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Ruthard Stachowske, Christoph Möller (Hrsg.): Sucht und Abhängigkeit bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen

Rezensiert von Dr. Anke Höhne, 06.08.2019

Cover Ruthard Stachowske, Christoph Möller (Hrsg.): Sucht und Abhängigkeit bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen ISBN 978-3-89334-627-1

Ruthard Stachowske, Christoph Möller (Hrsg.): Sucht und Abhängigkeit bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Ein Grundlagenwerk für die therapeutische Praxis. Asanger Verlag (Kröning) 2018. 524 Seiten. ISBN 978-3-89334-627-1. D: 49,50 EUR, A: 50,90 EUR.

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Thema

Das von Ruthard Stachowske und Christoph Möller herausgegebene Buch stellt ein Grundlagenwerk dar, welches das Ziel verfolgt, jungen Abhängigen, ihren Familien und ihrem sozialen Umfeld Hilfewege aufzuzeigen wie sie in hochbelasteten Lebenssituationen neue Perspektiven für sich entwickeln können. Den Herausgebern ist es wichtig, mit dem Buch einen Perspektivenwechsel bei der Betrachtung des Themas anzuregen: Was beeinflusst das Leben der Kinder noch außer den Eltern? Neben der individualisierten Perspektive, wieso der Einzelne so geworden ist, wie er ist, legen die Herausgeber auch großen Wert darauf, den institutionellen und rechtlichen Kontext mit einzubeziehen.

Herausgeber

Die Herausgeber sind sowohl als Professoren an Fachhochschulen tätig als auch als Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut bzw. Kinder- und Jugendlichen-Psychiater in der Praxis tätig.

Prof. Dr. Ruthard Stachoswke lehrt an der Evangelischen Hochschule Dresden und arbeitet als niedergelassener Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut sowie als Systemischer Therapeut in Lüneburg.

Prof. Dr. Christoph Möller ist Honorarprofessor an der Ostfalia Hochschule und Chefarzt der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Zentrum für Kinder und Jugendliche „Auf der Bult“ in Hannover.

Entstehungshintergrund

Die Herausgeber erläutern in der „Einführung in das Thema“, wie das Buch entstanden ist. Um sich dem Thema Abhängigkeit bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in seiner Komplexität zu nähern, haben sie Kollegen und Kolleginnen gebeten aus ihrem Fachgebiet heraus ihre fachliche und wissenschaftliche Sicht auf das Thema darzulegen.

Zielgruppe

Die Zielgruppe des Buches sind sowohl nichtabhängige Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die ein erhöhtes Risiko haben, abhängig zu werden, da sie Kinder abhängiger Eltern sind als auch jungen Abhängige und ihre Familien sowie ihr soziales Umfeld. Nicht zuletzt wendet sich das Buch auch an professionelle Fachkräfte in der Jugendhilfe und Jugendsuchthilfe, die mit abhängigen Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen beruflich befasst sind.

Aufbau und Inhalt

Das Buch umfasst drei Abschnitte, in denen insgesamt 28 Beiträge versammelt sind.

Der erste Abschnitt „Grundlagen“ enthält 14 Beiträge:

  1. Einführung in das Thema
  2. Zur Kulturgeschichte der Süchte
  3. Pharmakologische Wirkung der Drogen und Arzneitherapie der Drogenabhängigkeit
  4. Stoffkunde
  5. Juristische Möglichkeiten und Grenzen des pränatalen Kinderschutzes
  6. Kinder und Kindheit
  7. Kindheit und Jugend: neuere entwicklungspsychologische Perspektiven
  8. Die bindungsbasierte Behandlung von Suchterkrankungen auf verschiedenen Altersstufen
  9. Pflicht des Staates zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit Ungeborener?!
  10. Neurobiologische Grundlagen von Abhängigkeitserkrankungen
  11. Vor- und nachgeburtliche Entwicklung im Kontext elterlicher Abhängigkeit
  12. Zahlen zum Thema
  13. Perventin, die Wunderpille der Wehrmacht: Drogen und Sucht im Angriffskrieg
  14. Die Quadratur des Kreises

