Peter Hartmann: Entlassmanagement
Rezensiert von Prof. Dr. phil. Stephan Dettmers, 25.02.2019
Peter Hartmann: Entlassmanagement. Praxistipps zur Umsetzung im Krankenhaus. Deutsche Krankenhaus Verlagsgesellschaft mbH (Düsseldorf) 2018. 126 Seiten. ISBN 978-3-946866-30-5. D: 34,90 EUR, A: 35,90 EUR.
Thema
In dem Werk von Peter Hartmann werden aus juristischer Perspektive krankenhausrelevante Anforderungen durch die gesetzlichen Regelungen zum Entlassmanagement beleuchtet. Dabei wird der Anspruch formuliert, für die Umsetzung von Entlassmanagement in Krankenhäusern Praxistipps abzuleiten.
Autor
Peter Hartmann stellt unter Mitwirkung verschiedener Expert*innen mit diesem Buch den aktuellen rechtlichen Stand des Entlassmanagement im Krankenhaus vor und leitet daraus Tipps für die Praxis ab.
Aufbau und Inhalt
Das Buch gliedert sich in 5 Kapitel.
- Hintergründe und Problemlage
- Grundlegende Regelungen zum Entlassmanagement
- Einzelfragen
- Digitale Vernetzung als Basis für ein erfolgreiches Entlassmanagement
- Fazit
Im ersten Kapitel skizziert Hartmann die Problemlagen, die zur jetzigen rechtlichen Ausformung des § 39 (1a) SGB V geführt haben. Das Thema der lückenlosen Überleitung von Patient*innen in die poststationäre Versorgung hat sich seit der Einführung der Diagnosis Related Groups (DRG) verschärft, da die „sektorenübergreifende Informationsweitergabe“ (4) zunehmend problematisch geworden ist. Die daraus folgenden Anforderungen z.B. in der Zusammenarbeit mit Hausärzt*innen und Angehörigen in der Aufklärung und Organisation des Entlassmanagments werden kurz und prägnant vorgestellt. Die weitere Entwicklung des Schnittstellenmanagements mit wissenschaftlicher Begleitung wird klar seitens des Autoren eingefordert auch unter Bezugnahme zu Aussagen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Hintergrund der jetzigen rechtlichen Regelung sei die Vermeidung von sog. „Drehtüreffekten“ durch ein verbessertes Entlassmanagement. Daneben erfolgt eine Darstellung der Anforderungen im Kontext der medizinischen Rehabilitation und komplementäre Regelungen unter Einschluss der Regelungen für Hilfs- und Heilmittel.
Die grundsätzlichen Regelungen zum Entlassmanagement werden von Hartmann im zweiten Kapitel beschrieben. Hier nähert er sich über die rechtlichen Regelungen in der Spannbreite von Gesetzen und Rahmenverträgen dem Thema. Die teilweise unkonkreten Gesetzestexte machen eine weitere Auslegung und Interpretation in der Praxis notwendig, die von den Interessen der Mitwirkenden im Gesundheitssystem geprägt sind und über Verhandlungen und Richtlinien definiert werden. Die Grafik auf Seite 12 suggeriert eine überwiegende Überleitung in professionelle Pflegestrukturen, die Überleitung in Rehabilitationen und häusliche Versorgung ist aber faktisch der größte Entlassmanagementauftrag. Die Kritik an mangelnden schriftlichen Ausführung über konkrete Rollen und Funktionen im Prozess wird allerdings deutlich.
Im dritten Kapitel stellt der Autor anhand von Einzelfragen relevante Problemlagen und offene Fragen vor, die er mit diversen Rechtsbestimmungen koppelt und dadurch der Leserschaft Orientierung bietet. Im Zusammenhang mit der Delegation (nicht gemeint sind Delegationen ärztlicher Leistungen) von Koordinationsleistungen an andere Leistungserbringer als dem Krankenhaus zeichnet er die aktuellen Anforderungen nach. Im Kooperationsprozess müssten alle gesundheitsrelevanten Angebote eingebunden werden und nicht nur die ärztliche ambulante Weiterbehandlung (23). Das Entlassmanagement sei grundsätzlich ohne die vorherige Einschaltung der Krankenkassen bzw. weiterer Kostenträger möglich auch wenn es Ausnahmetatbestände gebe (26). Die nächsten Punkte beschreiben die Leistungsansprüche für Patient*innen und sehr hilfreich in der Beurteilung der Krankenhauspflichten ist die Darstellung in Kapitel 3.4.1. Zu Wahlrecht, Kooperationsvoraussetzungen, Beauftragung externer Leistungserbringer und Datenschutz nimmt Hartmann ausführlich Stellung, um dann die Komplexität der Kooperationsmöglichkeiten mit dem Strafrecht, insbesondere bei Korruption, Kartellrecht und öffentlichen Ausschreibungen, zu beleuchten. Sehr ausführlich und konkret stellt der Autor ab S. 50 relevante Informationen zur Verordnung des Entlassungsmanagements vor. Dazu gehören Regelungen zur Arzneimittel, Heil- und Hilfsmittel, Verbandsmaterial, etc.
