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Roland Büchner, Heinz Cornel et al.: Gewaltprävention und soziale Kompetenzen in der Schule

Rezensiert von Dipl. Soz. Päd. Detlef Rüsch, 03.05.2019

Cover Roland Büchner, Heinz Cornel et al.: Gewaltprävention und soziale Kompetenzen in der Schule ISBN 978-3-17-032711-5

Roland Büchner, Heinz Cornel, Stefan Fischer: Gewaltprävention und soziale Kompetenzen in der Schule. Kohlhammer Verlag (Stuttgart) 2018. 158 Seiten. ISBN 978-3-17-032711-5. D: 26,00 EUR, A: 26,80 EUR.

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Thema

Schulen sind mit einer Vielzahl an Herausforderungen konfrontiert, sodass es gut durchdachter Konzepte bedarf, um Unterricht zu gewährleisten und der differenzierten Schülerschaft gerecht zu werden. Die Schulen an sich werden hier nicht nur bezüglich der Lehrerschaft betrachtet. Vielmehr werden auch andere begleitende Fachpersonen, wie beispielsweise Sozialarbeiter/-innen hinsichtlich ihrer Unterstützungsmöglichkeiten einbezogen. Neben der Gewaltthematik an sich zielt das Buch hier insbesondere auf die Konzepte Trainingsraum, Sozial- Kompetenz- Training, Mediation, Streitschlichtung sowie Neue Autorität ab.

Autoren

Roland Büchner, Heinz Cornel und Stefan Fischer verfügen über eine breite Palette an Studiengängen und Aus- bzw. Weiterbildungen. Roland Büchner ist Politologe und Sozialarbeiter/-pädagoge (mit weiteren Ausbildungen u.a. als Mediator, Antiaggressivitäts- und Coolnesstrainer, Interkulturalitätstrainer, systemischer Coach für Neue Autorität) und ist als Dozent tätig sowie in vielen Vereinen zum Thema Mitglied. Prof. Heinz Cornel hat Kriminologie, Jura und Sozialpädagogik studiert und ist in der Lehre und Forschung zum Buch sehr aktiv und hat viele Veröffentlichungen verfasst. Stefan Fischer hat Diplom-Sozialpädagogik studiert und verfügt über Zusatzqualifikationen als systemischer Coach Neue Autorität und systemischer Berater. Er ist Supervisor und Dozent und in thematisch naheliegenden Netzwerken aktiv.

Entstehungshintergrund

Die Verfasser verfolgen mit diesem Werk vor allem eine Unterstützung für Lehrerinnen und Lehrer, um sowohl ein breiteres Wissen zu erhalten als auch die Handlungskompetenzen zu erweitern. Dabei greifen die Autoren neben einer breiten Literatur- und Studienlese vor allem auf ihr breites Wissen aus vielzähligen Kursen und auf die Erfahrungen aus vielen Berufsjahren zurück.

Aufbau

Das Fachbuch ist sehr gut strukturiert und zeigt nach einer obligatorischen Einführung ins Thema auf, was die Vermittlung sozialer Kompetenzen und die Gewaltprävention als schulische Aufgabe konkret bedeuten. Erst nach diesen grundlegenden Ausführungen werden unterschiedliche Methoden intensiv vorgestellt. Dabei sticht vor allem heraus, wie praxisnah und konkret die Methoden beschrieben und kritisch erörtert werden. Insbesondere die Trainingsraummethode wird hier in den Mittelpunkt gerückt, ehe das konfrontative Sozial-Kompetenz-Training mit all seinen Vor- und Nachteilen beschrieben wird. Die Mediation und Streitschlichtung folgt dann im fünften Abschnitt, wobei auch hier wieder intensiv dargestellt wird, welche einzelnen Methoden und Abläufe bei der konkreten Umsetzung eine Rolle spielen. Unerwarteter Weise nehmen die beiden letzten Abschnitte zu „Neue Autorität und gewaltloser Widerstand in der Erziehung“ sowie die „Wiedergutmachung im Kontext Schule“ nur einen kleinen Bereich ein. Ein kurzer Ausblick und ein ausführliches Literaturverzeichnis runden diese Publikation ab.

Inhalt

Dieses komprimierte Fachbuch beschreibt auf knapp 160 Seiten unterschiedliche Aspekte von Gewalt in der Gesellschaft und in Schulen und legt den Schwerpunkt explizit auf die Prävention von Gewalt bzw. passende Interventionsmodelle. Zunächst wird im ersten Abschnitt darauf Wert gelegt, dass die Vermittlung sozialer Kompetenzen und Gewaltprävention zu den Aufgaben von Schulen gehören. Es werden sowohl die Probleme von Kindern und Jugendlichen in der heutigen Zeit beschrieben als auch diejenigen Probleme, welche in Schulen auftreten. Die Unterscheidung von Strafen und Kompetenzen kommt in diesem Abschnitt genauso zur Sprache wie auch notwendige professionelle Kompetenzen, welche insbesondere die Lehrerinnen und Lehrer handlungsfähig bleiben lassen. Hier wird verdeutlicht wie notwendig eine Prävention von Gewalt auf unterschiedlichen Ebenen ist. Wie praxisnah das Autorentrio ist, wird auch in dem besonderen Abschnitt „Umgang mit Scham und Beschämung“ deutlich. Denn hier kommt ein Phänomen zur Sprache, das durchaus noch oft in der Praxis vorkommt. Direkt hieran anschließend werden sechs Ziele zur Neuorientierung in der Schule benannt, die symptomatisch für die Grundhaltung des Buches stehen:

