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Dagmar Freist, Sabine Kyora et al. (Hrsg.): Transkulturelle Mehrfach­zugehörigkeit

Rezensiert von Prof. Ulrich Paetzold, 22.05.2020

Cover Dagmar Freist, Sabine Kyora et al. (Hrsg.): Transkulturelle Mehrfach­zugehörigkeit ISBN 978-3-8376-4528-6

Dagmar Freist, Sabine Kyora, Melanie Unseld (Hrsg.): Transkulturelle Mehrfachzugehörigkeit als kulturhistorisches Phänomen. Räume - Materialitäten - Erinnerungen. transcript (Bielefeld) 2019. 252 Seiten. ISBN 978-3-8376-4528-6. D: 34,99 EUR, A: 34,99 EUR, CH: 42,70 sFr.
Reihe: Praktiken der Subjektivierung.

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Thema

Das Buch ist Ergebnis eines interdisziplinären Symposiums „Transkulturelle Mehrfachzugehörigkeit als kulturhistorisches Phänomen: Räume, Materialitäten, Erinnerungen“ im Rahmen des DFG Graduiertenkollegs „Selbstbildungen. Praktiken der Subjektivierung in historischer und interdisziplinärer Perspektive“ im Jahr 2016.

Herausgeberinnen

Dagmar Feist ist Professorin für die Geschichte der frühen Neuzeit an der Universität Oldenburg, Sabine Kyora ist Professorin für Deutsche Literatur der Neuzeit ebenfalls an der Universität Oldenburg, Melanie Unseld ist Professorin für Historische Musikwissenschaft an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien.

Aufbau

Nach einer allgemeinen Einführung in die Thematik transkulturelle Mehrfachzugehörigkeiten sind zwölf verschiedene Beiträge aus der Geschichtswissenschaft, der Germanistik und Musikwissenschaft in dem Buch aus der Reihe Praktiken der Subjektivierung, die Beispiele transkultureller Mehrfachzugehörigkeiten seit der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart vorstellen. Die Beiträge bündeln die Vorträge des Symposiums.

Inhalt

Der erste Beitrag „Verschleppte Kinder im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation und die Grenzen transkultureller Mehrfachzugehörigkeit“ geht der Frage nach, wie sich bei erzwungener Migration transkulturelle Mehrfachzugehörigkeit ausprägen konnte.

„Jeux charmanants: Transkulturelle Mehrfachverortungen in André Campras L'Europe Galante (1697) zwischen Musikhistoreografie, Politik und Publikum“ beschäftigt sich mit einem erstmals 1697 aufgeführten opera ballet, in dem ausgewählte Nationen in kontrastierender Art und Weise auf die Bühne gebracht werden sollten.

„Belonging and Belongings: Identity, Emotion and Memory stored in a Tobacco Box“ ist eine Analyse von Tabakdosen des 17. und 18. Jahrhunderts als hochmobiler Gegenstand. Der nächste Beitrag „Wo wurdest Du geboren und wo überall hast Du gelebt? Mehrfachzugehörigkeiten und Selbstverortungen am Beispiel der Herrenhuter Weltgemeine im 18. Jahrhundert“ geht auf Briefe und Schriftstücke ein.

„Heinrich Schenker. Deutscher und Jude im confessionellen Incognito geht der Frage nach, wie eine Mehrfachzugehörigkeit zwischen nationalem Deutschsein und Jüdischsein sowie einer polnischen Identität in Dokumenten zum Ausdruck kommt.

Der nächste Beitrag ist dem latent autobiographischen Zyklus der Malerin Charlotte Salomon unter der Überschrift „Leben? Oder Theater?“ gewidmet. Die Musik wird dabei als Kultursphäre erkennbar, in der Salomon die Selbstverortung zum Ausdruck bringen kann.

Die darauf folgenden Beiträge gehen aus germanistischer Perspektive Fragen transkultureller Mehrfachzugehörigkeiten in der Gegenwartsliteratur nach: „Der Schein des Dazugehörens: Zugehörigkeit als geteiltes Gefühl in Herta Müllers Poetik Vorlesungen“, „Was ist damals in Baku passiert?“ thematisiert kulturelle Mehrfachzugehörigkeiten und Gedächtnisdiskurse bei Autorinnen und Autoren mit osteuropäischem Hintergrund am Beispiel von Olga Grjasnowas Roman „Der Russe ist einer, der Birken liebt“, Sasa Stanisic und Olga Grjasnowa im literarischen Feld Deutschlands werden in dem Beitrag „Zugehörigkeit, Autorschaft und die Debatte um eine Migrationsliteratur“ betrachtet, kulturelle Mehrfachzugehörigkeiten in der Einwanderungsgesellschaft werden in dem Beitrag „Neue Deutsche mit Islam-Bezug: Navid Kermani und Safer Senocak“ aufgegriffen und der letzte Beitrag „Türkei und zurück“ beschreibt transkulturelle Mehrfachzugehörigkeit in Emine Sevgi Özdamars „Die Brücke vom goldenen Horn“ und Orhan Pamuks „Schnee“.

Diskussion

Das Interessante in den verschiedenen Beiträgen ist die unterschiedliche, methodische Vorgehensweise (beispielsweise die Betrachtung von Selbstdokumenten unterschiedlichster Art) und auch die verschiedenen Blickrichtungen der Geschichtswissenschaften, der Germanistik und der Musikwissenschaft, um sich dem gleichen Ziel anzunähern, transkulturelle Mehrfachzugehörigkeiten zu erhellen und den jeweiligen Selbstverortungen nach zu spüren. Die Kunst dieser Zusammenstellung mit den verschiedenen Beiträgen besteht darin, dass die jeweiligen spezialisierten Wissenschaftssprachen auch für andere kommunizierbar und damit verstehbar werden. Dies gelingt den meisten Beiträgen sehr gut. Dadurch gelingt es, den spezifischen, wissenschaftlichen Blick auf das Thema transkulturelle Mehrfachzugehörigkeiten zu erweitern und kreativ anzureichern.

Fazit

Für Forscher*innen aus den Feldern der Musikwissenschaft, der Germanistik und Geschichtswissenschaft, die sich mit kulturhistorischen Phänomenen beschäftigen, ist dieses Buch eine wertvolle Bereicherung.

Rezension von
Prof. Ulrich Paetzold
Professor für Psychologie an der Hochschule Lausitz, Fachbereich Sozialwesen in Cottbus. Neben interkulturellen Fragen sind Schwerpunkte in der Lehre: sexueller Missbrauch, Klinische Psychologie, Beratung. Zusatzqualifikationen: Approbation zum Psychologischen Psychotherapeuten sowie verschiedene kognitive Therapieverfahren.
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Es gibt 51 Rezensionen von Ulrich Paetzold.

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Zitiervorschlag
Ulrich Paetzold. Rezension vom 22.05.2020 zu: Dagmar Freist, Sabine Kyora, Melanie Unseld (Hrsg.): Transkulturelle Mehrfachzugehörigkeit als kulturhistorisches Phänomen. Räume - Materialitäten - Erinnerungen. transcript (Bielefeld) 2019. ISBN 978-3-8376-4528-6. Reihe: Praktiken der Subjektivierung. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/25531.php, Datum des Zugriffs 14.10.2024.


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