Die Herausgeber Ruthard Stachowske und Christoph Möller führen mit ihrem Beitrag „Einführung in das Thema“ umfassend in das Thema ein. Dabei stellen sie auch ihr Verständnis von Abhängigkeit vor: Sie begreifen Abhängigkeit als einen „hilflosen Versuch, sich selber (dysfunktional) durch psychotrope Substanzen heilen zu wollen, wenn eine Heilung durch familiäre und soziale und andere Einflüsse, Methoden oder Verfahren nicht gelungen ist oder erreichbar erscheint“ (S. 3 f.). Sie sprechen sich dafür aus, die vorherrschende individuelle Perspektive in der Diagnostik und Therapie von Abhängigkeit um eine systemische Perspektive zu erweitern, die auch mehrgenerationale Entwicklungsprozesse in Familien berücksichtigt.

Wolfgang Poser gibt in seinem Beitrag „Zur Kulturgeschichte der Süchte“ einen kulturhistorischen Abriss über die Rolle von Suchtstoffen und dem Wunsch nach Rausch in der Menschheitsgeschichte. Im zweiten Beitrag des Autors beschäftigt sich dieser mit der „Pharmakologischen Wirkung der Drogen und Arzneitherapie der Drogenabhängigkeit“. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die verschiedenen Suchtstoffe und ihre pharmakologische Wirkung.

Kerstin Paschke, Peter-Michael Sack und Rainer Thomasius geben in „Stoffkunde“ einen Überblick über die Wirkungsweise und Labor- und Schnelltests für die gebräuchlichsten Suchtstoffe und gehen auch kurz auf die rechtlichen Grundlagen ein, die in Deutschland den Umgang mit (zumeist) illegalen Substanzen regeln.

Beate Naake behandelt aus rechtlicher Sicht „Juristische Möglichkeiten und Grenzen des pränatalen Kinderschutzes“. Ihr geht es um die Rechtsstellung des ungeborenen Kindes in der Schwangerschaft gegenüber der Mutter, insbesondere wenn die Mutter einen den Fötus schädigenden Drogen- und Substanzkonsum aufweist.

Kathleen Neher und Thomas Drößler beschäftigen sich in ihrem Beitrag „Kinder und Kindheit. Zu den gesellschaftlichen Konstituierungsprozessen von Kind und Kindheit und deren Wechselbezüglichkeit aus soziologisch-begriffslogischer Perspektive“ mit dem Begriff des Kindes und Bildern von Kindern und Kindheit im historischen Verlauf.

Hellgard Rauh stellt in ihrem Beitrag „Kindheit und Jugend: neuere entwicklungspsychologische Perspektiven“ einige Theorien und Modelle der psychischen Entwicklung vor, die für das Verständnis der Entstehung von Abhängigkeiten und Sucht hilfreich sind.

In dem Beitrag „Die bindungsbasierte Behandlung von Suchterkrankungen auf verschiedenen Altersstufen“ geht Karl Heinz Brisch auf die Rolle von Bindung für eine gesunde Entwicklung von Kindern ein und thematisiert, wie Suchtverhaltensweisen stressbedingt entstehen können. Im zweiten Teil seines Beitrags stellt er vor, wie eine bindungsorientierte Therapie von Suchtkranken in verschiedenen Lebensaltern (von Säuglingen bis zum Erwachsenen) vorgeht und veranschaulicht diesen Behandlungsansatz anhand von Fallbeispielen.

Simone Jansen behandelt in ihrem Beitrag „Pflicht des Staates zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit Ungeborener?! Eine verfassungsrechtliche Annäherung im Kontext substanzabhängiger schwangerer Frauen“ wie bereits der Beitrag von Naake rechtliche Aspekte der Auswirkungen einer Suchterkrankung in der Schwangerschaft für das Ungeborene und wie die staatliche Schutzpflicht zur Abwehr einer Kindeswohlgefährdung umgesetzt wird.

Maria Garbusow und Nina Romanczuk-Seiferth thematisieren „Neurobiologische Grundlagen von Abhängigkeitserkrankungen“. Sie gehen auf die hirnbiologische Entwicklung im Jugendalter ein und welche neurofunktionellen Veränderungen bei Abhängigkeit beobachtbar sind. Abschließend thematisieren sie die Implikationen für die Therapie und Prävention von Abhängigkeitserkrankungen im Jugendalter.

