Martina Schmohr, Kristina Müller et al. (Hrsg.): Gelingende Lehre
Rezensiert von Prof. Dr. Irmgard Schroll-Decker, 31.10.2018

Martina Schmohr, Kristina Müller, Julia Philipp (Hrsg.): Gelingende Lehre. Erkennen, entwickeln, etablieren. Beiträge der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Hochschuldidaktik (dghd) 2016. wbv (Bielefeld) 2018. 237 Seiten. ISBN 978-3-7639-5941-9. D: 34,90 EUR, A: 35,90 EUR.
Entstehungshintergrund und Thema
Seit 2011 unterstützt das Bundesministerium für Bildung und Forschung mit dem Bund-Länderprogramm Qualitätspakt Lehre (QPL) Hochschulen bei ihren Aktivitäten Studienbedingungen und Lehrqualität zu verbessern. Von diesem bis 2020 verlängerten Programm gingen seither zahlreiche Impulse aus, die ohne die Förderung nicht möglich gewesen wären.
Der vorliegende Band enthält viele solcher Aktivitäten, die auf diese Weise einem breiten Publikum zugänglich gemacht werden.
Herausgeberinnen
Die Herausgeberinnen sind im Bereich Hochschuldidaktik am Zentrum für Wissenschaftsdidaktik der Ruhr-Universität Bochum (RUB) beschäftigt.
- Dr. Martina Schmohr ist Leiterin Hochschuldidaktik, sie verantwortet die Angebote für Professor/innen.
- Kristina Müller ist stellvertretende Leiterin und für das Qualifizierungsprogramm Lehren & Lernen zuständig.
- Julia Philipp vertritt die Themen Prüfen, Evaluieren und Feedback.
Die 45. Tagung der dghd fand im September 2016 an der RUB statt. Die Herausgeberinnen waren sowohl Veranstalterinnen als auch als Aktive involviert.
Aufbau
Der Sammelband besteht aus 12 Einzelbeiträgen, die mit jeweils vier Aufsätzen zum „E-Dreigestirn“ (S. 5) des Tagungsthemas und Buchtitels
- „Erkennen“ (S. 17-92)
- „Entwickeln“ (95- 163) und
- „Etablieren“ (167-237)
zusammengefasst sind.
Alle Einzelbeiträge sind nach demselben Schema aufgebaut: Dem Inhalt sind ein „Abstract“ und eine „Gliederung“ vorangestellt. Nach dem „Literaturverzeichnis“ folgen – soweit vorhanden – „Abbildungs- und Tabellenverzeichnis“ und „Angaben zu den Autoren/-innen“.
Den Tagungsband eröffnet ein „Vorwort“ (S. 5-6) zur Reihe „Blickpunkt Hochschuldidaktik“ von Sabine Brendel und Robert Kordts-Freudinger im Namen des Editorial Boards. In einem „Editorial“ (S. 9-15) geben Martina Schmohr und Kristina Müller einen kurzen Einblick in die Dramaturgie, die Frequentierung und Evaluation der Tagung, in die zentralen Formate und in das Experiment des Tagungsportfolios.
Für den Bereich „Erkennen“ wurden 45, für „Etablieren“ 52 Beiträge eingereicht. 129 Texte gab es für „Entwickeln“, wobei jeweils nur 4 für die Buchveröffentlichung ausgewählt wurden.
Die Texte weiterer Mitwirkenden können in der Online-Zeitschrift die hochschullehre nachgelesen werden. Eine kurze Inhaltsangabe zu den jeweiligen Beiträgen rundet das Editorial ab.
Die Deutsche Nationalbibliothek bietet Einblick in das vollständige Inhaltsverzeichnis.
