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Thorben Prenzel: Fake News

Rezensiert von Dr. Thomas Kowalczyk, 24.05.2019

Cover Thorben Prenzel: Fake News ISBN 978-3-7344-0699-7

Thorben Prenzel: Fake News. Moderne Lügen entlarven und entspannt reagieren. Wochenschau Verlag (Frankfurt am Main) 2019. 174 Seiten. ISBN 978-3-7344-0699-7. D: 12,90 EUR, A: 13,30 EUR.
Reihe: Politisches Fachbuch.

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Autor

Thorben Prenzel ist Diplom-Politologe und promovierter Geograph. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Lobbyarbeit, Kommunikation und Organisationsberatung.

„Dr. Thorben Prenzel leitete die BUND-Akademie, das Fort- und Weiterbildungsinstitut des größten deutschen Umweltverbandes. Er ist seit 20 Jahren in der Politik aktiv. Stationen waren u.a.: Europäisches Parlament, Bundesumweltministerium, Verkehrsministerium Saudi-Arabien. Er berät Vorstände von Verbänden, Vereinen und Stiftungen in den Bereichen Strategie und Öffentlichkeitsarbeit.“ (aus: Presseveröffentlichung des Wochenschau-Verlages zur Veröffentlichung der Neuerscheinung)

Aufbau und Inhalt

Das Buch umfasst 7 Kapitel.

  1. Einleitung
  2. Was steckt hinter Fake News und modernen Lügen?
  3. Wie kann man Fake News enttarnen?
  4. VAW: Grundlagen für eine erfolgreiche Argumentation gegen Fake News
  5. Mit der Triple-A-Methode gegen Fake News
  6. Tricks – und wie man darauf reagiert
  7. Abschluss und Ausblick

sowie Literaturempfehlungen und Ein Wort zum Schluss. Nachfolgend werden einige Kapitel besprochen.

Einleitung

Prenzel beginnt seine Einleitung mit einigen Feststellungen, um bei den Leserinnen und Lesern den Boden für seinen Aufklärungsansatz vorzubereiten „Kurz gesagt: Bei den allermeisten Entscheidungen spielt nicht das Hirn die führende Rolle, sondern der Bauch (und manchmal auch das Herz). Wir glauben zwar, dass wir auf der Basis rationaler Überlegungen entscheiden, aber in den allermeisten Fällen folgen wir unseren Gefühlen.“ (S. 11) Und darauf aufbauend „Wir glauben gerne Dinge, die sich wahr anhören.“ Darüber hinaus wollen wir „nicht auf unsere Fehler hingewiesen werden.“ Und viele Menschen geraten in eine Empörungsspirale, die der Aufklärung von Sachverhalten emotional entgegensteht.

Der Autor konstatiert daher: „Rationale Argumente helfen deshalb im Umgang mit Fake-News-Vertretern nicht weiter. … Stattdessen gilt es, die Emotionen aufzufangen und geschickt umzuleiten.“ (S. 13) Dementsprechend basieren die Aufklärungsansätze von Prenzel darauf, ebenfalls erst den Bauch und dann den Verstand anzusprechen. Er führt dazu aus: „Für einige mag dies fast schon manipulierend klingen, aber zum einen wollen Sie Ihrem Gegenüber ja helfen, von seiner falschen Meinung herunterzukommen und zum anderen ist ihr Gegenüber ja schon manipuliert worden.“ (S. 14)

Was steckt hinter Fake News und modernen Lügen?

