und Generativität, also der Wunsch, sein Leben und seine Werte an andere weiterzugeben.
3. … aber dieses Mal sagte er mir „Adieu“. Dieser Abschnitt des Buches besteht aus Bildern und Aussagen Betroffener und Versorgender. So werden darin etwa Pflegekräfte und Mediziner, aber auch Patienten und Hinterbliebene abgebildet und zitiert.
4. Zeit haben: Die Aufgabe der freiwilligen Begleitenden. In diesem Kapitel beschreibt Elena Ibello anhand eines Fallbeispiels die ehrenamtliche Arbeit einer Hospizbegleiterin, ihren Umgang mit Patienten und Angehörigen und das Sprechen über Sterben und Tod.
5. Mit Kindern über Sterben und Tod sprechen. Die Kinderärztin und Kinderonkologin Eva Bergsträsser erläutert in diesem Abschnitt des Buches kindliche Vorstellungen von Krankheit und Tod, geht auf die Bedeutung alters- entwicklungs- und situationsgerechter Informationen zu diesen Themen ein und stellt dar, wie kranke Kinder in Entscheidungsprozesse einbezogen und auf besondere Ereignisse vorbereitet werden können.
6. Was ist Ihnen wichtig für die nächste Zeit? Dieses Kapitel beinhaltet ein Interview der beiden Herausgeberinnen des Buches mit einem Palliativmediziner. Darin ist die Kommunikation über eigene Wünsche zum Lebensende ebenso Thema wie Gespräche mit Patienten und ihren Angehörigen über Sterben und Tod.
7. Cupcakes im Death Café: Wie in anderen Kulturen über Tod gesprochen wird. Die Kommunikationsfachfrau und Autorin Claudia Graf-Grossmann beschreibt in diesem Teil, wie in verschiedenen Kulturen über die Endlichkeit des Lebens gesprochen wird und welche Rituale im Umgang mit Sterbenden und Toten existieren. So bietet etwa das Death Café einen Rahmen, bei Kaffee und Kuchen über Leben und Tod zu sprechen. Auch Beschwichtigungsrituale für Sterbende im Hinduismus und Buddhismus oder der Tag der Toten in Mexiko mit Tanz, Musik und Essen auf dem Friedhof werden beschrieben. Der in einigen Ländern früher häufige Brauch der Klageweiber wird vorgestellt und die damit verbundene Trauerklage als Anregung verstanden, das heutige Brauchtum an Trauerformen zu ergänzen und Trauerfähigkeit als lebensfördernde Ressource zu sehen.
Gesprächsleitfaden: Wünsche in Worte kleide – Den letzten Lebensabschnitt und das Sterben besprechen. Der am Ende des Buches vorgestellte Leitfaden gliedert sich in die vier Abschnitte grundlegende Vorbereitung, Standortbestimmung, das Gespräch sowie nach dem Gespräch. Darin werden Anregungen zum Nachdenken darüber gegeben, was einem im Leben und für das Lebensende wichtig ist und mit wem man darüber sprechen möchte. Es werden z.B. Einstiegsformulierungen vorgeschlagen sowie juristische und medizinische Dokumente angeführt, die nach dem Gespräch relevant sein können.
Diskussion
Der mit 150 Seiten relativ dünne Band widmet sich aus verschiedenen Blickwinkeln dem An- und Besprechen des letzten Lebensabschnitts und des Sterbens. Dabei wird die Sichtweise der Versorgenden ebenso beleuchtet wie z.B. der Umgang mit dem Lebensende in verschiedenen Kulturen. Die unterschiedlichen Formate wie die Darstellung therapeutischer Herangehensweisen und wissenschaftlicher Erkenntnisse oder der Abdruck von Bildern machen die Lektüre kurzweilig und appellieren an ein breites Publikum, dem Thema im Miteinander mehr Raum zu geben.
Fazit
Das Buch will Menschen dazu anregen, (frühzeitig) miteinander über das (eigene) Sterben zu sprechen. Dazu wird aus verschiedenen Blickwinkeln das Thematisieren des letzten Lebensabschnitts betrachtet. Auf die Darstellung wissenschaftlicher Erkenntnisse, therapeutischer Herangehensweisen und verschiedener Rituale im Umgang mit Tod und Sterben folgt ein Leitfaden zur Durchführung, Vor- und Nachbereitung von Gesprächen über das eigene Lebensende. Damit soll für das Thema sensibilisiert und das Ansprechen erleichtert werden.
Rezension von
Dr. rer. medic. Kerstin Kremeike
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Zentrum für Palliativmedizin
Universitätsklinikum Köln (AöR)
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Es gibt 24 Rezensionen von Kerstin Kremeike.
Zitiervorschlag
Kerstin Kremeike. Rezension vom 11.10.2018 zu:
Elena Ibello, Anne Rüffer (Hrsg.): Reden über Sterben. rüffer & rub Sachbuchverlag
(Zürich) 2016.
ISBN 978-3-906304-07-6.
Reihe: Rüffer & Rub cares.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/24428.php, Datum des Zugriffs 25.01.2025.
Urheberrecht
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