Ad 1: Erkennen
Martin Mandausch (Hochschule Karlsruhe) und David Meinhard (Institut der Deutschen Wirtschaft Köln) präsentieren als Experten von Digitalisierung und digitaler Bildung „learning analytics“ als eine Schlüsseltechnologie, die zukünftig Daten Lernender auswerten und für hochschuldidaktische Entscheidungen verwenden könnte (S. 19-34). Dass das Werkzeug Learning Analytics dabei vorhandene Daten (wie z.B. Evaluationen, Zensuren, Anwesenheitslisten) nutzen, mit weiteren Angaben ergänzen und dadurch Lernprozessanalysen erbringen könnte, sehen sowohl diejenigen, die sich neue Erkenntnisse erhoffen, wie diejenigen, die darin hauptsächlich eine Überwachung und den „gläsernen Studierenden“ vermuten. Die Autoren unterscheiden drei Ebenen von Learning Analytics: Auf der Mikroebene werden die Interaktionen von Studierenden und Lehrenden wie z.B. bei der Nutzung von Lernplattformen untersucht, auf der Mesoebene können Daten einer Institution (wie z.B. Studienabbruchdaten, Studiendauer o.ä.) kombiniert und auf der Makroebene könnten Daten verschiedener Bundesländer verglichen werden. Die von den Autoren durchgeführten Workshops brachten pragmatische, skeptische und enthusiastische Argumente zu Tage. Deutlich wird, dass bisher auch Daten aggregiert wurden, diese aber aufgrund von fehlender „digitaler Medienkompetenz“ (S. 30) zu wenig (transparent) genutzt werden und Unkenntnis Angst schürt.
Jochen Schmerfeld, im Studienbereich Gesundheit der Katholischen Hochschule Freiburg in der Hochschuldidaktik lehrend, entfaltet seine Hypothese, dass dem „forschenden Lernen“ als didaktisches Konzept in unterschiedlichen Hochschulkonzeptionen eine jeweils andere Bedeutung attestiert wird (S. 34-51). Schmerfeld grenzt die Positionen der „Bildungshochschule“, der „unternehmerischen Hochschule“ und der „unbedingten Hochschule“ als in sich widerstreitende voneinander ab. In der Bildungshochschule nehme forschendes Lernen die Rolle von „Bildung durch Wissenschaft“ (S. 37) in gemeinsamer forschender Arbeit von Lehrenden und Studierenden ein, die der Persönlichkeitsentwicklung diene. Im Konzept der unternehmerischen Hochschule diene es der Entwicklung der Haltung des unternehmerischen Selbst, damit zum „unternehmerischen Lernen“ (S. 43) und zur Berufstauglichkeit. Beim Konzept der unbedingten Hochschule komme dem forschenden Lernen die Aufgabe zu, einen „Denkraum“ (S. 46) für diejenigen zu eröffnen, die in einem Sprech- und Denkdialog partizipativ Wahrheitsfindung betreiben, die Menschen zu „Weltbürger[n] und Gelehrten“ (S. 47) machen würde. Der Autor plädiert dafür, sich mit den drei Konzeptionen zu beschäftigen, um forschendes Lernen als „didaktische Innovation“ (S. 48) nutzen zu können.
„Tutorien als Brücke zu einem wirksamen Selbststudium“ (S. 53) lautet der Beitrag der Didaktik-Professorin und Leiterin des LehrLernZentrums der PH Karlsruhe Silke Traub und des Mitarbeiters Udo Grün (S. 53-72). Ausgehend von der gestiegenen Bedeutung von Tutorien für die Erfüllung des Workload wurde an der PH ein zweisemestriges Tutorentraining mit dem Ziel entwickelt, die lernstrukturierenden, lernförderlichen und selbststeuernden Prozesse während der Tutorien zu analysieren und zu unterstützen. Im Fokus stand das Tutorium als Raum „zwischen Lehren und Lernen“ (S. 54) mit den Charakteristika der studentischen Organisation in Lerngruppen und der Lernfortschritte für Tutor/innen und Tutees. Abgestimmt darauf entwickelten Traub und Grün ein praxisbegleitendes Modell, wegen der kompakten Blocktage und der begleitenden Beratung auch „pädagogischer Doppeldecker“ (S. 62) genannt, das den Anwendungsbezug in den Mittelpunkt rückte. Die Evaluation des Programms bestätigt den eingeschlagenen Weg, wie eine fachübergreifende Qualifikation gelingen kann. Sie enthält ebenso Hinweise auf den Einbezug einer fachkulturellen Abstimmung: Dieses Vorhaben erhält bis 2020 verstärkte Aufmerksamkeit.