Prenzel definiert Fake News als „jede Form von problematischen Inhalten. Dabei kann es sich um offensichtlich gefälschte Informationen handeln, aber auch um ungenaue, versehentlich oder unabsichtlich verbreitete Informationen. Ob wir die Nachrichten also Fake News, Gerüchte, alternative Fakten oder moderne Lügen nennen, ist erst einmal völlig unwichtig.“ (S. 18) Der Begriff beinhaltet darüber hinaus, dass sich Fake News aufgrund moderner Kommunikationsformen schnell und weiter verbreiten, als es in der Geschichte je mit Desinformation, Zeitungsenten, Tartarenmeldungen usw. erfolgte. Fake News sind auch deshalb so virulent, weil die unendlich oft verbreiteten Wiederholungen die einfachen Botschaften verstärken. Und Falschinformationen lassen sich nur schwer löschen oder wieder vergessen. Der Autor zitiert hier Martin Luther, der geäußert haben soll, eine Lüge sei „wie ein Schneeball, je länger man ihn rollt, desto größer wird er.“ (S. 22) Prenzel führt weitere Erläuterungen aus wissenschaftlichen Studien an, die das Phänomen bzw. die Wirksamkeit von Fake News im Detail erläutern. Er macht ebenso den Wandel in der öffentlichen Diskussionskultur dafür verantwortlich. „Noch vor kurzem war es tabu, in politischen Debatten ohne nachweisbare faktische Grundlagen zu argumentieren. Wer dies doch tat, wurde meist nicht für voll genommen. Fake-News-Vertreter, Verschwörungstheoretiker und Populisten aber scheren sich nicht um solche Gepflogenheiten.“ (S. 30) Darüber hinaus führt der Autor den Umbruch in den Medien, das Abgleiten von Nachrichten in Unterhaltung, den fehlenden Puffer zwischen Sender und Empfänger in sozialen Medien, Echokammern, Social Bots und weitere Entwicklungen an, um das Neue an Fake News herauszustreichen.

Mit der Triple-A-Methode gegen Fake News

Nachdem Prenzel im vorgehenden Kapitel 4 kommunikative Grundeinstellungen beschrieben hat, kommt er in diesem Kapitel zu Handlungsweisen gegen Fake News. Er nennt seine vorgeschlagene Methode Triple A, die er als bewusst einfache Methode beschreibt. Sie soll praxistauglich sein in Alltagssituationen, ohne große Vorbereitung. Die drei vorgestellten Muster oder Handlungsstrategien sind:

  • Überzeugen mit Argumenten
  • Das Gespräch freundlich abbrechen und
  • Selbst aktiv werden.

Zu jedem Muster schlägt der Autor dann wiederum drei Einzelschritte vor. Z.B. für das erste Muster „Überzeugen mit Argumenten“: Aussage voranstellen – Anerkennung vermitteln – Argument einbringen. Hier – wie in allen drei Schritten – wird Prenzels Grundansicht deutlich, dass das Gegenüber erst emotional angesprochen werden soll (durch Anerkennung) und dann erst das Argument folgt oder ggf. ein Gesprächsabbruch. Zusätzlich betont er, dass die Anerkennung aber erst an zweiter Stelle erfolgen soll. Erst soll das Gegenüber die eigene Aussage hören (müssen), die bleibt dann (vielleicht) haften, dann bekommt es Anerkennung, ist womöglich etwas positiver gestimmt dadurch und etwas aufnahmebereiter. Daher kommt dann erst das eigentliche Argument gegen die geäußerte Fake News.

Das Ganze an einem Beispiel: „Russland hat die Krim gar nicht besetzt. Die gehörte immer schon zu Russland. Es gab auch gar keine russischen Truppen auf der Krim.“ (S. 87) (=Fake News)

  • „Es gibt aus guten Gründen internationale Regeln, an die sich Staaten halten müssen. Werden Verträge gebrochen, muss es Sanktionen geben.“ (S. 88) (= Aussage voranstellen)
  • „Ich verstehe Ihre Position sehr gut, man könnte angesichts der internationalen Lage verzweifeln.“ (S. 91) (= Anerkennung vermitteln)
  • „Dass die Russen die Krim völkerrechtswidrig annektiert haben, ist ja deutlich geworden. Wenn wir das akzeptieren, akzeptieren wir, dass internationale Verträge völlig wertlos sind. Deshalb steht die Frage im Raum, wie wir mit der Situation umgehen.“ (S. 94) (= Argument einbringen)

Tatsächlich schlägt Prenzel dann vor, dieses Muster bei jedem neuen Fake-News-Argument zu wiederholen. Zum einen möchte er uns mit diesem Rat davor bewahren in Streit zu gelangen und zum anderen ermöglicht dieses Muster auch, dagegen zu halten, wenn das Gegenüber einfach nicht erreichbar ist.

