Monika Burmester, Norbert Wohlfahrt: Was ist das Soziale wert?
Rezensiert von Prof. Dr. Harald Christa, 03.01.2019

Monika Burmester, Norbert Wohlfahrt: Was ist das Soziale wert? Eine mehrperspektivische Betrachtung.
Lambertus Verlag GmbH Marketing und Vertrieb
(Freiburg) 2018.
61 Seiten.
ISBN 978-3-7841-3095-8.
D: 7,50 EUR,
A: 7,80 EUR.
Reihe: Soziale Arbeit kontrovers - 19.
Thema
Wonach bemisst man den Wert personenbezogener sozialer Dienstleistungen? Die Diskussion um diese Frage ist in den vergangenen Jahren wieder aufgeflammt, nicht nur wegen weiter steigender Aufwendungen, sondern auch im Kontext der Vergütung von und der Ausstattung mit Fachkräften.
Entstehungshintergrund
Monika Burmester und Norbert Wohlfahrt legen eine Analyse vor, die verschiedene Perspektiven auf den Wert des Sozialen berücksichtigt. Der Text ist in der vom Deutschen Verein und dem Caritasverband gemeinsam herausgegebenen Reihe „Soziale Arbeit kontrovers“ veröffentlicht.
Autorin und Autor
- Monika Burmester ist Professorin für Ökonomie des Sozial- und Gesundheitswesens an der Evangelischen Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe.
- Norbert Wohlfahrt war Professor für Sozialmanagement an eben dieser Hochschule.
Aufbau und Inhalte
Die Publikation enthält sechs Abschnitte.
Nach einer kurzen Vorbemerkung, in der die Autorin und der Autor auf Fragen des Werts und der Notwendigkeit einer Aufwertung des Sozialen eingehen, umreißen sie in Abschnitt 2. verschiedene Aspekte des Werts des Sozialen aus der Perspektive der Beschäftigten. Sie sprechen die Besonderheiten der Entlohnung im sozialen Bereich ebenso an wie dessen vergleichsweise geringe Tarife. Sie verweisen im Zuge der Debatte um eine Aufwertung soziale Berufe durch Entgelterhöhung auch darauf, dass „sich aus einem gesellschaftlich akzeptierten Anliegen (…) nicht zwingend dessen Realisierung ableiten lässt“.
Der Wert des Sozialen aus sozialstaatlicher Perspektive ist Gegenstand des 3. Abschnitts. Nach den Besonderheiten sozialstaatlicher Leistungsgewährung thematisieren Monika Burmester und Norbert Wohlfahrt die sozialstaatliche Arbeitsteilung bei der Finanzierung personenbezogener sozialer und gesundheitlicher Dienstleistungen, die Neubestimmung des Werts des Sozialen durch veränderte Finanzierungsformen (insbesondere durch prospektiv zu vereinbarende Einzelleistungsentgelte) sowie die Leistungserbringung im Wettbewerb. Sie zeigen am Beispiel Pflege und Gesundheit, dass „sich der Wert des Sozialen in sozialstaatlicher Perspektive als fortwährendes Kostenmanagement zwischen anerkannten Versorgungsbedarfen und begrenzten Einnahmen aus Steuern und Versicherungsbeiträgen darstellt“.
In Abschnitt 4 wird der Wert des Sozialen aus volkswirtschaftlicher Perspektive abgehandelt. Nach den Lohnkosten wird die Wertschöpfung im Bereich sozialer Dienste dargelegt, wobei unter anderem betont wird, dass der Umfang sozialer Dienstleistungen wesentlich durch die Politik bestimmt wird; vielfach handelt es sich um Angebote, die einen Nicht-Markt-Charakter aufweisen und über Umverteilung finanziert werden, „Grundlage für die Leistungen ist mithin eine politische Kalkulation“.
Der Wert des Sozialen aus Perspektive der Sozialwirtschaft ist Thema von Abschnitt 5. Monika Burmester und Norbert Wohlfahrt umreißen zunächst die Folgen eines sozialpolitisch bestimmten Sozialmarkts und stellen Überlegungen zur gesellschaftlichen Wertschöpfung der Sozialwirtschaft sowie zum widersprüchlichen Umgang der Sozialwirtschaft mit dem Wert des Sozialen an. Im Zuge der Diskussion von Besonderheiten sozialwirtschaftlicher Leistungserbringung kommen sie auch zu dem Schluss, dass „die Messung der Wirksamkeit ihrer Leistungen immer bedeutsamer“ wird.
In Abschnitt 6 ziehen Monika Burmester und Norbert Wohlfahrt ein Fazit und möchten Lösungsansätze aufzeigen. Darin lesen wir, „dass die Gründe für die gegenwärtige ‚Wertschätzung‘ des Sozialen in den widersprüchlichen Interessen der diesen Wert bestimmenden Akteure zu verorten sind. … Solange das Soziale als eine Sphäre behandelt wird, in der mit sozialstaatlichen Mitteln ökonomische Zwecksetzungen verfolgt werden, die der (sogenannten) freien Marktwirtschaft abgeschaut sind, wird der Wert des Sozialen von den Widersprüchlichkeiten bestimmt sein, die das Handeln der Akteure wesentlich prägen“.
Diskussion und Fazit
Die Abhandlung von Monika Burmester und Norbert Wohlfahrt erscheint nach unserem Dafürhalten zurecht in der Reihe „Soziale Arbeit kontrovers“. Allerdings nicht unbedingt, weil die Darlegungen weitere große Diskurse um den Wert des Sozialen nach sich ziehen würden, sondern weil sie die gravierenden Widersprüche aufzeigen, in welchen sozialwirtschaftliche Akteure heute agieren müssen.
Für das Management von Trägern und Einrichtungen der Sozialwirtschaft kann man sich einem im Schlussteil gezogenen Fazit der Schrift anschließen, wonach im Rahmen der aktuellen Konstellation von Finanzierung und Leitungserbringung den Akteuren wahrhaft „ein Spagat“ abverlangt wird: „Einerseits sollen sie eigennützig handeln, sich dem Wettbewerb mit anderen Einrichtungen stellen und alle nur denkbaren Effizienzvorteile bei der Leistungserstellung nutzen. … Andererseits sollen sie sich als (Sozial-)Investoren profilieren, die die Erträge ihrer sozialen Investitionen der Gesellschaft zur Verfügung stellen und ggf. sogar noch mit ihren Konkurrenten teilen“.
Fazit: Eine lesenswerte Abhandlung zum Wert des Sozialen.
Rezension von
Prof. Dr. Harald Christa
Professor für Sozialmanagement an der Evangelischen Hochschule Dresden mit Schwerpunkt Sozio-Marketing, Strategisches Management, Qualitätsmanagement/ fachliches Controlling.
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