Annekathrin Braun behandelt in ihrem Beitrag die „Vor- und nachgeburtliche Entwicklung im Kontext elterlicher Abhängigkeit“. Sie geht auf die Auswirkungen verschiedener pharmakologischer Substanzen (z.B. Kokain, Benzodiazipine, Cannabis, Alkohol, Nikotin) auf die Lebensentwicklung des Kindes ein. In ihrem zweiten Beitrag „Zahlen zum Thema“ stellt Annekathrin Braun Zahlen zum Konsum von Alkohol, Tabak, Medikamenten, illegalen Drogen, Glücksspiel und Essstörungen in Deutschland vor und geht sowohl auf die Epidemiologie im Erwachsenenalter, während der Schwangerschaft und im Kindes- und Jugendalter ein.

In dem Beitrag von Katja Schmitz-Dräger und Michael Truckenbrodt „Perventin, die Wunderpille der Wehrmacht: Drogen und Sucht im Angriffskrieg“ geht es um das im nationalsozialistischen Deutschland hergestellte Medikament Pervetin, das heute als Droge Crystal Meth (Methamphetamin) bekannt ist. Der Beitrag gibt einen Überblick über die Entwicklung, Verbreitung und Vermarktung von Perventin im eigentlich drogenfeindlichen nationalsozialistischen Deutschland, v.a. über seinen Einsatz bei Soldaten im Zweiten Weltkrieg.

Der letzte Beitrag des ersten Teils „Die Quadratur des Kreises. Systemische Therapie für Jugendliche mit Suchtproblemen – Impulse aus der Praxis der Jugendsuchthilfe“ von Andreas Gantner und Harald Stickel thematisiert systemische Behandlungsansätze für Jugendliche mit Suchtproblemen (z.B. Aufsuchende Familientherapie, Multidimensionale Familientherapie) und illustriert diese an einem Fallbeispiel.

Der zweite Abschnitt „Einzelne Aspekte des Themas“ enthält acht Beiträge:

  1. Die verdrängte Geschichte des Themas Abhängigkeit in Schwangerschaften, bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen und bei ihren Vätern und Müttern
  2. Epidemiologie
  3. Suchtkranke Eltern – ein psychisches Risiko für Kinder
  4. Folgen vorgeburtlicher Partizipation des ungeborenen Kindes am Crystal-Konsum der Mutter
  5. Sucht und Trauma bei Kindern und Jugendlichen
  6. Internet Gaming Disorder bei Jugendlichen
  7. „Wenn die Seele hungert…“ – Anorexie und Sucht
  8. Von Texten und Kontexten – Oder: Die Misere der deutschen Suchttherapie

Ruthard Stachowske stellt in seinem einleitenden Beitrag „Die verdrängte Geschichte des Themas Abhängigkeit in Schwangerschaften, bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen und bei ihren Vätern und Müttern“ den historischen Bezug des Themas des Buches her, indem er einen ausführlichen Überblick über die wissenschaftliche Beschäftigung mit Abhängigkeit bis zum Jahr 1826 zurück gibt.

Nicolas Arnaud und Rainer Thomasius geben in ihrem Beitrag „Epidemiologie“ einen Überblick über die Prävalenzen verschiedener psychoaktiver Substanzen (Nikotin, Alkohol und illegale Drogen) sowie pathologischer Glücksspielsucht und pathologischer Internetnutzung im Kindes- und Jugendalter.

Der Beitrag von Michael Klein „Suchtkranke Eltern – ein psychisches Risiko für Kinder“ geht sowohl auf die Epidemiologie betroffener Kinder ein, die in suchtbelasteten Elternhäusern aufwachsen. Darüber hinaus thematisiert sein Beitrag aber auch die Lebensbedingungen in suchtbelasteten Familien. Der Autor geht auch auf die Auswirkungen der elterlichen Alkoholerkrankung auf das Kind und auf Interventionen für betroffene Kinder ein.

