Gudrun Quenzel, Klaus Hurrelmann (Hrsg.): Handbuch Bildungsarmut
Rezensiert von Mag. Dr. Gabriele Schauer, 09.04.2019

Gudrun Quenzel, Klaus Hurrelmann (Hrsg.): Handbuch Bildungsarmut. Springer VS (Wiesbaden) 2018. 893 Seiten. ISBN 978-3-658-19572-4. D: 79,99 EUR, A: 82,23 EUR, CH: 82,50 sFr.
Thema
Seit Einführung der Pisa-Studien 2000 ist es mit den Kompetenzstufen der Pisa-Studien möglich, Kompetenzen zu messen und einzuordnen. Dadurch kann auch konkret absolute Bildungsarmut aufgezeigt werden.
Anders gemessen werden kann Bildungsarmut auch durch Bildungszertifikate, entweder absolut in konkreten Zahlen oder relativ im Vergleich zur Durchschnittsverteilung einer Gesellschaft. (vgl. Allmendinger/Leibfried, 2003)
Als Ursachen für Bildungsarmut erwähnen Anger, Plünnecke und Seyda 2006 in ihrem Bericht der „Bildungsarmut und Humankapitalschwäche in Deutschland“ folgende:
- Mangelnde frühkindliche Förderung durch die Eltern (Bildungsstand der Eltern, Migrationshintergrund, Bildungsferne der Eltern, Kindergartenbesuch)
- Mangelnde Unterstützung während der Schulzeit (Bildungsstand der Eltern, Bildungsferne der Eltern, Materielle Inputs, Zeitliche Inputs)
- Ungünstiges Schulumfeld (Schul- und Lernklima, Fehlende Autonomie der Schulen, Fehlende standardisierte Tests)
- Integrationsprobleme beim Übergang ins Berufsbildungssystem (Unflexible Vergütungen, Strukturwandel, Praxisferne Berufsvorbereitung)
- Integrationsprobleme beim Übergang ins Beschäftigungssystem (Hohe Mindestlohnhürde, Fehlanreize im Steuersystem, Fehlanreize im Transfersystem)
Strategien gegen Bildungsarmut sehen Angerer, Plünnecke und Seyda (2006) im
- Ausbau einer frühkindlichen Förderung
- Ausbau von Ganztagesschulen
- Verbessern einer Förderkultur an Schulen
- Stärken einer kurativen Funktion der Berufsausbildung
- Verbessern eines Zugangs zum Arbeitsmarkt für Geringqualifizierte
Auf diese genannten Beeinflussungsfaktoren, Ausprägungen und Folgen von Bildungsarmut versuchen Klaus Hurrelmann und Gudrun Quenzel in ihrem Sammelband „Handbuch Bildungsarmut“ ebenso einzugehen, wie auf Strategien gegen Bildungsarmut wie etwa die Inklusion am Arbeitsmarkt wie im Beitrag von Böhm/Kaufmann/Breier.
Auf die Darstellung der bearbeiteten Aspekte von Bildungsarmut sowie auf den formalen Aufbau in diesem Herausgeberband soll nachstehend genauer eingegangen werden.
HerausgeberInnen
Dr. Klaus Hurrelmann ist Professor für „Public Health and Education“ (Hertie School of Governance, Berlin) mit den Forschungsschwerpunkten Sozialisations- und Bildungsforschung sowie Gesundheits- und Präventionsforschung.
Dr. Gudrun Quenzel war wissenschaftliche Mitarbeiterin (Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Universität Bielefeld) und ist jetzt Professorin für Bildungssoziologie (Pädagogische Hochschule Vorarlberg) mit den Forschungsschwerpunkten Bildungs- und Jugendsoziologie, Jugend Bildungsarmut sowie soziale Ungleichheit und Geschlecht.