Birgit Hawelka und Stephanie Hiltmann beschreiben einen „Kodierleitfaden zur Analyse qualitativer Evaluationsdaten“ (S. 73), den sie am Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsdidaktik (ZHW) der Universität Regensburg entwickelt haben (S. 73-92). Die Teaching Analysis Poll als qualitative Methode zur formativen Lehrveranstaltungsevaluation hat sich etabliert; ihr Manko besteht u.a. darin, dass die Studierenden subjektive Sichtweisen zusammentragen, ohne z.B. die Ziele der Lehrveranstaltung zu berücksichtigen bzw. ohne Verbesserungsvorschläge zu entwickeln. Den Verfasserinnen lag daran, mit einem auf 9 Kategorien basierenden Leitfaden einen standardisierten Ablauf zur Teaching Analysis Poll zu erreichen. Das modifizierte Vorgehen beginnt mit dem Erfassen der Lernziele, danach wird die moderierte Gruppendiskussion durchgeführt, es schließt sich die Evaluation der Stärken und Schwächen sowie möglicher Konsequenzen an. Die Studierenden diskutieren die Fragen und übersetzen manche Anmerkungen in eine „didaktische Sprache“, d.h. welche Bedeutung erschließt sich aus der Bemerkung für die Lehrveranstaltung. Die kriteriengestützte Analyse der studentischen Ergebnisse erfolgt danach vor dem Hintergrund der Zielsetzung. Ein Feedback an die Lehrperson und ein Beratungsgespräch schließen sich an. Die Überarbeitung liefert nach Angaben der Autorinnen gegenüber der Vorgängerversion eine fundierte Basis für die Lehrberatung.
Ad 2: Entwickeln
Andreas Fleischmann, Cornelia Entner, Amélie Prebeck und Janina Schroeder, Mitarbeiter/innen von ProLehre, der Hochschuldidaktik der Technischen Universität (TU) München, beschreiben (S. 95-110) wie sie eine „fächersensible Hochschuldidaktik“ (S. 95) etablieren konnten. Nachdem sich die TU die Verbesserung von Lehrqualität und -kompetenz als Ziel gesetzt hatte, standen verschiedene Strategien zur Auswahl, dieses zu erreichen: Die „Statusgruppen“ (z.B. Tutor/innen, Professor/innen, Doktorand/innen), „Lehrprojekte“, „Governance“ oder die „Haltung“ hätten adressiert werden können. Die Verfasser/innen entschieden sich ab 2013 dafür, „fächersensibel“ vorzugehen. Darunter verstehen sie, Lehrkultur und Fachdidaktik der einzelnen Fakultäten kennenzulernen, sich einzulesen und Lehrveranstaltungen zu besuchen, den persönlichen Kontakt zu Lehrenden und zur Studierendenvertretung zu pflegen, vor Ort präsent zu sein („street credibility“) und persönliche Kontakte zu Ankerpersonen aufzubauen und innerhalb der Fachkulturen zu begleiten. Für die Mitarbeiter/innen von ProLehre bedeutet dies, sich zu spezialisieren, „individualisiert und passgenau – passend zum Fach, zur Kultur und zur Organisation“ (S. 108) vorzugehen.