Jürgen Dinger und Jörg Reichert beschäftigen sich mit „Folgen vorgeburtlicher Partizipation des ungeborenen Kindes am Crystal-Konsum der Mutter“. Sie gehen dabei v.a. auf die Situation in Sachsen ein, da hier besonders viele erstauffällige Konsumenten harter Drogen vorzufinden sind.

Frank M. Fischer widmet sich mit seinem Beitrag „Sucht und Trauma bei Kindern und Jugendlichen“ einem für die Suchttherapie sehr bedeutsamen Thema, denn es existiert eine Komorbidität von Sucht und Trauma. Nach einer einleitenden Darlegung der Bedeutung von traumatischen Erfahrungen für die Entwicklung einer Abhängigkeit. Der Autor geht explizit auf Regeln für die Sucht- und Traumatherapie bei Jugendlichen ein.

Thomas Mößle und Christoph Möller beschäftigen sich mit der „Internet Gaming Disorder bei Jugendlichen“. Nach der Vorstellung der Diagnosekriterien, Prävalenz, Komorbidität und psychischen Belastungen von Internet- und Computerspielabhängigen werden verschiedene Behandlungsansätze vorgestellt.

Camilla Höcker und Christoph Möller gehen mit „Wenn die Seele hungert… – Anorexie und Sucht“ einer Form verhaltensbezogener Sucht nach, die sie u.a. anhand von Fallbeispielen und der Vorstellung einer Therapieeinrichtung für Jugendliche mit Anorexia nervosa thematisieren.

Im letzten Beitrag dieses Abschnitts „Von Texten und Kontexten – Oder: Die Misere der deutschen Suchttherapie“ beschäftigt sich Rudolf Klein kritisch mit dem System der durch die Renten- und Krankenversicherungen finanzierten System der Suchthilfe.

Der dritte Abschnitt des Buches „Interventionen“ besteht aus sechs Beiträgen:

  1. Suchttherapeutische Ansätze für Jugendliche
  2. Angebote der Jugendhilfe
  3. Systemisches Elterncoaching
  4. Medien(sucht)prävention – Hintergründe, Ansätze und das Praxisbeispiel „ECHT DABEI“
  5. Multidimensionale Familientherapie
  6. Das Ganze (Problem) ist mehr als die Summe seiner Teile

Im ersten Beitrag geht Frank M. Fischer auf „Suchttherapeutische Ansätze für Jugendliche“ ein und stellt das stationäre Phasenmodell am Beispiel „Teen Spirit Island“ Hannover vor.

Dieter Gerdes' Beitrag „Angebote der Jugendhilfe. Die Suchtmittelproblematik junger Menschen in der stationären Jugendhilfe: Jugendliche im Spannungsfeld zwischen Zuwendung, Autonomiebestreben und Abgrenzung“ beschäftigt sich mit der pädagogischen Arbeit mit Jugendlichen, die eine Suchtproblematik aufweisen.

Dennis Haase stellt in seinem Beitrag das Konzept „Systemisches Elterncoaching“ vor und demonstriert, wie man Eltern suchtkranker Kinder und Jugendlicher mit Hilfe dieser Methode und Haltung unterstützen kann, Präsenz im Leben ihrer Kinder zu bewahren und elterliche Autorität durch Beziehung (wieder) zu gewinnen bzw. zu bewahren.

Paula Bleckmann, Eva Bitzer und Hanna Schwendemann beschäftigen sich mit „Medien(sucht)prävention – Hintergründe, Ansätze und das Praxisbeispiel ‚ECHT DABEI‘“. Sie stellen zunächst verschiedene Strategien der Medien(sucht)prävention und Präventionsangebote vor bevor sie im zweiten Teil ihres Beitrags das Präventionsprogramm „ECHT DABEI – gesund groß werden im digitalen Zeitalter“ beschreiben.

Andreas Gantner stellt die „Multidimensionale Familientherapie“ vor und illustriert dieses systemische Behandlungsmodell ausführlich anhand eines Fallbeispiels.