Entstehungshintergrund
Der Forschungsschwerpunkt Bildungsarmut beider Herausgeber wurde auch durch den Sammelband „Bildungsverlierer – Neue Ungleichheiten“, erschienen 2010 im VS Verlag für Sozialwissenschaften, der sich ebenfalls durch deren Herausgeberschaft auszeichnet, vertieft und liegt diesem Herausgeberband „Handbuch Bildungsarmut“ (2019, Springer VS Verlag) strukturell und inhaltlich zugrunde. In diesem aktuellen Sammelband „Handbuch Bildungsarmut“ soll laut HerausgeberInnen auf das noch immer steigende Risiko des Ausschlusses aus dem Arbeitsmarkt aufgrund niedriger Bildung sowie auf die negativen Auswirkungen von Bildungsarmut auf Gesundheit, Wirtschaft und Politik reagiert werden. Dafür wurden neue AutorInnen eingeladen, aber auch AutorInnen aus dem ersten Sammelband „Bildungsverlierer – Neue Ungleichheiten“, die ihre Beiträge aktualisierten und thematisch neu ausrichteten.
Aufbau
Der Herausgeberband „Handbuch Bildungsarmut“ beinhaltet Beiträge aus den Ländern Österreich, Deutschland, Schweiz, Luxemburg und California/USA. Der Schwerpunkt der Beiträge liegt in Deutschland, wobei viele AutorInnen auch übergeordnete länderunabhängige Beiträge beigesteuert haben. Die AutorInnen sammelten ihre Forschungsergebnisse und Inhalte der Beiträge an Universitäten, Hochschulen, Pädagogischen Hochschulen und anderen (Forschungs-)Institutionen.
Neben der Prägung der Herkunftsländer zeigen die AutorInnen dieses Sammelbandes auch ihrem Forschungsschwerpunkt entsprechend eine große Bandbreite. Es veröffentlichen AutorInnen aus den Bereichen Bildung, Politik und Wirtschaft. Dementsprechend beziehen sich die Artikel auf (empirische) Bildungsforschung, Bildungsübergangsforschung, Bildungsverläufe, Bildungsungleichheit, Schulpädagogik, LehrerInnenprofessionalität, Erziehungswissenschaft, (Bildungs-)Soziologie, soziale Ungleichheit, Sozialisation, Sozialpädagogik, soziale Arbeit, Volkswirtschaft, Arbeitsmarktforschung sowie Forschungsmethodik.
Unterteilt ist das Buch in vier Bereiche:
- In einem ersten Teil des Handbuchs geht um bestimmende Faktoren auf makrosozialer Ebene. Dabei werden allgemeine Artikel einleitend aufgezeigt, bevor genauer auf institutionelle und kulturelle/mikrosoziale Determinanten eingegangen wird. Angegeben werden muss dabei, dass ein Artikel aus dem luxemburgischen Kontext stammt, während alle anderen Artikel dieses Bereichs aus Deutschland stammen, was gerade in diesem Bereich prägend wirken könnte.
- In einem zweiten Bereich geht es um Ausprägungen von Bildungsarmut, wobei die HerausgeberInnen dabei in internationale und nationale Ergebnisse, Schwerpunkte bezogen auf einzelne Bevölkerungsgruppen sowie Bildungsverläufe mit dem Schwerpunkt gehäufter Benachteiligungen unterteilen.
- Demzufolge logisch werden die Folgen von Bildungsarmut dargestellt und in individuelle sowie gesellschaftlichen Folgen unterteilt.
- Um den Herausgeberband inhaltlich logisch abzurunden braucht es Überlegungen, wie gesellschaftlichen, institutionellen und individuellen Rahmenbedingungen sowie Ausprägungen und Folgen von Bildungsarmut begegnet werden kann. Daher wird im vierten Teil des Handbuchs auf Strategien auf gesellschaftspolitischer, bildungspolitischer und individueller Ebene eingegangen.
