Harald Dreßing, Peter Gass: Stalking! Verfolgung, Bedrohung, Belästigung
Rezensiert von Prof. Dr. Joachim Birzele, 18.10.2005

Harald Dreßing, Peter Gass: Stalking! Verfolgung, Bedrohung, Belästigung.
Verlag Hans Huber
(Bern, Göttingen, Toronto, Seattle) 2005.
154 Seiten.
ISBN 978-3-456-84196-0.
17,95 EUR.
CH: 31,90 sFr.
Zur Thematik und Vorgeschichte des Themas
Stalking - ein Kunstwort aus dem Englischen - drängt seit einiger Zeit in die Diskussion um psychosoziale Belastungen oder Konflikte im Alltags- oder Berufsleben. Hinter Stalking verbirgt sich einerseits das Phänomen, dass (berühmte) Menschen verfolgt, belästigt oder mit Psychoterror überzogen werden und dadurch krank werden können. Andererseits entwickelt sich zu Stalking ein wissenschaftlicher Ansatz, vor allem in der internationalen englischsprachigen Öffentlichkeit.
Das vorliegende Buch bietet - wohl zum ersten Mal in deutschsprachigen Bereich - zu dem Thema einen grundlegenden Ein- und Überblick.
Inhalt
In insgesamt 8 Kapiteln wird unter der Überschrift "Stalking" dem Leser die Thematik auf unterschiedlichen Herangehensweisen vorgestellt.
- Im ersten Kapitel wird der aktuelle Forschungsgegenstand zu Stalking diskutiert. Ausgehend von dem Versuch einer Definition von Stalking, über statistische Merkmale (wie lange, wie häufig ...) und bis zur Charakterisierung der Täter sowie die Auswirkungen auf die Opfer werden hier die Grundlagen geschaffen, die wichtig sind, um das Phänomen kennen zu lernen.
- Im zweiten Kapitel werden spezielle forensisch-psychiatrische Aspekte vorgestellt. Hierbei wird auf Untersuchungen zurückgegriffen, die Aussagen über Stalkingkategorien zulassen (Typen von Stalkern etc.). Ebenso werden Überlegungen zur Schuldfähigkeit sowie zu den Konsequenzen z.B. einer verminderter Schuldfähigkeit eingegangen.
- Kapitel drei stellt eine ausführliche Falldarstellung eines Stalkingopfers dar. Dabei werden die zuvor theoretisch beschriebenen Mechanismen des Stalking anschaulich dargestellt.
- Wie man Stalking-Opfer wird sowie mögliche Gegenmaßnahmen werden im darauf folgenden Kapitel 4 besprochen. Hierbei werden wiederum Statistiken herangezogen zu Themen wie: wer wird Opfer, wie wird "gestalkt", welche Abwehrmechanismen können aufgezeigt werden, gibt es "Anti-Stalking-Regeln" etc.
- In dem umfangreichen Kapitel 5 werden zwei Bereiche diskutiert: die gesundheitlichen Folgen von Stalking für die Opfer sowie deren Therapie. Hierbei werden die Unterpunkte psychische Symptomatiken, die körperlichen Folgen sowie die Auswirkungen auf die Familie oder Beruf erläutert (Kap. 5.1). In Kap. 5.2 werden anhand von Krisenmodellen die Möglichkeiten einer Behandlung von Opfern diskutiert (Therapiemöglichkeiten während und nach Beendigung des Stalking, medikamentöse Behandlung sowie Selbsthilfegruppen und Internetsupport).
- Die rechtlichen Möglichkeiten gegen Stalking werden in Kapitel 6 differenziert nach verschiedenen Ländern vorgestellt. Hierbei werden vor allem die Rechtssituationen im amerikanischen, im europäischen sowie im japanischen Raum näher besprochen. Die rechtliche Situation in Deutschland ist zwar ausführlich gehalten, jedoch gibt es hierzulande noch kein dezidiertes Gesetz gegen Stalking.
- Unter der Überschrift "kann man Stalker therapieren?" werden im 7. Kapitel dann wiederum empirische Befunde zu Stalkern, eine Darmstädter Stalking-Studie und weitere Kenntnisse über Stalker vorgestellt. In weiteren Unterkapiteln sind Themen wie der Umgang, die Gesprächsführung sowie ein interdisziplinäres Fallmanagement mit Stalkern erwähnt.
- Das letzte Kapitel schließt das Thema mit einem Ausblick.
Zielgruppe
Das Buch richtet sich an Personen, die sich grundlegend rund um das Thema Stalking informieren möchten. Es bietet sich also sowohl für den Einsteiger, für Studierende oder für den fortgeschrittenen Leser der Thematik an.
Diskussion und Fazit
Um eine Einführung in das Phänomen Stalking zu erlangen, kann das Buch eine gute Hilfe sein. Es führt auf unterschiedliche Sichtweisen in die Thematik ein, und gibt so einen gut lesbaren Überblick. Aufgrund der unterschiedlichen Autoren, die die einzelnen Kapitel bearbeiten, gibt es jedoch des Öfteren Wiederholungen. So wird das Thema "welche (empirischen) Befunde gibt es über Stalking", in den diversen Kapiteln immer wieder neu aufgerollt, manchmal auch mit unterschiedlichen Ergebnissen. Die Überschrift in Kapitel 7 "kann man Stalker therapieren?" verheißt etwas anderes, als was dann im Text erscheint. Die Antwort wird - wenn überhaupt - in gänzlicher Kürze zum Schluss gegeben. Stattdessen wird, wie oben erwähnt, erneut Datenbefunde über Stalking vorgestellt. Eine umfangreiche Literaturliste ergänzt die Thematik.
Eine grundsätzliche Überlegung ist, ob das Thema Stalking nicht ebenso wie Mobbing als Modethema oder sogar im Sinne einer Konstruktion von Krankheit (vgl. die Diskussion über die "Krankheitserfinder") zu verstehen ist. Aber um darauf eine Antwort zu erlangen, ist eben nötig, ein Buch über Stalking zu lesen.
Rezension von
Prof. Dr. Joachim Birzele
Es gibt 7 Rezensionen von Joachim Birzele.
Zitiervorschlag
Joachim Birzele. Rezension vom 18.10.2005 zu:
Harald Dreßing, Peter Gass: Stalking! Verfolgung, Bedrohung, Belästigung. Verlag Hans Huber
(Bern, Göttingen, Toronto, Seattle) 2005.
ISBN 978-3-456-84196-0.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/2484.php, Datum des Zugriffs 19.05.2022.
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