Claudia Neumann und Susann Beyer (Verbundprojekt Lehrpraxis im Transfer (LiT) der TU Dresden) und Ulrike Rada (TU Chemnitz) stellen zusammen mit Marit Vissiennon (Universität Leipzig) die LiT. Werkstatt vor (S. 111-126). Mit ihrer Werkstatt-Idee beabsichtigen sie den „shift from teaching to learning“, der im Zuge der Anforderungen an die Studienprogramme regelmäßig proklamiert wird, zu fördern. In den Jahren 2015 und 2016 entwickelte die Autorengruppe ein offenes Workshopformat „Knackpunkt Referate“, die nach dem Grundsatz der „Selbstbestimmtheit“ (S. 115) (Wahl von Reihenfolge und Zeit der Aufgabenbearbeitung, Wahl der Lernaufgabe und der Lernmittel) gestaltet wurde, d.h. eine Gebrauchsanweisung zur Nutzung der Werkstatt wird versendet, ein moderierter Einstieg in den Lernprozess wird angestoßen, subjektive Bewertungen während des Lernprozesses erfolgen. Sowohl die Möglichkeit des peer-learnings im kollegialen Austausch wie auch die der hochschuldidaktischen Beratung entwickelten sich als hoch förderlich für den Lernprozess. Die kursorischen Evaluationsergebnisse bekräftigen die Annahme, dass die Selbstbestimmtheit eine passende Lehr-Lernform für die Weiterentwicklung der Lehrkompetenz mit Bezug zum o.g. Anspruch ist, dass die Lehrkultur jedoch noch stärker in der Lehrhaltung verankert ist als angenommen.
Ina Mittelstädt (Hochschuldidaktische Arbeitsstelle der Universität Koblenz-Landau) geht der spannenden Frage nach (S. 127-147), inwiefern „Studierendenorientierung“ in hochschuldidaktischen Weiterbildungen als Ziel gesetzt werden kann. Dafür klärt sie erst, was mit Studierendenorientierung gemeint ist und zieht dabei das „Approaches to Teaching Inventory“ und das Konzept des „active learning“ zu Rate. In den von ihr analysierten Konzepten fällt Mittelstädt auf, dass Studierendenorientierung hauptsächlich auf „Aktivierung“ reduziert werde, aber die Personenzentrierung (im klassischen Sinne nach Rogers verstanden als Empathie, Wertschätzung und Kongruenz) fehle. Genau darin sieht die Verfasserin den Schlüssel, um die hochschuldidaktischen Weiterbildungen umzugestalten und die teilnehmenden Dozent/innen anzuregen, ihre Lehrhaltung zu verändern. Sie identifiziert drei wesentliche Elemente: 1. Konzeptveränderung, 2. Vermittlung psychologischen Grundlagenwissens und 3. Selbsterfahrung. Daraus leitet sie Hinweise für den Aufbau einer hochschuldidaktischen Weiterbildung ab, indem sie den Lehrenden z.B. aufzeigt, was es heißt, als Person nicht erreicht zu werden, zwar sog. aktivierende Methoden eingesetzt zu haben, damit aber nur Unterhaltung zu bieten und letztlich die eigene Lehrhaltung beibehalten zu haben.
Tobias Jenert und Bernadette Dilger (Institut für Wirtschaftspädagogik der Universität St. Gallen) stellen zusammen mit der Hochschuldidaktikerin Miriam Barnat (FH Aachen) und dem und Wissenschaftsdidaktiker Peter Salden (RUB) ein „integratives Modell der Curriculumentwicklung an Hochschulen“ (S. 149) dar. Ihr Beitrag skizziert die drei zurzeit erkennbaren „Zugänge zur Curriculumentwicklung“ (S. 150), die strukturorientierten, die prozessorientierten und die didaktischen Ansätze und zeigt anschließend die typischen „Spannungsfelder“ (S. 153) zwischen diesen Ansätzen auf, z.B. zwischen Fachlogik und Modularisierung oder zwischen Didaktik und Modulgröße u.a.m. Ausgehend von den identifizierten Unterschieden und damit verbundenen unterschiedlichen Interessen in verschiedenen hochschulischen Bereichen (z.B. Fachvertretung, Qualitätsentwicklung, Fakultät) zeigen die Autor/innen auf, wie eine „integrative Curriculumentwicklung“ (S. 154) vonstattengehen kann. Dabei setzen sie stark auf einen Prozess, der die Fachdisziplin einbindet, induktiv vorgeht und von außen moderiert wird statt auf konzeptuell vorbelastete Programmvorgaben.