Das vierte Kapitel ist geprägt durch die Beschäftigung mit der notwendigen digitalen Vernetzung als Basis für das Entlassmanagement. Hier stellt Hartmann Anforderungen für die weitere Standardentwicklung vor. Als Schwerpunkte benennt er den Prozesscharakter, die intersektionale Kooperation und die digitalen Anforderungen. Dabei plädiert er für die Weiterentwicklung einer sektoren- und einrichtungsübergreifenden elektronischen Falldokumentation ohne dabei die Risiken hinsichtlich Datenschutz und schwieriger Implementierung zu nutzen. Eine Gefahr der unsachgemäßen Klassifikation mit Stigmatisierungsfolgen wird seitens es Autoren nicht beschrieben. Schließlich vergleicht er den deutschen Entwicklungsstand mit Länden Skandinaviens, um den dortigen Fortschritt in der Sache digitale Patientenakte zu würdigen.
Sein Fazit mit der Kurzdarstellung künftiger Aufgaben im Entlassmanagement erfolgt im fünften Kapitel
Diskussion
Der Autor Peter Hartmann hat mit seinem Buch viele wesentliche rechtliche Einflüsse und Anforderungen auf das Entlassmanagement herausgearbeitet und bezieht sich auf den strukturellen Änderungsbedarf insbesondere durch vermehrte Einbindung von digitalen Optionen. Konkrete empirisch erhobene Bedarfe für Patient*innen und Angehörige als wichtigste Zielgruppen werden kaum eingebunden. Die zentrale Frage der kompetenzorientierten Nachsorgeorganisation mit den aktuell abenteuerlichsten Lösungen in unterschiedlichen Kliniken wird kaum thematisiert, denn die Komplexität der poststationären Versorgung mit einer klaren Patient*innenorientierung ist schwer vereinbar mit der neuen Unternehmenslogik von Kliniken, ein durchaus nicht neues Problem. Insofern ist der Hinweis auf eine weitere wünschenswerte Standardentwicklung zur Sicherung der Qualität eine Möglichkeit, transparent und nachvollziehbar Entlassmanagement zu gestalten und die Prozesse zu optimieren.
Fazit
Dieses Buch bietet einen rechtlich einwandfreien Beitrag zum aktuellen Stand von Entlassmanagement im Krankenhaus. Damit stellt der Autor Peter Hartmann einen Orientierungsrahmen zu aktuellen Sachständen, Möglichkeiten und Risiken zur Verfügung, die sich bei der Umsetzung ergeben. Die im Titel angekündigten „Praxistipps“ sind eher in einer abstrakteren Weiterentwicklung von Entlassmanagement in Krankenhäusern geeignet und weniger für die konkrete Fallarbeit. Die multiprofessionellen Optionen werden zwar kaum detailliert vorgestellt, trotzdem ist dieses Buch für Praktiker*innen, die mit Entlassmanagement betraut sind, ein empfehlenswertes Werk, um den rechtlichen Gesamtzusammenhang deuten zu können.
Rezension von
Prof. Dr. phil. Stephan Dettmers
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Zitiervorschlag
Stephan Dettmers. Rezension vom 25.02.2019 zu:
Peter Hartmann: Entlassmanagement. Praxistipps zur Umsetzung im Krankenhaus. Deutsche Krankenhaus Verlagsgesellschaft mbH
(Düsseldorf) 2018.
ISBN 978-3-946866-30-5.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/24921.php, Datum des Zugriffs 08.12.2024.
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