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Klaus A. Schneewind: Familienpsychologie und systemische Familientherapie

Rezensiert von Prof. Dr. phil. habil. Barbara Bräutigam, 19.02.2019

Cover Klaus A. Schneewind: Familienpsychologie und systemische Familientherapie ISBN 978-3-8017-2950-9

Klaus A. Schneewind: Familienpsychologie und systemische Familientherapie. Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG (Göttingen) 2019. 148 Seiten. ISBN 978-3-8017-2950-9. 22,95 EUR. CH: 29,90 sFr.

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Thema

Bei der Publikation handelt es sich um eine Darstellung aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse im Bereich der Familienpsychologie und der systemischen Familientherapie.

Autor

Prof. Dr. Klaus Schneewind ist emeritierter Professor für Psychologie am Department Psychologie der Universität München und zertifizierter Paar- und Familientherapeut (VFT). Von 2013 bis 2017 war er Seniorprofessor im Fachgebiet Psychologie und Psychotherapie der Familie an der Psychologischen Hochschule in Berlin. Er beschäftigte sich u.a. mit der Entwicklung und Evaluation von Methoden der Familienberatung- und therapie und ist Träger des Bundesverdienstkreuzes.

Entstehungshintergrund

Dieses Buch ist vor dem Hintergrund entstanden, dass Familienpsychologie und systemische Familientherapie sich im deutschsprachigen Raum weitgehend unbezogen nebeneinander her entwickeln und dennoch nach Ansicht des Autors über ein großes Potenzial verfügen sich gegenseitig anzuregen und zu inspirieren.

Aufbau

Das Buch gliedert sich in 3 Teile bzw. in 4 Kapitel:

I Vom Zustand der Familie in Deutschland

  • Familienleben im gesellschaftlichen Blickfeld
  • Familienbeziehungen klären: Themen und Ergebnisse nichtinterventiver familienpsychologischer Forschung

II Prävention im Kontext von Familien

  • Prävention im Kontext von Paar- und Eltern-Kind-Beziehungen

III Systemische Familientherapie: Grundlagen, Anwendung und Wirksamkeit

  • Therapie im Kontext von Familienbeziehungen

Die Deutsche Nationalbibliothek bietet Einblick in das vollständige Inhaltsverzeichnis.

Inhalt

Klaus Schneewind leitet das erste Kapitel seines Buches mit der Analyse des faktischen Verschwindens der Familie in Deutschland ein, womit hauptsächlich gemeint ist, dass sich „die Schere zwischen gestorbenen und geborenen Menschen in Deutschland immer weiter öffnet“ (14). Er rekurriert auf die Vielfalt von Familienformen und definiert Familien „als biologisch, sozial oder rechtlich miteinander verbundene Einheiten, die […] mindestens zwei Generationen umfassen und bestimmte Zwecke verfolgen“ (20). Es erfolgt ein differenzierter Blick auf das Befinden von Familien, in das die Aspekte von elterlicher Verlässlichkeit, ausreichend Zeit für einander, Förderung aber auch die Abwesenheit von Vernachlässigung, Misshandlung und Missbrauch eine entscheidende Rolle spielen. Das erste Kapitel schließt mit einem relativ breit angelegten Überblick über die Themen- und Handlungsfelder familienpsychologischer Forschung, der sog. Kernaspekte des Systems Familie aber auch die Beschäftigung mit familienbezogenen Bedürfnissen und elterlichen Beziehungs- und Erziehungskompetenzen impliziert.