Angesprochen werden sollen mit dem „Handbuch Bildungsarmut“ Interessierte aus den Bereichen Soziologie, Pädagogik und Politik. Diese Zielgruppen scheinen durch die Bandbreite der AutorInnen als auch der Themenbereiche der Beiträge erreicht zu werden. Auch die verwendete Sprache in den Artikeln spricht wie angegeben Dozierende und Studierende der Bildungssoziologie, Sozialwissenschaften und Pädagogik sowie Verantwortliche in der Bildungspolitik und im Schul- und Ausbildungswesen an. Die Inhalte sich verständlich, die wichtigen Aspekte werden anschaulich aufgezeigt und bereichern die Arbeit von Studierenden, DozentInnen und Verantwortlichen aus verschiedensten Disziplinen
Hervorzuheben ist außerdem die sehr ansprechende Darstellung der Grafiken durch ihre klare und farbenfrohe Aufbereitung.
Die Deutsche Nationalbibliothek bietet Einblick in das vollständige Inhaltsverzeichnis.
Inhalt
Das Sammelwerk ist wie bereits beschrieben unterteilt in die Kapitel
Determinanten der Bildungsarmut
- Makrosoziale Determinanten
- Institutionelle Determinanten
- Kulturelle Determinanten
Ausprägung von Bildungsarmut
- Internationale Vergleichsstudien und nationale Daten
- Bildungsbilanzen einzelner Bevölkerungsgruppen
- Bildungsverläufe und kumulierte Benachteiligung
Folgen von Bildungsarmut
- Gesellschaftliche Folgen
- Individuelle Folgen
Strategien gegen Bildungsarmut
- Gesellschaftspolitische Strategien
- Bildungspolitische Strategien
- Individuelle Förderstrategien
Nach dieser Überblicksdarstellung soll nun genauer auf thematische Aspekte eingegangen werden. Exemplarisch wird dafür aus jedem Kapitel ein Artikel herausgegriffen. Diese Auswahl wurde so getroffen, dass sowohl aus den verschiedenen Disziplinen, Ländern als auch aus den vier Bereichen gemäß dem Aufbau des Werkes Rechnung getragen wird.
Hadjar, Scharf und Grecu weisen in ihrem Artikel im Kapitel „Institutionelle Determinanten“ darauf hin, dass institutionelle Rahmenbedingungen die Erfahrungen von Schülerinnen und Schülern prägen. Daraus resultiert eine Haltung der Kinder und Jugendlichen gegenüber Schule und Lernen, die zu einer Schulentfremdung „im Sinne von negativen Einstellungen“ (vgl. Hadjar, Scharf und Grecu 2019) führen kann, die sich wiederum in geringerer Partizipation und geringerem schulischem Engagement zeigt. Somit haben Kontextbedingungen wie „institutionelle schulische Rahmenbedingungen und Schulstrukturen einen Einfluss auf Mechanismen hinter Bildungsarmut“ (Hadjar, Scharf und Grecu, 2019). Weiters definieren die AutorInnen Begrifflichkeiten wie Schulabbruch und die Beziehung zwischen Bildungsarmut und Bildungsungleichheit, welche für Erklärungsansätze auf individueller als auch auf höheren Ebenen herangezogen werden. Insgesamt zeigen sie aufgrund empirischer Befunde auf, dass Risikogruppen wie Migranten, Jungen oder Arbeiterkinder, Ressourcen wie das Elternhaus, die Lehrpersonen oder Peergroups sowie persönliche Charakteristika wie motivationale Faktoren und schulische Bedingungen wie auch das stratifizierte Bildungssystem als komplexes Szenario zu sehen sind, das Auswirkungen auf geringen Schulerfolg und Bildungsarmut hat. Wie das Autorenteam am Ende ihres Beitrages festhält: „context does matter“ (Hadjar, Scharf und Grecu, 2019) – dies zeigt das Autorenteam ausführlich und mit empirischen Befunden belegt, wobei der luxemburgische Hintergrund der Autorenschaft hier nicht beeinflussend wirkt, indem Einflussfaktoren eher allgemein beziehungsweise auf mehrere Länder bezogen behandelt werden.