Ad 3: Etablieren
An der Hochschule Magdeburg-Stendal wurde das KomPass Modell als Beispiel der Nachhaltigkeit „von Diversitätsmaßnahmen“ (S. 167) verankert. Marianne Merkt, Nicole Franke und Maria Knepper vom Zentrum für Hochschuldidaktik und angewandte Hochschulforschung stellen den KomPass vor. Von der zugrunde liegenden Idee der Förderung aller Potenziale der Hochschulmitglieder ging der Impuls einer Organisationsentwicklung aus, „institutionelle Diskriminierung“ (S. 168) aufgrund von strukturellen Rahmenbedingungen zu vermeiden. Unter Rekurs auf Erfahrungen aus anderen Prozessen analysierte die Hochschule die Situation von Studierenden in besonderen Lebenslagen und eruierte deren Bedarf an Maßnahmen zur Flexibilisierung und Kompensation. In einem zweiten Schritt wurden die vorhandenen Lösungen betrachtet und in eine Ordnung zur Verbesserung der „strukturellen Studierbarkeit der Zielgruppen“ (S. 173) gegossen. Die Evaluation der KomPass Implementierung ergab unter anderem, dass das Instrument noch nicht ausreichend bekannt ist, dass Lücken in der Kommunikation zwischen KomPass Nutzenden und Lehrenden bestehen und auch Zuständigkeiten zu wenig geklärt sind. Mit Blick auf den Change-Prozess entwickeln die Autorinnen daraus ein „integratives Konzept der Kompetenzentwicklung“ (S. 179) in vier Stufen, um die betroffenen Stakeholder-Gruppen zu erreichen und zu involvieren.
Tina Stibane und Helmut Sitter (Dr. Reinfried Pohl-Zentrum für medizinische Lehre an der Universität Marburg) geben Einblick in ihre medizindidaktische Schulung für „Prüfende im praktisch-mündlichen Staatsexamen Medizin“ (S. 187-204). Das Programm begann 2012 und konnte bis 2017 315 sowohl Universitäts- als auch Lehrkrankenhausangehörige, die als Prüfer/innen tätig sind, erreichen. Anlass für die Schulung waren Berichte über stark abweichende Praktiken in der Durchführung der praktisch-mündlichen Prüfung. Neben der Standardisierung der Prüfungssituation für alle Kandidat/innen, sollte die Schulung die Durchführung vereinheitlichen und ein Bewusstsein für Beurteilungsfehler wecken. Die „Pflicht“-Schulung stieß auf erhebliche Widerstände und stellte hohe Anforderungen an die Schulungsverantwortlichen. Aus den zahlreichen diskursiven Prozessen während der Schulung und der leider geringen Beteiligung an der Online-Evaluation können dennoch einige Erkenntnisse gewonnen werden, die eine Fortsetzung begründen. Zu den interessanten gehören z.B. dass das praktisch-mündliche Staatsexamen z.T. stärker als Initiationsritus, denn als Prüfung erachtet wird, dass eine standardisierte Prüfung einen erheblichen Vorbereitungsaufwand bedeutet, und diejenigen, die sich selbst in einer Prüfung als ungerecht beurteilt sehen, für eine Standardisierung votieren.