Im zweiten Kapitel bündelt der Autor eine Vielzahl von Themen und Ergebnissen nichtinterventiver familienpsychologischer Forschung. Er geht zunächst auf die gefundenen Resultate hinsichtlich der Unterschiede in den Beziehungen zufriedener und unzufriedener Paare ein. Hierbei werden die unterschiedlichen Phasen eines Paares verbunden mit den jeweiligen dazugehörigen Entwicklungsaufgaben beschrieben sowie verschiedene konstruktive bzw. destruktive Kommunikationsmuster und die Bedeutung des „Paarklimas“. Des Weiteren stellt Schneewind empirische Ergebnisse zu den Beziehungs- und Erziehungskompetenzen von Eltern im Umgang mit ihren Kindern dar, die u.a. Aussagen zu den entscheidenden Faktoren einer positiven Erziehung sowie psychologische und soziologische Aspekte, die eine solche Erziehung begünstigen, beinhalten.

Das dritte Kapitel widmet der Autor den Formen und Strategien präventiver Intervention und beginnt hier wiederum mit der Prävention im Kontext von Paarbeziehungen, bevor er anschließend auf die Vielzahl unterschiedlicher elternunterstützender Erziehungsprogramme verweist. Es werden exemplarisch vier Programme beschrieben, darunter das weit verbreitete und empirisch gut beforschte Triple- P und das Programm „Starke Eltern – Starke Kinder“.

Im vierten Kapitel wird zunächst historisch die Entwicklung der systemischen Familientherapie dargestellt, die Schneewind zufolge von einer Differenzierungs- in eine „Integrationsphase“ mündet. Weiterhin setzt sich Schneewind damit auseinander, was der Begriff „systemisch“ im Kontext der Familientherapie bedeutet und stellt fest, dass diese Frage nicht eindeutig zu beantworten sei, aber die Nicht-Instruierbarkeit von Menschen wohl ein konstituierender Faktor sei. Anschließend werden mehrere systemische Interventionen wie zirkuläres, ressourcenorientiertes und verstörendes Fragen beschrieben und abschließend ein Überblick über die aktuellen Erkenntnisse zur Wirksamkeit systemischer Familientherapie gegeben.

Diskussion

Das Buch von Klaus Schneewind ist zum einen als ein gut verständlicher und komprimierter Überblick über aktuelle familienbezogene und familienpsychologische Forschungsergebnisse anzusehen, die hoch relevant für die Praxis sind und worüber sicherlich niemand besser als dieser renommierte und sehr versierte familienpsychologische Wissenschaftler in Deutschland Auskunft zu geben vermag. Das Ansinnen des Buches – Erkenntnisse der Familienpsychologie und der systemischen Familientherapie stärker aufeinander zu beziehen, muss allerdings kritisch betrachtet werden. Die Darstellung der Entwicklung der systemischen Familientherapie im vierten Kapitel ist recht eigenwillig beschrieben und nur wenig auf aktuelle deutschsprachige systemische Diskurse bezogen. So markiert Schneewind beispielsweise keinerlei Unterschiede zwischen systemischer Therapie und systemischer Familientherapie und benennt Kriterien einer „allgemeinen Familiensystemtheorie“ (S. 98), die in ihrer Setzung zumindest hinterfragt werden dürften. Auch die Beispiele für zirkuläres Fragen (S. 107 ff.) sind nicht besonders günstig gewählt.

Fazit

Insgesamt handelt es sich um einen sehr lesenswerten und auch praxisrelevanten Überblick über aktuelle familienpsychologische Erkenntnisse. Das letzte auf die systemische Familientherapie bezogene Kapitel bildet die aktuellen deutschsprachigen systemischen Diskurse eher weniger ab.

Rezension von
Prof. Dr. phil. habil. Barbara Bräutigam
Professorin für Psychologie, Beratung, Psychotherapie an der Hochschule Neubrandenburg, E-Mail braeutigam@hs-nb.de; Homepage: http://www.hs-nb.de/ppages/braeutigam/
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Es gibt 19 Rezensionen von Barbara Bräutigam.

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Zitiervorschlag
Barbara Bräutigam. Rezension vom 19.02.2019 zu: Klaus A. Schneewind: Familienpsychologie und systemische Familientherapie. Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG (Göttingen) 2019. ISBN 978-3-8017-2950-9. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/25223.php, Datum des Zugriffs 24.09.2023.


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