Mit Gründen für (nicht) erfolgreiche Bildungsverläufe neben Bildungsverläufen durch erklärbare Faktorenbündel und Einzelfaktoren befasst sich Gerhartz-Reiter in ihrem Artikel im Kapitel „Bildungsverläufe und kumulierte Benachteiligung“ anhand eines Fallbeispiels. Zuerst werden die zentralen Ungleichheitsfaktoren auf außerschulischer sowie auf systembedingter Ebene im österreichischen Kontext ausführlich dargestellt. Dabei wird etwa auf die gerade in Österreich hervorzuhebenden unterschiedlichen Bildungschancen der Kinder aufgrund des Elternhauses oder des Geschlechts eingegangen, aber auch auf die schulische Herkunft (Neue Mittelschule/Hauptschule vs. Gymnasiale Unterstufe) und die besondere prägende Rolle für den Verlauf der Bildungskarrieren von PrimarstufenlehrerInnen, in dem diese den Kindern durch Noten (nicht) die Gymnasialreife attestieren. Näher dargestellt wird auch das Early School Leaving. Dabei wird aufgezeigt, dass die im Vergleich zu anderen Ländern niedrige Zahl von sieben Prozent an SchülerInnen in Österreich, die vor dem Abschluss der Sekundarstufe II oder dem Abschluss der Lehrausbildung ihren Bildungsverlauf beenden, durchaus kritisch zu hinterfragen ist. Das Zusammenwirken der im ersten Teil des Artikels genannten Faktoren in individuellen Bildungskarrieren wird in einem zweiten Teil des Artikels vertiefend bearbeitet, indem auf empirische Befunde zu Gelingensbedingungen formaler Bildungskarrieren mit dem Fokus auf Early School Leaving näher eingegangen wird. Dabei zeigen sich vor allem rekonstruierte Orientierungsrahmen mit individuellen Bedeutungsbeimessungen der Befragten und daraus erfolgte Typologien als bedeutsam für Erklärungsversuche von Bildungs(miss)erfolgen. Diesen Erklärungsansatz veranschaulicht Gerhartz-Reiter abschließend in ihrem Artikel an einem konkreten Fallbeispiel.
Im Kapitel „Individuelle Folgen“ von Bildungsarmut verweist Rathmann in ihrem Artikel auf verschiedene Erklärungsansätze eines Zusammenhangs von Bildungsarmut und Gesundheit. Die Autorin spricht zahlreiche Studien seit den 1990er Jahren an, in denen die ungleiche Verteilung von Bildungschancen auch in Zusammenhang mit Mortalität (Sterblichkeit) und Morbidität (Krankheitslast) gebracht wird. Dabei wird zum einen auf die Unterscheidung von Studien verwiesen, die explizit den Zusammenhang zwischen Bildung und Gesundheit beforschen, im Gegensatz zu Studien mit einer Vielzahl an sozioökonomischen Disparitäten, als auch die Bedeutung der Begriffsklärung Bildungsarmut versus Bildungsungleichheit im Kontext Gesundheit durch verschiedene Klassifikationen von Bildungsabschlüssen (CASMIN-Klassifikation, ISCED-Skala) dargestellt. Anhand verschiedener Datenquellen werden anschließend empirische Ergebnisse für das Erwachsenenalter und das Kindes- und Jugendalter aufgezeigt. So zeigt sich laut der zusammenfassenden Darstellung von Rathmann ein deutlicher bildungsspezifischer negativer Zusammenhang zwischen Bildungsniveau und Mortalität, subjektiver Gesundheit und Morbidität, psychischer Gesundheit, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Adipositas, Tabakkonsum, Ernährung und sportlicher Aktivität sowie bei Inanspruchnahme von Informationsangeboten und Gesundheitsvorsorge und bei Gesundheitskompetenz. Nur allergische Erkrankungen und Brustkrebs fügen sie nicht in dieses Bild ein, indem diese Erkrankungen bei Frauen aus höheren Bildungsschichten häufiger auftreten. Im Kindes- und Jugendalter wird bezogen auf die besuchte Schulform festgestellt, dass Schulfehltage, psychosomatische Beschwerdelast, Adipositas sowie Tabakkonsum im Verhältnis zur Schulform mit niedrigerem Bildungsstatus zunehmen. Lediglich bei Alkohol- und Cannabiskonsum kann diesbezüglich keine Tendenz festgestellt werden. Insgesamt wird abschließend auf Faktoren verwiesen, die zur gesundheitlichen Ungleichheit beitragen, wobei diese in verschiedenen Erklärungsansätzen (Drift- bzw. Selektionshypothese und Verursachungshypothese) unterschiedlich zum Tragen kommen. Den angeführten Zusammenhängen von Gesundheit und Bildungsungleichheit soll auf europaweiter Ebene die „Gesundheit 2020“ – Initiative entgegenwirken, indem soziale Determinanten und strukturelle Verhältnisse im Gesundheitsbereich mehr Beachtung finden. Mit der Darstellung des Zusammenhangs von Bildungsarmut und Gesundheit in diesem Artikel wurde somit auch auf Auswirkungen außerhalb des Bildungsbereichs auf eindringliche Art verwiesen.
