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Marianne Heiden: Videoreflexion im künstlerischen Einzelunterricht

Rezensiert von Dr. Jutta Pauschenwein, 16.04.2019

Cover Marianne Heiden: Videoreflexion im künstlerischen Einzelunterricht ISBN 978-3-8309-3772-2

Marianne Heiden: Videoreflexion im künstlerischen Einzelunterricht an Hochschulen. Waxmann Verlag (Münster, New York) 2018. 432 Seiten. ISBN 978-3-8309-3772-2. 39,90 EUR.

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Thema

Der Einsatz von Videos im Instrumental- bzw. Gesangunterricht und die Auswirkungen auf die Interaktion zwischen Studierenden und Lehrenden sind Gegenstand des Buchs.

Autorin

Marianne Heiden, Musikpädagogin und Pianistin, arbeitete als Lehrbeauftragte am Institut für Elementare Musikpädagogik an der Universität Augsburg. Sie dissertierte an der Universität Hamburg und ist derzeit in der Aus- und Fortbildung von ErzieherInnen tätig.

Entstehungshintergrund

Das Buch basiert auf Forschungsarbeiten der Autorin im Rahmen ihrer Dissertation.

Aufbau

Das Buch enthält eine Einführung, zwei Kapitel zum künstlerischen Unterricht, drei Kapitel zum Forschungskonzept, 14 Fallstudien und die Ergebnisdarstellung in drei Kapiteln.

  • Kapitel 1: Einführung: Videoreflexion im künstlerischen Einzelunterricht
  • Kapitel 2: Analyse musikalischer Könnerschaft
  • Kapitel 3: Institutionalisierte Lehre musikalischer Könnerschaft
  • Kapitel 4: Entwicklungskern und videogestützter Reflexionsprozess
  • Kapitel 5: Entwicklung des Konzepts
  • Kapitel 6: Implementation und empirische Erprobung des Konzepts
  • Kapitel 7: Fallstudien: Ergebnisse und Diskussion
  • Kapitel 8: Interpretation und Folgerungen
  • Kapitel 9: Gestaltungsprinzipien und abschließendeEmpfehlungen
  • Kapitel 10: Schlussbetrachtung

Inhalt

Kapitel Einführung beginnt mit der Hypothese, dass Videoreflexion im künstlerischen Einzelunterricht die Musikstudierenden aktiviert und ihre kritische (Selbst-)Reflexion fördert. Im Buch wird dieser Ansatz theoretisch und empirisch untersucht. Basierend auf einer entwicklungsorientierten Bildungsforschung wird das Konzept offengelegt und seine Weiterentwicklung dokumentiert.

Kapitel 2 enthält Hintergrundinformationen zum Lern- und Lehrprozess im künstlerischen Einzelunterricht. Die Zielsetzungen des musikalischen Einzelunterrichts sind hochgesteckt, neben technischer Operationalität, Werkstimmigkeit und Authentizität brauchen MusikerInnen eine hohe Leistungsstabilität in unterschiedlichen Konzertsituationen, sollen jedoch auch ihre eigene künstlerische Ausdrucksform entwickeln. Die Autorin verwendet Polanyis Ansatz, dass implizites Wissen und Lernen die Grundlage von Könnerschaft sind und Schöns Modell der Reflexion im Tun als Teil der professionellen Praxis.

Kapitel 3 Institutionalisierte Lehre musikalischer Könnerschaft widmet sich dem Musikstudium, beschreibt die Methode des künstlerischen Einzelunterrichts und verortet didaktisches Weiterentwicklungspotenzial in Hinblick auf die Beteiligung der Musikstudierenden selbst sowie auf Peer Feedback.

In Kapitel 4 Entwicklungskern und videogestützter Reflexionsprozess werden Spezifika des videogestützten Reflexionsprozesses konkretisiert. Darauf aufbauend wird ein erstes Konzept entwickelt mit handlungsleitenden Prinzipien und Annahmen seiner Funktionsweise. Im Einzelunterricht sollen das Vorgezeigte und Rückgemeldete verstärkt genutzt und die Eigeninitiative der Studierenden stärker gefördert werden. Musikstudierende und Lehrende videografieren den künstlerischen Einzelunterricht und erstellen Arbeitsvideos. Die Studierenden beobachten sich selbst beim Handeln und nehmen dabei sowohl eine Innenperspektive als auch eine Außenperspektive ein. Diskrepanzerfahrungen machen dabei „Blinde Flecken“ sichtbar. Ausgewählte Videoszenen werden vor allem mittels Text kommentiert.

In Kapitel 5 Entwicklung des Konzepts ist beschrieben, wie durch Videoreflexion der künstlerische Einzelunterricht intensiver genutzt und die (Selbst-)Wahrnehmung erweitert werden sollte. Die Studierenden selektieren relevante Videoszenen und halten ihre persönliche Deutung fest (offene Reflexion) oder entwickeln eigene Deutungen und methodische Überlegungen, hier kommen auch Metaphern zum Einsatz(differenzierte Reflexion).

