Anna Maria Eberl: Allheilmittel Supervision?
Rezensiert von Dr. Wolfgang Rechtien, 11.10.2018
Anna Maria Eberl: Allheilmittel Supervision? Der Umgang mit Risikofaktoren und institutionellen Fehlern in der Teamsupervision. Beltz Juventa (Weinheim und Basel) 2018. 138 Seiten. ISBN 978-3-7799-3846-0. D: 19,95 EUR, A: 20,60 EUR, CH: 27,90 sFr.
Autorin
Anna Maria Eberl, Soz.Päd. (MA), ist als Sozialpädagogin im Bereich der Klinischen Sozialarbeit tätig.
Thema
Zur professionellen Gestaltung und Absicherung sozialarbeiterischen Handelns wird neben anderen Methoden auch die der Supervision herangezogen. Trotz dieser Maßnahmen kann es zu institutionellen Missständen kommen, die Anlass geben, die Methode der Supervision kritisch zu betrachten. Die Autorin zeichnet in ihrer – im Masterstudiengang „Klinische Sozialarbeit“ an der Hochschule Landshut entstandenen Masterarbeit – ein kritisches Bild von Supervision und stellt eine Checkliste zur Fehlerprophylaxe und zum Umgang mit Fehlern vor.
Aufbau
Nach einem Vorwort (von Prof. Dr. Mechthild Wolff) folgen fünf Kapitel:
- Einleitung (S. 9-12)
- Methodik der Supervision (Begriffsbestimmung, Entwicklung, theoretische Zugänge, Arbeitsform und Ziele der Teamsupervision, Kompetenzprofile von Supervisoren und Stellwert von Supervision in der Klinischen Sozialarbeit; S. 13-37)
- Wirkung und Effekte der Supervision (Forschung, positive Effekte und Risikofaktoren, Nebenwirkungen, Forschungsergebnisse; S. 38-80)
- Risikominimierung und Qualitätssicherung in der Supervision (Umgang mit Risikofaktoren, Qualitätsverständnis und Qualitätsverfahren, ethische Leitlinien, Handlungsansätze und Leitlinien zu unbewussten und bewussten institutionellen Fehlern; Checkliste zur Prophylaxe und Umgang mit Fehlern; S. 81-121)
- Zusammenfassung und Ausblick (S. 122-125)
Es folgt ein Abkürzungs- und Quellenverzeichnis (S. 126-137).
Die Deutsche Nationalbibliothek bietet Einblick in das vollständige Inhaltsverzeichnis.
Inhalt
Nach einer Einleitung, in der ein Überblick über Anlass und Zielsetzung der Arbeit gegeben wird, stellt Anna Maria Eberl die Methodik der Supervision und Wirkung und Effekte der Supervision dar. In Vorbereitung auf das im nächsten Kapitel behandelte zentrale Anliegen der Arbeit werden Forschungsergebnisse zu Risikofaktoren, mögliche Fehler des Supervisors und daraus eventuell resultierende Schäden diskutiert.
Im Kapitel über Risikominimierung und Qualitätssicherung geht es um die Frage, wie angesichts der Fehlerquellen die Qualität im Supervisionsprozess gesichert werden kann. Wie lassen sich in der Teamsupervision erscheinenden Verletzungen vermeiden, wie kann mit Risikofaktoren in der Arbeit von Supervisoren und mit institutionellen Fehlern umgegangen werden?
Am Anfang steht die Auseinandersetzung mit dem Qualitätsbegriff – sehr berechtigt, denn dieser lässt sich als normative, subjektive, relationale und prozesshaftdynamische Größe (S. 82) nur schwer nach messbaren Kriterien operationalisieren. Eberl beschreibt vier Konstruktdimensionen: Struktur-, Prozess-, Ergebnis- und Konzeptqualität.
Die von der Deutschen Gesellschaft für Supervision (DGSv e.V.) aufgestellten berufsethischen Leitlinien werden dargestellt; sie betreffen das berufliche Selbstverständnis, das supervisorische Handeln, kollegiales Verhalten, Mitgliedschaft im Berufsverband (mit regelmäßiger Selbstverpflichtung und Kontrolle des beruflichen Handelns) und die Selbstverpflichtung auch zu kontinuierlicher Weiterentwicklung. Die von der DGSV entwickelten Verfahren zur Qualitätssicherung fördern – so Eberl – die Reflexion beruflichen Handelns, fachlichen Austausch und die beraterischen Kompetenzen von Supervisoren, lassen jedoch auch Fragen zu risikominimierenden Verfahren offen.
Anschließend geht die Autorin auf Fehler in institutionellem Handeln ein und erläutert dies anhand schwerwiegender Auswirkungen von Institutionsfehlern und problematischem Handeln von Supervisoren in einer Jugendhilfeeinrichtung (Haasenburg GmbH). Sie behandelt fertigkeitsbasierte Fehler (z.B. Ablenkung, Arbeitsüberlastung, Verwirrung u.a.), regelbasierte Fehler (fehlerhafte Anwendung richtiger Regel; richtige Anwendung falscher Regeln) und wissensbasierte Fehler (z.B. wenn in unbekannten Situationen, für die es keine Regeln gibt, auf situationsinadäquates Wissen zurückgegriffen wird) und zeigt Handlungsregeln zur Qualitätssicherung bei unbewussten und bewussten institutionellen Fehlern auf. Das Kapitel schließt mit einer umfangreichen Checkliste zur Fehlerprophylaxe und zum Umgang mit Fehlern.
In der Zusammenfassung findet sich ein deutlicher Hinweis auf die Notwendigkeit weiterer Forschung, insbesondere hinsichtlich supervisorischer Arbeitsformen und deren positiven und negativen Wirkungen.
Diskussion und Fazit
Anna Maria Eberl greift in ihrer Arbeit ein – angesichts des recht unübersichtlichen und wenig geregelten Tätigkeitsfeldes Supervision wichtiges – Thema auf und behandelt es gründlich. Die von ihr entwickelte Checkliste kann ein nützlicher Beitrag zur Qualitätsverbesserung und -sicherung supervisorischer Arbeit sein.
Rezension von
Dr. Wolfgang Rechtien
Bis 2009 Vorstandsmitglied
und Geschäftsführer des Kurt Lewin Institutes für Psychologie der
FernUniversität sowie Ausbildungsleiter für Psychologische
Psychotherapie.
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Es gibt 37 Rezensionen von Wolfgang Rechtien.
Zitiervorschlag
Wolfgang Rechtien. Rezension vom 11.10.2018 zu:
Anna Maria Eberl: Allheilmittel Supervision? Der Umgang mit Risikofaktoren und institutionellen Fehlern in der Teamsupervision. Beltz Juventa
(Weinheim und Basel) 2018.
ISBN 978-3-7799-3846-0.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/24648.php, Datum des Zugriffs 13.09.2024.
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