Da Menschen mit Behinderung oftmals von Bildungsarmut betroffen sind, widmen sich Böhm, Kaufmann und Breier in ihrem Artikel im Kapitel „Individuelle Förderstrategien“ speziell dem Fokus der Inklusion beeinträchtigter Menschen im Arbeitsmarkt. Nach einer Definition von Behinderung und einem Hinweis, dass diese Gruppe mit 15 Prozent die größte Minderheit der Weltbevölkerung darstellt, verweist das Autorenteam auf deren Anstellungsbedingungen und die diesbezügliche Verantwortung von Betrieben beim Übergang von Schulen in die Arbeitswelt und ein notwendiges förderliches inklusives Personalmanagement. Dabei wird als Aufgaben des inklusiven Personalmanagements auf Rekrutierung (durch spezielle Stelleninserate mit angepasster Sprache, Schnuppertage und Einstieg über Praktika), auf Arbeitsgestaltung (durch spezielle Arbeitsmittel, Abstimmung der Arbeitsinhalte, der Arbeitszeit, von Arbeitsprozessen und des Arbeitsplatzes), auf Weiterbildung und Karrieremanagement (durch Trainings- und Entwicklungsmaßnahmen, diskriminierungsfreie Leistungsevaluierung und proaktives Karrieremanagement) und auf Führung und Kultur (durch Beziehungsaufbau, Potenzialfokussierung und Führungskompetenz) näher eingegangen. So wird aufgezeigt, wie Betriebe in diesen Bereichen Menschen mit Bildungsarmut durch spezifische Maßnahmen besser einbinden können. Speziell dargestellt wird dafür das Konzept des Supported Employment (entwickelt in den 1980er Jahren in Amerika), als anschaulichstes und umfassendstes Konzept zur Inklusion am Arbeitsmarkt. Dabei geht es um „unterstützte Beschäftigung“ (Böhm, Kaufmann und Breier, 2019), indem Menschen mit Bildungsarmut bzw. Beeinträchtigungen einen Arbeitsplatz mit Bezahlung erhalten und dann speziell dafür Unterstützung bekommen („first place, then train“), um nachhaltig im Arbeitsmarkt zu bleiben. Studien bestätigen die Leistung des Supported Employment und zeigen erfolgreiche Arbeitsmarktintegration von beispielsweise Personen mit Lernschwierigkeiten, die häufig von Bildungsarmut betroffen sind. So zeigen die AutorInnen mit einigen Verweisen auf Studien in ihrem Artikel, dass sich Inklusion am Arbeitsmarkt nur durch eine ganzheitliche und nachhaltige Vorgehensweise ermöglichen lässt und dem Personalmanagement dabei eine entscheidende Rolle zukommt.