Das nächste Kapitel beschreibt die Implementation und empirische Erprobung des Konzepts am Leopold-Mozart-Zentrum der Universität Augsburg. Zum Einsatz kam die Lernplattform edubreak, die die Videoreflexion online gestützt erlaubt. Acht Lehrende mit insgesamt 14 Studierenden nahmen im Studienjahr 2011/12 am Projekt teil. An die Forschungsfragen schließen sich in diesem Kapitel die Darstellung der ausgewählten Erhebungsmethoden und -zeitpunkte, Informationen zur Datenerhebung sowie die Beschreibung der quantitativen und qualitativen Analyse der Videokommentare, an.

Kapitel 7 Fallstudien: Ergebnisse und Diskussion schildert die Ergebnisse aus dem Einsatz der Methode in 14 Einzelfalldarstellungen, die auch Anpassungen im Lauf der die Erprobungszyklen sichtbar machen. Abschließend werden die einzelnen Fälle miteinander verglichen.

In Kapitel Interpretation und Folgerungen werden die Ergebnisse der Konzepterprobung zusammenfassend interpretiert basierend auf den theoretischen und empirischen Grundlagen. Die meisten Studierenden fertigten die Videoaufzeichnungen bedarfsorientiert an. Sie nahmen beim Ansehen der Videos Diskrepanzen zwischen ihrer Erinnerung an den Unterricht und dem Video wahr. Ihre Kommentare waren knapp gehalten und enthielten Metaphern. Der Transfer der Reflexionsergebnisse war für die Studierenden selbstverständlich. Lehrende schätzten den Einfluss der Videoaufnahme auf den Unterricht größer ein als Studierende.

In Kapitel 9 Gestaltungsprinzipien und abschließende Empfehlungen sind anhand von sieben Gestaltungsprinzipien Empfehlungen angeführt. Dabei handelt es sich um die Gestaltungsprinzipien Zyklus und Variation der Videoaufnahmen (Prozessebene), Selbsttätigkeit und Begleitung (Ebene der Lehr- und Lernaktivität), Vertrauen (Ebene der Beziehung) sowie Vorbereitung und Unterstützung (Rahmenbedingungen).

In Kapitel 10 Schlussbetrachtung sind die Kernergebnisse in Bezug auf die Forschungsfragen zusammengefasst und das weitere Potenzial der Videoreflexion außerhalb des künstlerischen Einzelunterrichts dargestellt.

Diskussion

Auf über 400 Seiten wird die Anwendung der Videoreflexion im Musikstudium umfassend beleuchtet. In anderen Unterrichtsfächern gibt es selten die Möglichkeit einzelne Lernende so intensiv zu fördern, wie das im Musikunterricht der Fall ist. Trotzdem können aus dem Buch Ideen für den Hochschulunterricht allgemein abgeleitet werden.

Die genaue Analyse der Videoreflexion kann auch in anderen Kontexten als dem Musikstudium nützlich sein und Studierenden eine zusätzliche Sicht auf ihre Performance geben, wie das die Studierenden im beschriebenen Projekt erfuhren. Besonders nützlich können die Empfehlungen zum Verfassen von Videokommentaren für Studierende und Lehrende sein, welche leicht für andere Unterrichtssituationen angepasst werden können.

Das Buch unterstützt bei der Prozessentwicklung des Einsatzes der Videoreflexion, beim Aufsetzen der Rahmenbedingungen, der Formulierung der Lehr- und Lernaktivitäten sowie beim Aufsetzen der nötigen vertrauensschaffenden Maßnahmen. 

Fazit

Dieses Buch bietet Einsicht in den musikalischen Einzelunterricht und stellt ein Konzept für die Integration der Videoanalyse in den Unterricht an einer Musikhochschule dar. Methodisch genau und verständlich wird der Einsatz der Videos und der Umgang der Studierenden und Lehrenden mit diesem Medium beschrieben. Das Potenzial des Transfers in andere Fachgebiete sehe ich als hoch an. Fordert man die Studierenden heraus, erarbeitete Inhalte im Video darzustellen und ihre Performance zu reflektieren, könnte eine tiefe Auseinandersetzung im Lernprozess erzielt werden. Wie genau man ein solches Projekt aufsetzen sollte, erfährt man beim Durchblättern des Buches.

Rezension von
Dr. Jutta Pauschenwein
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Es gibt 21 Rezensionen von Jutta Pauschenwein.

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Zitiervorschlag
Jutta Pauschenwein. Rezension vom 16.04.2019 zu: Marianne Heiden: Videoreflexion im künstlerischen Einzelunterricht an Hochschulen. Waxmann Verlag (Münster, New York) 2018. ISBN 978-3-8309-3772-2. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/24667.php, Datum des Zugriffs 23.01.2025.


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