Der Mitherausgeber des Bandes Ruthard Stachowske beschäftigt sich in seinem Beitrag „Das Ganze (Problem) ist mehr als die Summe seiner Teile. Über die (Un-)Möglichkeit der Kooperation und Versorgung abhängigkeitskranker Familien“ mit der Frage, warum immer wieder Kinder in Familien mit einer Abhängigkeitserkrankung massiver Kindeswohlgefährdung ausgesetzt sind oder sogar zu Tode kommen.

Im letzten Beitrag des Buches geben die Herausgeber ein kurzes „Resümee“.

Eine Übersicht über die Autorinnen und Autoren beendet das Buch. Die Verfasser und Verfasserinnen haben unterschiedliche Ausbildungshintergründe und sind in Hochschulen, Suchtbehandlungseinrichtungen oder freiberuflich, z.B. im Bereich Systemische Therapie und Supervision, tätig.

Diskussion und Fazit

Das Buch gibt einen sehr umfassenden und gleichzeitig pointierten Überblick über Sucht und Abhängigkeit bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Die Vielfalt der behandelten Themen ist groß. Die vielen Fallbeispiele machen das Buch anschaulich. Als positiv hervorzuheben ist auch, dass die seit 2018 in der ICD-11-Klassifizierung aufgenommene Internet Gaming Disorder ebenfalls im Buch Berücksichtigung fand und somit nicht nur stoffgebundene Süchte thematisiert wurden sondern auch verhaltensbezogene Süchte wie exzessives Computerspielen. Gut gelungen ist aus meiner Sicht die Berücksichtigung entwicklungspsychologischer Themen (vorgeburtliche Entwicklung, Bindung, Trauma) und deren Bedeutung für die Entstehung von Abhängigkeit bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Sehr spannend liest sich auch die Entwicklungsgeschichte von Abhängigkeit und Sucht.

Als weniger gut gelungen empfinde ich die relative Unverbundenheit der einzelnen Beiträge des Buches. Die Beiträge nehmen kaum Bezug aufeinander. So wird teilweise in den Beiträgen des ersten und zweiten Teils schon auf Therapieformen eingegangen, die in den Beiträgen des dritten Teils ausführlich behandelt werden. Auch werden wiederholt die Kriterien für eine Abhängigkeit in verschiedenen Buchbeiträgen aufgelistet – hier hätte eine einmalige Darlegung ausgereicht. Sehr unterschiedlich ist auch der Aufbau der einzelnen Beiträge: Während manche Autoren sehr klar einleitend beschreiben, was sie mit ihrem Beitrag erreichen möchten und wie ihr Beitrag aufgebaut ist oder sogar eine kurze Zusammenfassung am Ende geben, vernachlässigen viele andere diesen für den Leser hilfreichen Strukturierungsschritt. Zwar ist lobenswert der hohe Praxisbezug des Buches hervorzuheben, der auch durch die vielen Fallbeispiele in den Beiträgen zum Ausdruck kommt. Allerdings sind die Fallbeispiele manchmal so versteckt im Text, dass man sie als Leser leicht übersieht, da sie nicht durch ein einheitliches Layout hervorgehoben wurden. Der Beitrag von Neher und Drößler erschließt sich mir nicht in seiner Relevanz für das Thema Sucht und Kinder/Kindheit, zumal ich ihn in seiner sehr theoretischen Ausrichtung und mit sehr verschachtelten Sätzen schwer verständlich fand. Wenig nachvollziehbar empfand ich ebenfalls den Beitrag von Schmitz-Dräger und Truckenbrodt („Perventin, die Wunderpille der Wehrmacht: Drogen und Sucht im Angriffskrieg“) in seiner Relevanz für das Thema des Buches, wenngleich der Beitrag über den Vorläufer von Crystal Meth historisch sehr interessant ist.

Alles in allem ist den Herausgebern mit diesem Buch aber ein sehr umfangreiches und aktuelles Grundlagenwerk für die therapeutische Praxis gelungen, dem ich viele Leser und Leserinnen wünsche.

Rezension von
Dr. Anke Höhne
Dipl.-Sozialwiss., Referentin bei SUCHT.HAMBURG gGmbH, Systemische Beraterin und Familientherapeutin
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Es gibt 21 Rezensionen von Anke Höhne.

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ISSN 2190-9245