Fazit
Eine detaillierte Darstellung aller Beiträge dieses Herausgeberbandes würde den Rahmen der Rezension sprengen. Durch die Auswahl der oben ausgeführten Artikel sollte aus jedem Kapitel sowie aus verschiedenen Ländern und von verschiedenen Arbeitgebern der im Band vertretenen AutorInnen Rechnung getragen werden. Es war das Ansinnen der HerausgeberInnen, an das Vorwerk „Bildungsverlierer – Neue Ungleichheiten“ aus dem Jahr 2010, erschienen im VS Verlag, anzuschließen und darauf aufzubauen. In dem vorangegangenen Sammelband wird unter anderem auf Methoden der Messungen von Bildungsergebnissen eingegangen. Der Bereich Ursachen/Mechanismen/Erklärungen (2010) deckt sich mit dem Bereich Determinanten der Bildungsarmut des „Handbuchs Bildungsarmut“ (2019). Auch die Kapitel „Bildungsbenachteiligter Bevölkerungsgruppen“ (2010) bzw. das Kapitel „Bildungsbilanzen einzelner Bevölkerungsgruppen“ (2019) als auch das Kapitel „Bildungsverläufe und kumulierte Benachteiligung“ (2010 und 2019) sowie die Kapitel über Folgen von Bildungsarmut und Interventionen (2010) bzw. Strategien (2019) gegen Bildungsarmut scheinen sich thematisch zu ähneln oder zu ergänzen. So zeigt sich das „Handbuch Bildungsarmut“ (2019) nicht nur aufbauend auf den Sammelband „Bildungsverlierer – neue Ungleichheiten“ (2010), sondern eher ergänzend, indem selbe oder ähnliche Kapitel durch neue Beiträge (von bereits im Sammelband 2010 erschienener AutorInnen als auch neuer AutorInnen) vertieft bzw. ausgebaut werden. Diese Fortführung des Themas durch das Herausgeberwerk „Bildungsarmut“ (2019) lässt erkennen, wie vielschichtig, differenziert und komplex der Bereich Bildungsarmut ist.
Somit kann der Herausgeberband vor allem in Kombination mit dem ersten Werk als umfassendes Handbuch für den Bereich der Bildungsarmut gesehen werden. Die Herausforderung einer systematischen Analyse von Bildungsungleichheit und insbesondere Bildungsarmut, der sich die HerausgeberInnen angenommen haben, scheint somit gut bearbeitet und aufgezeigt zu sein.
Literatur
- Anger, Christina; Plünnecke, Axel; Seyda, Susanne (2006): Bildungsarmut und Humankapitalschwäche in Deutschland. Köln: Deutscher Instituts-Verlag (IW-Analysen, Nr. 18). Online verfügbar unter http://hdl.handle.net/10419/181779.
- Allmendinger Jutta; Leibfried, Stephan (2003): Bildungsarmut. In: Aus Politik und Zeitgeschichte (B 21-22/2003)
- Böhm, Stephan; Kaufmann, Flavia; Breier, Christoph (2019): Inklusion am Arbeitsmarkt. In: Gudrun Quenzel und Klaus Hurrelmann (Hg.): Handbuch Bildungsarmut. Wiesbaden, Germany: Springer VS (Handbuch), S. 879–893.
- Gerhartz-Reiter, Sabine (2019): Bildungsungleichheit und vorzeitiger Bildungsausstieg in Österreich. In: Gudrun Quenzel und Klaus Hurrelmann (Hg.): Handbuch Bildungsarmut. Wiesbaden, Germany: Springer VS (Handbuch), S. 523–546.
- Hadjar, Andreas; Scharf, Jan; Grecu; Alyssa (2019): Schulische Kontexte, Schulentfremdung und Bildungsarmut. In: Gudrun Quenzel und Klaus
- Hurrelmann (Hg.): Handbuch Bildungsarmut. Wiesbaden, Germany: Springer VS (Handbuch), S. 183–212.
- Quenzel, Gudrun; Hurrelmann, Klaus (Hg.) (2019): Handbuch Bildungsarmut. Wiesbaden, Germany: Springer VS (Handbuch). Online verfügbar unter http://dx.doi.org/10.1007/978-3-658-19573-1.
- Rathmann, Katharina (2019): Bildungsarmut und Gesundheit. In: Gudrun Quenzel und Klaus Hurrelmann (Hg.): Handbuch Bildungsarmut. Wiesbaden, Germany: Springer VS (Handbuch), S. 667–694.
Rezension von
Mag. Dr. Gabriele Schauer
tätig an der Universität Innsbruck am Institut für LehrerInnenbildung und Schulforschung
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