  1.  Integration statt Ausgrenzung, Bestrafung und Beschämung
  2. Bewusstmachung der Eigenverantwortung
  3. Erhöhung der Selbstkontrolle/-steuerung und der Selbstwirksamkeit der Adressaten
  4. Förderung pro-sozialen Verhaltens
  5. Initiierung von Einfühlungsvermögen (Empathie)
  6. Förderung der Konflikt-, Team und Kommunikationsfähigkeit, Partizipation (vgl. S. 34)

Hieran schließen dann die ausführlichen Darstellungen einzelner Methoden und Methodenbausteinen zur Vermittlung sozialer Kompetenzen und Gewaltprävention an. Diese werden in einzelnen Kapiteln umfassend vorgestellt. Die Trainingsraum-Methode wird detailliert mit einem Ablaufschema, Kopiervorlagen und konkreten Beispielen vorgestellt. Hierbei wird vor allem die Einbettung in ein Gesamtkonzept hervorgehoben. Dann erfolgt das vom Umfang her größte Kapitel über das konfrontative Sozial-Kompetenz-Training, bei welchem es vor allem um die Gegenüberstellung einander widersprechender Meinungen und um die Benennung von Regelbrüchen und Störungen geht. Hintergründe und der Aufbau einzelner Sitzungen, Checklisten für die Implementierung des Programms an einer Schule sowie weitere Interventionsmöglichkeiten werden ausführlich und sehr praxisnah beschrieben. Beim Kapitel Mediation und Streitschlichtung wird man wieder ob der Praxisnähe und des konkreten Vorgehens erfreut sein, denn die Autoren beschreiben hier sehr hilfreich, auf welche Punkte es genau ankommt und dass beispielsweise eine Mediation verpflichtend sein soll, aber es dadurch nicht unweigerlich immer zu einer Lösung kommen muss. Auch hier werden neben konstruktiven Erläuterungen auch eine Reihe von Materialien, Übungen und Beispielen mit an die Hand gegeben und diese sogar durch verschiedene Zeichnungen unterstrichen. Insbesondere die Eskalationsstufen im Konflikt werden ausgesprochen gut veranschaulicht. Das Konzept der Neuen Autorität und des gewaltlosen Widerstands in der Erziehung, welches insbesondere durch Haim Omer und Arist von Schlippe in Deutschland große Bekanntheit erlangt hat, wird ziemlich komprimiert und klar beschrieben. Die Grundhaltungen und Botschaften der Neuen Autorität werden mittels eines – wenn auch zu klein abgebildeten – Schaubildes treffend aufgezeigt. Das vielen Pädagogen/-innen bekannte Konzept der Wiedergutmachung wird auf den Kontext Schule bezogen. Hierbei schafft es das Autorentrio auch gut darauf einzugehen, wenn „Täter“ ihre Einsicht nur spielen. Auch für diese Methode gibt es umfassende Materialien, welche die Anwendung im schulischen Kontext relativ leicht macht und die schulische Umsetzung forciert. Ein wenn auch kurzer Ausblick am Ende des Buches ist ein intensives Plädoyer für eine Schule der Vielfalt, der Toleranz und der Anti-Diskriminierung. Das gut sieben seitige Literaturverzeichnis besticht durch die Bandbreite an Titeln aus unterschiedlichen Professionen sowie einem weiten Spektrum an aktueller und Basis-Literatur.

Diskussion

Dieses Fachbuch bringt viele Vorschläge zur Prävention von Gewalt an Schulen und gibt bewährte Methoden an die Hand, professionell zu intervenieren, wenn Gewalt schon aufgetreten ist. Die vielen Textbemerkungen, Querverweise und die ausgesprochen gute Quellenarbeit sowie die so realitätsnahe und alltagspraktische Beschreibung diverser Methoden und Vorgehensweisen eröffnet Spielräume, wo vorher vielleicht nicht so viele Handlungsmöglichkeiten gesehen wurden. Roland Büchner, Dr. Heinz Cornel und Stefan Fischer zeigen hier, wie die Verknüpfung von Wissenschaft, Forschung und Praxis hilfreich erfolgen kann; und zwar nicht nur für Lehrerinnen und Lehrer, sondern auch für Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter und dem weiteren Personal an Schulen.

Fazit

Ein durch und durch handlungs- und haltungsgeleitetes, ausgesprochen wissenschaftlich fundiertes Werk, das keine Patentrezepte liefert, aber ermutigt, mit einer kritischen Offenheit dem Phänomen Gewalt zu begegnen und entsprechende Methoden passend umzusetzen!

Rezension von
Dipl. Soz. Päd. Detlef Rüsch
Dipl.Soz.päd., systemischer Familientherapeut, Jugendsozialarbeiter an einer Mittelschule, Kinderschutzfachberater
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Es gibt 67 Rezensionen von Detlef Rüsch.

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ISSN 2190-9245