Diskussion und Fazit

Das Buch beginnt mit einem Zitat: „Es gibt nur zwei Dinge, die unendlich sind: Das Universum und die Dummheit der Menschen. Wobei ich mir beim Universum nicht so sicher bin.“ Prenzel versieht das Zitat mit dem Zusatz „fälschlicherweise Albert Einstein zugeschrieben.“ Und damit gelangen wir auf hintersinnige Weise zum Thema. Hat es nun Albert Einstein gesagt oder nicht? Oder ist es zumindest so, wie der ZEIT-Kolumnist Christoph Drösser in einer Kolumne berichtet, dass es auf Albert Einstein zurückgehen könnte. Er beruft sich dabei auf Martin Rasper, der wiederum aufgeklärt hat, dass der Psychiater Fritz Perls den Aphorismus in die Welt gesetzt hat, allerdings sich berufend auf ein Gespräch mit Albert Einstein, also quasi aus Einsteins Munde, wenn auch nicht im identischen Wortlaut. (nach www.zeit.de/2017/42/albert-einstein-dummheit-menschheit-stimmts, abgerufen 23.4.2019)

Kompliziert aber harmlos. Um solche Feinheiten geht es in Prenzels Ratgeber-Büchlein allerdings nicht. Es geht mehr um unsere Begegnung mit Fake News im Alltag. Fake News, die nichtsahnend, dumm, intrigant, manipulierend oder auf Verschwörungstheorien basierend geäußert werden. Also unterschiedlich intendierte Falschinformationen und somit das, was wir heute gemeinhin unter Fake News verstehen.

Hier bietet dieser Ratgeber sehr anschauliche und alltagstaugliche Diskussionsweisen an, die auf viele Themen übertragbar sind. Dabei setzt Thorben Prenzel ganz auf bewusste Kommunikation, die das Gegenüber taktisch, sowohl emotional als auch rational anspricht. Im Kern bietet der Ratgeber eine Methode an, hier Triple A genannt, die überschaubar ist (drei Handlungsstrategien oder Muster) allerdings auch differenziert genug (drei Unterschritte), um für die meisten Situationen gewappnet zu sein.

Der Ratgeber möchte uns dabei bewusst durch Fake-News-Situationen hindurchführen und uns davor bewahren in Streit zu geraten. Dazu „manipuliert“ er das Gegenüber auch („wohlwollend“), indem er immer erst eine eigene Aussage platziert, dann Anerkennung zollt und schließlich zum Argument übergeht. Das ist auf der einen Seite sehr einleuchtend hergeleitet und an zahlreichen Beispielen vorgeführt. Auf der anderen Seite geraten wir dadurch auch in einen Diskussionsstil, den wir in Talkshows und von politischen Profis bis zum Überdruss kennen.

Das Buch ist ein echter und guter Ratgeber. Es hat eine durchgehend klare Linie, die stets Emotion und Verstand gleichzeitig berücksichtigt. Der Autor wendet sich damit an eine breite Leserschaft in vielfältigen Alltagssituationen. Das Buch lädt ein, das vorgeschlagene Gesprächsschema auszuprobieren und einzuüben. Nicht alle werden allerdings den durch Befolgen des Ratgebers sich einschleifenden, sehr formalen Kommunikationsstil auf Dauer mögen. Daher ein Rat zum Schluss: Wie beim Tanzen oder Musizieren, erst üben und dann in eigener Weise praktizieren.

Rezension von
Dr. Thomas Kowalczyk
Geschäftsführer COMES e.V., Berlin
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Es gibt 22 Rezensionen von Thomas Kowalczyk.

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Zitiervorschlag
Thomas Kowalczyk. Rezension vom 24.05.2019 zu: Thorben Prenzel: Fake News. Moderne Lügen entlarven und entspannt reagieren. Wochenschau Verlag (Frankfurt am Main) 2019. ISBN 978-3-7344-0699-7. Reihe: Politisches Fachbuch. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/25421.php, Datum des Zugriffs 20.09.2024.


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