Den Appell „Mach was draus!“ (S. 205-214) haben sich die Tagungsveranstalter der RUB nicht nur selbst gegeben, indem sie ein Tagungsportfolio entwickelt haben. Anstelle des üblichen Programms haben sie auch eine Vorlage gestaltet, auf dem jede/r Besucher/in ankreuzen konnte, woran er/sie teilgenommen hat. Anschließend haben Aleksandra Jablonski, Kristina Müller, Julia Philipp und Martina Schmohr Stichpunkte (persönlicher Eindruck, Nutzen, Vernetzung) und Leerzeilen vorgegeben, zu denen man sich Notizen machen konnte. Die Evaluation des Instruments hat die Intention, Tagungsinhalte stärker in den Alltag zu transferieren, bestätigt und auch wichtige Hinweise für eine Optimierung ergeben.
Ivo van den Berk (Leiter CampusDidaktik der Hochschule Emden/Leer) und Konstantin Schultes (Universität Hamburg) beschreiben die Entwicklung und Erprobung des Online-Tools P2T (S. 215-237). In Anbetracht des status quo in der Erforschung hochschuldidaktischer Szenarien und der Dokumentation von erprobten „Entwurfsmustern“ (S. 215) didaktischen Vorgehens, die beide als eher rudimentär beurteilt werden können, beschreiben die Autoren ihr Pattern-Tool P2T mit den dahinter liegenden Überlegungen zur „Strukturationslogik“ (S. 222), welche der Auffindbarkeit und der Verbindung mit thematisch angrenzenden Einheiten und damit auch der Distribution der aufbereiteten Einheiten dienen soll. Wird das Pattern-Tool genutzt, so kann es u.a. auch die Basis für weitere Forschung zur Interaktion in Lehr-Lern-Situationen bilden.
Diskussion
Der Sammelband verdeutlicht, wie vielgestaltig das hochschuldidaktische Handlungsfeld ist und wie viele Möglichkeiten gegeben sind, etwas anzupacken, vorausgesetzt, es besteht die Option, etwas verändern und nicht nur „sich beklagen“ zu wollen. Ermutigend ist ferner, wie sich verschiedene Akteure in Hochschulen dank der Unterstützung durch QPL mit unterschiedlichem Tempo daran gemacht haben, genaue Situationsanalysen vorzunehmen und Ideen zu entwickeln, um als „Schwachpunkte“ identifizierte Sachverhalte in Angriff zu nehmen. Dabei haben viele die Erfahrung von Organisationsentwicklungsprozessen gemacht und haben Widerstände hervorgerufen. Genau darum geht es aber und das machen die Zwischenevaluationen und Feedback-Anmerkungen deutlich: Um tief in persönlichen Haltungen und Strukturen verankerte Gewohnheiten oder Praktiken verändern zu können, braucht es viele Schritte, um nicht nur Oberflächenkosmetik zu betreiben. Gerade weil die Beiträge in diesem Band dies offenbaren, sind sie so lehrreich und lesenswert.
Fazit
Der Band beinhaltet mit Bedacht ausgewählte Beiträge, die interessante Einblicke in hochschuldidaktisch relevante Aktivitäten liefern und damit zu erkennen geben, dass auf unterschiedlichen Ebenen gerade einiges in Bewegung ist. Für Hochschullehrer/innen und für Verantwortliche in zentralen Abteilungen zur Unterstützung und Beratung von Lehre liefert der Band Anregungen, deren man sich bedienen kann oder die man nicht weiter verfolgt. Wer passgenaue oder „Ideallösungen“ sucht, wird enttäuscht sein, da häufig „work in progress“ beschrieben wird und sich viele Hochschulen die von ihnen zu begehenden Wege erst bahnen. Die kurzen, gut gegliederten, sehr gut aufbereiteten und lektorierten Beiträge bieten einen Fundus, der an keiner Hochschule fehlen und für alle mit Lehre Beschäftigten verfügbar sein sollte.
Rezension von
Prof. Dr. Irmgard Schroll-Decker
Lehrgebiete Sozialmanagement und Bildungsarbeit an der Fakultät Sozial- und Gesundheitswissenschaften der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg
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